Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 19.06.2017, Az.: 5 A 4143/14

Erbbegräbnis; Friedhofsordnung; Nacherwerbsgebühr; Nutzungsrecht; Wahlgrab

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
19.06.2017
Aktenzeichen
5 A 4143/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53902
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Erhebung einer Nacherwerbsgebühr für die Verlängerung des Nutzungsrechts an einer Wahlgrabstätte ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Nutzungsrecht in den 1920er Jahren durch eine Dienstleistung zugunsten des Friedhofsträgers erworben und seinerzeit unbeschränkt bestellt wurde.
2. Die nachträgliche Beschränkung eines Nutzungsrechts an einer Grabstätte ist grundsätzlich rechtmäßig und stellt grundsätzlich keine Enteignung dar, da es sich insoweit um ein öffentlich-rechtliches Sondernutzungsverhältnis handelt.
3. Der Friedhofsträger verwirkt sein Recht, eine Nacherwerbsgebühr zu erheben, nicht dadurch, dass er gegenüber dem vorigen Nutzungsrechtsinhaber an der Wahlgrabstätte eine festgesetzte Gebühr nicht konsequent eingefordert und schließlich auf die Geltendmachung verzichtet hatte.
4. Für die ordnungsgemäße Bekanntgabe einer Friedhofsordnung ist die Veröffentlichung im Amtsblatt des Landkreises ausreichend.
5. Gegenüber der Nacherwerbsgebühr kann jedenfalls dann nicht mit nach Auffassung des Nutzungsrechtsinhabers zu viel gezahlten Friedhofsunterhaltungsgebühren aufgerechnet werden, wenn die Zahlung der Friedhofsunterhaltungsgebühren aufgrund von bestandskräftigen Bescheiden erfolgte und die Gegenleistung des Friedhofsträgers tatsächlich angenommen wurde.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Nacherwerbsgebühr für die Grabstätte Abteilung 1, Reihe 05, Grabstätte 040 mit 7 Grabstellen auf dem Friedhof der Ev.-luth. Kirchengemeinde V.

Der inzwischen verstorbene Ehemann der Klägerin nutzte jedenfalls seit dem 29. August 1960 die Grabstätte Abteilung 1, Reihe 05, Grabstätte 040 mit 7 Grabstellen auf dem Friedhof der Ev.-luth. Kirchengemeinde V., Flurstück 21/76 der Flur 5 der Gemarkung V. für die Bestattung seiner Familienmitglieder. Vor dem Tod des Ehemannes der Klägerin wurden dort zunächst B.am 29. August 1960 in Grab Nr. 13, … am 3. September 1979 in Grab Nr. 12 und der nur zweijährige B.am 16. Oktober 1982 in Grab Nr. 14 bestattet. Der Ehemann der Klägerin zahlte alljährlich allgemeine Friedhofsgebühren. Ob an der Grabstätte selbst eine Grunddienstbarkeit oder ein Erbbegräbnisrecht besteht, es sich um das Eigentum des Ehemannes der Klägerin bzw. nun der Klägerin handelt oder ob die streitgegenständliche Grabstätte eine normale Wahlgrabstätte ist, an der Nutzungsrechte bestehen können, ist zwischen den Beteiligten umstritten.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 1995 forderte der Beklagte den Ehemann der Klägerin hinsichtlich der einzelnen Grabstellen Nr. 12, 13 und 15 bis 18 zur Zahlung einer Gebühr für die Verlängerung des Nutzungsrechtes bis zum Jahr 2012 auf, verfolgte die Zahlung der Gebühr jedoch nicht. Dabei berechnete er für das Grab Nr. 12 eine Verlängerung um drei Jahre, für die Gräber 13 und 15 bis 18 um 22 Jahre (von 1991 bis 2012). Für Grab Nr. 14 gab der Beklagte an, dass die Verlängerung bis zum Jahr 2012 bereits erfolgt sei. Mit Beschluss vom 9. Mai 2000 entschied der Kirchenvorstand, noch ausstehende Gebühren nicht weiter zu verfolgen.

