Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 04.05.2018, Az.: 7 A 1313/18
Gesundheitsversorgung; Inländische Fluchtalternative; Psychische Störung; PTBS; Schutzfähig- und -willigkeit des Staates; Serbien; Übergriffe privater Dritter; Vergewaltigung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 04.05.2018
- Aktenzeichen
- 7 A 1313/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74217
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Serbien ist sicher.
Der serbische Staat ist schutzfähig und -willig gegenüber Übergriffen privater Dritter, auch soweit es um eine Vergewaltigung durch Anverwandte gehen sollte.
Daneben ist in Serbien hinreichend interner Schutz gegeben (sog. inländische Fluchtalternative).
Serbien bietet hinreichende Behandlungsmöglichkeiten für mittellose Roma, auch soweit sie im Einzelfall nach einer Vergewaltigung an psychischen Störungen und etwa einer PTBS leiden sollten.
Bestätigung des Beschlusses vom 19. März 2018 - 7 B 1315/18 - (juris) in der Hauptsache.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Kläger sind serbische Staatsangehörige und wenden sich nach bereits erfolglos in Schweden durchgeführtem Asylverfahren mit Abschiebung nach Serbien gegen die Ablehnung ihrer asylverfahrensrechtlichen Begehren, insbesondere als offensichtlich unbegründet, soweit es Asyl, Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutz anbelangt, mit Ausreiseaufforderung unter Abschiebungsandrohung nach Serbien durch die Beklagte (Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Berlin, vom 28. Februar 2018). Insbesondere stützen sie ihre Begehren auf eine Vergewaltigung, psychische Störungen und eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
Die Kläger haben am 14. März 2018 Klage erhoben und zugleich Eilantrag gestellt, den das Gericht mit Beschluss vom 19. März 2018 abgelehnt hat (7 B 1315/18, juris). Sie wiederholen, vertiefen und ergänzen ihr Vorbringen (Vergewaltigung, psychische Störungen, PTBS).
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Februar 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als asylberechtigt anzuerkennen sowie die Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen, sowie hinsichtlich der Sperrfristen die Nebenbestimmungen aufzuheben bzw. abzuändern.
Die Beklagte beantragt (Schriftsatz vom 11. April 2018),
die Klage abzuweisen.
legt elektronisch ihre Verwaltungsvorgänge (Beiakten 1 - 3) vor und bezieht sich auf die Gründe ihres angegriffenen Bescheides.
Mit Beschluss vom 10. April 2018 hat das Gericht einen weiteren Antrag der Kläger auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt (7 B 1667/18).
Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Ausländerakte (Beiakte 4) Bezug.
Entscheidungsgründe
Die fristgerecht erhobene Klage, über die das Gericht nach Übertragungsbeschluss der Kammer vom 4. April 2018 durch den Einzelrichter entscheidet, ist unbegründet. Die geltend gemachten Ansprüche sind nicht gegeben, sondern offensichtlich unbegründet, soweit es die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutzes anbelangt. Abschiebungshindernisse liegen nicht vor. Die Nebenbestimmungen im angegriffenen Bescheid sind rechtmäßig.
Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Berlin, vom 28. Februar 2018 – … – ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO, so dass die Klage insgesamt, auch hinsichtlich der Nebenbestimmungen im angegriffenen Bescheid, erfolglos bleiben muss und abzuweisen ist, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.
Es ist nämlich auch ansatzweise nichts dafür ersichtlich,
· dass eine Asylanerkennung nicht wegen der Einreise auf dem Landweg ausgeschlossen ist,
· dass Leben oder Freiheit der Kläger wegen Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen politischer Überzeugung in Serbien bedroht sind (§ 3 Abs. 1 AsylVfG),
· in Serbien ein ernsthafter Schaden gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG droht (Satz 2 Nr. 1: Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Satz 2 Nr. 2: Folter oder menschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder Satz 2 Nr. 3: eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts),
· dass die Abschiebung unzulässig ist, weil sich dies aus der Anwendung der MRK ergibt (§ 60 Abs. 5 AufenthG),
· ihnen Ansprüche auf Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG zustehen könnten und
· die Befristung für eine etwaige Wiedereinreise im angegriffenen Bescheid oder dieser ansonsten rechtsfehlerhaft wäre.
Wegen der Begründung im Einzelnen nimmt das erkennende Gericht - gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Bescheides vom 28. Februar 2018 Bezug
und ferner - entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG auf die das Vorbringen der Kläger insbesondere zum angeblichen Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 AufenthG (Vergewaltigung, psychische Störungen, PTBS) vertiefend würdigenden Gründe seines im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes 7 B 1315/18 ergangenen und sehr ausführlichen Eilbeschlusses vom 19. März 2018 (dokumentiert in juris).
