Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 11.11.2009, Az.: 5 A 120/09
Bürgerbegehren
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 11.11.2009
- Aktenzeichen
- 5 A 120/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 44441
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:2009:1111.5A120.09.0A
Rechtsgrundlage
- 22b NGO
Amtlicher Leitsatz
Eine Bürgerintiative ist nicht zur Durchführung eines Bürgerbegehrens befugt.
Bei unklaren Angaben auf den Unterschriftslisten ist die Gemeinde verpflichtet, einen Abgleich mit den Wählerlisten durchzuführen, wenn damit ohne großen Aufwand die Identität der Unterzeichner festgestelltt werden kann.
Tatbestand
Die Klägerin wehrt sich mit ihrer Klage gegen die Ablehnung der Durchführung eines von ihr beantragten Bürgerbegehrens.
Am 30. März 2009 zeigte die "Bürgerinitiative A., C." bei der Beklagten an, dass sie ein Bürgerbegehren "zu dem Thema Gemeindefusion" durchführen werde. Mit dem Bürgerbegehren werde ein Bürgerentscheid zu der Frage "Soll die Gemeinde A. als selbständige Gemeinde bestehen bleiben?" beantragt. Als Vertreter des Bürgerbegehrens wurden C., H. und I. benannt.
Am 14. Mai 2009 übergab Herr J. der Beklagten einen Ordner mit 626 Stimmzetteln. Auf der Vorderseite der Stimmzettel wurde das Ziel des Bürgerbegehrens beschrieben und unter anderem ausgeführt:
"Die Bürger des K. müssen die Gelegenheit erhalten, diese wichtige Frage selbst zu entscheiden. Deshalb führt die B. ein Bürgerbegehren durch mit dem Ziel, einen Bürgerentscheid herbeizuführen."
Auf der Rückseite war folgender Text aufgeführt:
"Überlassen Sie die Entscheidung über die Eigenständigkeit der Gemeinde A. nicht den Gemeinderäten, sondern entscheiden Sie selber.
Soll die Gemeinde A. als selbständige Gemeinde bestehen bleiben?
Ja Nein
Kreuzen Sie Ihre Entscheidung an.
Name Vorname Geburtsdatum Adresse Unterschrift"
602 Stimmzettel lauteten auf Ja und 24 Stimmzettel auf Nein.
Bei einer am 7. Juni 2009 von der Beklagten in ihrem Gemeindegebiet durchgeführten Bürgerbefragung wurde die Vereinigung der Gemeinde A. mit der Stadt L. und der Samtgemeinde M. mit ihren Mitgliedsgemeinden N., O., Flecken M., P. und Q. von 1017 Bürger befürwortet. 893 Bürger stimmten gegen den Zusammenschluss.
Am 18. Juni 2009 fasste der Rat der Beklagten folgenden Beschluss:
"1. Der Rat der Gemeinde A. beschließt die Neubildung einer Einheitsgemeinde zusammen mit der Stadt L. und der Samtgemeinde M. mit ihren Mitgliedsgemeinden N., O., Flecken M., P. und Q..
2. Der Gebietsänderungsvertrag der Gemeinde A. mit der Stadt L. und der Samtgemeinde M. mit ihren Mitgliedsgemeinden N., O., Flecken M., P. und Q. wird in der vorliegenden Fassung beschlossen.
3. Der Bürgermeister wird beauftragt, die Zusammenlegung der Gemeinde A. mit der Stadt L. und der Samtgemeinde M. mit ihren Mitgliedsgemeinden N., O., Flecken M., P. und Q. auf Basis der Entscheidung der Räte beim Land zum 1. 11. 2011 zu beantragen."
Mit Bescheid vom 1. Juli 2009, adressiert an Herrn C., teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Verwaltungsausschuss das Bürgerbegehren der Bürgerinitiative A. - B. - zur Herbeiführung eines Bürgerentscheides als unzulässig erklärt habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Hinweise vorlägen, dass schon vor der Anzeige am 30. März 2009 Unterschriften gesammelt worden seien. Es seien 466 gültige Stimmen für die Zulässigkeit des Bürgerbehrens erforderlich. Von den eingereichten Unterschriften seien nur 416 gültig. Ungültig seien die Unterschriften, bei denen die Straßenangaben oder die Ortsangaben fehlten. Aus anderen Gründen seien weitere 37 Stimmzettel ungültig. Damit sei die für das Bürgerbegehren erforderliche Zahl von Unterschriften nicht erreicht worden. Weiter fehle es an einem Vorschlag zur Deckung der mit der Ausführung der Entscheidung verbundenen Kosten oder Einnahmeausfälle. In dem Bürgerbegehren sei nicht erkennbar, wie die mit dem Zusammenschluss mit anderen Gemeinden ermöglichten finanziellen Vorteile ohne die Fusion ausgeglichen oder kompensiert werden könnten.