In der Friedhofsordnung für den Friedhof der Ev.-luth. Kirchengemeinde V. vom 25. Juli 1989 wurde in § 25 (später § 26) eine Auslauffrist für Nutzungsrechte, die unbefristet oder auf Friedhofsdauer eingeräumt waren, beschlossen. Als Zeitpunkt der Auslauffrist wurde zunächst der 31. Dezember 1989 festgelegt. Der Kirchenkreisvorstand des Ev.-luth. Kirchenkreises Rhauderfehn genehmigte die Friedhofsordnung am 12. September 1990. Sie wurde am 9. Oktober 1990 in der örtlichen Tagespresse (General-Anzeiger und Ostfriesische Zeitung) und am 1. November 1990 im Amtsblatt des Landkreises ... veröffentlicht. Der Kirchenvorstand hob den Beschluss über die Auslauffrist am 24. Juni 1991 auf und ersetzte ihn durch einen Beschluss, der die Auslauffrist auf den 31. Dezember 1990 korrigierte. Auch diesen Beschluss genehmigte der Kirchenkreisvorstand des Ev.-luth. Kirchenkreises R.. Der Beklagte beauftragte den Landkreis ... sowie die Ostfriesische Zeitung und den General-Anzeiger erneut mit der Veröffentlichung der geänderten Friedhofsordnung. Sie wurde jedenfalls im Amtsblatt des Landkreises ... vom 15. November 1991 bekannt gemacht.

Nach der Friedhofsordnung des Beklagten haben Nutzungsrechte an Wahlgräbern seitdem eine Dauer von 30 Jahren.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2014 erlegte der Beklagte der Klägerin anlässlich der Beisetzung ihres Ehemannes eine Nacherwerbsgebühr für die streitgegenständliche Grabstätte in Höhe von insgesamt 735,00 € auf. Zudem erhob er Kosten in Höhe von 55,00 € für die Benutzung der Leichenkammer und eine Grabschmuckentsorgungsgebühr in Höhe von 50,00 €. Mit ihrem Widerspruch vom 26. Juni 2014 wendete sich die Klägerin gegen die Nacherwerbsgebühr. Der Beklagte wies den Widerspruch mit am 17. November 2014 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 14. November 2014 zurück. Gemäß der geänderten Satzung sei das vormals unbefristete Nutzungsrecht zum 31. Dezember 1990 ausgelaufen. Infolgedessen habe das Nutzungsrecht ab dem beschlossenen Zeitpunkt verlängert werden können. Ansonsten könne der vormals Nutzungsberechtigte auf das Nutzungsrecht verzichten. Nutzungsrechte seien keine unabänderlichen Rechte, die einen Rechtsanspruch auf unverminderten Fortbestand gewährten. Sie könnten durch die Friedhofsordnung einer neuen Regelung unterworfen werden. Dies könne neben der Einschränkung eines Rechts sogar zu dessen vollständiger Aufhebung führen. Eine nachträgliche Begrenzung des Nutzungsrechts verstoße weder gegen Treu und Glauben, da sich der Erwerber bei dessen Verleihung der Friedhofsordnung unterworfen habe und die Verwirklichung des Friedhofzwecks zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Regelungen und eine gerechte Abwägung der wechselnden Interessen erfordere, noch könne von einer unzulässigen Rückwirkung gesprochen werden. Mit dem angefochtenen Bescheid sei die Nutzungszeit an der streitgegenständlichen Grabstätte richtigerweise an die nach § 9 der Friedhofsordnung geltende Ruhezeit angepasst worden. Dass die im Gebührenbescheid aus dem Jahr 1995 festgesetzten Beträge später nicht eingetrieben worden seien, sei für die Erhebung der Nacherwerbsgebühr unerheblich.

