Landgericht Göttingen
Urt. v. 29.11.1990, Az.: 2 O 320/90
Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung eines Landkreises; Unerlaubte Handlung durch unrichtige Pressemitteilung eines Kreisdirektors; Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Verbraucher an der Information über mögliche Gesundheitsgefahren und dem Interesse des Geschädigten an der Vermeidung einer Rufschädigung; Öffentliche Bekanntgabe von Belastungen eines Lebensmittels mit einem möglicherweise gesundheitsgefährdenden Stoff; Umfang der Nachprüfungspflicht hinsichtlich der Richtigkeit der zu veröffentlichen Testergebnisse
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 29.11.1990
- Aktenzeichen
- 2 O 320/90
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 17439
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:1990:1129.2O320.90.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 34 GG
- § 839 BGB
- § 823 BGB
- § 824 BGB
- § 824 Abs. 2 BGB
- § 42 Abs. 1 S. 2 LMBG
Fundstellen
- NVwZ 1992, 98-100 (Volltext mit red. LS)
- NVwZ 1993, 408
Verfahrensgegenstand
Amtspflichtverletzung
Prozessführer
...
Prozessgegner
...
Redaktioneller Leitsatz
Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung bei § 824 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist das Interesse der Verbraucher an der Information über mögliche Gesundheitsgefahren gegen das Interesse des Klägers an der Vermeidung einer Rufschädigung abzuwägen.
Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen hat
auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 1990
durch
den Richter am Landgericht ... die Richterin am Landgericht ... und den Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 28.000,- DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem beklagten Landkreis wegen öffentlicher Äußerungen seines Kreisdirektors Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung, und zwar aufgrund abgetretenen und eigenen Rechts.
Die Ehefrau des Klägers, ... ist Eigentümerin u.a. des Grundstücks ... eingetragen im Grundbuch von ... Der Kläger hat ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an diesem Grundstück, auf dem sich die ... befinden. Die Ehefrau des Klägers hat eventuelle Ansprüche gegen den Beklagten am 13. Juli 1990 an den Kläger abgetreten.
Im Sommer, 1978 verhandelte der Kläger u.a. mit der, ... aus ... über die Verpachtung der ... einschließlich der vorhandenen Anlagen. Am 29. Juli 1987 gab die Niedersächsische Landtagsfraktion der Grünen eine Pressekonferenz, in der vor einer Umweltgefährdung durch hochgiftige Abwässer aus der ehemaligen Rüstungsfabrik im etwa 3 km von ... entfernten Werk in ... gewarnt wurde. Die Grünen stützten sich dabei auf Erkenntnisse, die Gutachter bei der Untersuchung von Standorten ehemaliger Rüstungsbetriebe in ... und ... gewonnen haben. Wasserproben ergaben dort, daß Giftstoffe bis zu einem Umkreis von fünf Kilometern in Trinkwasserbrunnen nachzuweisen waren. Dabei handelt es sich um sogenannte aromatische Amine, die als krebserregend gelten. Die gleichen Produktionsabläufe wie in Kessen gab es zwischen 1939 und 1945 auch im Werk .... Denn alle diese Betriebe standen unter der Regie derselben Mutterfirma, der .... Gemäß der weiteren Mitteilung über die Pressekonferenz der Grünen beanstandeten diese die Untätigkeit der zuständigen Behörden, die die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel setzten, Die örtliche und überörtliche Presse druckte seinerzeit die Verlautbarungen der Grünen (u.a. ....
Nach diesen Veröffentlichungen - nämlich Ende Juli/Anfang August 1987 - stellte die ... den Ausschank des vom Kläger bezogenen Heilwassers ein.
Die in der Bevölkerung aufgrund der Pressemitteilungen entstandene Unruhe veranlagte den Kreisdirektor des beklagten Landkreises, ... Proben des betreffenden Wassers entnehmen und untersuchen zu lassen. Nach dem Analyse-Ergebnis des Labors .... ... wurde in dem Wasser eine Belastung von 0,4 Mikrogramm 1,2 Dinitrobenzol pro Liter festgestellt. Auf Antrage gab der Kreisdirektor von dem Presseinformationsdienst ... bekannt, erste Wasseranalysen hätten ergeben, daß die ..., aus denen ... sein Keilwasser entnimmt, eine geringe Konzentration von Dinitrobenzol enthalten. Da bisher nicht klar sei, ob die gemessenen Werte gesundheitsschädlich seien, müßten jetzt weitere Untersuchungen und Bewertungen vorgenommen werden, wahrscheinlich auch durch das Bundesgesundheitsamt. Diese Äußerungen wurden am ... in der örtlichen und überörtlicher Presse wiedergegeben ....
