Arbeitsgericht Hannover
Beschl. v. 11.01.1995, Az.: 2 BV 1/94
Wirksamkeit einer Betriebsratswahl; Voraussetzungen des Anfechtungsrechtes; Voraussetzungen der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl; Einhaltung der zweiwöchigen Anfechtungsfrist; Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft; Differenzierung zwischen Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter; Einordnung der Rechtsbeziehung von (freien) Redakteuren eines Fernseh-Senders zu ihrem Arbeitgeber bzw. Auftraggeber
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Hannover
- Datum
- 11.01.1995
- Aktenzeichen
- 2 BV 1/94
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 11631
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGHAN:1995:0111.2BV1.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 19 Abs. 1 BetrVG
- § 5 BetrVG
Verfahrensgegenstand
Anfechtung
Redaktioneller Leitsatz
Arbeitnehmer ist derjenige, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB, der über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus eine allgemeine gesetzgeberische Wertung enthält, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht bezüglich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit unterliegt. Durch eine Vereinbarung der Vertragsparteien kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen werden.
In dem Beschlußverfahren
hat das Arbeitsgericht in Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 1995
durch
die Richterin am Arbeitsgericht ... als Vorsitzende und
die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Es wird festgestellt, daß die Betriebsratswahl vom 17.01.1994 unwirksam ist.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um einen privaten Fernsehsender, der unstreitig mindestens 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Streitig ist, ob die weiteren mit Verträgen als "freie Mitarbeiter" beschäftigten Redakteure ... ebenfalls als Arbeitnehmer anzusehen sind. Mit diesem Personenkreis hat die Antragstellerin jeweils Verträge als freier Redakteur bzw. freier Mitarbeiter (vgl. Bl. 96-109 d.A.) geschlossen, deren Bestandteil auch die Honorarbedingungen für freie Mitarbeiter (Bl. 110-116 d.A.) bzw. die allgemeinen Vertragsbedingungen (Bl. 99 d.A.) sind.
Dieser Personenkreis wird gemäß den vertraglichen Bedingungen jeweils für bestimmte Sendungen tätig. Ein Teil dieses Personenkreises ist für mehrere Sender tätig.
Bei der Antragstellerin finden täglich Redaktionskonferenzen statt, an denen neben den als Arbeitnehmer beschäftigten Redakteuren (sogenannte feste Redakteure) auch der oben genannte Personenkreis (sogenannte freie Redakteure) teilnehmen können und auch teilnehmen. Eine Verpflichtung zur Teilnahme besteht für die "freien Redakteure" nicht. Sie nehmen jedoch teil, weil sie dort selbst Themen vorschlagen und bei Anklang einen entsprechenden Auftrag erhalten können, mit einem bereits festgelegten Thema beauftragt werden können, das sie frei und eigenständig zu bearbeiten haben oder einfach nur um Präsenz zu zeigen und über das Tagesgeschehen in der Redaktion auf dem laufenden zu bleiben. In diesen täglichen Redaktionskonferenzen werden Termine bzw. Themen an einzelne Redakteure, die sich dazu freiwillig melden, verteilt, soweit sie nicht bereits in der Wochenplanung festgelegt wurden. Einmal wöchentlich findet die sogenannte Wochenkonferenz statt, an der ebenfalls sowohl "feste" Redakteure als auch "freie" Redakteure teilnehmen können und teilnehmen und auf der ebenfalls bestimmte Themen/Sendungen vergeben werden. Dabei werden die "freien" Redakteure nicht gegen ihren Willen eingesetzt. Sie erhalten vielmehr Angebote zur Übernahme redaktioneller Aufträge. Eine Verpflichtung zur Übernahme besteht nicht. Ergebnis der Wochenkonferenz ist die Wochenplanung (bezüglich beispielhafter Wochenplanungen aus dem Zeitraum 07.08.1993 bis 24.10.1993 wird auf Bl. 138-154 d.A. verwiesen). Soweit die Antragstellerin die Vorstellung hat, daß eine Sendung von einem ganz bestimmten "freien" Redakteur übernommen werden sollte, dieser jedoch an der Konferenz nicht teilnimmt, setzt sie ihn auf die Wochenplanungsliste, die zu diesem Zeitpunkt eine Grobplanung darstellt. Der betreffende "freie" Mitarbeiter wird dann von der Antragstellerin gefragt, ob er das Thema an dem und dem Tag machen will. Sagt er zu, bleibt er auf dem Plan, sagt er nicht zu, wird eine andere Lösung gefunden.
