Amtsgericht Cloppenburg
Beschl. v. 20.10.2006, Az.: 21 C 879/06 (XVIII)

Kostenfestsetzung in Verfahren gemäß § 495a Zivilprozessordnung (ZPO); Entstehen der 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwältvergütungsgesetz (VV RVG) in Verfahren nach § 495a ZPO

Bibliographie

Gericht
AG Cloppenburg
Datum
20.10.2006
Aktenzeichen
21 C 879/06 (XVIII)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 35254
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGCLOPP:2006:1020.21C879.06XVIII.0A

Fundstellen

  • JurBüro 2007, 57-58 (Urteilsbesprechung von Horst-Reiner Enders)
  • JurBüro 2007, 79-80 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Cloppenburg
am 20.10.2006
durch
den Richter Mathebel
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Erinnerung der Klägerin vom 18.09.2006 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.08.2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

1

Das Gericht hat im Verfahren gem. § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Endurteil der Klage stattgegeben, nachdem der Beklagte nicht einmal seine Verteidigungsbereitschaft angezeigt hatte. Die Klägerin wendet sich dagegen, dass in dem angefochtenen Beschluss lediglich eine 0,5-Terminsgebühr, nicht aber die beantragte 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG in Ansatz gebracht wurde.

2

Die sofortige Erinnerung ist unbegründet.

3

Zwar findet Nr. 3104 VV RVG auch im Verfahren gem. § 495a ZPO Anwendung, jedoch nicht schon - wie die Klägerin aber meint - immer dann, wenn nach § 495a ZPO verfahren wurde. Dies ergibt sich aus Absatz 2 der Anmerkung zu Nr. 3105 VV RVG, wonach Absatz 1 der Anmerkung zu Nr. 3104 VV RVG entsprechend gilt, es also auch im Verfahren gem. § 495a ZPO möglich ist, dass lediglich die in Nr. 3105 VV RVG geregelte reduzierte 0,5-Terminsgebühr anfällt. So liegt es hier. Zwar ist ein Fall der Nr. 3105 VV RVG deren Wortlaut nach nicht gegeben, weil zwar der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht angezeigt hat - was im schriftlichten Verfahren gem. § 495a ZPO, ebenso wie im Falle des § 331 Abs. 3 ZPO, das Merkmal "nicht erschienen" der Nr. 3105 VV RVG ausmacht -, jedoch ist nicht lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt oder lediglich eine Entscheidung zur Prozess- oder Sachleitung von Amts wegen getroffen worden oder ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren gem. § 331 Abs. 3 ZPO ergangen ist. Die vorliegende prozessuale Situation ist den dort geregelten Fällen jedoch so vergleichbar, dass die Regelung nach ihrer Systematik auch hier greift. Den Fällen, in denen Nr. 3105 VV RVG ihrem Wortlaut nach zu einer Reduzierung der Terminsgebühr auf 0,5 führt ist gemeinsam, dass keine streitigen Anträge gestellt wurden. Dies bedeutet systematisch im Umkehrschluss, dass die 1,2-Terminsgebühr der Nr. 3104 VV RVG nur dann anfällt, wenn streitig verhandelt wurde. Dies gilt auch im schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO: Nur wenn streitige Anträge gestellt wurden, entsteht eine 1,2-Terminsgebühr (ebenso: AG Cloppenburg, Beschl. v. 19.08.2005, 21 C 622/05; Beschl. v. 26.01.2006, 21 C 1344/05; Beschl. v. 22.06.2006, 21 C 39/06; Beschl. v. 07.08.2006, 21 C 1576/05). Dies ist hier nicht der Fall, denn der Beklagte hat keine Anträge gestellt. Dieses Verständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Der Gesetzgeber wollte mit der verminderten Terminsgebühr dem in der Regel verminderten Aufwand des Rechtsanwalts Rechnung tragen (BT-Drucksache 15/1971, S. 212; vgl. zuletzt BGH NJW 2006, 2927). Dieser Gesetzeszweck führt auch vorliegend dazu, dass nur ein 0,5-Terminsgebühr anfällt, denn das Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in diesem Rechtsstreit erschöpfte sich in der Abfassung der Anspruchsbegründungsschrift. Demgegenüber kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, Nr. 3104 VV RVG trage dem Umstand Rechnung, dass der Rechtsanwalt dann eine volle Terminsgebühr verdienen soll, wenn er eine Sache schriftsätzlich so gründlich vorbereitet hat, dass eine mündliche Verhandlung nicht stattzufinden braucht. Denn das hier ergangene Urteil ist deshalb ohne mündliche Verhandlung ergangen, weil es sich um ein Verfahren gem. § 495a ZPO handelt, in welchem eine mündliche Verhandlung ohnehin nur auf Antrag einer Partei stattfinden muss, und weil der Beklagte sich nicht verteidigt hat, und nicht etwa deshalb, weil eine mündliche Verhandlung wegen gründlicher schriftsätzlicher Vorbereitung der Sache durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin entbehrlich gewesen wäre (womit das Gericht nicht zum Ausdruck bringen will, die Sache sei nicht gründlich vorbereitet gewesen; es mangelt vielmehr an der Kausalität zwischen der Vorbereitung der Sache und der Entbehrlichkeit der mündlichen Verhandlung); schlüssig muss die Klage selbstverständlich immer sein. Zudem: Hätte es sich um ein Normalverfahren gehandelt, wäre mangels Verteidigungsanzeige des Beklagten Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren gem. § 331 Abs. 3 ZPO ergangen, wofür schon nach dem Wortlaut der Nr. 3105 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG lediglich eine 0,5-Terminsgebühr angefallen wäre; dass das Gericht, weil es sich um ein Verfahren gem. § 495a ZPO handelt, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, durch Endurteil zu entscheiden, kann bei gleichem Arbeitsaufwand. des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach dem Gesetzeszweck nicht zum Entstehen einer 1,2-Terminsgebühr führen, zumal das Gericht selbstverständlich auch im gewählten Verfahren durch Versäumnisurteil hätte entscheiden können. Die Klägerin kann diesem Verständnis auch nicht entgegenhalten, dass bei einem Anerkenntnisurteil keine streitigen Anträge gestellt werden, aber dennoch eine 1,2-Terminsgebühr entsteht. Denn die Reduzierung der Terminsgebühr setzt neben dem Fehlen streitiger Anträge nach Nr. 3105 VV RVG voraus, wie schon ausgeführt, dass eine Partei "nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten" ist - diese doppelte Voraussetzung kann bei einem Anerkenntnisurteil denknotwendig nicht vorliegen, weshalb dort keine Gebührenreduzierung eintritt: Die Partei, die wirksam anerkennt, kann nicht zugleich "nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten" sein.

4

Mithin ist lediglich eine 0,5-Terminsgebühr entstanden, die in dem angefochtenen Beschluss auch zutreffend berechnet und festgesetzt worden ist, womit sich zudem eine Reduzierung der Pauschale nach Nr. 7002 WRVG ergibt, die ebenfalls zutreffend berechnet und festgesetzt worden ist. Es war daher zu erkennen wie geschehen.

5

Streitwert: bis 300,00 EUR.

Mathebel,
Richter