Landgericht Braunschweig
Urt. v. 13.11.1972, Az.: 3 O 97/68
Schadenersatzanspruch wegen Mangelhaftigkeit des Werkes; Garantie auf "Witterungsbeständigkeit" von Fassadenelementen
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 13.11.1972
- Aktenzeichen
- 3 O 97/68
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1972, 11416
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:1972:1113.3O97.68.0A
Rechtsgrundlagen
- § 635 BGB
- § 633 BGB
- § 651 Abs. 1 S. 2 BGB
Verfahrensgegenstand
Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Werklieferungsvertrages,
Feststellung u. Werklohnforderung
Prozessführer
die Firma ...
Prozessgegner
Firma ...
Redaktioneller Leitsatz
Die Beschreibung "witterungsbeständig" für Fassadenelemente bedeutet, dass sie nach Fertigstellung der gesamten Fassade bei jeder am Ort des Einbaus denkbaren Wetterlage wetterdicht sind, d.h. weder Feuchtigkeit oder Wind und das Gebäude eindringen lassen und auch nicht selbst durch Witterungseinflüsse beschädigt werden.
In dem Rechtsstreit
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Nov. 1972
durch
den Vorsitzenden ... und
die Richter ... - ... u.
B.
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 270.293,45 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 1.1.1968 zu zahlen.
- 3.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- 4.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 430.000,- DM vorläufig vollstreckbar.
- 5.
Der Beklagten wird gestattet, die Sicherheit durch die selbstschuldnerische unwiderrufliche Bürgschaft der Norddeutschen Landesbank, Girozentrale Braunschweig, zu erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin, früher in Schlesien ansässig, ist eine juristische Person, besonderen Rechts auf Grund im Jahre 1860 erfolgter Verleihung des Königs von Preußen. Seit 1945 betreibt sie auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verschiedene Produktionsstätten und Handelsniederlassungen. Unter anderem befaßte sie sich im Jahre 1966 mit der Herstellung, Lieferung und Montage von Aluminium-Fassaden.
Auf Grund Vertrages mit der Firma Hamburgische Elektrizitätwerke AG "HEW" war die Klägerin verpflichtet, die Fassade für den Neubau des 14-geschossigen Verwaltungsgebäudes der HEW in Hamburg zu erstellen. Die Fassade sollte zum größten Teil aus Rüstungseinzelelementen hergestellt werden, und zwar dergestalt, daß am Baukörper horizontale Reihen aus undurchsichtigen und durchsichtigen Elementen befestigt wurden, auf jeweils eine Reihe durchsichtiger also eine Reihe undurchsichtiger Elemente folgte. Im allgemeinen befand sich vor jedem Geschoss eine - untere - Reihe aus undurchsichtigen und eine - obere - Reihe aus durchsichtigen, mit Isolierglas versehenen und zur Belichtung der Räume dienenden Elemente. Auch die Außenseite der undurchsichtigen Elemente bestand aus Glas.
Insgesamt ergab sich das Bild einer im wesentlichen aus Elementen gleicher Größe zusammengesetzten geschlossenen Glasfassade. Die Fassade ersetzte völlig eine Außenwand herkömmlicher Art.
Die Klägerin trat mit der Beklagten, die sich u.a. mit der Herstellung von Fassadenelementen befaßt, in Verhandlungen über die Herstellung der undurchsichtigen Elemente ein. Es fanden Besprechungen statt, in denen es auch um die Abdichtung der einzelnen Elemente sowie der gesamten Fassade gegen Witterungseinflüsse ging. Am 31.1.1967 erteilte die Klägerin der Beklagten - vorbehaltlich der Zustimmung der HEW - einen Vorauftrag und am 8.2.1967 den Hauptauftrag über die Lieferung von 7.082 undurchsichtigen Fassadenelementen, die überwiegend die Maße 600 × 1575 mm haben sollten.
Es war folgende Konstruktion vorgesehen:
Die Klägerin lieferte der Beklagten für jedes Element eine Stahlblechwanne mit hochgezogenen Seitenwänden ähnlich einem Kuchenblech. Auf die Innenseite der Wanne klebte die Beklagte eine Isoternit-Platte. Auf diese Platte legte sie eine dicke Gesteinsfaserplatte, auf die wiederum ein sikoriertes Colorglas als Außenseite des Elementes geklebt wurde. Über die Art des zu verwendenden Klebers war nichts vereinbart worden. Die Elemente sollten jedoch den Forderungen der Hamburger Feuerwehr in feuerpolizeilicher Hinsicht entsprechen.