Bei den von den "freien" Redakteuren konkret erbrachten Leistungen handelt es sich überwiegend um Moderationen, redaktionelle Beiträge, Berichte, Nachrichten und Recherchen. Bei technischen Apparaturen wird auf die Betriebsmittel der Antragstellerin zurückgegriffen. Die technische Weiterverarbeitung der aufgenommenen Sendungen erfolgt in sogenannten Schneideräumen, die die Antragsstellerin nebst Kameras von einer anderen Firma (Firma TVN) gemietet hat und die der Antragstellerin nur zu bestimmten Zeiten zur Verfügung stehen. Über die Auslastung dieser Schneideräume existiert jeweils ein Plan, aus dem sich ergibt, welche Sendung (und damit welcher Redakteur) den Schneideraum benutzen kann. Die zeitliche Festlegung richtet sich nach der Sendezeit.
Die Redaktionstätigkeit kann sowohl Außendiensttätigkeit (Reportagen, Interviews) aber auch Innendiensttätigkeit (Recherchen, Archiv, Durchführung von Zuschaueraktionen, Moderation im Studio, Nachrichtenredaktion) beinhalten.
Nach Absprache und Genehmigung durch die Redaktionsleitung können bei besonders aufwendigen Recherchen auch sogenannte "Redaktionstage" honoriert werden. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der ausgehandelte Honorarsatz in einem starken Mißverhältnis zum Aufwand des bearbeiteten Themas steht. Ausnahmsweise können zu einem Redaktionstag auch verschiedene kleine Arbeiten zusammengefaßt werden, die sich einzeln auf Honorarbasis nicht so leicht zusammenfassen lassen, wie z. B. das Erstellen von sogenannten Teasern (15-20 Sekunden-Anrisse vor der Sendung, die auf spätere Themen hinweisen). Für diese nur nach Absprachen übernommenen Aufgaben stellt die Antragstellerin auch die redaktionelle Infrastruktur zur Verfügung.
Bereitschaftsdiensttage dienen der Aufrechterhaltung des redaktionellen Betriebes an Wochenenden und Feiertagen. Wochenendbereitschaften werden ausschließlich oder so gut wie ausschließlich mit "festen" Redakteuren besetzt. An Feiertagen fielen Bereitschaftsdiensttage vor allem Weihnachten, Silvester und Neujahr an. Diese Bereitschaftsdienste werden zum Teil auch von "freien" Redakteuren übernommen, soweit sie sich hierzu nach freier Absprache melden. Lediglich einmal - am 24.12.1993 - ist der "freie" Redakteur Eikemeier ohne vorherige Absprache "eingeteilt" worden.
Am 17.01.1994 fand bei der Antragstellerin eine Betriebsratswahl statt. Nach der Wahlniederschrift vom 17.01.1994 (Bl. 136 d.A.) wurden insgesamt 20 Stimmzettel abgegeben. Der Wahl vorstand stellte fest, daß als Mitglieder des Betriebsrates gewählt wurden: ... Der Wahl war eine Aufforderung des Wahl Vorstandes vom 10.11.1993 (Bl. 5 d.A.) vorausgegangen, mit der dieser die Antragstellerin um Mitteilung der Wahlberechtigten gebeten hat. Unter dem 29.11.1993 übergab die Antragstellerin eine Wählerliste mit 14 fest angestellten Mitarbeitern. Diese Wählerliste wurde vom Wahl vorstand am 01.12.1993 (Bl. 8-9 d.A.) um 10 weitere Namen ergänzt, was die Antragstellerin unter dem 09.12.1993 unter anderem unter Hinweis darauf bemängelte, daß es sich bei den Personen ... um freie Mitarbeiter handele. Der Wahlvorstand korrigierte unter dem 22.12.1993 die Wählerliste und teilte der Antragstellerin unter dem 23.12.1993 mit, daß er den Einspruch bezüglich der Personen ... nicht für berechtigt hält. Der Stand der Wählerliste vom 03.01.1994 ergibt sich aus Bl. 135 d.A..