Mit der am 3. August 2009 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, sie sei ordnungsgemäß vertreten und klagebefugt. Das Bürgerbegehren sei zulässig. Es seien genügend gültige Unterschriften vorgelegt worden. Die Berechtigung der Personen, auf deren Stimmzetteln die Angabe der Straße oder des Ortes fehlten, hätte von der Beklagten anhand des Einwohnermeldeverzeichnisses problemlos ermittelt werden können. Bei dem Bürgerbegehren handele es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der Beklagten. Die Anforderungen an die Begründung des Bürgerbehrens dürften nicht zu hoch angesetzt werden. Das Informationsschreiben zu dem Bürgerbegehren enthalte hinreichende Ausführungen zu den mit der begehrten Entscheidung verbundenen Kosten oder Einnahmeausfällen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag der Bürgerinitiative A. - B. - vom 30. März 2009 zur Durchführung eines Bürgerbegehrens für zulässig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert, die Bürgerinitiative A. - B. - sei nicht klagebefugt, weil sie keine ordnungsgemäße Vertreterin der Unterzeichner des Bürgerbegehrens sein könne. Die Unterschriften seien in erheblichem Maße formell zu beanstanden, sodass die Mindestzahl der für die Unterstützung des Bürgerbegehrens erforderlichen Unterschriften nicht erreicht sei. Außerdem seien die Unterschriftslisten fehlerhaft, weil sie nicht die Namen der Vertretungsberechtigten enthielten. Unterschriften seien schon vor Beginn der Anzeige der Durchführung des Bürgerbegehrens am 30. März 2009 unzulässigerweise gesammelt worden. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens sei zu unbestimmt, weil sie sich nicht dazu verhalte, ob das Ziel des Bürgerbegehrens die Verhinderung einer jeden Fusion oder nur die Verhinderung der Bildung einer neuen Einheitsgemeinde sei. Das sei bedeutsam, weil auch die Bildung einer neuen Samtgemeinde eine der Fusionsoptionen sei. Die in dem Bürgerbegehren aufgeworfene Frage betreffe keine Frage des eigenen Wirkungskreises. Gebietsänderungen erfolgten vielmehr durch Gesetz. Die Gemeinden könnten bei einer Gemeindeneubildung allenfalls Modalitäten in einem Gebietsänderungsvertrag regeln. Weiter sei kein ausreichender Vorschlag zur Deckung der mit der Sachentscheidung verbundenen Kosten vorgelegt worden. Die finanziellen Gesichtspunkte, die für die Fusion sprächen, würden in dem Bürgerbegehren nicht berücksichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten klagebefugt. Als Adressatin des von ihr angefochtenen Verwaltungsakts kann sie geltend machen, durch den belastenden Bescheid in ihren Rechten gem. § 42 Abs. 2 VwGO verletzt zu sein. Der Bescheid ist zwar an Herrn J. adressiert. Aus dem Wortlaut des Bescheides geht aber hervor, dass die Beklagte mit dem Bescheid das Begehren der Bürgerinitiative A. auf Durchführung der Bürgerbefragung abgelehnt hat und Herrn J. den Bescheid als Vertreter der Bürgerinitiative erhalten hat. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass der Rat der Beklagten am 18. Juli 2009 beschlossen hat, seine Zustimmung zu einer Gemeindefusion zu erteilen. Die Klage hat sich damit nicht erledigt, weil, wie § 22b Abs. 8 Satz 1 Niedersächsische Gemeindeordnung in der Fassung vom 13. 5. 2009 (NdsGVBl. S. 191) -NGO- zeigt, die Durchführung eines Bürgerbegehrens nicht davon abhängt, ob die Gemeinde vor deren Durchführung über die Angelegenheit bereits selbst entschieden hat.
Die Klage ist aber unbegründet.
Die Klage kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Klägerin, eine Bürgerinitiative, weder befugt ist, im eigenen Namen ein Bürgerbegehren zu beantragen noch berechtigt ist, ein Bürgerbegehren durchzuführen. Der Klägerin fehlt dafür die Aktivlegitimation, weil sie nicht Inhaberin einer entsprechenden Rechtsposition ist.
