Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 07.03.2012, Az.: 1 A 9/12

Beurteilungserlass; Bewährung; dienstliche Beurteilung; Erlass Unterrichtsbesichtigung; Erlass Unterrichtsbesuche; Probebeamtenverhältnis; Unterrichtsbesichtigung; Unterrichtsbesuch

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
07.03.2012
Aktenzeichen
1 A 9/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44528
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Entlassung einer Lehrerin aus dem Probebeamtenverhältnis verstößt nicht gegen den einschlägigen Beurteilungserlass im Land Niedersachsen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis.

Sie bestand am 08.02.1983 nach einphasiger Ausbildung das Staatsexamen für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen in den Fächern Mathematik und Biologie. Mit Wirkung vom 04.02.2000 wurde sie als Lehrerin z. A. in den Dienst des Landes Niedersachsen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt und an der Orientierungsstufe E. -Nord eingesetzt. Mit bestandskräftigem Bewährungsbericht vom 14.01.2002 stellte der Schulleiter der Orientierungsstufe E. -Nord fest, dass sie sich in der Probezeit nicht bewährt habe. Mit Bescheid vom 25.07.2002 verlängerte die frühere Bezirksregierung H. die reguläre Probezeit von zwei Jahren und sechs Monaten um ein Jahr bis zum 03.08.2003 und versetzte die Klägerin aus dienstlichen Gründen an die Orientierungsstufe O. -P. -Schule in E.. Mit Bewährungsbericht vom 23.05.2003 stellte die Schulleiterin der Orientierungsstufe O. -P. -Schule fest, dass die Klägerin sich während der verlängerten Probezeit nicht bewährt habe. Zum Bewährungsbericht vom 23.05.2003 nahm die Klägerin mit Schreiben vom 14.06.2003 Stellung. Mit Bescheid vom 11.07.2003 wies die Schulleiterin der Orientierungsstufe O. -P. -Schule die Einwendungen der Klägerin gegen den Bewährungsbericht vom 23.05.2003, die sie als Antrag auf Abänderung der Beurteilung wertete, nach erneuter Prüfung zurück. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung H. mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2003 zurück. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Göttingen mit Urteil vom 14.09.2006 (3 A 331/03) abgewiesen; die Entscheidung wurde 2009 im Berufungsverfahren geändert.

Mit Bescheid der Bezirksregierung H. vom 24.09.2003 wurde die Klägerin mit Ablauf des 31.12.2003 wegen Nichtbewährung in der Probezeit aus dem Beamtenverhältnis auf Probe unter Anordnung der sofortigen Vollziehung entlassen. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht Göttingen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Den Antrag lehnte die 3. Kammer des erkennenden Gerichts mit Beschluss vom 15.01.2004 (3 B 332/03) ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Nds. OVG mit Beschluss vom 21.04.2004 (2 ME 769/04) zurück.

In dem Berufungsverfahren wegen Abänderung der dienstlichen Beurteilung vom 25.03.2005 änderte das Nds. OVG mit Urteil vom 24.11.2009 (5 LB 401/08) das erstinstanzliche Urteil. Es hob den Bescheid der Schulleiterin der früheren Orientierungsstufe O. -P. -Schule vom 11.07.2003 und den Widerspruchsbescheid der früheren Bezirksregierung H. vom 24.09.2003 wegen formeller Verstöße gegen die Beurteilungsrichtlinien auf und verurteilte die Beklagte, die Klägerin hinsichtlich ihrer Bewährung in der Probezeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen.