Die Klägerin hat am 15. Dezember 2014 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass die nachträgliche Begrenzung des Rechts an der Grabstätte rechtswidrig sei und sie in ihren Rechten verletze. Die Änderung der Friedhofssatzung sei schon formell unrechtmäßig. Dass die am 12. September 1990 genehmigte Friedhofsordnung nur im Amtsblatt des Landkreises ... sowie im General-Anzeiger und in der Ostfriesen Zeitung bekannt gemacht worden sei, reiche nicht aus. Gerade wenn ein kirchlicher Träger einer Einrichtung über den Kreis seiner Mitglieder hinaus in sogenannter mittelbarer staatlicher Verwaltung tätig werde, erforderten die Bekanntmachungsgrundsätze für die Bekanntmachung von Normen eine Publizitätswirkung. Die Öffentlichkeit wäre umfassend zu unterrichten gewesen, insbesondere, da wegen der konfessionellen Zugehörigkeit unterschiedliche Tageszeitungen gelesen würden. Sie habe die Ems-Zeitung abonniert. Die neuerliche Fassung des § 25 bzw. § 26 der Friedhofsordnung vom 24. Juni 1991 sei ebenfalls nicht ausreichend bekannt gemacht worden. Für die Bekanntmachung seien rechtsstaatliche Mindestanforderungen einzuhalten, weil das Handeln durch Erlass von Verwaltungsakten auf Grundlage der Friedhofsordnung einer solchen mit Normcharakter bedürfe. § 25/         § 26 der Friedhofsordnung sei daher unwirksam.

Bei der als Wahlgrabstätte bezeichneten Stelle handele es sich nicht um eine solche. Wahlgrabstätten oder Familiengräber bestünden aus bis zu vier Grabstellen und seien frei wählbar. Die sieben streitgegenständlichen Grabstellen stünden in ihrem Eigentum bzw. seien für die Grabstätte Erbbegräbnisrechte im Kirchenbuch eingetragen. Der Vater ihres Ehemannes habe die Grabstätte als Ausgleich für erhebliche Leistungen der Familie zugunsten der Kirche erhalten. Im Jahr 1925 habe der Friedhof des Beklagten so tief gelegen, dass er keine Bestattungen mehr habe vornehmen können. Diejenigen Bewohner der Gemeinde, die über ein Fuhrwerk verfügt hätten, seien gebeten worden, sich am Auffüllen der Grabstätten zu beteiligen. 50 % der durch die Helfer aufgeschütteten Flächen habe die evangelische Kirche daraufhin zum Eigentumserwerb angeboten. Die neuen Eigentumsverhältnisse seien - nach Aushandeln der entsprechenden Verträge zur Eigentumsübertragung - im Kirchenbuch eingetragen worden. Der Dienstleister habe durch Eintragung der Grunddienstbarkeiten bzw. der Erbbegräbnisrechte quasi Eigentümer werden sollen. Der Vorfahre ihres Ehemannes habe sich für 42 Tage gegen eine Gebühr von 15 Reichsmark pro Tag an den Aufschüttungen beteiligt und so 28 Grabstellen geschaffen. 14 Grabstellen seien auf ihn übertragen worden, von denen die Hälfte im Laufe der Zeit der Kirche zurückgegeben worden sei. Sie habe das Eigentum bzw. die Grunddienstbarkeit an den Grabstellen geerbt. In einer Versammlung des Ortskirchenrates und des Kirchenvorstandes habe die Pastorin der Gemeinde V. die Eigentumsübertragungen in den 1920er Jahren bestätigt. In der nachträglichen Befristung des Nutzungsrechtes liege mithin eine Enteignung.

Ein Brief des Pastors W. an eine Frau K. aus dem Jahr 1928 mache deutlich, dass zur damaligen Zeit Grabstellen verkauft worden seien.

Das Recht, eine Nacherwerbsgebühr zu ihren Lasten zu erheben, habe der Beklagte ohnehin verwirkt. Gegenüber ihrem Ehemann sei keine Gebühr erhoben worden. Das Zeitmoment sei daher erfüllt. Die Aufhebung des Bescheides aus dem Jahr 1995 am  9. Mai 2000 zeige den Willen, die streitgegenständliche Gebühr nicht mehr einzufordern und die bisherige eigentumsrechtliche Regelung beizubehalten. Dem Bescheid aus dem Jahr 1995 habe ihr Ehemann vermutlich mündlich widersprochen. Neben der Verwirkung sei der Anspruch des Beklagten verjährt.

