Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 03.09.2008, Az.: 1 A 1601/07
Voraussetzungen für die Widerlegbarkeit der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Bundesjagdgesetz (BJagdG); Prüfung der Behörde über die tatsächliche Begehung einer Straftat bei der Anwendung des Regeltatbestandes des § 5 Abs. 2 Waffengesetzes (WaffG)
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 03.09.2008
- Aktenzeichen
- 1 A 1601/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 21604
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2008:0903.1A1601.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BJagdG
- § 5 Abs. 2 WaffG
Verfahrensgegenstand
Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis sowie Ungültigkeitserklärung, Einziehung des Jagdscheines
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2008
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Schmidt,
den Richter am Verwaltungsgericht Steffen,
den Richter Plog sowie
die ehrenamtlichen Richter D. und E.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, soweit nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem eine auf ihn ausgestellte Waffenbesitzkarte widerrufen wurde und durch den der für den Kläger erteilte Jagdschein für ungültig erklärt und eingezogen wurde.
Dem 1947 geborenen Kläger wurde erstmals, nachdem er Inhaber des Jagdscheins wurde, im Jahre 1973 eine Waffenbesitzkarte nach dem Waffengesetz erteilt. Im Jahr 1986 kam es zu einer Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit des Klägers im Rahmen der Erteilung eines Jahresjagdscheines, weil dem Beklagten bekannt geworden war, dass der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts F. vom 12. Mai 1986 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 30,00 DM bestraft wurde. Die Fahrerlaubnis war dem Kläger für die Dauer von 5 Monaten entzogen worden. Mit Schreiben vom 12. August 1986 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er von der Versagung des beantragten Jagdscheines absehe, verwarnte den Kläger jedoch eindringlich, sich künftig so zu verhalten, dass weitere Konflikte mit dem Gesetz nicht entstehen. Am 03. Mai 1989 verwarnte der Beklagte den Kläger, weil er im Februar 1989 in einem privaten Damwildgatter 3 Stück Damwild geschossen hatte, ohne im Besitz einer Schießerlaubnis zu sein, die er dann später bekommen hat. Im Januar 1999 kam es zu einem Vorfall, der zu einem Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Verden geführt hatte. Der Kläger hatte sich mit einem Taxi in angetrunkenem Zustand nach Hause fahren lassen. Der Taxifahrer hatte vor der Haustür gewartet, weil der Kläger das Geld für den Taxifahrer aus dem Haus holen wollte. Anschließend zielte der Kläger mit einem Gewehr aus dem geöffneten Fenster des Obergeschosses seines Hauses und schrie dabei, dass er "alle abknallen" würde. Eine unbenutzte Patrone war dem Taxifahrer vor die Füße gefallen. Ein Schuss hatte sich während des Vorfalles nicht gelöst. Sämtliche Waffen des Klägers wurden seinerzeit von den Polizeibeamten sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft Verden hat das Verfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages von 500,00 DM eingestellt, der Kläger hat auf die Rückgabe sämtlicher sichergestellter Waffen und Munition verzichtet, und erklärt, vor dem 01. Mai 2002 eine neue Waffenbesitzkarte oder einen Jagdschein nicht zu beantragen.
Auf den Antrag des Klägers vom 01. Februar 2002 wurde diesem erneut ein Jagdschein sowie eine Waffenbesitzkarte ausgestellt, in die zunächst ein Drilling von Sauer und Sohn, eine Flinte von Benelli Army, eine Repetierbüchse von Anschütz sowie eine Pistole von Erma eingetragen wurden. Am 14. Februar 2002 wurde zusätzlich ein Stutzen von Sauer und am 10. November 2004 eine Doppelflinte von Burgsmüller eingetragen.
