Amtsgericht Syke
Urt. v. 26.09.2008, Az.: 10 C 1275/08 (WEG)

Bibliographie

Gericht
AG Syke
Datum
26.09.2008
Aktenzeichen
10 C 1275/08 (WEG)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 46581
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGSYKE:2008:0926.10C1275.08WEG.0A

In dem Rechtsstreit

...

hat das Amtsgericht Syke auf die mündliche Verhandlung vom ... durch die Direktorin des Amtsgerichts ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben an die Verfügungsklägerin ... die Verwaltungsunterlagen betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft ..., insbesondere

    • die Originalbankauszüge der Konten der Wohnungseigentümergemeinschaft nebst Belegen, Originalabrechnungen, Überweisungsträger und Buchführungsunterlagen;

    • die Jahresabrechnungen mit Einzelabrechnungen, die Wirtschaftspläne und die Unterlagen für die Heizkostenabrechnungen;

    • sämtlichen Schriftverkehr betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft;

    • alle Versammlungsprotokolle und das Beschlussbuch;

    • die Gerichtsentscheidungen und die Unterlagen anhängiger Verfahren;

    • die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung und Aufteilungsplan;

    • die Eigentümerliste;

    • die Versicherungsscheine und -verträge;

    • die Wartungsverträge und Betriebsanleitungen;

    • die Unterlagen, die den Hausmeister betreffen;

    • die Baupläne und Abnahmeprotokolle;

    • den Sicherungsschein und Schließplan einer etwaigen Schließanlage

      sofort für 6 Wochen zur Einsicht und zur Anfertigung von Kopien herauszugeben.

  2. 2.)

    Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. 3.)

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Verfügungsklägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft in ....

2

Die Verfügungsbeklagte wurde auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.05.08 abberufen. Die Verfügungsbeklagte hat gegen ihre Abberufung Beschlussanfechtungsklage beim Amtsgericht Syke eingereicht. Das unter 10 C 909/08geführte Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

3

Durch weiteren Beschluss vom 23.05.08 wurde die ... als neue Verwalterin bestellt. Eine Anfechtung dieses Beschlusses ist nicht erfolgt.

4

Die Verfügungsbeklagte wurde erfolglos unter Fristsetzung bis zum 04.09.08 zur Herausgabe der Verwaltungsunterlagen aufgefordert.

5

Unter Hinweis auf die Notwendigkeit des Vorliegens der Unterlagen für eine ordnungsgemäße Verwaltung beantragt die Verfügungsklägerin

6

der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, an die Verfügungsklägerin ... die Verwaltungsunterlagen betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft ..., insbesondere

  • die Originalbankauszüge der Konten der Wohnungseigentümergemeinschaft nebst Belegen, Originalabrechnungen, Überweisungsträger und Buchführungsunterlagen;

  • die Jahresabrechnungen mit Einzelabrechnungen, die Wirtschaftspläne und die Unterlagen für die Heizkostenabrechnungen;

  • sämtlichen Schriftverkehr betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft;

  • alle Versammlungsprotokolle und das Beschlussbuch;

  • die Gerichtsentscheidungen und die Unterlagen anhängiger Verfahren;

  • die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung und Aufteilungsplan;

  • die Eigentümerliste;

  • die Versicherungsscheine und -verträge;

  • die Wartungsverträge und Betriebsanleitungen;

  • die Unterlagen, die den Hausmeister betreffen;

  • die Baupläne und Abnahmeprotokolle;

  • den Sicherungsschein und Schließplan einer etwaigen Schließanlage sofort für 6 Wochen zur Einsicht und zur Anfertigung von Kopien herauszugeben.

7

Die Verfügungsbeklagte beantragt Klagabweisung.

8

Es sei weder ein Verfügungsgrund noch ein Verfügungsanspruch zu erkennen.

9

Ein Eilbedürfnis für eine Herausgabe sämtlicher Verwaltungsunterlagen sei nicht erkennbar. Der Beschluss über die Abberufung des Verwalters sei nichtig, da ein auf Zeit bestellter Verwalter vorzeitig nur aus wichtigem Grund abberufen werden könne und ein wichtiger Grund für die Abberufung der Verfügungsbeklagten weder bei Beschlussfassung vorgetragen worden sei noch vorgelegen habe. Da der Beschluss für unwirksam zu erklären sei, habe die Verwaltungseigenschaft der Verfügungsbeklagten nie geendet mit der Folge, dass die Bestellung des jetzigen und damit weiteren Verwalters nach § 23 Absatz 4 Satz 1 nichtig sei.

10

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

Der Antrag ist gemäß in § 935, 940 folgende ZPO zulässig.

12

Eine Verwaltung von Wohnungseigentum ist nur bei Vorliegen der bisherigen Verwaltungsunterlagen möglich. Ein Abwarten bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens 10 C 909/08 über die Wirksamkeit des Beschlusses zur Abberufung der Verfügungsbeklagten als Verwalter würde den Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gerecht.

13

Die Herausgabe der Unterlagen für einen befristeten Zeitraum zur Fertigung von Kopien beschränkt sich auf das unbedingt Notwendige.

14

Der Antrag ist auch gemäß den §§ 675, 667 BGB begründet.

15

Die Verfügungsbeklagte ist verpflichtet, sämtliche in Ausführung der Verwaltertätigkeit erhaltene Unterlagen an die Wohnungseigentümergemeinschaft herauszugeben.

16

Dass die Verfügungsbeklagte den Abberufungsbeschluss angefochten hat, ist unerheblich. Bis zur rechtskräftigen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 23.05.08 ist die Abberufung der Verfügungsbeklagten - wie sich aus § 23 Absatz 4 WEG ergibt - wirksam mit der Folge, dass die Verfügungsbeklagte zur Herausgabe verpflichtet ist.

17

Der Gesetzgeber hat der Rechtssicherheit gegenüber der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen Vorrang eingeräumt, solange es sich nicht um nichtige Beschlüsse handelt.

18

Ein Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor. Er kann entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten nicht darin gesehen werden, dass die Verfügungsbeklagte für eine bestimmte Zeit bestellt worden ist mit der Folge, dass eine Abberufung ohne besonderen Grund nicht zulässig sei.

19

§ 26 Absatz 4 Satz 3 WEG geht von einer jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit des Verwalters aus. Die Vorschrift sieht zwar die Möglichkeit vor, die Abberufung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu beschränken. Dass eine grundsätzliche Beschränkung in der Teilungserklärung oder durch Beschlussfassung erfolgt ist, ist nicht vorgetragen. Ob allein in der Befristung des Verwaltervertrages eine derartige Beschränkung gesehen werden kann, ist fraglich.

20

Selbst wenn man davon ausgeht, dass bei einem befristeten Verwaltervertrag eine Abberufung grundsätzlich nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig ist, würde eine Beschlussfassung trotz Fehlen eines wichtigen Grundes nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, sondern lediglich einen Anfechtungsgrund darstellen. Solange die Anfechtung nicht für begründet erklärt wird, ist der Abberufungsbeschluss wie auch der Beschluss über die Bestellung des jetzigen Verwalters wirksam.