In weiteren Untersuchungen der am ... entnommenen Proben, darunter eine zweite Analyse des ... vom ..., wurden in dem Wasser, das auf dem ... Grundstück entnommen wurde, keine Dinitrobenzol-Rückstände festgestellt.
Zu einer Verpachtung der ... an die ... kam es nicht. Versuche des Klägers, das Wasser über die ... zu vermarkten, blieben bisher erfolglos. Der Kläger beziffert den ihm insoweit entstandenen Schaden mit jährlich 300.000,- DM, nämlich einem Pachtzins von 15.000,- DM monatlich zzgl. Umsatzprovision ab 10 Mio. Füllungen 0,5 Pfennig/Flasche - also bei einem jährlichen Umsatz von 25 Mio. Füllungen ein jährlicher Verlust von 125.000,- DM insoweit -. Diesen jährlichen Schaden von 300.000,- DM macht er für 10 Jahre geltend.
Zum 31. Dezember 1988 kündigte die ... die das von ihr ausgeschenkte Keilwasser aus einem Teil der ... bezog, ihr zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht, für das sie zuletzt eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 11.000,- DM jährlich an den Kläger gezahlt hatte. Der Kläger beziffert die ihm infolge der Kündigung entgangene Nutzungsentschädigung mit 250.000,- DM für 30 Jahre unter Berücksichtigung vor) Abzinsungen. Hilfsweise macht der Kläger mit der vorliegenden Klage Schadensansatzansprüche für den Ausfall dieser Nutzungsentschädigung geltend.
In dem Rechtsstreit des Klägers gegen die ... hat das Landgericht Göttingen in der Berufungsinstanz in seinem Urteil vom ... die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des ... zurückgewiesen. In den Urteilsgründen hat die Berufungskammer des ... das Analyse-Ergebnis des ... für ungeeignet erachtet, "den Nachweis für die Schadstoffbelastung für das Quellwasser zu erbringen, da einerseits die näheren Umstände der Probeentnahme unbekannt sind und andererseits eine Rückstellprobe nicht vorhanden ist" (Seite 3 des genannten Urteils, Blatt 218 der Beiakten).
Mit Schreiben vom 18. Juni 1990 verlangte der Kläger von dem Beklagten bis zum 01. Juli 1990 die Zahlung von 3 Millionen DM als Schadensersatz dafür, daß ihm Pachtzinsleistungen seitens der ... und hilfsweise Nutzungsentschädigung seitens der ... entgehen. Der Beklagte zahlte auf dieses Schreiben nicht.
Der Kläger behauptet, die Verhandlungen mit der Firma Werner über die Verpachtung der ... hätten unmittelbar vor dem Abschluß gestanden. Lediglich die schriftliche Formulierung des Vertrages hätte noch ausgestanden. Die sei bereit gewesen, einen Pachtvertrag mit 10-jähriger Laufzeit zu schließen, einen monatlichen Pachtzins in Höhe von 15.000,- DM sowie ab 10 Mio. Füllungen eine Umsatzprovision in Höhe von 0,5 Pfennig pro Flasche zu zahlen. Gleichlautende Vereinbarungen seien auch mit anderen Interessenten Verhandlungsgrundlage gewesen. Infolge der öffentlichen Erklärungen des Kreisdirektors des beklagten Landkreises hätten die Pachtinteressenten von einem Vertragsschluß Abstand genommen und außerdem die ... das Nutzungsrecht gekündigt.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3 Millionen DM nebst 4 % Zinsen seit dem 02. Juli 1990 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, der ... sei angesichts des Analyse-Ergebnisses des ... nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen, die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Daß sich diese erste Untersuchung später als "Ausreißer" erwiesen hat, habe der Kreisdirektor nicht erkennen können. Im übrigen komme eine Schadensersatzpflicht des beklagten Landkreises nicht in Betracht, da der Kreisdirektor weder vor dem Genuß des aus den ... stammenden Mineral- oder Heilwassers gewarnt noch gar allgemein empfohlen habe, aus dieser Quelle stammendes Wasser nicht mehr zu kaufen oder zu trinken. Außerdem bestreitet der Beklagte, daß die lediglich im Hinblick auf die bei der ersten Untersuchung festgestellten Dinitrobenzol-Konzentrationen und die Presseveröffentlichungen von der Pacht der Quellen Abstand genommen habe. Er behauptet, diese hätten bereits seit 1985 - ungenutzt - stillgelegen. Außerdem habe die ... aus eigener Entscheidung den bestehenden Pachtvertrag gekündigt, nachdem ihr in eigener Regie und eigener Verantwortung das Analyse-Ergebnis ... mitgeteilt worden war.
Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf die bis zur mündlichen Verhandlung vom ... zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten ... bzw. ... waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger kann von dem beklagten Landkreis weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung verlangen, Art. 34 GG, § 839 BGB. Der Kreisdirektor des Beklagten hat die ihm obliegenden Amtspflichten nicht verletzt. Er hat insbesondere keine unerlaubte Handlung i.S.d. §§ 824, 823 BGB begangen.
Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus eigenem Recht gemäß § 824 BGB sind nicht erfüllt. Der Kreisdirektor, ... hat zwar in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger gehandelt, als er die Öffentlichkeit darüber informiert hat, daß das Heilwasser aus den ... nach dem Ergebnis einer ersten Wasseranalyse mit einer geringen Menge Dinitrobenzol belastet gewesen ist. Durch diese Mitteilung hat der Kreisdirektor den objektiven Tatbestand des § 824 BGB erfüllt. Indem er die Tatsache behauptet hat, bei der ersten Analyse des ... sei eine geringe Menge Dinitrobenzol festgestellt worden, hat er bei einem unbefangenen Empfänger den Eindruck hervorgerufen, das untersuchte Wasser enthalte den genannten Stoff. Damit hat er das Analyse-Ergebnis nicht unzutreffend wiedergegeben; wie die späteren Analysen vom September 1987 aber ergeben haben, ist diese Tatsachenmitteilung unwahr gewesen.
Diese Mitteilung ist nach allgemeiner Lebenserfahrung auch geeignet gewesen, (potentielle) Geschäftspartner zur Verminderung ihrer Geschäftsbeziehungen mit dem Kläger zu veranlassen; denn durch diese Äußerung wurden die Aussichten des Klägers auf künftigen wirtschaftlichen Erfolg - nämlich gewinnbringenden Absatz einer Ware bei entsprechender Verpachtung eines Objektes - beeinträchtigt. Damit fällt die genannte Pressemitteilung unter den Schutzzweck des § 824 BGB, der alle äußerungsbedingten Nachteile erfaßt, die sich in bestehenden oder künftigen Geschäftsverbindungen zu (potentiellen) Geschäftspartnern niederschlagen (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 49. Auflage, § 824 Anm. 1; BGHZ 90, 113, 121 [BGH 07.02.1984 - VI ZR 193/82]; NJW 88, 3211).
Ob die vom Kläger behaupteten Nachteile für sein Fortkommen - Nichtabschluß des Pachtvertrages mit der ... und Kündigung des Nutzungsrechts durch die ... - auch auf der Pressekampagne der Grünen beruht, konnte die Kammer dahingestellt lassen. Selbst wenn dies zuträfe, würde dies eine volle Haftung des beklagten Landkreises im Verhältnis zum Kläger ggf. als Gesamtschuldner - nicht ausschließen (§ 840 Abs. 1 BGB), abgesehen davon, daß einer Äußerung eines Kreisdirektors ein größeres Gewicht zukommt als der Erklärung einer politischen Partei, bei der im öffentlichen Meinungskampf pressewirksame Vereinfachungen oder Übertreibungen nicht auszuschließen sind.