Gemäß § 22b Abs. 3 Satz 3 NGO sind im Bürgerbegehren bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die das Bürgerbehren unterzeichnenden Personen gerichtlich oder außergerichtlich zu vertreten. Der Gesetzgeber hat die Vertretung der Unterzeichnenden eines Bürgerbegehrens ausdrücklich in diesem Sinne geregelt, weil die Unterzeichner des Begehrens als nicht verfasste Personengesamtheit nicht handlungsfähig sind und sich ohne ordnungsgemäße Vertretung außergerichtlich und gerichtlich nicht artikulieren können. Deshalb ist in der genannten Vorschrift vorgesehen, dass im Bürgerbegehren bis zu drei Personen zu benennen sind, die die Unterzeichnenden vertreten. Die Vertreter können schon nach dem Wortlaut der Regelung nur natürliche oder juristische Personen sein. Nur sie sind befugt und in der Lage, für die Unterzeichnenden als Vertretungsberechtigte aufzutreten. Die Klägerin ist weder eine natürliche Person noch eine juristische Person des öffentlichen oder des privaten Rechts. Mangels Rechtsfähigkeit ist sie weder Trägerin eigener Rechte noch ist sie rechtlich in der Lage, wie in § 22b Abs. 3 Satz 3 NGO vorgesehen ist, die Unterzeichner des Bürgerbegehrens zu vertreten. Die Bürgerinitiative A. kann deshalb mangels eigener Rechtsstellung nicht die Durchführung des Bürgerbegehrens durch die Beklagte gerichtlich oder außergerichtlich fordern.
Selbst wenn man die Klage dahin auslegen wollte, dass diese von Herrn J. als Vertretungsberechtigten für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens erhoben werden sollte, hätte die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Als Vertretungsberechtigte für das Bürgerbegehren sind in der Anzeige vom 30. März 2009 die Herrn Klaus J., H. und I. benannt worden. Diese Vertreter sind nur gemeinschaftlich befugt, für die zu Vertretenden nach außen aufzutreten, sodass für eine ordnungsgemäße Klageerhebung ein gemeinschaftliches Handeln aller Vertretungsberechtigter erforderlich ist (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 19. 4. 2005, 2 B 901/05, juris; Wefelmeier in KVR-NGO, Kommentar, Stand September 2009, § 22b RdNr. 82 mwN.). Dies liegt hier nicht vor, weil allein Herr J. in dem gerichtlichen Verfahren als Vertretungsberechtigter auftritt. Weil damit eine ordnungsgemäße Vertretung des Bürgerbehrens für das Klageverfahren fehlt, könnte die Klage auch aus diesem Grunde keinen Erfolg haben.
Die Klage wäre auch in der Sache abzuweisen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung eines Bürgerbegehrens nicht vorliegen.
Gemäß § 22b Abs. 1 NGO kann mit einem Bürgerbegehren beantragt werden, dass die Bürger einer Gemeinde über eine Angelegenheit der Gemeinde entscheiden (Bürgerentscheid). Gegenstand eines Bürgerbegehrens können gemäß § 22b Abs. 2 Satz 1 NGO nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises sein, für die der Rat nach § 40 Abs. 1 NGO zuständig ist oder für die er sich die Beschlussfassung nach § 40 Abs. 2 S. 1 und 2 NGO vorbehalten hat und zu denen nicht innerhalb der letzten zwei Jahre ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist. Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 NGO muss die gewünschte Sachentscheidung so genau bezeichnet sein, dass über sie im Bürgerentscheid mit Ja oder Nein abgestimmt werden kann. Das Bürgerbehren muss gemäß § 22b Abs. 3 Satz 2 NGO eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der mit der Ausführung der Entscheidung verbundenen Kosten oder Einnahmeausfälle enthalten. Gemäß § 22b Abs. 4 Satz 1 NGO muss das Bürgerbegehren von mindestens 10 v.H. der nach § 34 NGO in der Gemeinde Wahlberechtigten unterzeichnet sein. Gemäß § 22b Abs. 5 Satz 1 NGO ist das Bürgerbegehren mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften binnen sechs Monaten, beginnend mit dem Eingang der Anzeige, bei der Gemeinde schriftlich einzureichen.