Daraufhin bot die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 16.12.2009 an, im Wege eines befristeten Arbeitsvertrages während des 2. Schulhalbjahres 2009/2010 an einer einvernehmlich festzulegenden Schule die nach der Entscheidung des Nds. OVG bei der letzten Beurteilung fehlende Unterrichtsbesichtigung im Fach Mathematik nachzuholen. Sofern von der Klägerin gewünscht, könne das Angebot auch auf das Fach Biologie ausgedehnt werden. Die von der Klägerin gewünschte Ableistung einer weiteren Probezeit im Probebeamtenverhältnis lehnte die Beklagte ab, da die Klägerin mit gerichtlich bestätigter Anordnung des Sofortvollzugs aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden sei. Sofern die Klägerin das Angebot nicht annehme, werde die Neubescheidung auf den gesamten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstoff aus beiden bisherigen beamtenrechtlichen Probezeitphasen gestützt. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.12.2009 teilte die Klägerin mit, dass sie ihre Bewährungszeit ausschließlich im Probebeamtenverhältnis fortsetzen wolle. Die mit Bescheid vom 24.09.2003 ausgesprochene Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis sei noch nicht rechtskräftig; der angeordnete Sofortvollzug könne von der Beklagten jederzeit aufgehoben werden, was hiermit beantragt werde. Dem kam die Beklagte nicht nach. Mit Bewährungsbericht vom 20.01.2010 stellte Regierungsschuldirektor - RSD - Q. erneut fest, dass sich die Klägerin in der Probezeit nicht bewährt habe. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die mit Bescheid vom 24.09.2003 ausgesprochene Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis zurück. Die Klägerin habe das befristete Beschäftigungsangebot der Beklagten zum Zweck der Feststellung einer Bewährung als gleichsam dritte Chance abgelehnt, so dass die Neubeurteilung ausschließlich anhand des vorliegenden umfangreichen Erkenntnismaterials habe vorgenommen werden müssen. Da die Orientierungsstufe O. -P. -Schule nicht mehr existiere, die ehemalige Schulleiterin R. sowie der in der Vergangenheit mit dem Fall der Klägerin befasste Schulaufsichtsbeamte S. im Ruhestand seien, sei der neue Bewährungsbericht durch den erfahrenen und kompetenten Schulaufsichtsbeamten RSD Q. erstellt worden. Die Tatsache, dass das Nds. OVG die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen die Beurteilungsrichtlinien zur Neubeurteilung der Klägerin verurteilt habe, ändere nichts daran, dass die von der ehemaligen Schulleiterin R. getroffenen Feststellungen in der Sache nach wie vor ihre Richtigkeit hätten. RSD Q. komme in seinem Bewährungsbericht vom 20.01.2010 unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit festgestellten Mängel zu dem Ergebnis, dass sich die Klägerin in der verlängerten Probezeit nicht bewährt habe, und führe dies im Einzelnen aus. Er habe ferner begründet, warum ein Verzicht auf die nach den Beurteilungsrichtlinien im Regelfall gebotene Unterrichtsbesichtigung im zweiten Fach Mathematik sachlich gerechtfertigt gewesen sei.

Die Klägerin hat am 11.02.2010 Klage erhoben.

Die Beklagte habe die vom Nds. OVG festgestellten Verstöße gegen die Beurteilungsrichtlinien mit dem neuerstellten Bewährungsbericht vom 20.01.2010 nicht ausgeräumt. Es liege nach wie vor ein Verstoß gegen Abschnitt I. Nr. 3 Satz 2 des einschlägigen Beurteilungserlasses vor, da auch der neue Bewährungsbericht ohne eine Unterrichtsbesichtigung in ihrem zweiten Fach Mathematik erstellt worden sei. Entgegen der Darstellung der Beklagten habe sie deren Angebot, ihre Bewährungszeit im Angestelltenverhältnis fortzusetzen, nie abgelehnt. In ihrem Schreiben vom 29.12.2009 habe sie vielmehr mitgeteilt, dass sie ihre Bewährungszeit selbstverständlich in einem Angestelltenverhältnis fortsetzen würde, wenn sich herausstellen sollte, dass sie auf eine Fortsetzung im Beamtenverhältnis keinen Anspruch habe. RSD Q. sei für die Erstellung des neuen Bewährungsberichts nicht zuständig gewesen. Dies sei nach Abschnitt I. Nr. 2 Satz 2 Ziff. 1 Beurteilungserlass die Schulleiterin oder der Schulleiter. Daran ändere hier nichts, dass die ehemalige Orientierungsstufe O. -P. -Schule nicht mehr existiere und die damalige Schulleiterin im Ruhestand sei. Die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, sie als Beamtin auf Probe an einer anderen Schule einzusetzen und anschließend einen Bewährungsbericht von dem dort zuständigen Schulleiter oder der zuständigen Schulleiterin erstellen zu lassen. Hier habe auch kein atypischer Fall vorgelegen, der die Verfahrensweise der Beklagten rechtfertigen könnte. Darüber hinaus greift die Klägerin den neuen Bewährungsbericht auch inhaltlich an und bezieht sich insoweit auf ihre Einwendungen gegen die früheren Bewährungsberichte im Verwaltungsverfahren, in den bisherigen gerichtlichen Verfahren und auf ihre mit Schriftsatz vom 13.02.2012 übersandte Stellungnahme zu dem neuen Bewährungsbericht vom 20.01.2010.