Die Mitteilung des Kreisdirektors, deren Unwahrheit diesem zur Zeit der Abgabe unbekannt war, war jedoch nicht rechtswidrig, weil der Empfänger der Mitteilung, d.h. die Öffentlichkeit, an dieser ein berechtigtes Interesse gehabt hat, § 824 Abs. 2 BGB. Im Rahmen der insoweit erforderlichen Interessenabwägung ist das Interesse der Verbraucher an der Information über mögliche Gesundheitsgefahren gegen das Interesse des Klägers an der Vermeidung einer Rufschädigung abzuwägen.
Der Interesse der Verbraucher, über Gesundheitsrisiken aufgeklärt zu werden, ist umfassend. Dem kommt auch ein erhebliches Gewicht zu, da es sich bei der Gesundheit um ein höchstpersönliches Rechtsgut von besonderer Bedeutung handelt. Daraus ergibt sich ferner, daß jedem einzelnen Verbraucher selbst überlassen bleiben muß, welches Gesundheitsrisiko er einzugehen bereit ist. Dabei ist das Informationsinteresse über mögliche Gesundheitsgefahren um so gewichtiger, je intensiver die Gesundheit im Falle einer Schädigung verletzt würde und je wahrscheinlicher ein solcher Schadenseintritt ist. Hier hat nur ein Gefahrenverdacht vorgelegen, die Gesundheitsschädlichkeit durch Dinitrobenzol war noch nicht sicher. Der Kreisdirektor hatte deshalb sorgfältig zu prüfen, ob die vorliegenden Erkenntnisquellen für die Pressemitteilung genügend zuverlässig und umfassend waren (vgl. BGH NJW 1985, 1623; 1966, 2011) [BGH 21.06.1966 - VI ZR 266/64]. Da ihm die Umstände, unter denen die Wasserproben (durch entnommen worden waren, bekannt waren, durfte er davon ausgehen, daß das ihm vorgelegte Gutachten des ...) auf einer sachkundigen Beurteilung beruhte und objektiv war. Daß eine Rückstellprobe nicht vorhanden war, hat zwar einen Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Satz 2 LMBG dargestellt; daraus allein kann jedoch nicht auf die Unbeachtlichkeit des ermittelten Analysebefundes geschlossen werden. Insbesondere läßt sich aus diesem Verstoß nichts für eine mindere Intensität der Gesundheitsgefährdung der Verbraucher herleiten. Der Kreisdirektor konnte daher von einem genügend zuverlässigen Untersuchungsbefund ausgehen.
Andererseits kann die öffentliche Bekanntgabe von Belastungen eines Lebensmittels mit einem möglicherweise gesundheitsgefährdenden Stoff zu weitrechenden Folgen für denjenigen führen, der das Produkt zu vertreiben beabsichtigt. Dies zeigt nicht zuletzt die geltend gemachte Klageforderung, deren Höhe sich u.a. daraus ergibt, daß der Kläger angesichts der fortwirkenden Rufschädigung bisher vergeblich versucht hat, das Förster Quellwasser zu vermarkten. Angesichts des Ausmaßes der damit verbundenen Vermögensgefährdung kommt auch dem Klägerinteresse ein beträchtliches Gewicht zu.
Gegen ein Überwiegen der Vermögensinteressen des Klägers spricht nach Auffassung der Kammer jedoch entscheidend die geringe Intensität des Eingriffs durch die Äußerung des Kreisdirektors. Dieser hat weder vor dem Verzehr noch vor dem Kauf des aus den ... stammenden Wassers gewarnt, sondern lediglich über den damaligen Stand der Untersuchungen des Wassers - zutreffend - informiert. Er hat dabei deutlich gemacht, daß noch weitere Untersuchungen und Bewertungen erforderlich sind und die Frage der Gesundheitsschädlichkeit des Wassers noch ungeklärt ist. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem sogenannten ... über den das OLG Stuttgart am 21.03.1990 entschieden hat (vgl. ZIP 1990, 1209 ff. = NJW 1990, 2690 ff.). In jenem Fall hatte der ... seine Erkenntnisse über ... der Presse weder klar noch vollständig mitgeteilt; er hatte insbesondere nicht darauf hingewiesen, daß die beanstandeten ... der damaligen Klägerin nicht mit Produkten anderer Hersteller in Verbindung gebracht werden dürfen, bei denen die Verwendung besonders ekelerregender Eiprodukte festgestellt worden war; in jenem Fall hatte auch der Hinweis des ... gefehlt, daß von den der damaligen Klägerin keine Gesundheitsgefahr ausging. Im vorliegenden Fall hat der jedoch eine - zu jener Zeit - vollständige und nicht irreführende Pressemitteilung abgegeben.