Nunmehr wurde über die Wanne ein Nirosta-Rahmen geschoben, der mit der Außenkante der Wanne vernietet wurde. Zwischen Wanne und Rahmen sowie zwischen Rahmen und Glas war eine besondere Abdichtung vorgesehen; hauptsächlich über diesen Teil der Konstruktion kam es später zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien.
Die Montage der Elemente am Baukörper war nicht Sache der Beklagten, sondern oblag der Klägerin. Diese beabsichtigte, die Fassade nach Montage sämtlicher Elemente mit Leichtmetallprofilen nebst Neoprene-Abdichtungen wettersicher abzudichten. Die Abdichtung sollte sich über die zwischen den Elementen bestehenden Fugen und über die Kanten der Elemente erstrecken.
Der Auftrag vom 8.2.1967 enthielt weitere Einzelheiten über Preise, Zahlung, konstruktiver Aufbau, Verpackung, technische Details, Termine, Auftragsbestätigung und Muster für eine Probefassade sowie unter "Garantie"die Regelung:
"10 Jahre auf Witterungsbeständigkeit der Elemente".
Unter dem Auftrag vom 8.2.1967 und dem Satz "in allen Punkten einverstanden" befindet sich eine Unterschrift für die Beklagte.
Mit Schreiben vom 14.4.1967 bestätigte die Beklagte den Auftrag unter gewissen Vorbehalten und unter Hinweis auf ihre Allgemeinen Lieferungs- und Zahlungsbedingungen.
Die Beklagte verwendete bei der Produktion einen wasserglashaltingen Klebstoff; Wasserglas hat die Eigenschaft, bei Berührung mit Glas dieses zu verätzen. Die Beklagte lieferte die Elemente mit Ausnahme weniger, nicht mehr zur Auslieferung kommender Elemente - fristgemäß bis zum Dezember 1967 aus.
Während der Produktionsvorbereitungen sowie auch während der Produktion kam es zwischen den Parteien zu Differenzen. Die Klägerin war der Beklagten u.a. mangelnde Witterungsbeständigkeit der Elemente vor; sie verlangte insbesondere, die Elemente müßten wasserdicht seien.
Nach Auslieferung von 1.680 Elementen wurde zwischen den Parteien vereinbart, daß die weiteren Elemente an der Unterkante eine zusätzliche Versiegelung gegen Feuchtigkeit erhalten sollten. Hierfür wurde eine gesonderte Vergütung vereinbart.
Die Klägerin begann am 15. Nov. 1967 mit der Montage der von der Beklagten gelieferten Brüstungselemente. Mit der Montage der durchsichtigen Isolierglaselemente wurde erst im Dezember 1967 begonnen. Die Abdichtung mit Leichtmetallprofilen und Neoprene-Abdichtungen konnte aus technischen Gründen erst nach der Montage des Isolierglases durchgeführt werden. Noch im Januar 1968 waren etwa 5.000 Brüstungselemente ohne Abdichtungsprofil am Bau montiert.
In Teile der montierten, aber noch nicht endgültig abgedichteten Elemente trat witterungsbedingt Feuchtigkeit ein, löste einen Teil des im Kleber enthaltenen Wasserglases, der wiederum teilweise aus den Elementen austrat, was zur Verätzung von Scheiben führte.
Die HEW beanstandeten die Fassadenelemente aus diesem Grunde gegenüber der Klägerin als nicht vertragsgemäß und verweigerten die Abnahme. Die Klägerin wiederum forderte die Beklagte unter Fristsetzung erfolglos zur Beseitigung der behaupteten Mängel auf. Sie demontierte sämtliche Elemente, stellte in Zusammenarbeit mit anderen Firmen neue Elemente her und montierte diese.
Mit vorliegender Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung des von ihr bereits gezahlten Werklohnes (722.097,20 DM) als Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 635 BGB) nebst 9 % Zinsen, da sie - unbestritten - mit entsprechendem Bankkredit arbeite.