Soweit die Kläger zu vorbezeichnetem Beschluss unter Vorlage einer Stellungnahme von „…“, Frau Dipl.-Psych. T. M., „Traumaberaterin“, …, vom 6. April 2018, einen Abänderungsantrag gestellt haben, hat das Gericht diesen mit Tenorbeschluss vom 10. April 2018 (7 B 1667/18) abgelehnt.
Diese Bescheinigung (erneut vorgelegt in der mündlichen Verhandlung) enthält nichts Neues und stellt nur dar, dass aufgrund eines Geschehens einer Vergewaltigung psychische Störungen mit Verdacht auf PTBS vorliegen können. Dies aber ist nur eine weitere Darstellung des früheren und bisherigen Vorbringens der Kläger und hatte das Gericht bereits umfassend gewürdigt; dies gilt entsprechend für den Schriftsatz der Kläger vom 27. April 2018.
Dieses Vorbringen (Vergewaltigung, psychische Störungen, PTBS) begründet nicht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen.
Entgegen der Auffassung der Kläger, die sie insbesondere in ihrem Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO (und in der mündlichen Verhandlung) vertreten (Antragsschrift vom 9. April 2018 im Verfahren 7 B 1667/18), liegt hier nach allem Voranstehenden insbesondere gerade eben nicht ein Einzelfall vor, der ein Abweichen von allen aufgezeigten Grundsätzen rechtfertigen könnte. Es verbleibt auch hinsichtlich des Vorbringens einer Vergewaltigung, psychischer Störungen und einer PTBS bei den breit angelegten und dies alles vertieft würdigenden Gründe des sehr ausführlichen Beschlusses vom 19. März 2018 (7 B 13156/18, juris), die sich das erkennende Gericht für das vorliegende Urteil erneut zu Eigen macht.
Daher gilt:
Hinsichtlich einer etwaigen Vergewaltigung durch einen Anverwandten hätte sich die angeblich insoweit betroffene Klägerin des Schutzes des serbischen Staates vergewissern müssen, was nach eigenem Vortrag aber nicht geschehen ist, § 3d AsylG. Vielmehr hat sie / haben die Kläger insoweit eine „Klage“ sogar zurückgenommen.
Auch hätte ihr (und ihrer Familie) interner Schutz (§ 3e AsylG) in Serbien zur Verfügung gestanden (sog. inländische Fluchtalternative).
Ebenso stehen in Serbien hinreichende Behandlungsmöglichkeiten für psychische Störungen aller Art, auch PTBS, zur Verfügung und zwar auch für mittellose Roma und für diese Klägerin, die sich zudem auf die Unterstützung durch ihre Familie verweisen lassen muss.
Der angegriffene Bescheid verkennt im Übrigen nicht die Situation in Serbien und die Einstufung Serbiens als Sicherer Herkunftsstaat gemäß § 29a AsylG (siehe dazu:
„Erster Bericht der Bundesregierung zu der Überprüfung der Voraussetzungen zur Einstufung der in Anlage II zum Asylgesetz bezeichneten sicheren Herkunftsstaaten“
vom 15. Dezember 2017, Deutscher Bundestag - Drucksache 19/299) und übersieht nicht das individuelle Vorbringen der Kläger. Dies gilt erst Recht für den o.a. Beschluss im Eilverfahren vom 19. März 2018 (juris), an dem das Gericht auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens festhält und auf den die Kläger sich verweisen lassen müssen.
Zudem steht die angegriffene Entscheidung der Beklagten insgesamt in Einklang mit der Rechtsprechung des angerufenen Gerichts, wie sie sich aus den Entscheidungen, die in juris dokumentiert sind, ergibt, vgl. zuletzt Beschluss vom 19. März 2018, 7 B 1315/18, juris, mit Nachweisen, wogegen die Kläger nicht durchzudringen vermögen.
Schließlich müssen sich die Kläger darauf verweisen lassen, dass die Fragen einer eventuell fehlenden Reisefähigkeit (Antragsschrift der Kläger im Verfahren 7 B 1667/18, Seite 2, 5., 7. und 8. Absatz) im Asylverfahren keine Rolle spielen, weil sie nicht zielstaatsbezogen sind, sondern allenfalls (anders als die Kläger meinen) auf ein bloß inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis abzielen und insoweit u.U. Gegenstand einer rein ausländerrechtlichen Prüfung außerhalb vorliegenden Verfahrens sein könnten, und dass es hier ebenfalls nicht auf „§ 60 a Aufenthaltsgesetz“, ferner nicht auf „§ 139 ZPO“ ankommt (ebenda, letzter und vorletzter Absatz). Entsprechendes gilt für eine etwaige Suizidalität.
Bei dieser Sach- und Rechtslage brauchte das Gericht nicht näher auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag einzugehen, zumal damit auch ein zulässiger Ausforschungsantrag vorlag.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 167 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.