Da der ... damit die Unsicherheiten hinsichtlich der Bewertung der als solcher zutreffenden Mitteilung des Analyse-Ergebnisses offengelegt hat, ist er dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit nach Information so vollständig und umfassend nachgekommen, wie es damals möglich, aber auch erforderlich war, damit sich der Verbraucher ein eigenes Bild machen und eigene eigenverantwortliche Entscheidung über sein künftiges Verhalten treffen kann. Die Entscheidung, welches mögliche Risiko für die eigene Gesundheit der einzelne Verbraucher einzugehen bereit ist, darf diesem nicht abgenommen werden. Das Risiko, das der Endverbraucher oder ein Zwischenabnehmer sich bis zur Klärung des Gefahrenverdachts oder auch darüber hinaus "unbegründet" gegen die Abnahme von Wasser aus den ... entscheidet, muß der Kläger hinnehmen. Da somit die Mitteilung des Analyse-Ergebnisses durch den ... in Wahrnehmung des - im Vergleich zu dem Vermögensinteresse des Klägers - überwiegenden Interesses der Verbraucher an der Aufklärung über Gefahren für ihre Gesundheit erfolgt ist, ist sein Handeln gemäß § 824 Abs. 2 BGB gerechtfertigt.
Die Kammer konnte deshalb dahingestellt lassen, ob die Pressemitteilung ... darüber hinaus aus dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr, insbesondere zwecks Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, gerechtfertigt war. Aufgrund ernstzunehmender Anhaltspunkte hat nach dem ersten Analyse-Ergebnis ... der begründete Verdacht bestanden, daß das Wasser mit einem gesundheitsschädlichen Stoff belastet war, so daß ein Verstoß gegen § 8 LMBG, - wonach verboten ist, Stoffe als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, deren Verzehr geeignet ist, die Gesundheit zu schädigen -, unmittelbar bevorstehen konnte; das Vorliegen eines solchen "Gefahrenverdachts" hätte nach h.M. für die Annahme einer Gefahr i.S.v. § 2 Nr. 1 a NdsSOG genügt (vgl. Drews-Wacke-Vogel-Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage, S. 226). Ob aber der Umfang der Gefahrenabwehrmaßnahme erforderlich war, d.h. ob es zum Schutze der Allgemeinheit vor Gesundheitsgefahren erforderlich war, nicht nur gründliche Untersuchungen des evtl. gesundheitsschädlichen Wassers vorzunehmen, sondern bereits ein erstes Zwischenergebnis der Analysen gegenüber der Presse bekanntzugeben, konnte die Kammer letztlich offenlassen, weil - wie ausgeführt - die Handlungen des ... jedenfalls nach § 824 Abs. 2 BGB gerechtfertigt sind.
Ansprüche des Klägers aus eigenem Recht, insbesondere hinsichtlich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, entfallen, weil § 823 BGB insoweit nur einen Auffangstatbestand darstellt (vgl. BGH NJW 66, 2011), abgesehen davon, daß auch diesbezüglich das Handeln des Kreisdirektors aus den dargestellten Gründen gerechtfertigt wäre.
Der Kläger kann die geltend gemachten Amtshaftungsansprüche auch nicht auf - seitens seiner Ehefrau an ihn - abgetretene Ansprüche wegen Verletzung deren Eigentums stützen. Der Kläger macht insoweit die Störung des Abschlusses eines günstigen Pachtvertrages und als Schadensersatz die Zahlung des entgangenen Pachtzinses, also keine Eigentumsverletzung, sondern einen Vermögensschaden geltend, der jedoch durch § 823 Abs. 1 BGB nicht geschützt ist (vgl. Palandt, a.a.O., § 823 Anm. 5 M).
Der Schriftsatz des Klägers vom 27. November 1990, der diesem nicht nachgelassen war, hat der Kammer keine Veranlassung gegeben, in die mündliche Verhandlung wieder einzutreten.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 710 ZPO.