Diesen gesetzlichen Voraussetzungen genügt das Bürgerbegehren in verschiedenen Punkten nicht.
Einmal ist die dem Bürgerbegehren zugrunde liegende Frage "Soll die Gemeinde A. als selbständige Gemeinde bestehen bleiben?" keine Frage, über die der Rat der Beklagten als Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises gemäß § 40 Abs. 1 NGO entscheiden kann oder für die er sich die Beschlussfassung nach § 40 Abs. 2 S. 1 und 2 NGO vorbehalten kann. In § 40 Abs. 1 Nr. 3 NGO ist zwar vorgesehen, dass der Rat über Gebietsänderungen und den Abschluss von Gebietsänderungsverträgen beschließen kann. Unter Gebietsänderungen sind aber nur solche Änderungen zu verstehen, über die die Gemeinde gem. § 18 Abs. 1 Satz 2 NGO durch Vertrag verfügen kann. Demgegenüber bedürfen, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, die Auflösung, Vereinigung oder Neubildung von Gemeinden in Niedersachsen gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 NGO eines förmlichen Gesetzes, das vom Niedersächsischen Landtag zu beschließen ist. Gemäß § 18 Abs. 4 Satz 2 NGO sind vor einer Gebietsänderung durch Gesetz die beteiligten Gemeinden sowie ihre Einwohnerinnen und Einwohner zu hören. Daraus ergibt sich, dass über die Vereinigung der Gemeinde A. mit anderen Gemeinden, auf deren Verhinderung die Fragestellung des Bürgerbegehrens abzielt, nicht der Rat der Gemeinde als Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises zu entscheiden hat. Es handelt sich vielmehr um eine dem niedersächsischen Gesetzgeber vorbehaltene Entscheidung. Handelt es sich um keine vom Rat zu entscheidende Frage, kann die hier zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemachte Frage gemäß § 22b Abs. 2 Satz 1 NGO auch nicht zum Inhalt eines Bürgerbegehrens gemacht werden. Denn auch ein entsprechender Bürgerentscheid, der gem. § 22b Abs. 10 Satz 1 NGO die Wirkung eines Ratsbeschlusses hätte, wäre mit diesem Inhalt mangels Entscheidungskompetenz des Rates unzulässig.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Rat der Beklagten in seiner Sitzung am 18. Juni 2009 einen Beschluss darüber gefasst hat, dass er "die Neubildung einer Einheitsgemeinde zusammen mit der Stadt L. und der Samtgemeinde M. ... beschließt". Für diesen Beschluss ist der Rat der Beklagten unter keinem Gesichtspunkt sachlich zuständig, sodass dieser Beschluss keine rechtlichen Wirkungen entfaltet. Er ist, wie sich aus Nr. 3 des Beschlusses ergibt, wohl auch nur so zu verstehen, dass der Rat die Anregung an das Land Niedersachsen beschlossen hat, zum 1. November 2011 ein entsprechendes Fusionsgesetz zu erlassen.
Das Bürgerbegehren ist auch unzulässig, weil die Begründung nur unzulänglich einen Vorschlag zur Deckung der mit der Ausführung der Entscheidung verbundenen Einnahmeausfälle enthält. Um den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens auch die finanziellen Folgen einer entsprechenden Maßnahme vor Augen zu führen, ist gem. § 22b Abs. 3 Satz 2 NGO in der Begründung des Bürgerbegehrens möglichst umfassend über die finanziellen Folgen des Projekts für den Gemeindehaushalt zu informieren. Dazu gehören, wenn auch nicht überforderte Anforderungen gestellt werden dürfen, die Grundzüge der mit der Fusion zu erwartenden finanziellen Auswirkungen und die finanziellen Folgen, wenn die Beklagte weiterhin eine selbständige Gemeinde bleibt (vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss vom 11. 8. 2008, 10 ME 204/08, juris mwN.). Auf diese Fragen wird in der Begründung des Bürgerbegehrens nur unzulänglich eingegangen. Allein der Hinweis darauf, dass bei einem eventuellen Zusammenschluss der genannten Landkreise öffentliche Zuwendungen gewährt werden können, lässt nicht im Ansatz erkennen, wie sich für die Beklagte die konkreten finanziellen Folgen aus einer Fusion der drei Gemeinden zu einer Einheitsgemeinde auswirken und welche haushaltsmäßigen Konsequenzen sich aus einer Ablehnung der Fusion ergeben würden. Damit fehlt es an einem grundlegenden Element für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens, sodass dieses auch aus diesem Grunde unzulässig ist.