Sie ist der Auffassung, die Elemente seien, da Feuchtigkeit eingedrungen sei, nicht witterungsbeständig gewesen und behauptet dazu, die Abdichtung zwischen der Wanne und dem Deckel der Fassadenelemente sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, so daß, bevor die endgültige Abdichtung der Fassade mit Neoprene-Abdichtungen habe erfolgen können, Feuchtigkeit in die Elemente habe eindringen können, was wiederum zum Austritt von in Feuchtigkeit gelöstem Kleber und zur Verätzung der Scheiben geführt habe.
Außerdem rügt die Klägerin generell die Verwendung wasserglashaltigen Klebers. Sie führt Was, das für die Fassade verwendete Sekuritglas habe eine gewisse Bruchquote. Man müsse also damit rechnen, daß im Laufe der Zeit verschiedene Glasscheiben zerspringen würden. Da eine Reparatur an dem hohen Haus aus technischen Gründen aber nicht immer sofort in Angriff genommen werden könne, müsse damit gerechnet werden, daß Feuchtigkeit in das beschädigte Element eindringe, wasserglashaltigen Kleber lösen, daß dieser wiederum als dem Element austrete und die Scheibenverätze.
Die Klägerin begehrt weiterhin die Feststellung, daß ... ihr hinsichtlich des noch nicht gezahlten Restrechnungsbetrages von 270.293,45 DM ein Zurückbehaltungsrecht zustehe sowie die weitere Feststellung, daß die Beklagte der Klägerin allen weiteren aus der nach ihrer Annahme fehlerhaften Lieferung entstandenen Schaden zu ersetzen habe. Hierzu trägt die Klägerin vor, sie habe durch die Neuherstellung der Fassadenelemente für das HEW-Hochhaus sowie durch Vereinbarung von Vertragsstrafen für die Nichteinhaltung von Terminen den Eintritt eines hohen Schadens zu erwarten.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 722.097,20 DM zuzüglich 9 % Zinsen seit Klagzustellung zu bezahlen.
- 2.
Festzustellen, daß der Klägerin hinsichtlich eines Betrages von 270.293,45 DM gegenüber der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zusteht.
- 3.
Festzustellen, daß die Beklagte der Klägerin allen weiteren Schaden aus der fehlerhaften Lieferung von 7.000, Brüstungselementen zu ersetzen haben,
hilfsweise,
der Klägerin nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung, die auch durch die Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer westdeutschen Großbank erfolgen könne, abzuwenden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
der Beklagten Vollstreckungsnachlass zu gewähren,
hilfsweise
gegen Sicherheitsleistung, die durch Stellung einer Bürgschaft der Braunschweigischen Staatsbank (jetzt Norddeutsche Landesbank) erfolgen könne.
Widerklagend beantragt die Beklagte,
- 1.
Die Klägerin zu verurteilen, 270.293,45 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 1.1.1968 zu zahlen,
hilfsweise,
Zug um Zug gegen Empfang der von der Klägerin an die Beklagte zurückgesandten rd. 1.700 Brüstungselemente,
- 2.
das Urteil gegen Sicherheitsleistung durch Stellung einer Bürgschaft der Braunschweigischen Staatsbank (jetzt Nordd. Landesbank) für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Die Beklagte wehrt sich gegen den Vorwurf, nicht vertragsgemäß geliefert zu haben mit der Behauptung, daß Eindringen der Feuchtigkeit in die montierten Elemente und das anschließende Austreten von Kleber sei allein auf die fehlerhafte Montage der Klägerin zurückzuführen. Diese habe nämlich die Elemente unter Gewaltanwendung an die Halterungen angeschweißt. Dies habe geschehen müssen, da Justierungsmöglichkeiten zum Ausgleich von Differenzen nicht vorgesehen seien. Durch diese Zwängungen hätten sich Nieten gelockert oder gelöst, es seien Spalten entstanden, erst daraufhin sei Feuchtigkeit in die Elemente eingedrungen und habe den Kleber lösen können.
Die Beklagte hat dargelegt, aus technischen Gründen habe für den fraglichen Auftrag nur wasserglashaltiger Kleber verwendet werden können.
Widerklagend verlangt die Beklagte Zahlung des noch offenstehenden Restbetrages für die Herstellung der Elemente nebst 10 % Zinsen, da sie - unbestritten - für Kredite in Höhe des Widerklagebetrages Zinsen und Provision in mindestens der begehrten Höhe zahlen müsse.