Die Klägerin erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit den ihrer Ansicht nach zwischen 1990 und 2016 zu viel gezahlten Friedhofsunterhaltungsgebühren in Höhe von 1.119,46 €.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 12. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2014 insoweit aufzuheben, als er der Klägerin eine Nacherwerbsgebühr in Höhe von 735,00 € auferlegt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erwidert, eine dingliche Absicherung des Dauernutzungsrechts sei aufgrund der zeitlichen Neuregelung nicht relevant. Eine Verwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil er im Jahr 1995 Gebühren erhoben habe. Der Klägerin sei das Nutzungsrecht mit der Bestattung ihres Mannes am 6. April 2013 neu verliehen worden, da es - aufgrund der zuvor letzten Bestattung im Oktober 1982 - zum 31. Dezember 2012 ausgelaufen sei. Die Gebührenforderung sei dadurch im April 2013 neu entstanden.

Die Friedhofsunterhaltungsgebühren seien auch für unbelegte Grabstellen zu entrichten, sodass keine Überzahlung der Klägerin erkennbar sei, die eine Aufrechnung rechtfertigte. Die Gebühren seien jeweils durch Bescheide festgesetzt worden, die die Klägerin oder ihr Ehemann in der Vergangenheit nie angefochten hätten. Selbst wenn die Ruhezeit nach der Bestattung des zweijährigen B. nur 15 Jahre betragen habe, so sei zumindest auf die Bestattung von B. sen. im Jahr 1979 und ein Ende des Nutzungsrechtes im Jahr 2009 abzustellen. Außerdem sei durch den Bescheid vom 27. Dezember 1995 das Ende der Nutzungszeit auf das Jahr 2012 festgeschrieben worden. Überdies habe die Klägerin die Grabstelle durchgängig genutzt. Deshalb sei die Erhebung von Friedhofsunterhaltungsgebühren für den gesamten Zeitraum zwischen 1991 und 2016 gerechtfertigt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 12. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom        14. November 2014 ist hinsichtlich der angefochtenen Nacherwerbsgebühr rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Gebührenforderung des Beklagten ist nicht durch Aufrechnung erloschen.

I.

Rechtsgrundlage der Gebührenerhebung ist § 6 Nr. I. 1 a) bzw. b) der Friedhofsgebührenordnung für den Friedhof der Ev.-luth. Kirchengemeinde V. in der Fassung vom 11. September 2009 (Friedhofsgebührenordnung, Amtsblatt des Landkreises ..., Nr. 17 vom 15. September 2009, Seite 117) i.V.m. § 24 der Friedhofsordnung für den Friedhof der Ev.-luth. Kirchengemeinde V. in der Fassung vom 11. September 2009 (Amtsblatt des Landkreises ..., Nr. 17 vom 15. September 2009, Seite 116). Unter Buchstabe a) ist für Personen über fünf Jahren für eine Wahlgrabstätte eine Gebühr in Höhe von 105 € je Grabstelle für 30 Jahre festgelegt.        § 6 Nr. I. 1 a) der Friedhofsgebührenordnung entspricht bei einem 30jährigen Nutzungsrecht von 7 Grabstellen einer Gebühr von 735,00 €. Dasselbe gilt für die in Buchstabe b) festgeschriebene Gebühr in Höhe von 3,50 € pro Grabstelle für jedes Jahr der Verlängerung des Nutzungsrechtes. Bei einem 30jährigen Nutzungsrecht für 7 Grabstellen errechnet sich auch danach eine Gebühr in Höhe von 735,00 €.

II.

Der Klägerin wurde mit Beisetzung ihres Ehemannes am 6. April 2013 nach § 13          Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 3 der Friedhofsordnung ein Nutzungsrecht an der streitgegenständlichen Grabstätte auf 30 Jahre verliehen, für das sie die Gebühren bis zum Jahr 2043 zu zahlen hat. Die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 der Friedhofsordnung erforderliche Bescheinigung ist in dem streitgegenständlichen Bescheid enthalten, der die Klägerin als Nutzungsberechtigte angibt und den 5. April 2043 zum Ende des Nutzungsrechtes erklärt.

