Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.01.2017, Az.: 3 Ws 37/17

Erstreckung der Bestellung als Pflichtverteidiger auf das Adhäsionsverfahren; Beschwerde gegen einen Beschluss betreffend die Verwerfung der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss; Umfang der Bestellung zum Pflichtverteidiger; Geltung für das Adäsionsverfahren

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.01.2017
Aktenzeichen
3 Ws 37/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 11588
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2017:0130.3WS37.17.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - AZ: 34 KLs 7/16

Fundstellen

  • JurBüro 2017, 197-198
  • RVG prof 2017, 100
  • RVGreport 2017, 339
  • Rpfleger 2017, 586
  • StraFo 2017, 131

Amtlicher Leitsatz

Die Bestellung als Pflichtverteidiger erstreckt sich nicht automatisch auch auf das Adhäsionsverfahren.

In der Strafsache
gegen J. M. u.a.,
geboren am xxxxxx 1998 in H.,
wohnhaft W. in H.,
Verteidiger: Rechtsanwalt A. aus H.,
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung,
hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 2. Jugendkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Hannover vom 10. Januar 2017 nach Anhörung der Bezirksrevisorin durch den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx als Einzelrichter am 30. Januar 2017 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

Der Angeklagte wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts Hannover, mit welchem seine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Dezember 2016 verworfen wurde. Hiermit war die dem Verteidiger zu zahlende Pflichtverteidigervergütung festgesetzt worden, nicht hingegen Gebühren für das zugleich betriebene Adhäsionsverfahren da hierfür eine gesonderte Beiordnung erforderlich sei. Das Landgericht hat die Erinnerung unter anderem unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 6. November 2007 (Az.: 2 Ws 143/07) verworfen. Der Angeklagte stützt seine hiergegen gerichtete Beschwerde wiederum auf eine Entscheidung des OLG Köln vom 29. Juni 2005 (Az.: 254/05), derzufolge eine Beiordnung im Strafverfahren sich auch auf die Tätigkeit im Adhäsionsverfahren erstrecke und es hierfür keiner gesonderten Beiordnung bedürfe.

II.

Das Rechtsmittel ist statthaft und zulässig eingelegt worden. Der Senat entscheidet hierüber nach Maßgabe von § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG durch den erkennenden Einzelrichter.

III.

Die Beschwerde hat in der Sache indessen keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Bestellung eines Pflichtverteidiger sich nicht automatisch auf das Adhäsionsverfahren erstreckt und dieser eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann erhält, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet wurde.

Soweit der Angeklagte zur Begründung seines Rechtsmittels auf eine Entscheidung des OLG Köln vom 29. Juli 2005 abstellt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das OLG Köln an dieser Entscheidung ausdrücklich nicht mehr festhält und nunmehr mit überzeugender Begründung ebenfalls davon ausgeht, dass die Bestellung eines Pflichtverteidigers sich nicht automatisch auch auf das Adhäsionsverfahren erstreckt (OLG Köln vom 24. März 2014, Az.: 2 Ws 78/14, m.w.N.) . Diese - vormals äußerst umstrittene - Auffassung entspricht zudem der heute überwiegenden Rechtsprechung (siehe nur OLG Koblenz NStZ-RR 2014, 184 [OLG Koblenz 14.03.2014 - 2 Ws 104/14]; OLG Karlsruhe, StraFo 2013, 84 [OLG Karlsruhe 06.08.2012 - 3 Ws 203/12]; OLG Hamm, StraFo 2013, 85; OLG Hamburg NStZ 2010, 652 [OLG Hamburg 14.06.2010 - 3 Ws 73/10]; OLG Oldenburg, NdsRpfl. 2010, 190; vgl. auch Weiner/Ferber, Handbuch des Adhäsionsverfahrens, 2. Aufl., Rn. 43 m.w.N. - ebenfalls unter ausdrücklicher Aufgabe der in der Vorauflage noch vertretenen Auffassung).

Diese Auffassung überzeugt. Allein aus dem von der Gegenmeinung bemühten Wortlaut des § 404 Abs. 5 Satz 1 und 2 StPO lässt sich nicht herleiten, dass der Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen sein soll. Satz 2 dieser Vorschrift befasst sich ausdrücklich mit dem Fall, dass der Angeschuldigte bereits einen Verteidiger hat. Wenn hiermit der Wahlverteidiger gemeint sein sollte, wäre zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber eine solche Einschränkung, die eine Vielzahl von Fällen betreffen würde, in der Vorschrift zum Ausdruck gebracht hätte. Überdies sprechen gegen eine Differenzierung auch Gründe der Gleichbehandlung. Denn der Angeklagte, der durch einen Wahlverteidiger vertreten wird, erhält diesen für das Adhäsionsverfahren nur dann beigeordnet, wenn er mittellos ist und seine Verteidigung gegen den Adhäsionsanspruch Erfolgsaussichten hat. Denselben Einschränkungen unterliegt er, wenn der Schadensersatzanspruch außerhalb des Strafverfahrens selbständig geltend gemacht wird. Eine Besserstellung des Angeklagten, der im Strafverfahren unabhängig von seinen Einkommensverhältnissen einen Pflichtverteidiger beigeordnet erhalten hat, erscheint nicht gerechtfertigt (OLG Köln vom 14. März 2014 a.a.O.). Der Senat sieht sich hiernach nicht veranlasst, von der vom hiesigen 2. Strafsenat hierzu vertretenen Auffassung (a.a.O.) abzuweichen.

IV.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.