Die Beklagte ist der Auffassung, auf Grund des Vertrages vom 8.2.1967 vorleistungspflichtig zu sein, so daß sie nach den gesetzlichen Bestimmungen an sich nur Leistung Zug um Zug verlangen könne. Die Beklagte meint allerdings, daß auf Grund ihres Schreibens vom 14.4.1967 ihre Allgemeinen Geschäfts- und Zahlungsbedingungen Vertragsinhalt gewesen seien und sie auf Grund dieser Bedingungen auch Lieferung ohne vorherige Erbringung der Gegenleistung verlangen könne. Auf diesen Überlegungen beruht die Stellung des Antrages und des Hilfsantrages zu 1).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen und Privatgutachten Bezug genommen.
Es ist Beweis erhoben worden gem. Beweisbeschlüssen vom 7.6.1968 (Bl. 279 d.A.), vom 18.12.1968 (Bl. 411), vom 142.2.1969 (Bl. 448 d.A.) und vom 26.9.1972 (Bl. 824 d.A.), durch Vernehmung des Zeugen Kling, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und durch mündliche Erläuterung dieses Gutachtens durch die Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 13.5.1969 (Bl. 537-542 d.A.) und vom 13.11.1972 (Bl. 834-840 d.A.) sowie auf das Gutachten der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) vom 28.3.1972 verwiesen.
Die Klägerin wehrt sich gegen das Gutachten der BAM mit der Behauptung, die von der BAM untersuchten, aus Beständen der Beklagten entnommenen Elemente wichen hinsichtlich der Dichtung von denjenigen Elementen, die die Beklagte zur HEW-Baustelle nach Hamburg geliefert habe, ab. Sie beantragt
ein weiteres Gutachten unter Verwendung der bei ihr lagernden Elemente.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist unbegründet.
Zwischen den Parteien ist ein Werklieferungsvertrag über die Herstellung nicht vertretbarer Sachen geschlossen worden (§ 651 Abs. 1 S. 2 BGB), so daß im wesentlichen die Vorschriften über den Werkvertrag Anwendung finden.
Die Klägerin stützt ihre Klage, soweit sie Schadensersatz verlangt, auf § 635 BGB. Nach dieser Vorschrift kann Schadensersatz nur dann verlangt werden, wenn das Werk einen Mangel im Sinne der Werkvertragsvorschriften hat.
Das Vorliegen eines derartigen Mangels hat die Klägerin jedoch nicht bewiesen.
1.
Zwar hat die Beklagte eine 10-jährige Garantie auf die "Witterungsbeständigkeit" der Fassadenelemente übernommen. In der Garantie ist rechtlich die Zusicherung einer Eigenschaft der Elemente, der Witterungsbeständigkeit enthalten. Die Beklagte wäre daher gem. §§ 635, 633 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die von ihr hergestellten Elemente nicht witterungsbeständig wären. Diesen Nachweis hat die Klägerin jedoch nicht erbracht.
a)
Die zwischen den Parteien vereinbarte "Witterungsbeständigkeit" bedeutet - entgegen der Meinung der Klägerin - nicht, daß die Elemente "wasserdicht" seien müßten.
"Witterungsbeständig" bedeutet zunächst einmal - darüber sind sich die Parteien einig - daß die Fassadenelemente im eingebauten Zustand zusammen mit den fachgemäß eingebauten Leichtmetallprofilen nebst Neopreneabdichtungen, also nach Fertigstellung der gesamten Fassade, bei jeder in Hamburg denkbaren Wetterlage wetterdicht sind, d.h. weder Feuchtigkeit oder Wind und das Gebäude eindringen lassen und auch nicht selbst durch Witterungseinflüsse beschädigt würden. Daß die Fassadenelemente der Beklagten in diesem Sinne nicht witterungsbeständig seien, wird auch von der Klägerin nicht behauptet.
