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  • ab 01.01.2019 (aktuelle Fassung)

Abschnitt II ERiStrRPflEAV

Bibliographie

Titel
Einführungs- und Halbzeitveranstaltungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter in der Strafrechtspflege
Redaktionelle Abkürzung
ERiStrRPflEAV,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
30600
  1. 1.

    Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Strafrechtspflege werden zu Beginn der Amtszeit in einer Einführungsveranstaltung mit ihren Aufgaben sowie Rechten und Pflichten vertraut gemacht. Darin soll zugleich ein Überblick über das Strafverfahren und die daran Beteiligten gegeben werden. Es ist darauf zu achten, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung ausreichend Gelegenheit erhalten, das Wort zu ergreifen und Fragen zu stellen. Für Fragen zur Entschädigung ist die Teilnahme einer Kostenbeamtin oder eines Kostenbeamten wünschenswert.

  2. 2.

    Die Einführungsveranstaltungen finden getrennt für Schöffinnen und Schöffen sowie für Jugendschöffinnen und Jugendschöffen statt.

  3. 3.

    Für die Einführungsveranstaltungen erscheinen folgende Themen geeignet:

    • Aufbau der Strafgerichte nebst Instanzenzug;

    • Gang des Strafverfahrens bis zu Eröffnung des Hauptverfahrens unter Berücksichtigung der Aufgaben von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht;

    • beteiligte Personen in der Hauptverhandlung unter besonderer Berücksichtigung der Rolle und der Rechte des Opfers, insbesondere der Nebenklage und der psychosozialen Prozessbegleitung;

    • Stellung der Schöffinnen und Schöffen als gleichberechtigte Richterinnen und Richter, Unabhängigkeit, Fragerecht, Befangenheitsrisiken;

    • Gang der Hauptverhandlung (Tatsachenfeststellung, Beweisaufnahme, Urteilsfindung);

    • Besonderheiten bestimmter Verfahren wie beispielsweise in Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung;

    • verfahrensabschließende Entscheidungen (Urteil, Einstellungen nach §§ 153,153a, 154, 154a StPO) sowie die Verständigung im Strafverfahren;

    • Kriterien der Strafzumessung;

    Sinn und Zweck der einzelnen Strafen, Maßregeln, Sanktionen und sonstigen Maßnahmen im Urteil unter besonderer Berücksichtigung der Strafaussetzung zur Bewährung und des Rechts der Vermögensabschöpfung;

    • registerrechtliche Folgen einer Verurteilung;

    • Rechtskraft, Rechtsmittel und Wiederaufnahme des Verfahrens;

    • Verhältnis von Urteilsspruch zur Gnade;

    • Strafvollstreckung und Strafvollzug;

    • Organisatorische Hinweise zur Teilnahme an der Hauptverhandlung (z. B. Absprachen vor den Hauptverhandlungsterminen mit der Vorsitzenden Richterin oder dem Vorsitzenden Richter über die Zeit des Erscheinens und/oder das Vorgehen bei der Ausübung des Fragerechts, Verpflegungsmöglichkeiten, Notwendigkeit von eigenen Notizen über den Inhalt einer Hauptverhandlung);

    Rechte und Pflichten der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter einschließlich der Entschädigung.

  4. 4.

    In den Einführungsveranstaltungen für Jugendschöffinnen und Jugendschöffen sind diese darüber hinaus mit den Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens vertraut zu machen. Dafür erscheinen folgende Themen geeignet:

    • Aufbau der Jugendgerichte nebst Instanzenzug und Rechtsmittelbeschränkungen;

    • Besonderheiten der Jugendkriminalität;

    • Unterschiede von Jugendstrafrecht und Erwachsenenstrafrecht;

    • Anwendungsvoraussetzungen von Jugendstrafrecht (§§ 3 und 105 JGG);

    • Rolle der Erziehungsberechtigten und der Jugendgerichtshilfe im Jugendstrafverfahren;

    • Diversion und Sanktionen im Jugendstrafrecht (Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel, Jugendstrafe) unter Berücksichtigung der vor Ort angebotenen ambulanten sozialen Maßnahmen der öffentlichen und privaten Träger der Jugendhilfe sowie der Besonderheiten der Bewährung (§§ 21 ff., 27 ff., 57 JGG);

    • besondere registerrechtliche Folgen im Jugendstrafrecht.

  5. 5.

    Um den Schöffinnen und Schöffen eine Vorstellung von den Auswirkungen des Urteilspruchs, insbesondere vom Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßnahme zu vermitteln, empfiehlt es sich, den Schöffinnen und Schöffen im Rahmen der Einführungsveranstaltungen die Besichtigung einer Justizvollzugsanstalt anzubieten. Für Jugendschöffinnen und Jugendschöffen kommt die Besichtigung der Jugendarrestanstalt oder der Jugendanstalt in Betracht.