Erweist sich das Bürgerbegehren schon aus den genannten Gründen als unzulässig, kommt es nicht mehr darauf an und kann deshalb offen bleiben, ob die Fragestellung hinreichend bestimmt ist, wie viele Unterschriften zur Stützung des Wahlbegehrens gültig sind und ob die erforderliche Zahl von 466 gültigen Stimmen verfehlt worden ist. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es gem. § 22b Abs. 4 Satz 2 iVm. § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NGO für die Gültigkeit der abgegebenen Stimmen unter anderem darauf ankommt, dass die Unterzeichner nach Namen, Anschrift und Geburtsdatum zweifelsfrei zu identifizieren ist. Entscheidend ist danach für die Gültigkeit der Stimmen, ob die von den Unterzeichnern bei ihrer Stimmabgabe vorgenommenen Angaben ausreichen, dass die entsprechenden Personen zweifelsfrei erkannt werden können. Das dürfte neben den Fällen, in denen die Adressen vollständig angegeben sind auch in den Fällen zutreffen, in denen der Wohnort, nicht aber die Straße angegeben worden ist. In diesen Fällen dürfte es für die Beklagte in der Regel ohne größere Schwierigkeiten möglich sein, die Unterzeichner, ggf. unter Abgleich mit den Wählerverzeichnissen, zu identifizieren (vgl. Wefelmeier in KVR-NGO, aaO, § 22b RdNr. 102 mwN.). Entsprechend hätte sie bei den Unterschriften ohne Ortsangabe und nur mit der Angabe der Straße verfahren müssen. Nur wenn eine eindeutige Identifizierung auf diesem Wege nicht möglich ist, ist die Gemeinde zu weiteren Nachforschungen über die Identität der Person nicht verpflichtet und kann diese Stimmen unberücksichtigt lassen. Deshalb hätte die Beklagte hier zunächst die genannten Ermittlungen durchführen müssen und hätte die Stimmen erst dann unberücksichtigt lassen dürfen, wenn ihr die Identifikation der Unterzeichner auf diesem oder einem anderen einfachen Wege nicht gelungen wäre. Deshalb lässt sich nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht abschließend entscheiden, ob genügend gültige Unterschriften vorgelegt worden sind.
Ob die vorgelegten Unterschriften teilweise schon vor Einreichung des Bürgerbegehrens bei der Beklagten am 30. März 2009 abgegeben worden sind, lässt sich aus den vorgelegten Stimmzetteln nicht erkennen. Diese Frage ist rechtlich bedeutsam, weil die Einreichungsfrist dazu dient, ein zeitlich unbegrenztes "Ansparen" von Unterstützungsunterschriften zu verhindern und dadurch sicher zu stellen, dass sich in dem Bürgerbegehren der aktuelle Wille der Unterstützenden widerspiegelt. Gültig sind daher nur solche Unterschriften, die innerhalb des Sechsmonatszeitraums geleistet worden sind (vgl. Wefelmeier in KVR-NGO, aaO, § 22b RdNr. 106). Wenn Zweifel darüber bestehen, hätte letztendlich allerdings die Beklagte zu beweisen, dass die entsprechenden Stimmzettel schon vor der Einreichung des Bürgerbegehrens unterzeichnet waren und damit keine Gültigkeit haben. Um entsprechende Zweifel an der Gültigkeit der Stimmen auszuschließen, hätte es sich deshalb angeboten, ohne dass dazu eine Rechtspflicht besteht, dass die Unterzeichner auch das Datum der Unterzeichnung auf dem Stimmzettel angeben (vgl so schon VG Lüneburg, Urteil vom 19. 11. 2008, 5 A 50/08 ).
Schließlich hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass auf den Vordrucken für die Unterschriften nicht die Vertretungsberechtigten für das Bürgerbegehren bezeichnet worden sind (vgl. dazu Wefelmeier in KVR-NGO, aaO, § 22b RdNr. 75 mwN) und damit eine wirksame Bevollmächtigung zur Vertretung der Unterzeichnenden nicht vorliegt. Allein der Hinweis "verantwortlich BAN für den Vorstand Klaus Karnatz" ist keine wirksame Bevollmächtigung der der Beklagten gem. § 22b Abs. 3 Satz 3 NGO benannten vertretungsberechtigten Personen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 VwGO liegen nicht vor.