Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 20.03.2000, Az.: 2 W 269/99

Vergütung des vorläufigen Verwalters mit Verfügungsbefugnis

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
20.03.2000
Aktenzeichen
2 W 269/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 31121
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2000:0320.2W269.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Göttingen - 09.11.1999

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die sofortige weitere Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung im Insolvenzverfahren ist nach § 7 Abs. 2 Satz 1 InsO i.V.m. § 568 ZPO zulässig.

  2. 2.

    Die Auffassung, der angemessene Bruchteil des Regelsatzes der Vergütung des Insolvenzverwalters betrage für den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 40 %, findet weder in der InsVV noch in der dazu ergangenen Begründung eine Stütze. Regelmäßig ist daher der Bruchteil mit 25 % zu bestimmen.

  3. 3.

    Wird für die Dauer der vorläufigen Verwaltung von 2 Monaten und die persönliche Übernahme der Haftung die Grundvergütung auf 30 % erhöht, so bestehen dagegen keine rechtlichen Bedenken.

Aus den Gründen

1

II.

1.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.

2

a)

Sie ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO zuzulassen, weil sie darauf gestützt ist, dass die Entscheidung auf einer Verletzung von § 11 Abs. 1 InsVV und damit eines materiellen Gesetzes beruht und die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung über die Grundsätze der Bemessung der Vergütung für den vorläufigen Insolvenzverwalter geboten ist.

3

b)

Die sofortige weitere Beschwerde ist auch nach § 7 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 568 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

4

Sie ist nicht nach § 568 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen. Die Festsetzung der vorläufigen Insolvenzverwaltervergütung ist wie die Festsetzung der Vergütung für den Insolvenzverwalter selbst eine "insolvenzspezifische Entscheidung" i.S.v. § 6 InsO und keine Entscheidung "über Prozesskosten" (so für die Vergütung des Insolvenzverwalters OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. 1. 2000 - 8 W 374 und 375/99). Hier geht es letztlich um eine Vergütung für außergerichtliche Tätigkeiten wie bei Betreuern, Testamentsvollstreckern und anderen Sachwaltern und nicht um Kosten für ein gerichtliches Verfahren selbst. Die für Entscheidungen über die Konkursverwaltervergütung einhellige gegenteilige Rechtsprechung steht dem nicht entgegen, weil durch § 7 InsO gerade eine einheitliche Rechtsprechung herbeigeführt werden soll (OLG Stuttgart, a.a.O.).

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Der weiteren Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass sie entgegen § 568 Abs. 2 ZPO keinen neuen Beschwerdegrund enthält, so weit der Antragsteller die Festsetzung einer noch höheren als in der angefochtenen Entscheidung zugebilligten Vergütung begehrt. § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet keine Anwendung, weil § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO als speziellere Vorschrift vorgeht und eine § 568 Abs. 2 entsprechende Regelung nicht enthält (OLG Köln, Beschl. v. 29. 12. 1999 - 2 W 205/99; Nerlich/Römermann, InsO, § 7 Rn. 8).

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2.

Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet.

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a)

Es kann dahinstehen, ob an Stelle des Amtsrichters der Rechtspfleger zur Entscheidung über den Vergütungsantrag nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RpflG zuständig gewesen ist (so LG Frankfurt, InVo 1999, 276), weil nach § 8 Abs. 1 RPflG der Wirksamkeit eines Beschlusses nicht entgegensteht, dass statt des Rechtspflegers der Richter entschieden hat.

8

b)

Die weitere Beschwerde ist unbegründet, weil ein Rechtsfehler jedenfalls zum Nachteil des Antragstellers nicht festzustellen ist.