Darüber hinaus bedeutet "witterungsbeständig" aber in vorliegenden Falle auch, daß die einzelnen Elemente während des Einbaues für eine begrenzte Zeit ohne die endgültigen Neoprene-Abdichtungen der Witterung ausgesetzt werden können, ohne Schaden zu nehmen. Dies ergibt sich aus den beiden Parteien bei Vertragsschluss bekannt gewesenen Tatsache, daß die Leichtmetallprofile nebst den Neopreneabdichtungen nicht unmittelbar nach Einbau der Elemente montiert werden konnten: Dies war erst möglich, nachdem auch die - nicht von der Beklagten hergestellten - Isolierglaselemente eingebaut waren, die wiederum aus Konstruktionsmäßigen Gründen erst dann eingebaut werden konnten, nachdem die darüber und darunter befindlichen Reihen aus undurchsichtigen, von der Beklagten hergestellten Fassadenelemente, eingebaut waren. Ein "witterungsbeständiges" Element braucht nicht wasserdicht zu sein. Dies wäre nur dann erforderlich, wenn bei dem Eintritt der während der Montagezeit zu erwartenden Feuchtigkeit Schäden am Element oder am übrigen Bauwerk entstehen können.
b)
Die Beweisaufnahme hat jedoch nicht ergeben, daß die von der Beklagten hergestellten Fassadenelemente nicht witterungsbeständig in diesem Sinne gewesen seien.
Die BAM hat Fassadenelemente, die von der Beklagten für die Klägerin hergestellt, aber nicht mehr ausgeliefert worden sind, in einem Prüfstand untersucht. Sie hat die Elemente in der Prüfkammer in einer den Verhältnissen am Baukörper entsprechenden Weise eingebaut und die Elemente dann verschiedenen Untersuchungen unterzogen.
Soweit diese Prüfungen an mit vollständigen Abdichtungen versehenen Elementen vorgenommen worden sind, brauchen die Ergebnisse hier nicht erörtert zu werden, da die Klägerin jetzt selbst nicht behauptet, daß die von der Beklagten hergestellten Elemente im Einbauendzustand nicht witterungsbeständig seien.
Die BAM hat aber die Fassadenelemente auch in einem Zustand untersucht, der demjenigen an der Baustelle während und nach der Montage, aber vor der endgültigen Abdichtung durch Neopreneabdichtungen, entsprach. Sie hat die bei den sonstigen Versuchen verwendeten Abdeckleisten, die den ... Neoprene-Abdeckleisten der Klägerin entsprachen entfernt, so daß die Elemente nur durch ihre eigene Konstruktion vor den bei den Versuchen herrschenden Witterungsbedingungen geschützt wurden.
In diesem Zustand hat die BAM die Elemente einer insgesamt 12stündigen Schlagregenbeanspruchung ausgesetzt. Es handelt sich dabei um eine simulierte Form des Regens, bei der infolge Windes an der Außenfront einer geschlossenen Fassade ein höherer Druck als im Inneren des Gebäudes herrscht. Durch diesen Druckunterschied wird, wie der Sachverständige Wagner anläßlich der mündlichen Erläuterung des Gutachtens erklärt hat, das Eindringen von Wasser in die Fassade wesentlich erleichtert. An der Baustelle des HEW-Hochhauses sind, wie der Sachverständige weiter erklärt hat, die von der Beklagten hergestellten Elemente einem Schlagregen jedoch nicht ausgesetzt gewesen, da die Fassade noch offen war und somit der für Schlagregen typische Druckunterschied nicht auftreten konnte. Obwohl der Versuch somit unter härteren Bedingungen stattgefunden hat als der an der Baustelle aufgetretenen, haben die von der BAM untersuchten Elemente keinen Schaden genommen. Zwar ist in die einzelnen Elemente Feuchtigkeit eingedrungen, doch stellt dies allein keinen Mangel da, da Witterungsbeständigkeit und nicht Wasserdichtigkeit zwischen den Parteien vereinbart worden war. Bei den ... von der BAM untersuchten Elementen ist, wie aus dem Gutachten ersichtlich, keinerlei in Feuchtigkeit gelöster Klebstoff ausgetreten.
Dies läßt den Schluss zu, daß die von der Beklagten hergestellten Elemente zwar bei härtester - an der HEW-Baustelle nicht aufgetretener - Schlagregenbeanspruchung Feuchtigkeit aufnehmen können und daß Feuchtigkeit auch bei den an der HEW-Baustelle herrschenden Witterungsbedingungen eingetreten sein kann, nicht dagegen, daß durch den Eintritt der Feuchtigkeit sich Klebstoff gelöst hätte und ausgetreten wäre. Der Eintritt von Feuchtigkeit, solange die Fassade noch nicht endgültig montiert worden ist, stellt aber allein, ohne Hinzutreten weiterer Nachteile, kein Mangel dar und ist mit dem Begriff "witterungsbeständig" vereinbar.