Sie beantragt,

1. den Bescheid der ehemaligen Bezirksregierung H. vom 24.09.2003 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25.01.2010 aufzuheben,

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Entlassungsverfügung für rechtmäßig, da die mangelnde Bewährung der Klägerin auch nach der verlängerten Probezeit unverändert feststehe. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Sie ist der Ansicht, dass unter Berücksichtigung der im Fall der Klägerin atypischen Situation - die Orientierungsstufe der O. -P. -Schule existiere nicht mehr und die ehemalige Schulleiterin Frau R. sei im Ruhestand - die Erstellung des neuen Bewährungsberichts durch den Schulaufsichtsbeamten Q., der über eine langjährige Erfahrung als Schulleiter verfüge, nicht zu beanstanden sei. Im Schullalltag sei es ohnehin üblich, dass Schulaufsichtsbeamte eingeschaltet würden, wenn Lehrkräfte in der Probezeit Probleme hätten und die Bewährung in Frage stehe. Im vorliegenden Fall sei deshalb Abschnitt I. Nr. 2 Satz 1 des Beurteilungserlasses einschlägig, wonach grundsätzlich die dienstliche Beurteilung der oder dem allgemein oder im Einzelfall damit beauftragten Beamten der Schulbehörde obliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakten zu den Aktenzeichen 3 A 331/03 und 3 B 332/03 und die vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Entlassungsverfügung der früheren Bezirksregierung H. vom 24.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 25.01.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entlassungsverfügung beurteilt sich nach der im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - hier Erlass des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2010 - geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist deshalb § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamte in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 17.06.2008 (BGBl. I S. 1010) i. d. F. vom 05.02.2009 (BGBl. I S. 160), der inhaltlich dem im Zeitpunkt des Ausgangsbescheids vom 24.09.2003 geltenden § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG (a. F.) entspricht. Danach können Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben. Zweck der Erprobung war und ist nach § 7 Abs. 1 Nds. Laufbahnverordnung – NLVO – a. F. und n. F. die Bewährung in der Laufbahn. In der Probezeit soll die Beamtin oder der Beamte zeigen, dass sie oder er nach Einarbeitung die übertragenen Aufgaben erfüllen kann sowie die erforderliche Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz besitzt, um die Anforderungen der Laufbahn erfüllen zu können (§ 7 Abs. 1 NLVO). Am Ende der Probezeit wird festgestellt, dass die Beamtin oder der Beamte sich bewährt hat, wenn unter Berücksichtigung der Beurteilungen keine Zweifel an der Bewährung bestehen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 Niedersächsisches Beamtengesetz - NBG -  vom 25.03.2009 - Nds. GVBl. S. 72 - i.d.F. vom 25.11.2009, Nds. GVBl. S. 437, bzw. § 11 Abs. 1 Nr. 3 NBG a. F.). Gelangt der Dienstherr zu der Überzeugung, dass die festgestellten Mängel nicht behebbar sind und damit die Ernennung des Probebeamten auf Lebenszeit nicht in Betracht kommt, muss er diesen entlassen (vgl. Beschluss der 3. Kammer des erkennenden Gerichts vom 15.01.2004 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Klägerin - 3 B 332/03 -  unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 19.03.1998 – 2 C 5.97 –, m. w. N., juris). Mit dem Wort „können“ trägt § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, die Probezeit zu verlängern, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des/der Beamten/Beamtin noch nicht endgültig feststeht (vgl. Beschluss der 3. Kammer vom 15.01.2004, a.a.O., zu § 39 Abs. 1 NBG a. F.).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte rechtsfehlerfrei eine abschließende Entscheidung getroffen. Zu einer nochmaligen Verlängerung der bereits einmal mit bestandskräftigem Bescheid der früheren Bezirksregierung H. vom 25.07.2002 verlängerten Probezeit der Klägerin war sie aus Rechtsgründen nicht verpflichtet, zumal es keinerlei nachvollziehbare Hinweise darauf gab, dass eine solche Verlängerung den Nachweis der Bewährung der Klägerin hätte ermöglichen können. Bei der abschließenden Entscheidung über die Bewährung wird nicht gefordert, dass die mangelnde Bewährung mit Sicherheit feststeht, sondern nur, dass berechtigte Zweifel an der Eignung und Befähigung und der Erbringung der fachlichen Leistungen bestehen (BVerwG, Urteil vom 31.05.1990 – 2 C 35.88 –; OVG Münster, Urteil vom 29.07.1998 – 12 A 4823/96 –, jeweils juris). Denn schon bei derartigen Zweifeln ist eine im Ergebnis nicht reparable Anstellung auf Lebenszeit dem Dienstherrn nicht zuzumuten und vor der Öffentlichkeit nicht zu verantworten (vgl. OVG Münster, a. a. O.). Die alsbaldige Entlassung des Probebeamten entspricht dann auch der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerwG, Urteil vom 25.02.1993 – 2 C 27.90 –, juris). Um dem/der Beamten/in eine angemessene Frist für die berufliche Umstellung einzuräumen, war die Entlassung gem. § 41 Abs. 4 NBG a. F. mit einer Frist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres auszusprechen; diesen Anforderungen genügt die angefochtene Entlassungsverfügung. Die Entscheidung des Dienstherrn, ob sich der Beamte in der Probezeit bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs des Dienstherrn. Die Entscheidung ist verwaltungsgerichtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob der gesetzliche Begriff der Bewährung und ob die gesetzlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.03.1998, a. a. O. und 31.05.1990, a. a. O.; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 13.12.2002 – 2 ME 200/02 – und 10.12.2003 – 2 ME 358/03 –).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte den gesetzlichen Begriff der Bewährung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG und die Grenzen der Beurteilungs-ermächtigung nicht verkannt, sie ist nicht von einem unrichtigen Sachverhalt aus-gegangen und hat keine sachfremden Erwägungen angestellt. Bei zusammenfassender Sichtung und Würdigung der vorliegenden Unterlagen hält die Kammer die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 25.01.2010 vorgenommene Einschätzung, die am 04.02.2000 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe als Lehrerin z. A. ernannte Klägerin biete aufgrund ihrer Leistungen und ihres Verhaltens während der (verlängerten) Probezeit nicht die Gewähr dafür, dass sie den Anforderungen ihrer Laufbahn gewachsen sei, für rechtmäßig.

