Arbeitsgericht Braunschweig
Beschl. v. 30.03.2007, Az.: 4 BV 130/06
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Braunschweig
- Datum
- 30.03.2007
- Aktenzeichen
- 4 BV 130/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 63052
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGBS:2007:0330.4BV130.06.0A
Fundstelle
- AfP 2007, 392-394 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
Tenor:
- 1)
Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1) jeweils bis zum 15. des Folgemonats für jede Redakteurin und jeden Redakteur, soweit nicht leitender Angestellte(r), Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an jedem Arbeitstag des Vormonats sowie jede Überschreitung der regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden, bezogen auf die Woche, die im Vormonat endet, zu erteilen.
- 2)
Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1) über die die Grenzen des § 3 Satz 1 ArbZG überschreitende Arbeitszeit der Redakteurinnen und Redakteure, soweit nicht leitender Angestellte(r), für jeden Monat bis zum 15. des Folgemonats Auskunft zu erteilen und ihm die nach § 16 Absatz 2 ArbZG erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche hinsichtlich der Arbeitszeiten der Redakteure.
Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. Die Antragsgegnerin gibt die ... Zeitung heraus. Bei ihr sind insgesamt 25 Redakteure und Redakteurinnen beschäftigt. Nach § 7 Nr. 1 Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 36,5 Stunden. Bei der Antragsgegnerin besteht jedoch die betriebliche Regelung, dass die Redakteurinnen und Redakteure regelmäßig 38,5 Stunden wöchentlich bei Zeitausgleich und finanzieller Abgeltung arbeiten. Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der flexiblen Arbeitzeit in der Redaktion sind gescheitert.
Unter dem 10.07.2006 hatte der Chefredakteur der Arbeitgeberin der Verlagsleitung ein neues Arbeitszeitmodell für die Redaktionen vorgeschlagen, welches zum 16.10.2006 umgesetzt wurde. Ein diesbezüglich vor dem Arbeitsgericht Braunschweig zum Az: 4 BVGa 24/06 geführtes einstweiliges Verfügungsverfahren endete am 27.10.2006 mit einem Vergleich folgenden Inhaltes;
"Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass es sich bei den Funktionszeiten für die schreibenden Redakteure von "gegen 9.00 Uhr" sowie für die layoutenden Redakteure von "nicht vor 10.30 Uhr" nicht um den verbindlichen Beginn der täglichen Arbeitszeit handelt und es unter Berücksichtigung der um 12.30 Uhr beginnenden Redaktionskonferenz bezüglich der individuellen Anwesenheitszeiten beim Prinzip der Selbstverantwortung der Redakteure verbleibt."
Mit Schreiben vom 01.11.2006 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, jeweils bis zum 15. des Folgemonats - erstmalig zum 15.11.2006 - Auskunft für jede Redakteurin und jeden Redakteur über Beginn und Ende der täglichen Arbeitzeit an jedem Arbeitstag des Vormonats sowie jede Überschreitung der regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden, bezogen auf die Woche, die im Vormonat endet, zu erteilen. Darüber hinaus wurde die Arbeitgeberin aufgefordert, dem Betriebsrat Auskunft über die die Grenzen des § 3 Satz 1 ArbZG überschreitende Arbeitszeit der Redakteurinnen und Redakteure für jeden Monat bis zum 15. des Folgemonats zu erteilen und ihm die nach § 16 Absatz 2 ArbZG erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Die Arbeitgeberin lehnte das Auskunftsbegehren des Betriebsrats mit Schreiben vom 15.11.2006 unter Hinweis auf die bestehende Vertrauensarbeitszeit und unter Hinweis auf die Vermeidung unnötiger Formalismen ab.
Die drei Geschäftsführer und Verleger der Arbeitgeberin sind zugleich geschäftsführende Gesellschafter und Verleger beim Zeitungsverlag ... die das ... Tageblatt herausgibt. In der Redaktion beim ... Tageblatt werden die Arbeitszeiten der Redakteure erfasst.