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aa)

Die Auffassung des Beschwerdeführers, der angemessene Bruchteil des Regelsatzes (§ 2 Abs. 1 InsVV) der Vergütung des Insolvenzverwalters, der als "Grundvergütung" der Bemessung des Honorars des vorläufigen Verwalters zugrunde zu legen ist, sei im Regelfall mit 40 % zu bemessen, hat in der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung keine rechtliche Grundlage. Wenn der Verordnungsgeber einen Regelsatz hätte aufstellen wollen, wäre zu erwarten, dass er dies getan hätte. Der amtlichen Begründung zur Verordnung lässt sich nur entnehmen, dass der Verordnungsgeber sich an der bisherigen Praxis orientiert hat, nach der die Sequester "derzeit für die Inbesitznahme, Sicherung und zeitweilige Verwaltung des Vermögens des Schuldners häufig um die 25 % der Konkursverwaltervergütung" erhalten (amtl. Begr. zu § 11 Abs. 1 Satz 4; zitiert nach Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren InsVV/VergVO, 2. Aufl., S. 45). Die amtliche Begründung fährt fort: "Neben der Dauer und dem Umfang ist insbesondere die Art der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters von Bedeutung. In der Höhe der Vergütung sollte sich auch widerspiegeln, dass zwischen einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und einem solchen ohne diese Kompetenz unterschieden werden muss. Erster ist für die Fortführung des Geschäfts verantwortlich und trägt insgesamt ein deutlich höheres Haftungsrisiko. Dies muss sich auch Vergütungserhöhend auswirken." Daraus lässt sich nicht als Wille des Verordnungsgebers ein Rechtsanspruch auf eine regelmäßige Grundvergütung des vorläufigen Verwalters mit Verfügungsbefugnis auf 40 % des Regelsatzes ableiten (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O., § 11 InsVV Rn. 31, 33). Dabei ist auch das Ziel der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung zu beachten, dass "insgesamt .... die Vergütungen nicht erhöht werden" sollen (amtl. Begr. A 5 a S. 3; Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O., S. 35).

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bb)

Das LG Göttingen hat in der angegriffenen Entscheidung als "Grundvergütung" für den Beschwerdeführer 30 % des Regelsatzes angesetzt. Es hat dabei neben der Dauer des vorläufigen Verfahrens von 2 Monaten vor allem sein erhöhtes Haftungsrisiko wegen seiner Verfügungsbefugnis berücksichtigt. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass das LG dabei den ihm als Tatsachengericht eingeräumten Spielraum zur Beurteilung des angemessenen Bruchteils der Vergütung nicht eingehalten hat.

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cc)

Rechtsfehler beim Ansatz der Zuschläge durch das LG mit weiteren 30 % - im Ergebnis, wenn auch nicht in der Art der Begründung mit der Entscheidung des AG Göttingen übereinstimmend - und eine Beschwer insofern hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Es kann deshalb offen bleiben, ob es zu sachgerechten Ergebnissen führt, wenn der als "Grundvergütung" angesetzte Bruchteil in gleicher Höhe auch der Bemessung der Höhe von Zu- und Abschlägen zugrunde gelegt wird, obwohl ein Bezug der für die Höhe der Grundvergütung herangezogenen Kriterien zu den Gründen für einen Zu- oder Abschlag nicht in jedem Fall gegeben ist. Auch zur Überprüfung der Berechtigung der einzelnen Zuschläge besteht mangels Beschwer des Beschwerdeführers kein Anlass, zumal die dafür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen in dem angegriffenen Beschluss - da offenbar als zweifelsfrei zugrunde gelegt - teilweise fehlen (zum Zuschlag gem. § 3 Abs. 1 a) i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV).

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c)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Festsetzung des Beschwerdewerts ist zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer seinen ursprünglichen Festsetzungsantrag mit der weiteren Beschwerde nur insofern weiter verfolgt, als er eine Grundvergütung von 40 % anstrebt. Damit waren Gegenstand der weiteren Beschwerde 20 % (10 % höhere Grundvergütung und nach der vom Beschwerdeführer nicht angegriffenen Auffassung des LG entsprechend um 10 % erhöhte Zuschläge) von 178.908 DM.