Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 23.11.2023, Az.: 3 W 214/22

Zurückweisung einer Erinnerung gegen den notariellen Kostenansatz in einer Nachlasspflegeschaft

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
23.11.2023
Aktenzeichen
3 W 214/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 43089
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2023:1123.3W214.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wolfsburg - 18.02.2022 - AZ: 4 VI 811/21

Fundstellen

  • ErbR 2024, 228-230
  • FA 2024, 57
  • JurBüro 2024, 42-43
  • NJW-RR 2024, 127-128
  • ZEV 2024, 120

Amtlicher Leitsatz

Zum Erinnerungsverfahren bei nachträglichem Antrag auf Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung.

  1. 1.

    Sind Gerichtskosten bereits in einer Kostenrechnung angesetzt worden und beantragt ein Beteiligter die Nichterhebung gemäß § 21 GNotKG, ist darüber im Erinnerungsverfahren nach § 81 GNotKG zu entscheiden.

  2. 2.

    Im Abhilfeverfahren ist der Kostenansatz von Amts wegen auf Richtigkeit und Vollständigkeit ohne Bindung an den Antrag und die Beanstandungen des Erinnerungsführers zu überprüfen; das Abhilfeverfahren umfasst aber nicht den Einwand der unrichtigen Sachbehandlung im Sinne des § 21 GNotKG, da insoweit keine Abhilfemöglichkeit der Kostenbeamtin besteht.

  3. 3.

    Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch, wenn der angegriffene Kostenansatz auf einer - als unrichtige Sachbehandlung beanstandeten - Entscheidung des gesamten Kollegialspruchkörpers beruht.

In der Nachlasssache
betreffend
A., ...
hier: Antrag auf Nichterhebung von Kosten gemäß § 21 GNotKG des
B., ...
- Kostenschuldner und Erinnerungsführer -
Verfahrensbevollmächtigter:
C., ...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Otto als Einzelrichter am 23. November 2023 beschlossen:

Tenor:

Die Erinnerung vom 4. Oktober 2023 gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung vom 18. Februar 2022 (Kassenzeichen 1201800318822) wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Erinnerungsführer begehrt nachträglich die Nichterhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren.

Der Senat hat mit Beschluss vom 16. Februar 2022 - 3 W 214/22 - die Beschwerde des Erinnerungsführers gegen die Nichteinrichtung einer Nachlasspflegschaft zurückgewiesen, da die Mutter des Erblassers mit hoher Wahrscheinlichkeit Hoferbin geworden sei und daher der Erbe nicht unbekannt sei im Sinne des § 1960 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2023 trägt der Beschwerdeführer vor, es sei mittlerweile rechtskräftig festgestellt worden, dass der Antragsteller Hoferbe geworden sei, nicht die Mutter des Erblassers (zuletzt OLG Braunschweig, Beschluss vom 30. August 2023 - 2 W 120/22 -, n. v.). Vor diesem Hintergrund bitte er um Prüfung, ob von einer Kostenerhebung für das Beschwerdeverfahren gemäß § 21 GNotKG nachträglich abgesehen werden könne; jedenfalls ex post habe sich gezeigt, dass die Mutter des Erblassers nicht wirtschaftsfähig im Sinne der Höfeordnung sei.

II.

Der - als Erinnerung gegen den Kostenansatz zu behandelnde - Antrag hat keinen Erfolg.

1. Sind - wir hier - Gerichtskosten bereits in einer Kostenrechnung angesetzt worden und beantragt ein Beteiligter die Nichterhebung gemäß § 21 GNotKG, ist darüber im Erinnerungsverfahren nach § 81 GNotKG zu entscheiden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. März 2021 - 3 Wx 233/20 -, juris, Rn. 7 m. w. N.; Diehn, in: BeckOK KostR, 42. Edition, Stand 1. Januar 2023, § 21 GNotKG Rn. 100 m. w. N.; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2019 - III ZR 625/16 -, NJOZ 2020, S. 629 [Rn. 6] m. w. N. zu § 21 GKG).