Ihre Einschätzung stützt die Beklagte zu Recht auf die negativen Bewährungsberichte vom 14.01.2002 und 20.01.2010. Entgegen der Auffassung der Klägerin beinhaltet der Bewährungsbericht vom 20.01.2010 keinen erneuten rechtserheblichen Verstoß gegen den einschlägigen Beurteilungserlass. Maßgeblich ist der Erlass „Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche – Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte“ (Gem. Erl. d. MK und d. MS vom 05.05.1982, SVBl. S. 110; geändert durch Gem. Erl. d. MK und d. MFAS vom 02.10.1998, SVBl. S. 321; ber. S. 355; zuletzt geändert durch Gem. RdErl. d. MK u. d. MS vom 17.05.2005, Nds. MBl. S. 404), dessen Regelungen nach seinem Außerkrafttreten am 31.12.2006 bis zum Inkrafttreten neuer Beurteilungsrichtlinien für Lehrkräfte gemäß Erlass des Kultusministeriums vom 04.12.2006 weiter angewendet werden. Nach Abschnitt I. Nr. 3 Satz 2 der Beurteilungsrichtlinien stützt sich die dienstliche Beurteilung auf eine Unterrichtsbesichtigung, die in der Regel zwei Unterrichtsstunden umfasst, und auf eine abschließende Besprechung. Nach Satz 3 ist die Unterrichtsbesichtigung in zwei verschiedenen Fächern vorzunehmen.