Mit seiner am 21.11.2006 beim erkennenden Gericht eingegangenen Antragsschrift begehrt der Betriebsrat Auskunft für die Arbeitszeiten der Redakteure und Vorlage von Aufzeichnungen.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, dass ihm zur Durchführung und Überwachung des Arbeitszeitgesetzes und der betrieblichen Arbeitszeitregelungen ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Arbeitzeiten der Redakteurinnen und Redakteure zustehe. Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit stehe der Auskunfts- und Dokumentationspflicht der Arbeitgeberin nicht entgegen. Der Verzicht des Arbeitgebers auf die Arbeitszeiterfassung entbinde ihn nicht von der Aufzeichnungspflicht nach § 16 ArbZG.
Der Betriebsrat beantragt,
- 1)
der Beteiligten zu 2) aufzugeben, dem Beteiligten zu 1) jeweils bis zum 15. des Folgemonats für jede Redakteurin und jeden Redakteur, soweit nicht leitender Angestellte(r), Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an jedem Arbeitstag des Vormonats sowie jede Überschreitung der regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden, bezogen auf die Woche, die im Vormonat endet, zu erteilen;
- 2)
der Beteiligten zu 2) aufzugeben, dem Beteiligten zu 1) über die die Grenzen des § 3 Satz 1 ArbZG überschreitende Arbeitszeit der Redakteurinnen und Redakteure, soweit nicht leitender Angestellte(r), für jeden Monat bis zum 15. des Folgemonats Auskunft zu erteilen und ihm die nach § 16 Absatz 2 ArbZG erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dem Betriebsrat stehe der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu. Das Prinzip der Vertrauensarbeitszeit widerspreche gerade einer Arbeitszeiterfassung. Zudem sei die Arbeitszeit der Redakteure der Kenntnisnahme durch den Arbeitgeber entzogen, da die Redakteure teilweise außer Haus arbeiten würden. Die Entscheidung des BAG vom 06.05.2003 sei daher für die vorliegende Sachverhaltskonstellation nicht einschlägig. Ferner habe der Betriebsrat keine mitbestimmungsrechtliche Möglichkeit, den Arbeitgeber zur Installierung technischer Kontrolleinrichtungen oder anderweitiger Kontrollmechanismen zur Erfassung von Arbeitszeitdaten, etwa durch Selbstaufschreibung, zu zwingen. Daher könne der Betriebsrat seine Kontrollabsichten auch nicht durchsetzen. Andererseits sei die Installierung etwaiger Kontrollmechanismen wiederum mitbestimmungspflichtig gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG, sodass es der Arbeitgeberin mangels Durchführung eines entsprechenden Mitbestimmungsverfahrens derzeit nicht möglich sei, die Informationsansprüche des Betriebsrats zu erfüllen. Schließlich meint die Arbeitgeberin, dass es sich bei der Aufzeichnungspflicht nach § 16 ArbZG um eine rein öffentlich-rechtliche Verpflichtung handle, die nicht geeignet sei, einen "Herstellungsanspruch" gegen den Arbeitgeber zu begründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen, die nebst Anlagen sämtlichst Gegenstand der Anhörung der Beteiligten gewesen sind.
II.
Die Anträge des Betriebsrats sind zulässig und begründet.
1.
Die Anträge auf Auskunftserteilung sind zulässig. Insbesondere sind die Anträge hinreichend bestimmt, da der Kreis der betroffenen Personen über deren Arbeitszeit der Betriebsrat Auskunft begehrt, hinreichend sicher abgegrenzt werden kann.
Zudem ist es auch zulässig, den Antrag auf eine künftige Leistung zu richten. Ein Antrag auf künftige Leistung ist nach § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen. Dies ist hier der Fall. Die Arbeitgeberin hat die begehrten Auskünfte in der Vergangenheit bisher verweigert. Es ist daher zu besorgen, dass sie den Betriebsrat ohne gerichtliche Entscheidung auch in Zukunft nicht unterrichten wird.
2.
