Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.07.2003, Az.: 222 Ss 108/03 (Owi)

Rechtsmittel gegen die Verhängung eines Bußgeldes wegen der Leistung von Schwarzarbeit; Vorsätzliche Ausführung von Handwerksarbeiten ohne die erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
03.07.2003
Aktenzeichen
222 Ss 108/03 (Owi)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 34755
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2003:0703.222SS108.03OWI.0A

Fundstellen

  • NJW 2004, 2396-2397 (Volltext mit amtl. LS) "Schwarzarbeit am Bau"
  • NStZ 2004, 583-584 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Ordnungswidrigkeit nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit

Redaktioneller Leitsatz

§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG ist verfassungsgemäß und verstößt auch, jedenfalls bei wesentlichen Bauhandwerken, nicht gegen europäisches Recht.

In der Bußgeldsache
...
hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Celle
auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen
gegen das Urteil des Amtsgerichts ... vom 13. Dezember 2002
nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Amtsgericht ... am
3. Juli 2003
einstimmig beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Das Verfahren wird mit Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt, soweit sich der Vorwurf schuldhaft ordnungswidrigen Handelns auf im Jahre 2000 abgerechnete Bauarbeiten (Bauvorhaben N ... in W ..., S ... in A ... und L ... in S ... ) bezieht.

  2. 2.

    Das Urteil wird unter Verwerfung der weiter gehenden Rechtsbeschwerde im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und insoweit wie folgt neu gefasst:

    Der Betroffene wird zu einer Geldbuße von 3.000 Euro verurteilt. Ihm wird gestattet, die Geldbuße in monatlichen Teilbeträgen von 100 Euro, beginnend ab August 2003, zu zahlen. Die Zahlungserleichterung entfällt, wenn der Betroffene den fälligen Teilbetrag in dem jeweiligen Kalendermonat nicht zahlt.

  3. 3.

    Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens. Die Verfahrensgebühren werden jedoch um ein Fünftel ermäßigt; in gleicher Höhe werden die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse auferlegt.

Gründe

1

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen "vorsätzlichen Ausführens von Handwerksarbeiten ohne die erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle" gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG zu einer Geldbuße von 5.078,47 Euro verurteilt.

2

Nach den Feststellungen führte der Betroffene, der bei der Samtgemeinde ... lediglich ein Gewerbe mit den Inhalten Holz- und Bautenschutz sowie Fugarbeiten angemeldet hatte und weder über einen Meisterbrief verfügte noch in die Handwerksrolle eingetragen war, die folgenden Arbeiten als selbstständiger Handwerker aus:

  1. 1.

    Für die Auftraggeberin N ... in W ... Dachdeckerarbeiten aufgrund einer Sturmschadenreparatur zu einem Betrag i.H.v. 1.995,03 DM (Rechnung vom 5. Januar 2000);

  2. 2.

    für den Auftraggeber S ... in A ... Verblendarbeiten für einen Betrag i.H.v. 2.400,04 DM (Rechnung vom 21. Januar 2000);

  3. 3.

    für den Auftraggeber L ... in S ... Pflasterarbeiten und die Neuordnung der bestehenden Garten- und Parkplatzanlage zu einem Gesamtbetrag i.H.v. 8.113,97 DM (Rechnung vom 28. Juni 2000), wovon auf die Pflasterarbeiten ein Betrag von 2.545,97 DM entfiel;

  4. 4.

    für den Auftraggeber K ... in H ... den Einbau eines behindertengerechten Badezimmers einschließlich der erforderlichen Fliesenarbeiten zu einem Betrag i.H.v. 2.224,28 DM (Rechnung vom 16. März 2001);

  5. 5.

    am Bauvorhaben K ... in A ... Maurer- und Betonarbeiten zu einem Gesamtbetrag i.H.v. 61.182,77 DM (Rechnung vom 18. Juni 2001);

  6. 6.

    am Bauvorhaben B ... in Z ... u.a. Maurer- und Betonarbeiten für einen Gesamtbetrag i.H.v. 41.774,78 DM (Rechnung vom 7. August 2001), wovon auf die Maurer- und Betonarbeiten ein Betrag von 31.198,78 DM entfiel;

  7. 7.

    am Bauvorhaben M ... in R ... u.a. Fliesenlegerarbeiten zu einem Gesamtbetrag i.H.v. 6.072,24 DM (Rechnung vom 4. September 2001), wovon auf die Fliesenlegerarbeiten ein Betrag von 3.006,99 DM entfiel.

3

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

4

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

5

1.

Soweit es die Arbeiten betrifft, die der Betroffene gegenüber den Bauherren im Jahre 2000 abgerechnet hat, stellt der Senat das Verfahren nach Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft ein. In diesem Umfange ist über das vom Amtsgericht zugrunde gelegte schuldhaft ordnungswidrige Verhalten nicht mehr zu entscheiden.

6

2.

Die Rechtsbeschwerde ist im Übrigen zum Schuldspruch unbegründet. Insoweit verwirft der Senat das Rechtsmittel auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend sei jedoch bemerkt, dass der Senat die geltende gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG für verfassungsgemäß hält, sofern, was hier der Fall ist, die Grenzen der Anwendung, wie sie in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gewerbe Archiv 2000, 240 aufgezeigt worden sind, beachtet werden. Im Übrigen ist auch in dem Entwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften, den die Bundesregierung beschlossen hat, vorgesehen, dass die wesentlichen Bauhandwerke zulassungspflichtig bleiben. Für einen Verstoß gegen europäisches Recht sieht der Senat keinen Anhalt.

7

3.

Infolge des verringerten Schuldumfangs kann der Rechtsfolgenausspruch allerdings nicht bestehen bleiben.

8

Da in dem angefochtenen Urteil die für die Bemessung der Geldbuße erforderlichen Feststellungen getroffen sind, kann der Senat jedoch darüber gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst entscheiden. Hierbei hat der Senat nach der Zumessungsrichtlinie des § 17 Abs. 4 OWiG zunächst den aus der Tat erlangten Nettogewinn des Betroffenen zugrundegelegt und diesen unter Berücksichtigung der Bemessungskriterien nach § 17 Abs. 3 OWiG und der wirtschaftlichen Gesamtsituation des Betroffenen angemessen ermäßigt (vgl. hierzu KK-Steindorf, OWiG, 2. Aufl., § 17 Rdnrn. 116, 119, 126). Ausgehend von dem auf die Handwerksleistungen gemäß I. 4. - I. 7. entfallenden Bruttorechnungsbetrag in Höhe von ca. 49.000 Euro hat der Senat aufgrund der Abzüge durch Umsatzsteuer, Materialkosten, Lohnkosten für Mitarbeiter sowie sonstiger Aufwendungen wie Werbungskosten, Steuern, Sozialabgaben und Versicherungen den Nettogewinn des Betroffenen auf 5.000 Euro geschätzt. Zugunsten des Betroffenen wirken sich sein Geständnis, das Fehlen von Vorbelastungen sowie der Umstand aus, dass der Betroffene die Rechnungsbeträge ordnungsgemäß versteuert hat. Da der Betroffene nach den Feststellungen, offenbar infolge des Verfahrens, inzwischen seine Tätigkeit aufgegeben hat und von Sozialhilfeleistungen in Höhe von monatlich 1.000 Euro lebt, hält der Senat es unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände für schuld- und tatangemessen, auf eine Geldbuße in Höhe von 3.000 Euro zu erkennen.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 467 Abs. 1, 473 Abs. 4 StPO.