Am 27.01.1994 hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 27.01.1994 die Betriebsratswahl vom 17.01.1994 angefochten.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, an der Betriebsratswahl seien nicht 24 sondern lediglich 15 Mitarbeiter zu beteiligen gewesen. Demgemäß hätte der Betriebsrat nur aus einer Person und nicht aus drei Personen bestehen dürfen. Die Antragstellerin ist der Auffassung, bei den Mitarbeitern ... handele es sich nicht um Arbeitnehmer sondern um freie Mitarbeiter, da sie keinem umfassenden Weisungsrecht unterliegen würden, ihr Einsatz jeweils nur sendebezogen sei und auf Honorarbasis abrechnen. Eine ständige Dienstbereitschaft werde nicht erwartet.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, daß die Betriebesratswahl des Antragsgegners vom 17. Januar 1994 unwirksam ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, bei dem streitigen Personenkreis handele es sich um Arbeitnehmer, was sich unter anderem aus den "allgemeinen Honorarbedingungen für frei Mitarbeiter" ergäbe. Auch die Arbeitssituation der Redakteure - ob "frei" oder "fest" - sei vergleichbar. Die sich aus den Konferenzen ergebende Wochenplanung stelle einen Dienstplan dar. Die Arbeitszuteilung erfolge für freie wie für feste Redakteure durch die Festlegung der Beiträge und die Benamung der Redakteure, die die Beiträge zu erstellen haben. Dies sei dann ein Dienstplan. Auf der gegenständlichen Ebene werde Zeit und Ort der Arbeitsleistung bestimmt, so daß Arbeitnehmereigenschaft anzunehmen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 11.05.1994 (Bl. 155 d.A.) und 11.01.1995 (Bl. 296 d.A.) verwiesen.
Gründe
II.
Der Antrag ist begründet.
Die Betriebsratswahl vom 17.01.1994 ist unwirksam. Sie wurde von der Antragstellerin zurecht angefochten, denn bei dieser Wahl wurde vom Wahlvorstand die Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer und damit die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder verkannt.
Gem. § 19 Abs. 1 BetrVG kann unter anderem vom Arbeitgeber die Wahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflußt werden konnte. Gem. Abs. 2 dieser Vorschrift ist die Wahl jedoch nur innerhalb von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig. Diese Frist gilt nur dann nicht, wenn die Nichtigkeit einer Betriebesratswahl geltend gemacht wird. Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist jedoch nur dann gegeben, wenn ein besonders grober und offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche gesetzliche Wahlregeln vorliegt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Zulassung von Nichtwahlberechtigten zur Wahl ist, wenn nicht weitere erhebliche Verstöße hinzukommen, lediglich ein Grund, der eine Betriebsratswahl anfechtbar, nicht jedoch nichtig macht.
Die Antragstellerin hat vorliegend die zweiwöchige Anfechtungsfrist eingehalten, denn sie macht nur geltend, daß nach ihrer Auffassung Nichtwahlberechtigte zur Betriebsratswahl zugelassen wurden. Damit macht sie einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften geltend, der lediglich zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit führt. Die Anfechtungsfrist wurde durch die Antragstellerin auch eingehalten, denn die Bekanntgabe der Wahl fand noch am Wahltag (17.01.1994) statt, und die Anfechtung erfolgte bereits am 27.01.1994. Für das Anfechtungsrecht der Antragstellerin ist vorliegend unerheblich, ob zuvor gem. § 4 Wahlordnung fristgerecht gegen die Wählerliste Einspruch eingelegt wurde (BAG, AP 2 zu § 19 BetrVG 1972 und AP 1 zu § 24 BetrVG 1972).