Der Antrag ist auch begründet. Der Betriebsrat kann von der Arbeitgeberin hinsichtlich der Redakteurinnen und Redakteure - mit Ausnahme der leitenden Angestellten - Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitzeit für jeden Arbeitstag des Vormonats als auch über jede Überschreitung der regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden verlangen. Ferner kann er für jeden Monat auch Auskunft über die die Grenzen des § 3 Satz 1 ArbZG überschreitende Arbeitzeit sowie die zur Verfügungstellung der nach § 16 Abs. 2 ArbZG erforderlichen Unterlagen verlangen.
a)
Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG sind dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der Verpflichtung des Arbeitgebers korrespondiert ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats. Zu den Aufgaben des Betriebsrats im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehört auch die Aufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass die zu Gunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Diese Überwachungsaufgabe ist vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte unabhängig. Allerdings gehört die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten nach dem Betriebsverfassungsgesetz ihrerseits zu den Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Die Unterrichtung soll es dem Betriebsrat ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben und er zu ihrer Wahrnehmung tätig werden muss. Die Grenzen des Auskunftsanspruchs liegen dort, wo ein Beteiligungsrecht offensichtlich nicht in Betracht kommt. Erst dann kann nicht mehr davon gesprochen werden, dass die Auskunft zur Durchführung von Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sei. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen von Aufgaben genügt. Daraus folgt eine zweistufige Prüfung darauf hin, ob überhaupt eine Aufgabe es Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist (BAG, Beschl.v. 06.05.2003, NZA 2003, 1348, 1350 [BAG 06.05.2003 - 1 ABR 13/02]; LAG Niedersachsen, Beschl.v. 08.11.2004, 5 TaBV 36/04 Rdz. 30).
b)
Im vorliegenden Fall sind Aufgaben im Sinne von § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gegeben. Der Betriebsrat hat die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen nach dem Arbeitszeitgesetz, insbesondere §§ 3 und 5 sowie die im Betrieb geltende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden zu überwachen. Dabei sind leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG, die von der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes und nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG von derjenigen, des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen sind, von dem Auskunftsbegehren des Betriebsrats ausdrücklich nicht erfasst, sodass die Anträge des Betriebsrats auch nicht zu weitgehend sind. Dagegen gilt das Arbeitszeitgesetz uneingeschränkt auch für Tendenzbetriebe, mithin auch für Redakteure.
c)
Die vom Betriebsrat begehrten Auskünfte und Unterlagen sind für die Wahrnehmung seiner Überwachungsaufgaben nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch erforderlich.
Der Betriebsrat benötigt die Information über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an jedem Arbeitstag, um die Einhaltung des § 5 Abs. 1 ArbZG überprüfen zu können. Die danach gebotene Ruhezeit vermag der Betriebsrat nicht zu überwachen, wenn ihm nicht das Arbeitszeitende und der erneute Arbeitszeitbeginn bekannt sind (vgl. BAG, Beschl.v. 06.05.2003, NZA 2003, 1348, 1351 [BAG 06.05.2003 - 1 ABR 13/02]). Ferner benötigt der Betriebsrat Auskunft über jede Überschreitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden, um die Einhaltung der betrieblichen Arbeitszeit zu überwachen. Da aus Beginn und Ende der Arbeitszeit sich nicht ergibt, in welchem Umfang Pausenzeiten nach § 4 ArbZG in diesem Zeitraum liegen, benötigt der Betriebsrat eine gesonderte Information darüber, ob und ggf. in welchem Umfang die Grenze des § 3 Satz 1 ArbZG überschritten wurde.
d)
Den Auskunftsansprüchen des Betriebsrats aus § 80 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber die tatsächlichen Arbeitszeiten der Redakteure und Redakteurinnen bewusst nicht erfasst (sog. Vertrauensarbeitszeit).
