Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 03.12.1987, Az.: 5 U 299/86
Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall wegen der beim Unfall erlittenen Verletzung des rechten Unterarms; Unfallbedingte Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit; Von einem Orden gewährter Unterhalt als entgeltliche Gegenleistung im Rechtssinne
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.12.1987
- Aktenzeichen
- 5 U 299/86
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 13757
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1987:1203.5U299.86.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - AZ: 14 O 184/86
Rechtsgrundlagen
- § 252 BGB
- § 845 BGB
Fundstellen
- JuS 1995, 12-17 (Urteilsbesprechung von PrivDoz. Dr. Peter Gotthardt)
- NJW 1988, 2618 (Volltext mit red. LS)
- VersR 1988, 1240-1241 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Schadensersatzes aus Verkehrsunfall
Prozessführer
des ...
Prozessgegner
1. Herrn ...
2. den ...
durch den Vorstand,
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 1987
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 16. September 1986 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers beträgt 12.390,00 DM.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
1.
Der Kläger begehrt Ersatz von Verdienstausfall wegen der beim Unfall erlittenen Verletzung des rechten Unterarms. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die unfallbedingte Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit allein noch keinen Anspruch begründet, sondern erst dann, wenn die Unfähigkeit, dem Erwerb nachzugehen, zu einem finanziell meßbaren Nachteil geführt hat. Dies entspricht, wie nicht näher darzustellen ist, der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der im Schrifttum überwiegend vertretenen Meinung.
Entgegen der Darstellung der Berufung war der Kläger tatsächlich vor dem Unfall nicht erwerbstätig, d. h. er hatte seine Arbeitskraft nicht zur Erzielung von Einkünften eingesetzt: Er war nicht außerhalb des Klosters gegen Entlohnung tätig, sondern mit einer Reihe von Aufgaben innerhalb der Ordensgemeinschaft betraut, hauptsächlich mit dem Orgelspiel zu den täglichen Gottesdiensten, mit Klaviervorträgen zu bestimmten Anlässen, wurde aber auch - wie aus dem Arztbericht des ... Krankenhauses vom 17. Mai 1984 hervorgeht - zu anderen Verrichtungen innerhalb des Klosters herangezogen, beispielsweise in der Gärtnerei. Eine Entlohnung hierfür erhielt der Kläger gemäß der Satzung der in Form eines rechtsfähigen Vereins (e. V.) organisierten Ordensgemeinschaft nicht, selbstredend nicht nach der Ordensregel, der er sich im Gelübde unterworfen hatte. Der ihm vom Orden gewährte Unterhalt war keine entgeltliche Gegenleistung im Rechtssinne: Die Tätigkeit des Klägers im Orden war und ist nicht meßbar auf einen wirtschaftlichen Erfolg gerichtet. Dies wird besonders deutlich, wenn vergleichsweise die Verrichtungen derjenigen Ordensbrüder und Väter betrachtet werden, die sich hauptsächlich der aus der Sicht des Mönchordens vornehmsten und wichtigsten Aufgabe des Betens und Abhaltens der Gottesdienste widmen. Es steht außer Frage, daß diese Tätigkeiten nicht "mit Geld" zu bewerten, d. h. im Wortsinne abzugelten sind. Indessen hat der Kläger gemäß seinem eigenen Vortrage durch sein tägliches Orgelspiel bei den Gottesdiensten einen sehr wesentlichen Beitrag in diesem Bereich des Klosterlebens nach gerade geleistet.
2.
Mit Recht lehnt es das Landgericht ab, zur Einordnung und Bewertung der Tätigkeit des Klägers diejenigen Grundsätze heranzuziehen, welche für die Arbeit im Haushalt entwickelt worden sind. Der eigene Schadensersatzanspruch der Hausfrau besteht maßgeblich deshalb, weil sie kraft Gesetzes den Familienangehörigen auf diese Weise den Familienangehörigen ihrer Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung nachkommt. An dieser entscheidenden Voraussetzung fehlt es im Falle des Klägers. Er ist der Ordensgemeinschaft nicht von Gesetzes wegen, sondern gemäß der Satzung und gemäß seinem Gelübde zu unentgeltlicher Arbeit verpflichtet. Dieselbe Erwägung verbietet es, hier - anstelle des Klägers - der Ordensgemeinschaft selbst (etwa in Anlehnung an die Regelung des § 845 BGB) einen eigenen Anspruch gegen den für die Unfallfolgen verantwortlichen Schädiger zu gewähren. Die Ordensgemeinschaft ist allenfalls der im Rahmen des geltenden Schadensersatzrechts nicht anspruchsberechtigte mittelbar Geschädigte.
3.
Schließlich muß die Klage auch deshalb scheitern, weil der Anspruch in der Höhe nicht begründet dargestellt worden ist:
Von der nach bürgerlichem Schadensersatzrecht unmöglichen Berechnungsmethode der Klageschrift (den Anspruch auf der Basis eines vergleichbaren Einkommens nach Maßgabe von Zeiten und Prozentzahlen der allgemeinen, unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beziffern) rückt die Berufung zwar ab, gibt aber andererseits keine Handhabe, den Geldwert der Leistungen des Klägers für den Zeitraum, in welchem der Kläger unfallbedingt ausgefallen ist, auch mit Hilfe der Beweiserleichterungen der §§ 252 BGB, 287 ZPO in Monatsbeträgen greifbar zu machen, abgesehen davon, daß die Zeiträume, für welche der Kläger Schadensersatz begehrt, nicht denjenigen entsprechen, für die ihm der Krankenhausbericht Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, auf keinen Fall bis September 1984, für schwere/mittelschwere körperliche Arbeiten allenfalls bis März 1984, für das Orgelspiel aber wohl nur bis Ende 1983, usw.
4.
Daher wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen; im Hinblick auf die Ausgangslage war eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu entscheiden. Die Nebenentscheidungen folgen den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 und 546 Abs. 2 ZPO.