c)
Die Klägerin beanstandet allerdings zu Recht, daß die BAM die Beweisfrage, ob Fassadenelemente z.Zt. der Anlieferung auf der Baustelle witterungsbeständig gewesen seien, nicht beantwortet, sondern Aussagen nur für die Zeit der Versuche gemacht hat. Auch anläßlich der mündlichen Erläuterung des Gutachtens konnte keiner der Sachverständigen mangels entsprechenden Fachwissens Rückschlüsse auf die Zeit der Anlieferung ziehen. Dennoch ist eine Ergänzung des Gutachtens insoweit nicht erforderlich. Denn die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11.9.1972 vorgetragen, sie habe die von ihr hergestellten Elemente über 20 Minuten lang einer Heißpresse bei mehr als 100 Grad Celsius ausgetrocknet. Bei diesem Prozeß sei der Kleber sofort ausgetrocknet, erhärtet und habe diesen Zustand dann beibehalten. Auf diese Schilderung des Produktionsvorganges ist die Klägerin nicht eingegangen, er gilt daher als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Nach dieser Darstellung der Beklagten ist es aber gleichgültig, ob der Wasserglashaltige Klebstoff schon kurze Zeit nach der Herstellung oder erst Jahre später mit Feuchtigkeit in Berührung kommt, da sich der Zustand des völlig ausgehärteten Klebers in diesem Zeitraum nicht ändert. Das Untersuchungsergebnis der BAM läßt sich daher ohne weiteres auf den Zeitpunkt der Anlieferung im Herbst 1967 übertragen.
d)
Auch soweit die Klägerin einwendet, die von der BAM untersuchten Elemente seien anders - besser - abgedichtet, als die zur Hamburger Baustelle gelieferten, kann dies zu keinem anderem Ergebnis führen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11.9.1972 darauf hingewiesen, daß zwischen den Parteien Bach Herstellung von 1.680 Elementen am 20.10.1967 vereinbart worden sei, die zukünftig herzustellenden Elemente sollten gegen Aufpreis zusätzliche Abdichtungen an den Schmalseiten erhalten. Danach ist unbestritten, daß die überwiegende Zahl der Elemente auf Wunsch der Klägerin mit zusätzlichen Dichtungen versehen worden ist. Wenn die Klägerin nach diesem Vortrag der Beklagten behaupten wollte, die von der BAM untersuchten Elemente seien anders abgedichtet, als die überwiegende Zahl von der von der Beklagten gelieferten Elemente, dann hätte sie dies unter Beweisantritt ausdrücklich vortragen müssen. Im übrigen läßt die von der Klägerin angeführte Tatsache, daß ein oder zwei der von ihrem Privatsachverständigen untersuchten Elemente mangelhaft abgedichtet worden seien, nicht den Schluss auf Mängel bei größerem Lieferungsposten zu.
An den Feststellungen der BAM könnte im übrigen auch eine Begutachtung von Elementen, die bei der Klägerin lagen, nichts ändern. Denn der Nachweis, daß diese Elemente in den vergangenen Jahren von Witterungseinflüssen unbeeinflusst geblieben sind und sich daher noch im gleichen Zustand wie bei Anlieferung im Herbst 1967 befinden, ist von der Klägerin nicht erbracht worden.
e)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Feststellungen der BAM über den Zustand der in der Tiefgarage des Neubaues der HEW lagernden Wärmeschutzverglasung. Die Sachverständigen der BAM haben zwar Ätzspuren festgestellt, die den Schluss zulassen, daß aus den von der Beklagten gelieferten Fassadenelementen in Feuchtigkeit gelöster Klebstoff ausgetreten ist und die Scheiben verätzt hat. Diese Tatsache läßt jedoch keinerlei Rückschlüsse darauf zu, aus welchem Grunde es zu dem Austritt des Klebstoffanteils gekommen ist.
Nach den Feststellungen der BAM über die von der Klägerin erstellte Probefassade und dem Privatgutachten Prof. Paschen's über die Montage der Elemente am Hochhaus der HEW spricht vielmehr alles dafür, daß es zum Austritt von Klebstoffanteilen infolge fehlerhafter Montage der Fassadenelemente durch die Klägerin gekommen ist. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, da jedenfalls die Klägerin nicht nachgewiesen hat, daß die von der Beklagten hergestellten Fassadenelemente bei Anlieferung nicht witterungsbeständig gewesen seien.
2.