aa)
Für den Anspruch des Betriebsrats aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gilt allerdings im Grundsatz, worauf die Arbeitgeberin zutreffend hinweist, dass dem Betriebsrat die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen nur zur Verfügung zu stellen sind, wenn sie diese tatsächlich besitzt. Der Betriebsrat kann in der Regel nicht verlangen, dass ein Arbeitgeber nicht vorhandene Unterlagen für ihn erst erstellt. Ein solcher Herstellungsanspruch lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Überwachungsaufgabe des § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG macht den Betriebsrat nicht zu einem dem Arbeitgeber übergeordneten Kontrollorgan. Sie ist vielmehr im Licht der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu sehen (BAG, Beschl.v. 06.05.2003, NZA 2003, 1348, 1351 [BAG 06.05.2003 - 1 ABR 13/02]; LAG Niedersachsen, Beschl.v. 08.11.2004, 5 TaBV 36/04 Rdz. 37).
bb)
Nach dem Beschluss des BAG vom 06.05.2003 (a.a.O. unter B II 2d cc (1) der Gründe; ihm folgend LAG Niedersachsen, Beschl.v. 08.11.2004, 5 Ta BV 36/04 Rdz. 39) gilt dieser Grundsatz aber nicht für Daten zur Arbeitszeit der Arbeitnehmer, über die der Betriebsrat Auskunft begehrt und deren Kenntnis er zur Wahrnehmung seiner Überwachungsaufgabe benötigt. Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet zwischen Daten, die erst von dritter Seite beschafft werden müssen, und solchen, die nur "zur Kenntnis genommen und mitteilbar gemacht" werden müssen und zu deren Erfassung der Arbeitgeber verpflichtet ist. Zu einer solchen Wahrnehmung und Erfassung der anfallenden Daten zur Arbeitszeit der einzelnen Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber bereits unabhängig von der Überwachungsaufgabe des Betriebsrats verpflichtet. Darauf, ob er die Daten erheben will, kommt es nicht an. Ein Verzicht auf die Erhebung von Arbeitszeitdaten der Arbeitnehmer stellt keine zulässige Ausübung der betrieblichen Organisations- und Leitungsmacht des Arbeitgebers dar, weil der Arbeitgeber seinen Betrieb so organisieren muss, dass die gesetzlichen, tariflichen und ggf. durch Betriebsvereinbarung geregelten Arbeitszeitgrenzen eingehalten werden. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setzt voraus, dass der Arbeitgeber die Übereinstimmung betrieblicher Abläufe mit den normativen Vorgaben selbst überprüfen und erforderlichenfalls korrigierend eingreifen kann. Ihm obliegt die Verantwortung für die Führung des Betriebes (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Zur Wahrnehmung der Daten ist der Arbeitgeber auch im Hinblick auf die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats verpflichtet. Die benötigten Auskünfte sind zu deren Durchführung unverzichtbar. Der Arbeitgeber hat die betreffenden Informationen deshalb auch dann zu beschaffen, wenn er selbst meint, auf sie verzichten zu können. Anderenfalls hätte er es in der Hand, die Aufgabenwahrnehmung zu verhindern oder doch den Betriebsrat gegen dessen Willen zu eigenen Erkundigungen und Datenerhebungen zu zwingen. Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Der Arbeitgeber kann seiner Pflicht zur Auskunftserteilung auch nicht dadurch nachkommen, dass er den Betriebsrat auf die Möglichkeit zur eigenständigen Informationsbeschaffung verweist (BAG, Beschl.v. 06.05.2003, NZA 2003, 1348, 1352 [BAG 06.05.2003 - 1 ABR 13/02]; LAG Niedersachsen, Beschl.v. 08.11.2004, 5 Ta BV 36/04 Rdz. 40).