Mit Urteil des Amtsgerichts F. vom 28. Juni 2007 wurde der Kläger wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tatmehrheit mit tateinheitlich begangenen, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,00 EUR verurteilt. Dem Kläger wurde die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von 12 Monaten festgesetzt. Nach Einsichtnahme in die Strafakten hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 26. September 2007 zu der Absicht an, die erteilte Waffenbesitzkarte zu widerrufen und den ausgestellten Jagdschein einzuziehen, weil fraglich sei, ob er noch die erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Diese sei wegen der Bestrafung regelmäßig ausgeschlossen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 18. Oktober 2007 an den Beklagten. Es sei bei der Überprüfung der Berechtigung zum Widerruf zu berücksichtigten, dass nur "in der Regel" von der Unzuverlässigkeit auszugehen sei, wenn eine Verurteilung von mindestens 60 Tagessätzen vorliege. Die Verurteilung liege hier an der absolut untersten Grenze, so dass zu prüfen sei, ob die Einziehung des Jagdscheins und der Widerruf der Waffenbesitzkarten wirklich gerechtfertigt sind. Bereits getilgte gerichtliche Verurteilungen oder Ermittlungsverfahren dürften hierbei nicht verwertet werden. Bei alleiniger Berücksichtigung der letzten Verurteilung könne von dem Weiterbestehen der Zuverlässigkeit des Klägers ausgegangen werden. Der Kläger habe in der Vergangenheit seine Zuverlässigkeit in der jagdlichen Praxis kontinuierlich bewiesen, was sich aus den Erklärungen seines Arbeitgebers wie auch der Mitpächter bzw. Mitjäger, die er zum Beweis vorlegt, ergebe. Durch diese Erklärungen sei die Regelvermutung entkräftet und es könne von den beabsichtigten Maßnahmen Abstand genommen werden.
Durch Verfügung vom 07. November 2007 widerrief der Beklagte die waffenrechtliche Erlaubnis und zog den Jagdschein ein. Der Kläger besitze die geforderte Zuverlässigkeit nicht mehr. Nur in atypischen Ausnahmefällen könne trotz der Verurteilung von einer waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ausgegangen werden. Derartige besondere Umstände lägen hier jedoch nicht vor. Vielmehr sei bei der Würdigung zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem Bericht der Polizeistation G. ganztägig alkoholische Getränke konsumiert habe und Angebote von Bekannten, ihn nach Hause zu fahren, strikt abgelehnt hätte. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass bei der Beurteilung der Persönlichkeit und der Zuverlässigkeit auch frühere Vorfälle Berücksichtigung finden müssten. Bei dem letzten Vorfall vom 01. Januar 2007 handele es sich um einen wiederholten alkoholbedingten Vorfall. Die Vorfälle von 1986 und 1999 müssten in die Bewertung einbezogen werden. Ein atypischer Fall, der ausnahmsweise ein Absehen von der Regelvermutung der Unzuverlässigkeit rechtfertigen könnte, liege hier nicht vor.
Am 07. Dezember 2007 hat der Kläger Klage erhoben. Die Zuverlässigkeit bestehe zwar in der Regel im Falle einer Bestrafung, wie sie im vorliegenden Fall erfolgt ist, nicht, hier sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Bestrafung gerade eben das Maß erreicht hatte, das die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigte. Die Annahme eines Ausnahmefalles sei hier aus dem Sachverhalt herzuleiten, der der Verurteilung zugrunde gelegen hat. Die Angaben des gegenüber dem Kläger ohnehin seit langem voreingenommenen Polizeibeamten seien teilweise unzutreffend. Der Kläger habe nicht ganztägig alkoholische Getränke konsumiert, sondern tatsächlich habe man erst gegen Mittag aus Anlass des 70. Geburtstages eines Bekannten 2 Flaschen Bier getrunken. Um 15.00 Uhr habe man dann in Kirchlinteln weitere 2 Flaschen Bier getrunken. Weiterer Alkohol sei nicht konsumiert worden. Die weiteren Auswirkungen seien vielmehr auf die Einnahme von Medikamenten, nämlich Diclo-Divido sowie Tramadol zurückzuführen, die der Kläger wegen heftiger Rückenbeschwerden eingenommen hat. Der behandelnde Arzt Dr. H. werde bestätigen können, dass dem Kläger die entsprechenden Medikamente verschrieben worden sind. Dem Kläger sei nicht bekannt gewesen, dass die Medikamente im Zusammenwirken mit Alkohol zu erheblichen Nebenwirkungen führten. Es sei auch unzutreffend, dass der Kläger das Angebot Dritter, ihn nach Hause zu fahren, ohne Grund abgelehnt hätte. Der Kläger hätte vielmehr zu diesem Zeitpunkt bereits jemanden gebeten, ihn abzuholen. Dieser habe den Kläger in G. nicht gefunden. Soweit der Beklagte im Übrigen die früheren Verurteilungen bzw. Ermittlungsverfahren berücksichtige, sei dies unzulässig und führe zwangsläufig zu einer fehlerhaften Ermessensausübung.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 06. November 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Bescheid. Gründe, die eine Entscheidung abweichend von der gesetzlichen Regel rechtfertigen würden, seien nicht vorgetragen. Der behandelnde Arzt habe darüber hinaus bescheinigt, dass eine tägliche Einnahme der Medikamente nicht vorgeschrieben war und dass der Kläger darüber aufgeklärt worden sei, dass die Schmerzmittel nicht neben Alkohol eingenommen werden sollten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und vermag den Kläger daher nicht in seinen Rechten zu verletzen ( § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