Nach dem Urteil des Nds. OVG vom 24.11.2009 (5 LB 401/08) lag dem Bewährungsbericht vom 23.05.2003 ein Verstoß gegen diese Bestimmungen zugrunde, weil eine Unterrichtsbesichtigung nur im Fach Biologie und nicht auch im Fach Mathematik stattfand.  Soweit die 1. Instanz angenommen habe, für diese Abweichung von den Beurteilungsrichtlinien habe ein sachlicher Grund vorgelegen, weil die Klägerin ab dem 24.04.2003 in ihrem zweiten Fach Mathematik keinen Unterricht mehr erteilt habe, habe sich herausgestellt, dass dies unzutreffend gewesen sei, weshalb gemäß Abschnitt I. Nr. 3 Satz 2 und 3 der Beurteilungsrichtlinien eine Unterrichtsbesichtigung in dem zweiten Fach Mathematik hätte stattfinden müssen. Eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis im Bereich der Abteilung H. der Beklagten habe es nicht gegeben. Die Beklagte habe sich auch nicht mit Erfolg auf die Regelung in Abschnitt I. Nr. 3 Abs. 4 (richtig: Abschnitt I. Nr. 3 Satz 10, Anm. der Kammer) der Beurteilungsrichtlinien berufen können, wonach  bei der Frage der Bewährung der Lehrkraft vor Ablauf der Probezeit von einer anlassbezogenen Unterrichtsbesichtigung abgesehen werden könne, sofern die Schulleiterin oder der Schulleiter aus dem Unterricht der Lehrkraft während des letzten Jahres der Probezeit bereits hinreichende Erkenntnisse für die Feststellung der Bewährung gewonnen habe. Ungeachtet der Frage, ob diese Regelung nur für den Fall der positiven Feststellung der Bewährung oder auch die Feststellung der Nichtbewährung gelte, setze sie jedenfalls eine Ermessensbetätigung des Beurteilers voraus, dass und weshalb er ausnahmsweise von einer anlassbezogenen Unterrichtsbesichtigung absehen wolle. An einer solchen Ermessensentscheidung fehle es hier. Der Bewährungsbericht vom 23.05.2003 sei auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Schulleiterin im Fach Biologie nur eine einstündige Unterrichtsbesichtigung durchgeführt habe, obwohl nach den Beurteilungsrichtlinien die Unterrichtsbesichtigung in einem Fach in der Regel zwei Stunden umfassen müsse. Auch von dieser Regel könne nur im Ausnahmefall im Rahmen einer Ermessensentscheidung abgewichen werden, woran es hier ebenfalls fehle.

Der Bewährungsbericht vom 20.01.2010 ist unter Berücksichtigung dieser vom Nds. OVG angestellten Erwägungen formell nicht zu beanstanden. Er wurde zwar erneut ohne eine Unterrichtsbesichtigung im Fach Mathematik erstellt, dies kann der Beklagten jedoch nicht angelastet werden. Für den Verzicht auf eine weitere Unterrichtsbesichtigung bestand ein sachlicher Grund, denn die Klägerin hatte es abgelehnt, im Rahmen eines befristeten Angestelltenverhältnisses als Lehrerin sich einer weiteren Unterrichtungsbesichtigung zu unterziehen. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.12.2009 hatte sie gegenüber der Beklagten erklärt, das Angebot, die Bewährungszeit im Angestelltenverhältnis fortzusetzen, könne nicht akzeptiert werden. Sie habe einen Anspruch darauf, ihre Bewährungszeit im Beamtenverhältnis fortzuführen, was sie notfalls gerichtlich durchsetzen werde. Falls die Beklagte den für die Entlassungsverfügung vom 24.09.2003 angeordneten Sofortvollzug nicht bis spätestens 10.01.2010 aufhebe, werde sie den Rechtsweg beschreiten. Nur im Fall des negativen Ausgangs eines gerichtlichen Verfahrens, werde sie ihre Bewährungszeit im Angestelltenverhältnis fortsetzen. Obwohl die Beklagte den für die Entlassungsverfügung angeordneten Sofortvollzug nicht aufhob, ging die Klägerin hiergegen gerichtlich nicht vor. Ebenso wenig nahm sie nach Ablauf des 10.01.2010 das Angebot des befristeten Arbeitsvertrages an. Der Beklagten war es demnach unmöglich, eine  Unterrichtsbesichtigung durchzuführen, da die Klägerin nicht im Schuldienst war. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den für die Entlassungsverfügung angeordneten Sofortvollzug aufzuheben, weil das Nds. OVG den Bewährungsbericht vom 25.03.2003 für rechtswidrig befunden hatte. Für sie war nach wie vor der im einstweiligen Rechtschutzverfahren ergangene, rechtskräftige Beschluss vom 15.01.2004 (3 B 332/03) maßgebend, mit welchem die dritte Kammer des erkennenden Gerichts den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Entlassungsverfügung vom 24.09.2003 abgelehnt hatte. Es oblag der Klägerin, mit einem Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO eine Abänderung dieses Beschlusses zu bewirken. Hiervon hat sie keinen Gebrauch gemacht. Nach alledem hat allein die Klägerin es zu vertreten, dass die Unterrichtsbesichtigung im Fach Mathematik nicht nachgeholt werden konnte. Die Beklagte hat alles ihr Zumutbare getan, um den Mangel der fehlenden Unterrichtsbesichtigung zu beheben.