Im Falle einer Erinnerung ist im Abhilfeverfahren der Kostenansatz von Amts wegen auf Richtigkeit und Vollständigkeit ohne Bindung an einen eventuellen Antrag des Erinnerungsführers oder dessen Beanstandungen zu überprüfen (vgl. § 18 Abs. 6 GNotKG; Toussaint, in: Toussaint, Kostenrecht, 53. Auflage 2023, § 66 GKG, Rn. 22). Das Abhilfeverfahren umfasst aber nicht den Einwand der unrichtigen Sachbehandlung, denn insoweit besteht keine Abhilfemöglichkeit der Kostenbeamtin, § 21 Abs. 2 GNotKG (Jäckel, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage 2021, § 81 GNotKG, Rn. 15; Sommerfeldt, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Auflage 2021, § 81, Rn. 7; Laube, in: BeckOK KostR, 42. Edition, Stand 1. Juli 2023, § 66 GKG, Rn. 99, 147 m. w. N.; insoweit unklar: BGH, Beschluss vom 24. Februar 2021 - V ZR 45/20 -, juris, Rn. 1 a. E.; Beschluss vom 19. März 2019 - IV ZR 30/18 -, juris, Rn. 1 a. E.; Beschluss vom 22. Juli 2019 - III ZR 625/16 -, NJOZ 2020, S. 629 [vor Rn. 6] und Beschluss vom 10. März 2003 - IV ZR 306/00 -, juris, Rn. 2 a. E.).

Die Kostenbeamtin hat den Kostenansatz im oben genannten Umfang geprüft und der Erinnerung insoweit nicht abgeholfen.

Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, § 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG (vgl. Volpert, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage 2021, § 66 GKG, Rn. 55a f.); dies gilt auch dann, wenn der angegriffene Kostenansatz auf einer - als unrichtige Sachbehandlung beanstandeten - Entscheidung des gesamten Kollegialspruchkörpers beruht (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 2 VAs 71/15 -, juris, Rn. 1, 3; OLG München, Beschluss vom 26. Februar 2020 - 11 W 215/20 -, NJW-RR 2020, S. 700 [Rn. 17 f.]; Beschluss vom 7. November 2006 - 32 Wx 150/06 -, juris, Rn. 3, 5).

2. Die Erinnerung hat keinen Erfolg, da die Voraussetzung des § 21 Abs. 1 GNotKG nicht vorliegen.

Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 GNotKG ist nur gegeben, wenn gegen eindeutige gesetzliche Normen verstoßen wird oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2020 - V ZB 67/19 -, NJOZ 2021, S. 980 [981 Rn. 6] m. w. N.; KG, Beschluss vom 19. Februar 2002 - 1 W 3146/00 -, FGPrax 2002, S. 136 zu § 16 Abs. 1 KostO; Tiedtke, in: Korintenberg, GNotKG, 22. Auflage 2022, § 21, Rn. 1b, 39 m. w. N.).

Dies ist hier nicht dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich; insbesondere reicht die - hier allein dargelegte - abweichende Beurteilung der Sache nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2003 - IV ZR 306/00 -, juris, Rn. 5 a. E.; Toussaint, in: Toussaint, Kostenrecht, 53. Auflage 2023, § 21 GKG, Rn. 17 f. m. w. N.).

Im Übrigen hat der Senat seine Entscheidung bezüglich der Frage, ob der Erbe unbekannt im Sinne des § 1960 Abs. 1 BGB ist, darauf gestützt, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestanden hat, dass die Mutter des Erblassers Hoferbin geworden ist. Deren Erbrecht aus § 5 Nr. 3 HöfeO geht einem solchen aus § 5 Nr. 4 HöfeO vor, solange ihre Wirtschaftsfähigkeit gegeben ist. Dies war unter anderem ausweislich der vom Landwirtschaftsgericht eingeholten Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer und des Landkreises der Fall. Dass das Landwirtschaftsgericht und das Beschwerdegericht die Wirtschaftsfähigkeit der Mutter des Erblassers zu einem späteren Zeitpunkt dennoch verneint haben, ändert nachträglich nichts an der zum hier maßgeblichen Zeitpunkt bestehenden hohen Wahrscheinlichkeit ihrer Hoferbenstellung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 8 GNotKG.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht eröffnet, § 81 Abs. 3 Satz 3 GNotKG.

Dr. Otto