Die Klage ist als Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1, 1. Halbsatz VwGO zulässig. Sie ist fristgerecht, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts, erhoben worden. Der angefochtene Bescheid vom 7. November ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 13. November zugestellt worden. Die Klage hat aber in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil der Bescheid rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Rechtsgrundlage für die Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheins ist § 18 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2449), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.08.2004 (BGBl. I S. 2198). Danach ist die Behörde, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten, in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Mit der Verurteilung des Klägers im Juni 2007 ist zeitlich nach Erteilung des Jagdscheines eine Tatsache eingetreten, welche gem. § 17 Abs. 1 BJagdG zu einer Versagung des Jagdscheines geführt hätte.
Die Vorschrift des § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BJagdG bestimmt, dass der Jagdschein zu versagen ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die betreffende Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. In § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG heißt es sodann, dass bei einem Fehlen der Zuverlässigkeit i.S.d. § 5 des Waffengesetzes (WaffG) lediglich ein vorhandener Falknerjagdschein, um den es hier nicht geht, erteilt werden darf.
Der Kläger ist nach § 5 Abs. 2 Nr. 1a des WaffG vom 03.10.2002 (BGBl. I. S. 3970), zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.11.2007 (BGBl. I S. 2557) unzuverlässig. Nach dieser Vorschrift besitzt in der Regel eine Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist. Diese Voraussetzung liegt hier ohne Zweifel vor, was auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt wird. Er meint jedoch, dass bei ihm aufgrund der Tatumstände, die zur Verurteilung geführt haben, ein Ausnahmefall vorliege, der ein Abweichen von der Regel rechtfertige. Hinsichtlich der Grundsätze, unter welchen Voraussetzungen die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit widerlegt werden kann, sind auch nach der Neufassung der Vorschrift des § 5 WaffG die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze weiterhin anwendbar. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2008 ausdrücklich unter Hinweis auf die unverändert gebliebene Struktur der Vorschriften klar gestellt (BVerwG, Beschl. v. 21. Juli 2008 - 3 B 12.08). In diesem Beschluss hat das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls unter Bezugnahme auf seine früheren Entscheidungen (Beschl. vom 27. März 2007 - BVerwG 6 B 108.06 und vom 22. April 1992 - BVerwG 1 B 61.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 63) klargestellt, dass die Anwendung des Regeltatbestandes des § 5 Abs. 2 WaffG keine Prüfung der Behörde dahingehend erfordert, ob der Betroffene die Straftat tatsächlich begangen hat. Die Behörde darf grundsätzlich von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder die Regelvermutung aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Etwas anderes gelte allenfalls in Sonderfällen, etwa wenn für die Behörde ohne Weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht, oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären. Der Kläger hat insofern keine Gründe dargetan, die die Kammer veranlassen könnten, an der Richtigkeit der strafrechtlichen Verurteilung ernsthaft zu zweifeln. Ein Ausnahmefall, der darauf beruht, dass die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung des Klägers ausnahmsweise derart in einem milderen Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der für die waffenrechtlichen Erlaubnis vorausgesetzten Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind, liegt hier nicht vor. Die Verurteilung des Klägers durch Urteil des Amtsgerichts Verden vom 28. Juni 2007 betraf einen typischen Verkehrsstraftatbestand, bei dem der Kläger infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen und in dem er sich in diesem Zusammenhang nach einem Unfall von dem Unfallort unerlaubt entfernt hat.