Unabhängig davon wurde im Bewährungsbericht vom 20.01.2010 die vom Nds. Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 24.11.2009 (5 LB 401/08) geforderte Ermessensentscheidung für ein Abweichen vom Regelfall der Unterrichtsbesichtigung in zwei Fächern nachgeholt. RSD Q. hat im Einzelnen ermessensfehlerfrei begründet, warum im Fall der Klägerin von einer weiteren anlassbezogenen Unterrichtsbesichtigung im Fach Mathematik habe abgesehen werden können. Er hat unter Würdigung der von der ehemaligen Schulleiterin R. gefertigten Aufzeichnungen über den Unterricht der Klägerin begründet, warum bereits nach der Unterrichtsbesichtigung im Fach Biologie, bei welcher die Klägerin wieder die bereits mehrfach festgestellten, gravierenden Schwächen gezeigt habe, eine zweite Unterrichtsbesichtigung im Fach Mathematik nicht mehr notwendig und warum auch ohne eine solche festzustellen gewesen sei, dass die Klägerin sich nicht bewährt habe.

Ein Verstoß gegen die Beurteilungsrichtlinien liegt auch nicht deshalb vor, weil die im Fach Biologie durchgeführte Unterrichtsbesichtigung nur einstündig und nicht zweistündig war. Dies gilt bereits deshalb, weil die Klägerin auch insoweit eine weitere (zweistündige) Unterrichtsbesichtigung verhindert hat. Ungeachtet dessen sehen die Beurteilungsrichtlinien eine zweistündige Unterrichtsbesichtigung in jedem der beiden Fächer auch nicht vor. Die in Abschnitt I. Nr. 3 Satz 2 und 3 Beurteilungsrichtlinien getroffene Regelung, wonach die dienstliche Beurteilung sich auf eine Unterrichtsbesichtigung stützt, die in der Regel zwei Unterrichtsstunden umfasst, und die in zwei verschiedenen Fächern vorzunehmen ist, versteht die Kammer so, dass eine Unterrichtsbesichtigung im Umfang von insgesamt zwei Unterrichtsstunden stattfinden soll, die auf zwei Fächer aufzuteilen sind. Hierfür spricht auch der am  01.01.2012 in Kraft getretene neue Beurteilungserlass „Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte“ (Gem. RdErl. d. MK u. d. MS vom 20.12.2011, Nds. MBl. 2012, S. 74), wo es unter Nr. 3 Satz 3 heißt: „Die dienstliche Beurteilung stützt sich zum einen auf die Besichtigung von in der Regel je einer Unterrichtsstunde in zwei verschiedenen Fächern …..“. Bei dieser Formulierung handelt es sich nach Angaben der Beklagten um eine Klarstellung der ständigen Verwaltungspraxis, wonach eine Unterrichtsbesichtigung in einem Fach stets einstündig durchgeführt wird und wurde.

