Arbeitsgericht Braunschweig
Beschl. v. 17.07.1985, Az.: 2 BV 49/85
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer beabsichtigten Abweichung von vereinbarten allgemeinen Urlaubsgrundsätzen
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Braunschweig
- Datum
- 17.07.1985
- Aktenzeichen
- 2 BV 49/85
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1985, 34279
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGBS:1985:0717.2BV49.85.0A
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 Ziff. 5 BetrVG
- § 87 Abs. 1 Ziff. 5 BetrVG
In dem Beschlußverfahren
mit den Beteiligten
1.) xxx
Antragsteller und Beteiligter zu 1)
Verfahrensbevollm.: xxx
gegen
2.) xxx
Antragsgegner und Beteiligter zu 2)
Verfahrensbevollm.: xxx
hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Braunschweig durch die xxx und die ehrenamtlichen Richter xxx in der Sitzung vom 17.7.85 erkannt und verkündet:
Tenor:
Die Anträge zu 1) - 3) werden als unzulässig, der Antrag zu 4) als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
Ende 1984 stimmte der Antragsteller, der der Betriebsrat bei der Antragsgegnerin ist, einer Regelung zu, wonach unter anderem am 17. Mai 85 in den Werken der Antragsgegnerin in Salzgitter und Braunschweig nicht gearbeitet werden sollte und die Mitarbeiter an diesem Tag einen Tag Urlaub erhalten sollten.
Mit Schreiben vom 10.5.1985 wandte sich die Antragsgegnerin, an den Antragsteller und bat um Zustimmung dafür, daß am 17. u. 18.5.1985 wegen Auftragsrückstände in bestimmen Bereichen des Busbaus gearbeitet wird. Sie teilte dem Antragsteller mit, die betroffenen Mitarbeiter würden auf freiwilliger Basis arbeiten. Der Antragsgegner lehnte es ab, der Arbeit am 17.5. zuzustimmen. Für den 18.5.85 erteilte er seine Zustimmung.
Am 17.5.1985 arbeiteten etwa 400 Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Sonderprämie.
Der Antragsteller ist der Ansicht, daß ihm für diese Maßnahme ein Mitbestimmungsrecht zugestanden habe. Da ihm ein Mitbestimmungsrecht für die Durchführung von Betriebsferien zustehe, könne die Antragsgegnerin dies nicht wieder rückgängig machen, ohne Zustimmung des Antragstellers.
Da es sich bei dem Einsatz von 400 Arbeitnehmern nicht um einen Einzelfall handele, sei die Änderung genereller Natur und stelle eine generelle Regelungsfrage da insbesondere, weil auch ein kollektives Interesse der Arbeitnehmer des Betriebs berührt; werde. Die Maßnahme am 17.5.85 sei deshalb unwirksam gewesen.
Der. Antragsteller beantragt,
- 1.
festzustellen,
daß es der Mitbestimmung- des Antragstellers gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 5 BetrVG unterliegt, wenn die Antragsgegnerin von den zwischen den Beteiligten vereinbarten allgemeinen Urlaubsgrundsätzen abweichen möchte,
- 2.
festzustellen, daß das Mitbestimmungsrecht gem. Ziff. 1) auch dann besteht, wenn zwischen der Antragsgegnerin und dem betroffenen Arbeitnehmern Einvernehmen über die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Arbeitsleistung entgegen den zwischen den Beteiligten vereinbarten allgemeinen Urlaubsgrundsätzen erzielt wurde,
- 3.
festzustellen, daß alle Anordnungen und alle Vereinbarungen der Antragsgegnerin, durch die das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gem. Ziff. 1) verletzt wurden, unwirksam sind,
- 4.
festzustellen, daß die Antragsgegnerin die Beschäftigung von Arbeitnehmern am 17.5.85 zu unterlassen hatte.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die von dem. Antragsteller gestellten Anträge seien mangels ausreichender Bestimmtheit unzulässig und würden zur Erstellung eines Rechtsgutachtens führen.
Im übrigen fehle dem Antragsteller auch das Rechtsschutzinteresse, da eine Widerholungsgefahr nicht vorgetragen sei.
Die Anträge seien auch unbegründet, Da die Antragsgegnerin sich mit etwa 10 % der Mitarbeiter einvernehmlich geeinigt, habe, den vorgesehenen Tarifurlaub auf einen anderen Zeitpunkt zu verlegen, habe der Antragsgegner kein Mitbestimmungsrecht. Die Antragsgegnerin habe nicht einseitig gehandelt. Eine einvernehmliche Abweichung von einem Urlaubsplan oder allgemeinen Urlaubsgrundsätzen sei durchaus zulässig. Das ergebe sich bereits aus § 7 Abs. 1 Ziff. 5 BetrVG.
Die generelle Betriebsurlaubsregelung sei aber unberührt geblieben, da am 17.5.85 die überwiegende Mehrzahl der Arbeitnehmer Betriebsurlaub gehabt hätten.
Für das weitere Torbringen der Beteiligten wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Anträge zu 1) - 3) sind unzulässig, da sie nicht ausreichend bestimmt sind. Der Antragsgegner beantragt hier die Beantwortung ganz allgemeiner Rechtsfragen, nicht bezogen auf einen konkreten Sachverhalt. Solche Anträge sind unzulässig, da bei der Bescheidung dieser. Anträge ein ganz allgemeines Rechtsgutachten erstellt würde.
Der Antrag zu 4) ist ausreichend bestimmt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin fehlt für diesen Antrag auch nicht das Rechtsschutzinteresse. Der Antragsteller stellt einen konkreten Sachverhalt zur Entscheidung, der sich durchaus Jeder Zeit später wiederholen kann. Das Rechtsschutzinteresse im Beschlußverfahren liegt auch dann vor, wenn nicht schon eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht, sondern eine abstrakte. Der Vorfall, der sich am 17.5.85 zugetragen hat, kann sich durchaus zu einem späteren Zeitpunkt wiederholen.
Der. Antrag ist aber unbegründet.
Gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 5) hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze des Urlaubsplans, sowie der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einigen können.
Trotz des Vorliegens genereller Regelungen und eines Urlaubsplans steht es dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber frei, im Einzelfall noch Änderungen zu vereinbaren (Fitting Auffarth Kaiser BetrVG 13. Aufl. Rdn. 33 zu § 87).
Das ergibt sich nach Ansicht der Kammer auch daraus, daß der Betriebsrat bei der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs nur dann ein Mitbestimmungsrecht hat, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich darüber nicht einigen können. Nur bei Änderung der generellen Regelung ist die Mitbestimmung des Betriebsrats erforderlich.
Das bedeutet in dem hier vorliegenden Fall, daß es der Antragsgegnerin verwehrt gewesen wäre, den Betriebsurlaub aufzuheben. Sie konnte aber mit Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer diese auch während des Betriebsurlaubs arbeiten lassen, nur einseitig hätte sie dies nicht anordnen können.
Nach Ansicht der Kammer ist es insoweit auch unerheblich, ob es sich um eine größere oder kleinere Zahl von Arbeitnehmern handelt oder ein kollektiver Bezug vorliegt, denn im Gegensatz zu der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit, bei denen dem Betriebsrat uneingeschränkt ein Mitbestimmungsrecht zusteht, hat der Betriebsrat bei Urlaubsregelungen eben nur ein Mitbestimmungsrecht, wenn es sich um generelle Grundsätze oder den Urlaubsplan handelt, bei denen Abweichungen durch Einzelvereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zulässig sind.
Der Antrag zu 4) ist daher unbegründet und abzuweisen.