Die fristgerecht erfolgte Anfechtung ist auch begründet, denn an der Betriebsratswahl wurden auch Mitarbeiter beteiligt, die nicht Arbeitnehmer im Sinne von § 5 BetrVG sind, was sich auf die Wahl dahingehend ausgewirkt hat, daß statt einem einköpfigen ein dreiköpfiger Betriebsrat gewählt wurde.
Die Mitarbeiter ... waren zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl nicht Arbeitnehmer sondern freie Mitarbeiter.
Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils befindet.
Arbeitnehmer ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts derjenige, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB, der über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus eine allgemeine gesetzgeberische Wertung enthält, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und damit persönlich abhängig ist der Mitarbeiter, dem dies unmöglich ist. Eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht bezüglich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit unterliegt. Für Dienste höherer Art ist eine fachliche Weisungsgebundenheit zwar nicht immer typisch. Vielmehr kann die Art der Tätigkeit es mit sich bringen, daß dem Verpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbständigkeit verbleibt. Darauf, wie die Parteien das Vertragsverhältnis bezeichnen, kommt es nicht an, denn der Status des Beschäftigten richtet sich nicht nach den Wünschen und Vorstellungen der Vertragspartner, sondern danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen ist. Durch eine Vereinbarung der Vertragsparteien kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen werden. Der wirkliche Geschäftsinhalt der Abrede ist sowohl den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen als auch der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen, wobei letztere maßgebend ist, wenn sie von dem Vertrag abweicht. Dies folgt daraus, daß die praktische Handhabung Rückschlüsse darauf zuläßt, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien in Wirklichkeit ausgegangen sind (BAG, AP 53, 59, 66 zu § 611 BGB "Abhängigkeit").
Bezüglich der Einschätzung der persönlichen Abhängigkeit ist die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen, denn abstrakte und für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen. Eine Reihe von Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses (freies Mitarbeiterverhältnis) erbracht werden (BAG, Urt. vom 16.02.1994, NZA 1995, S. 21 ff [BAG 16.02.1994 - 5 AZR 402/93]).
Auch programmgestaltende Mitarbeit kann sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, als auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses erbracht werden. Bei Programmgestaltenden Mitarbeitern ist ein Arbeitsverhältnis dann zu bejahen, wenn der Sender innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann, was dann der Fall ist, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang ohne Abschluß dahingehender Vereinbarung zur Arbeit herangezogen werden, ihnen also Arbeiten letztlich zugewiesen werden. Dabei kann sich die ständige Dienstbereitschaft einerseits aus ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen, als auch aus der praktischen Druchführung der Vertragsbeziehung ergeben. Ein eigener Schreibtisch oder die Aufnahme in einem internen Telefon Verzeichnis kommt für sich genommen keine entscheidende Bedeutung zu. Ist der Mitarbeiter jedoch in Dienstplänen aufgeführt, ist dies ein starkes Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft. Wenn ein Sender auf die Ablehnung der Mitarbeit an einzelnen Sendungen mit dem Abbruch der Vertragsbeziehungen reagieren würde, liegt ständige Dienstbereitschaft vor (BAG, AP 66 zu § 611 BGB "Abhängigkeit"; BAG, Urt. v. 16.02.1994, a.a.O.).
Unter Anwendung dieser Grundsätze sind die Mitarbeiter ... nicht als Arbeitnehmer anzusehen, denn sie werden jeweils auftragsbezogen für bestimmte Sendungen aufgrund jeweils vorher getroffener Abreden tätig.
Daß der Übernahme einzelner Beiträge auf Dauer angelegte Verträge zugrunde liegen (vgl. z. B. Bl. 101, 216 d.A.) spricht nicht gegen ein freies Mitarbeiterverhältnis (BAG, AP 53, 59, 66 zu § 611 BGB "Abhängigkeit"). Daneben sind zwar auch die Abreden in den allgemeinen Honorarbedingungen und allgemeinen Vertragsbedingungen bezüglich Abmeldepflicht im Verhinderungsfall, Übergabe überlassener Materialien, Eigentum an Leistungen usw. mit Verpflichtungen vergleichbar, denen ein Arbeitnehmer unterliegt. Sie sind jedoch nicht an die Arbeitnehmereigenschaft gebunden, sondern dem Dienstverhältnis generell (ob frei oder unfrei) wie auch teilweise den Werkverträgen immanent.