Der Bewährungsbericht wurde von dem hierfür zuständigen Schulaufsichtsbeamten RSD Q. erstellt. Zwar ist nach Abschnitt I. Nr. 2 Satz 2 Beurteilungsrichtlinien bei dem Beurteilungsanlass gemäß Nr. 1 Satz 1 Ziffer 1 – um einen solchen handelt es sich bei der Beurteilung zum Ende der Probezeit – die Schulleiterin oder der Schulleiter zuständig. Als der Bewährungsbericht vom 20.01.2010 erstellt wurde, war für die Klägerin jedoch kein/e Schulleiter/in zuständig, da sie sich nicht mehr im Schuldienst befand. Der Bewährungsbericht konnte auch nicht von der früher für die Klägerin zuständigen Schulleiterin Frau R. erstellt werden, da diese sich bereits im Ruhestand befand. Ebenso wenig konnte ein/e Nachfolger/in den Bewährungsbericht erstellen, denn die Orientierungsstufe O. -P. -Schule existiert seit Abschaffung der Orientierungsstufe in Niedersachsen zum Schuljahr 2003/04 nicht mehr. In dieser atypischen Situation blieb der Beklagten keine andere Möglichkeit, als auf die allgemeine Zuständigkeitsregelung in Abschnitt I. Nr. 2 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinien zurückzugreifen. Danach obliegt die dienstliche Beurteilung dem allgemein zuständigen oder im Einzelfall beauftragten Beamten der Schulbehörde. Hier greift die zweite Alternative. RSD Q. ist der im Fall der Klägerin mit der Beurteilung beauftragte Beamte der Schulbehörde. An seiner fachlichen Qualifikation bestehen unter Berücksichtigung seiner Tätigkeiten als Schulaufsichtsbeamter und ehemaliger Schulleiter keine Zweifel. Im Übrigen werden im Schulalltag Schulaufsichtsbeamte ohnehin eingeschaltet, wenn Probebeamte Probleme hinsichtlich der Bewährung haben. Der mit dem Fall der Klägerin in der Vergangenheit  befasste ehemalige Schulaufsichtsbeamte S. kam für die Erstellung des neuen Bewährungsberichts allerdings nicht in Betracht, da er sich ebenfalls bereits im Ruhestand befindet.

Der Bewährungsbericht vom 20.01.2010 ist auch materiell nicht zu beanstanden. Er stellt die Nichtbewährung der Klägerin während der Probezeit mit der im Wesentlichen gleichen Begründung wie im Bewährungsbericht vom 23.05.2003 fest. Die im Bewährungsbericht vom 23.05.2003 erfolgte Bewertung der fachlichen und menschlichen Geeignetheit der Klägerin als Lehrerin war bereits Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren und wurde in den getroffenen Entscheidungen inhaltlich nie beanstandet. Auch die Kammer sieht unter Berücksichtigung der in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen Unterlagen über die Tätigkeit der Klägerin als Lehrerin keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Dies gilt auch mit Blick auf die im Gerichtsverfahren eingereichte Stellungnahme der Klägerin zu dem Bewährungsbericht vom 20.01.2010. In dieser Stellungnahme wiederholt und vertieft die Klägerin lediglich ihre Stellungnahme zum Bewährungsbericht vom 23.05.2003. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen bezieht sich die Kammer bei der Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung deshalb auf die im vorliegenden Zusammenhang ergangen, bereits zitierten Gerichtsentscheidungen zu den Aktenzeichen 3 A 331/03 und 3 B 332/03 und die zweitinstanzlichen Entscheidungen zu den Aktenzeichen 2 ME 769/04 und 5 LB 401/08, deren Ausführungen sie folgt. Soweit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Klägerin nur eine summarische Prüfung erfolgte, ist festzustellen, dass sich im Klageverfahren keine Aspekte ergeben haben, die eine weitere Prüfung erfordern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1. Da ausschließlich die Klägerin kostenpflichtig ist, ist eine Entscheidung über den Antrag entbehrlich, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 162 Rn. 12).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO und §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.