Diese Rechtsgrundsätze hat das BAG in seinem Beschluss vom 06.05.2003 für den Fall aufgestellt, dass der Betriebsrat einem Arbeitszeitmodell zugestimmt hat, bei dem - wie hier - auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit insgesamt verzichtet wird (sog. Vertrauensarbeitszeit). Es hat dazu ausgeführt, es könne zwar im Rahmen einer betrieblichen Arbeitszeitregelung von dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG in der Weise Gebrauch gemacht werden, dass die Festlegung der Lage der Arbeitszeit dem zu schützenden Arbeitnehmer selbst überlassen bleibe. Der Zweck des Mitbestimmungsrechts, die Interessen des Arbeitnehmers an einer sinnvollen Arbeits- und Freizeitgestaltung zu schützen, würde auch auf diese Weise gewahrt. Bei einer solchen Arbeitszeitgestaltung sei aber zu gewährleisten, dass die gesetzlichen, tariflichen und ggf. betrieblichen Höchstarbeitszeitgrenzen beachtet würden. Lediglich die Wahl der dafür geeigneten Mittel liege in der Organisations- und Leitungsmacht des Arbeitgebers, nicht dagegen die Entscheidung, auf eine Kenntnisnahme der tatsächlichen Arbeitszeiten der Beschäftigten bewusst zu verzichten (BAG, Beschl.v. 06.05.2003, NZA 2003, 1348, 1352 [BAG 06.05.2003 - 1 ABR 13/02]).
cc)
Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin sind diese Rechtsgrundsätze auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Insbesondere rechtfertigen die Besonderheiten der Tätigkeiten der Redakteure keine abweichende Beurteilung. Zum einen zeigt bereits das Beispiel der Arbeitszeiterfassung der Redakteure beim ... Tageblatt, dass es nicht generell unmöglich ist, die Arbeitszeit von Redakteuren zu erfassen. Der bewusste Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung ändert nach der BAG-Entscheidung aber gerade nichts an der Verpflichtung des Arbeitgebers die Arbeitszeitdaten zu beschaffen. Hintergrund der Beschaffungspflicht des Arbeitgebers ist letztlich die Verpflichtung des Arbeitgebers die Arbeitszeitdaten auf Grund des Arbeitszeitgesetzes zu erheben. Diese normative Vorgabe ist für den Arbeitgeber zwingend, sodass er sich auch nicht gegenüber dem Betriebsrat auf einen Verzicht der Datenerhebung berufen kann. Da das Arbeitszeitgesetz auch uneingeschränkt für Redakteure gilt, der Arbeitgeber also auch bei der Vertrauensarbeitszeit der Redakteure zu gewährleisten hat, dass die gesetzlichen Höchstarbeitszeitgrenzen beachten werden, finden die Rechtsgrundsätze der BAG-Entscheidung auch im vorliegenden Fall Anwendung.
dd)
Die Arbeitgeberin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Betriebsrat im Rahmen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG keine Möglichkeit habe, den Arbeitgeber zur Installierung technischer Kontrolleinrichtungen oder anderweitiger Kontrollmechanismen zur Erfassung von Arbeitszeitdaten, etwa durch Selbstaufschreibung zu zwingen. Ob ein solches zwingendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, kann hier dahinstehen. Denn nach der Entscheidung des BAG vom 06.05.2003 liegt die Wahl der für die Erhebung der Arbeitszeitdaten geeigneten Mittel gerade in der Organisations- und Leitungsmacht des Arbeitgebers. Er kann lediglich nicht auf die Kenntnisnahme der tatsächlichen Arbeitszeit der Beschäftigten bewusst verzichten ( BAG, NZA 2003, 1348, 1352 [BAG 06.05.2003 - 1 ABR 13/02]). Eines erzwingbaren Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats hinsichtlich der Installierung eines bestimmten Kontrollinstrumentariums bedarf es daher nicht, da es im Übrigen auch nicht um die Aufgaben des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG geht, sondern um die Aufgaben aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
ee)
Schließlich kann die Arbeitgeberin auch nicht Erfolg einwenden, dass ihr die Auskunftserteilung unmöglich sei, da der Betriebsrat hinsichtlich der technischen Datenerfassung, bzw. hinsichtlich der Verpflichtung zur Selbstaufschreibung von Arbeitzeiten gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 bzw. 1 BetrVG zu beteiligen sei und ein entsprechendes Mitbestimmungsverfahren bisher nicht durchgeführt worden sei. Hier liegt es bei der Arbeitgeberin die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Da die Zwangsvollstreckung erst aus rechtskräftigen Beschlüssen stattfindet, verbleibt der Arbeitgeberin vorliegend auch noch Zeit tätig zu werden.
Nach alledem war den Anträgen des Betriebsrats stattzugeben.