Die genannten Mitarbeiter unterliegen bezüglich der inhaltlichen, journalistischen/schöpferischen Ausgestaltung ihrer Arbeit ersichtlich keinem umfassenden Weisungsrecht. Sie unterliegen jedoch auch bezüglich Zeit und Ort der Arbeitsausführung keinem umfassenden Weisungsrecht, denn sie übernehmen nur dann die redaktionsmäßige Bearbeitung bestimmter Sendungen, wenn und soweit sie sich hierzu zuvor verpflichtet haben, was u. a. auf den sogenannten täglichen oder wöchentlichen Konferenzen geschieht. Eine Verpflichtung zur Teilnahme an diesen Konferenzen besteht nicht. Anhaltspunkte dafür, daß die Antragstellerin mit dem Abbruch der Beziehungen reagieren würde, wenn sie nicht oder nicht regelmäßig an den Konferenzen teilnehmen würden, sind nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat hierzu unbestritten vorgetragen, daß in der Vergangenheit es niemals sanktioniert worden sei, wenn der oben genannte Mitarbeiterkreis nicht dienstbereit war. Die Ablehnung von einzelnen Diensten habe in der Vergangenheit niemals zum Abbruch bestehender Vertragsbeziehungen geführt. Hierzu hat der Antragsgegner vorgetragen, daß für Zeiten, in denen der entsprechende Mitarbeiter durch andere Sender beansprucht wurde und deshalb die Übernahme von Beiträgen abgelehnt hat, diese regelmäßig jedoch auch auf solche Beiträge nicht angesprochen werden, weil der Antragstellerin die Inanspruchnahme durch andere Sender bekannt ist. Ansonsten seien Fälle, in denen freie Mitarbeiter sich geweigert hätten, einen Auftrag zu erledigen, nicht bekannt. Bei dieser Sachlage sind Anhaltspunkte für eine Sanktion der Antragstellerin aufgrund von Ablehnung durch oder Nichtverfügbarkeit eines freien Mitarbeiters nicht ersichtlich.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners erwartet die Antragstellerin auch keine ständige Dienstbereitschaft, denn sie teilt die freien Redakteure nicht ohne ihre vorherige Zustimmung zu bestimmten Sendungen ein. Zwar stellen die Wochenplanungen - darin ist dem Antragsgegner zuzustimmen - auf der gegenständlichen Ebene Dienstpläne dar, denn sie benennen Zeit, Sendung und Namen des Redakteurs. Entscheidend ist jedoch, daß die Aufnahme in den Dienstplan nicht ohne vorherige Zustimmung erfolgt. Soweit ausnahmsweise auf den Wochenplanungen ein freier Redakteur für eine bestimmte Sendung von der Antragstellerin angedacht ist, dieser zu diesem Zeitpunkt noch nicht sein Einverständnis dazu erklärt hat, handelt es sich lediglich um eine Grobplanung bzw. um eine "Wunschbesetzung" der Antragstellerin, die wegen Abwesenheit/Nichterreichbarkeit des freien Redakteurs zunächst vorläufig in den Wochenplan aufgenommen, jedoch auf vorherige Initiative der Antragstellerin mit dem Betreffenden erst noch abgestimmt wird, bevor die endgültige Planung erfolgt. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem am 20.07.1994 vom Bundesarbeitsgericht (Der Betrieb 1994, S. 2502) entschiedenen Fall. Dort hatte der Arbeitgeber einseitig Dienstpläne aufgestellt, ohne daß über die konkreten Einsätze der Mitarbeiter zuvor vertragliche Abreden geschlossen wurden. Die dortigen Mitarbeiter haben die Leistungen erbracht, weil sie im Dienstplan angegeben sind und nicht widersprochen haben. Im vorliegenden Fall erfolgt die Aufnahme in den Dienstplan regelmäßig nach vorheriger Absprache. Auch bei - wegen Abwesenheit/Nichterreichbarkeit - ausnahmsweise ohne vorherige Abstimmung mit dem freien Mitarbeiter erfolgter Aufnahme in den Wochenplan handelt es sich lediglich um einen vorläufigen Plan, zu dem die Antragstellerin zur Aufrechterhaltung dieses Planes dann die vorherige Zustimmung des Betreffenden einholt, wobei entscheidend ist, daß die Initiative zur Zustimmung des freien Mitarbeiters von der Antragstellerin ausgeht.