Auch die von der Klägerin gerügte Verwendung von wasserglashaltigem Klebstoff stellt keinen Mangel dar. Solange die Fassadenelemente witterungsbeständig waren und kein Klebstoff austreten konnte - das Gegenteil hat die Klägerin nicht bewiesen - ist es ohnehin gleichgültig, ob der Klebstoff, falls er austritt, Schaden anrichten kann.
Es mag allerdings sein, daß das für die Fassade verwendete Colorglas eine besonders hohe Bruchquote hat und deshalb damit zu rechnen ist, daß nach Bruch von Scheiben Feuchtigkeit in die Elemente eindringen und Klebstoff löst. Wenn jedoch, wie die Klägerin schildert, aus in der Konstruktion des Hochhauses liegenden technischen Gründen keine sofortige Reparatur durchgeführt werden kann und daraufhin durch austretenden Klebstoff Scheiben verätzen, ist dies vom Architekten, der Bauherrin oder der Klägerin, keinesfalls jedoch der Beklagten zu vertreten. Im übrigen hat die Beklagte im einzelnen vorgetragen, daß aus technischen Gründen nur die Verwendung von wasserglashaltigem Kleber in Frage gekommen sei. Die Elemente müßten entsprechend einer Forderung der Hamburger Feuerwehr in gewissem Umfange feuerbeständig sein, sie dürften trotz einer 90 Minuten andauernden Erhitzung auf 986 Grad/C nicht zerstört werden. Diese Beständigkeit sei mit Kunststoffkleber nicht zu erreichen. Es käme nur wasserglashaltiger Kleber oder Kleber aus keramischen Stoffen in Betracht, wovon die letzteren jedoch bei Fassadenelementen wieder ausschieden, da sie mit über 5 00 Grad Wärme ausgehärtet werden müßten, was zur Zerstörung von Lackierungen und Glasscheiben führen würde. Auf diese von der Beklagten dargestellten technischen Einzelheiten ist die Klägerin nicht eingegangen. Dazu wäre sie jedoch auf Grund ihrer technischen Kenntnisse in der Lage gewesen. Mangels substantiierten Bestreitens gilt somit auch dieses Vorbringen der Beklagten als zugestanden. Da unter Beachtung der feuerpolizeilichen Vorschriften somit allein wasserglashaltiger Kleber für die von der Klägerin gewünschten Fassadenelemente in Betracht kam, stellt die Verwendung dieses Klebers aus diesem Grunde keinen Mangel dar.
3.
Auch soweit die Klägerin Feststellung begehrt, ist die Klage unbegründet, da ein Mangel an den von der Beklagten gelieferten Elementen nicht nachgewiesen ist, eine Schadensersatzpflicht der Beklagten somit nicht besteht.
Die Klage war daher abzuweisen.
II.
Die Widerklage ist dagegen begründet.
Es ist unstreitig, daß die Klägerin einen - auch in der Höhe nicht beanstandeten Restbetrag von 270.293,45 DM noch nicht bezahlt hat. Daß sie zur Verweigerung der Zahlung berechtigt ist, hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Insofern wird auf die Ausführungen zur Klage verwiesen.
Die Beklagte kann Zahlung verlangen, ohne daß diese von der erneuten Lieferung der noch bei ihr befindlichen Brüstungselemente abhängig wäre. Denn nach dem Auftrag vom 8.2.1967 war - abgesehen vom 1. Drittel der Lieferungen - "jeweils 100 %ige Bezahlung ihrer Lieferungen" vereinbart worden. Daraus ergibt sich aber nicht, wie die Beklagte meint, eine Vorleistungspflicht der Beklagten und somit auch keine Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB. Da die Klägerin vorliegend nur ein Zurückbehaltungsrecht wegen vermeintlicher Schadensersatzansprüche geltend macht, nicht aber die Zahlung von der Lieferung der noch bei der Beklagten lagernden Elemente abhängig macht, ist auch § 322 Abs. 1 BGB nicht anzuwenden, so daß dem Hauptantrag der Beklagten zu entsprechen war.
Die geltend gemachten Verzugszinsen stehen der Beklagten gem. den §§ 284, 286, 288 Abs. 1 S. 2 BGB zu.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 710 ZPO.
Da die Beklagte ohnehin nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstrecken kann, war der Antrag der Klägerin, ihr die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung nachzulassen, gegenstandslos.