Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 03.04.1997, Az.: 10 Qs (33/97)
Beiordnung eines Pflichtverteidigers für einen Angeklagten bei fehlenden Deutschkenntnissen
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 03.04.1997
- Aktenzeichen
- 10 Qs (33/97)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 25325
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:1997:0403.10QS33.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Nordhorn - 27.01.1997
Rechtsgrundlage
- § 140 Abs. 2 StPO
Fundstelle
- StV 1999, 249
Verfahrensgegenstand
Gefährliche Körperverletzung pp.
...
hat die 10. Strafkammer des Landgerichts Osnabrück
unter Mitwirkung
der Richter am Landgericht Westrup, Dr. Hockemeier und Meckelnborg
am 3. April 1997
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Angeschuldigten wird der Beschluß des Amtsgerichts Nordhorn vom 27.01.1997 aufgehoben.
Dem Angeschuldigten wird Rechtsanwalt ... R. Osnabrück als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluß, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Nordhorn es abgelehnt, dem Angeschuldigten einen Pflichtverteidiger beizuordnen, weil die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Angeschuldigte der deutschen Sprache nicht mächtig ist, nicht vorliegen.
Die dagegen eingelegte Beschwerde, wegen derer Begründung auf den Schriftsatz vom 11.02.1997 Bezug genommen wird, ist zulässig und auch begründet.
Nach Auffassung der Kammer Liegen die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO vor, so daß dem angeschuldigten der von ihm benannte Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger beizuordnen war. Denn die Beiordnung erscheint hier wegen der Schwierigkeit der Sachlage, die neben der Schwierigkeit der Rechtslage gleichrangige Bedeutung hat, geboten, weil immerhin 9 Zeugen in der Anklageschrift benannt worden sind. Die Vernehmung einer solchen Anzahl von Personen überfordert in der Regel bereits einen deutschsprachigen Angeklagten, da eine Vielzahl von Aussagen erfaßt, die ggfls. unterschiedlichen Versionen berücksichtigt, auf Widersprüche hin abgeklopft und gewürdigt werden müssen. Es kommt hinzu, daß die Zeugen überwiegend nur mit Hilfe von Dolmetschern befragt werden können. Da der Angeschuldigte erst im Januar 1996 aus der Türkei nach Deutschland gekommen ist, ist er mit den Sprach- und Lebensgewohnheiten noch nicht so vertraut, daß er sich ohne Unterstützung eines Verteidigers sachgerecht verteidigen kann.