Der Eigenschaft als freier Mitarbeiter/Mitarbeiterin der oben genannten Personen steht auch nicht entgegen, daß sie technische Geräte der Antragstellerin (oder von ihr gemieteter Geräte) benutzen und z. B. auf Kamerateams zurückgreifen, die im Vertragsverhältnis zur Antragstellerin stehen (in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in AP 66 zu § 611 BGB "Abhängigkeit" weist das BAG darauf hin, daß zu sehr darauf abgestellt wurde, daß der dortige Mitarbeiter auf Apparat und Mitarbeiterteam des Senders angewiesen war).
Der Eigenschaft als freier Mitarbeiter steht daher ferner nicht entgegen, daß die zeitliche Benutzung der "Schneideräume" in einem Plan/Belegungsplan im voraus einseitig von der Beklagten und/oder dem Vermieter dieser Anlage festgelegt wird. Dies ist deshalb unerheblich, weil zum einen der vorgesehene Sendetermin (z. B. bei aktuellen politischen, sportlichen und sonstigen Tagesereignissen) einer zeitlichen Beliebigkeit entgegensteht. Mit der Übernahme eines bestimmten aktuellen Sendebeitrages, d. h. Zustimmung des freien Mitarbeiters ist zugleich indiziert, steht fest, daß die aufgenommene Sendung anschließend technisch bearbeitet werden muß. um dann zum vorgesehenen Sendetermin des Tages gesendet werden zu können. Soweit nicht aktuelle Tagesereignisse gedreht werden, mag ein größerer zeitlicher Spielraum bestehen, innerhalb dessen die technische Weiterbearbeitung erfolgen kann. Die auch hier erfolgende einseitige zeitliche Festlegung durch die Antragstellerin oder Dritte (jedenfalls nicht durch den freien Mitarbeiter) erfolgt allein aus fachlichen Erfordernissen (z. B. zeitliche Belegung durch andere Sendungen) und nicht aus einem persönlichen Weisungsrecht eines Vorgesetzten (BAG, AP 53 zu § 611 BGB "Abhängigkeit").
Darüber hinaus wird die Arbeit eines Redakteurs entscheidend durch seine journalistisch-schöpferische Tätigkeit, nicht durch die technische Weiterverarbeitung seiner schöpferischen Tätigkeit geprägt (BAG, AP 53 a.a.O.; BAG, Urt. v. 16.02.1994 a.a.O.), selbst wenn sie zeitlich nicht unerheblich ins Gewicht fällt.
Der Umstand, daß der streitige Personenkreis auch Redaktionstage und Bereitschaftsdiensttage übernimmt, steht seiner Eigenschaft als freier Mitarbeiter ebenfalls nicht entgegen, denn bis auf einen einzigen Fall, auf den nicht abzustellen wäre, wurden diese Tätigkeiten von den freien Mitarbeitern nur nach vorheriger Abrede übernommen.
Daß sich die Tätigkeit der freien Redakteure letztlich nicht oder nicht wesentlich von der Tätigkeit der "festen" Redakteure (Arbeitnehmer) unterscheidet, ist nicht wesentlich, denn die Tätigkeit eines programmgestaltenden Mitarbeiters kann sowohl innerhalb eines Arbeitsverhältnisses, als auch innerhalb eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden.
Schließlich ist auch unerheblich, ob bzw. daß ein Teil des streitigen Personenkreises auf die Honorarleistungen der Antragstellerin wirtschaftlich angewiesen ist, denn die wirtschaftliche Abhängigkeit ist für die Arbeitnehmereigenschaft weder erforderlich noch ausreichend (ständige Rechtsprechung vgl. BAG, AP 66, a.a.O.).
Nach alledem greift die Anfechtung der Antragstellerin durch.
Diese Entscheidung ergeht kostenfrei.