Dass der Kläger möglicherweise infolge der Einnahme von Medikamenten fahruntüchtig geworden war und dass sein Verhalten nach dem Unfall möglicherweise auch darauf zurückzuführen ist, kann die Annahme eines Ausnahmefalles nicht rechtfertigen. Zum einen war der Kläger, der diese Tatumstände erstmals in diesem verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorbringt, ausweislich der Bescheinigung des Arztes bereits vorher auf die Wirkung der gleichzeitigen Einnahme der Medikamente mit Alkohol hingewiesen worden, zum anderen ließe dieser Umstand, auch wenn seine Richtigkeit unterstellt wird, die tatsächlich begangene gemeingefährliche Straftat nicht in einem derart milderen Licht erscheinen, dass deshalb ausnahmsweise dem Kläger seine waffenrechtliche Erlaubnis belassen werden müsste.
Auch die Tatsache, dass die Verurteilung des Klägers zu einer Geldstrafe von "nur" 60 Tagessätzen erfolgte, führt nicht dazu, dass der Beklagte einen Ausnahmefall annehmen muss. Zum einen muss darauf hingewiesen werden, dass bei der gesetzgeberischen Festsetzung von Grenzen stets Einzelfälle auftreten, die gerade diese Grenze überschritten haben und in denen deshalb dem Betroffenen die Konsequenzen als besonders hart erscheinen. Das liegt im Wesen eines Grenzwertes. Bei der Ausübung des Ermessens, ob von dieser Grenze abzuweichen ist, ist der Beklagte im Übrigen aber bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes der Zuverlässigkeit, also bei der Bewertung der Gesamtpersönlichkeit des Klägers, nicht gehindert, auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits früher wegen eines ähnlichen Deliktes verurteilt worden war. Zwar unterliegt diese weitere Verurteilung einem Verwertungsverbot mit der Folge, dass sie nicht unmittelbar als Grund für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis herangezogen werden kann. Nichts desto weniger kann und muss diese Tatsache aber bei der Bewertung der Persönlichkeit im Zusammenhang mit einer anderen Straftat, die verwertet werden kann und die den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis grundsätzlich allein rechtfertigt, bei der Frage, ob die Annahme eines Ausnahmefalles gerechtfertigt ist, Berücksichtigung finden. Das gilt auch für die strafrechtlichen Ermittlungen aus dem Jahre 1999, die unmittelbaren waffenrechtlichen Bezug hatten und die gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt wurden. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Einstellung mit der Auflage verbunden war, über einen geraumen Zeitraum auf die waffenrechtlichen Erlaubnisse sowie auf den Jagdschein zu verzichten.
Nach alledem vermag der Kläger mit seinen gegen § 5 Abs. 2 Nr. 2b WaffG gerichteten Einwänden nicht durchzudringen. Da § 18 Satz 1 BJagdG ein Ermessen nicht vorsieht, hat der Beklagte den Jagdschein des Klägers zu Recht für ungültig erklärt und eingezogen.
Auch soweit der Kläger die Aufhebung des Widerrufs der Waffenbesitzkarte erstrebt, erweist sich sein Begehren als unbegründet. Rechtsgrundlage ist insoweit § 45 Abs. 2 S. 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dies ist vorliegend der Fall. Eine Erlaubnis ist gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG dann nicht zu erteilen, wenn dem Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG fehlt. Dass dies der Fall ist, wurde bereits dargelegt. Da auch nach § 45 Abs. 2 S. 1 WaffG Ermessenserwägungen nicht möglich sind, war dem Kläger die Waffenbesitzkarte zu entziehen.
Die Klage ist danach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO) liegen nicht vor.
...
Gegen dieses Urteil ist die Berufung nur zulässig, wenn sie von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
...
1 A 1601/07
B e s c h l u s s
Der Streitwert wird auf
16.750,00 Euro
festgesetzt.
...
Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. ...
Steffen
Plog