1. Die Grabstätte steht hingegen nicht im Eigentum der Klägerin. Dies wurde schon nicht ausreichend dargetan. Der von der Klägerin vorgelegte Brief (Bl. 107 und 108 GA) spricht von einem Verkauf - nicht einer Eigentumsübertragung - von nicht näher bezeichneten Grabstellen, der nicht von den Kirchenvorstehern, sondern einem Herrn E. vorgenommen wurde. Hinzu kommt, dass die Verleihung eines Nutzungsrechts nach alter Gewohnheit häufig als Kauf der Grabstelle bezeichnet wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1960 - VII C 123.59 -, BeckRS 9998, 181291). Daraus lässt sich nicht ersehen, dass von Seiten der evangelischen Kirche beabsichtigt war, dem Vorfahren des Ehemannes der Klägerin das Eigentum an einer Wahlgrabstätte zu übertragen.

Letztlich kommt es auch nicht auf die eventuell im Jahr 1928 getroffenen Regelungen an. Es konnte jedenfalls keine wirksame Eigentumsübertragung an den einzelnen auf dem Friedhof gelegenen Grabstellen vorgenommen werden. Eigentümerin aller Wahlgrabstätten und zugehörigen Grabstellen ist die Ev.-luth. Kirchengemeinde V., da sie gem. § 1 der Friedhofsordnung Eigentümerin des Flurstücks 21/76 der Flur 5 der Gemarkung V. ist, auf dem der Friedhof liegt. Wahlgrabstätten sind dagegen vorgegebene Flächen auf einem Friedhof, die nicht Gegenstand besonderer dinglicher Rechte sein können. Sie sind nicht als eigenständige Flurstücke ausgewiesen, sondern vielmehr untrennbar mit dem Friedhof selbst verbunden und stehen im Eigentum des Inhabers des Grundstücks, auf dem der Friedhof gelegen ist. Die Bodenbestandteile sind naturgemäß Teil der einheitlichen Sache Grundstück (Schmidt, in: Erman, BGB-Kommentar, 14. Auflage, 2014, § 94 Rn. 2; Stresemann, in: MüKo, 7. Auflage, 2015, § 94 Rn. 5). Fundamente aller Art (BGH, Urteil vom 10. Februar 1978 - V ZR 33/76 -, juris Rn. 9) sowie aufgeschüttetes Erdreich (OVG NRW, Urteil vom 8. März 2012 - 10 A 215/10 -, juris Rn. 48; LG Landshut, Urteil vom 17. Mai 1990 - 4 O 366/90 -, juris Rn. 10), verlegte Pflastersteine (OLG Hamm, Urteil vom 2. März 1998 - 13 U 178/97 -, juris Rn. 5), Bäume (BGH, Urteil vom 4. November 2010 - III ZR 45/10 -, juris Rn. 14; Urteil vom 17. Februar 1956 - VI ZR 334/54 -, juris Rn. 8) und sonstige Pflanzen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1991 - V ZR 196/90 -, juris Rn. 18) sind gemäß             §§ 93, 94 Abs. 1 BGB wesentliche Bestandteile eines Grundstücks (Fritzsche, in: BeckOK, 41. Edition, Stand: 1. November 2016, § 94 Rn. 10).

Daneben hätten etwaige Bestellungen dinglicher Rechte an Wahlgrabstätten gemäß         § 873 Abs. 1 BGB einer Eintragung im Grundbuch bedurft. Die genannte Regelung fand sich schon in der ersten Fassung des BGB, die am 1. Januar 1900 in Kraft trat. Eine Eintragung im Kirchenbuch kann rechtlich nicht zur Übertragung des Eigentums oder zum Entstehen einer Grunddienstbarkeit führen, selbst wenn man intern von der Wirksamkeit dieses Vorgehens ausgegangen sein sollte. Zudem ist der Vortrag der Klägerin hier nicht einheitlich. Teilweise spricht sie von Eigentum, dann wieder von einer Grunddienstbarkeit oder einem Erbbegräbnisrecht und davon, dass die Gräber dem Vorfahren ihres Ehemannes zur „ewigen Nutzung“ übergeben waren. Die von der Klägerin selbst gewählte Formulierung, der Vorfahre ihres Ehemannes sollte „quasi“ Eigentümer werden, spricht letztlich eher dafür, dass ein unbeschränktes Nutzungsrecht zugunsten von B. sen. bestellt werden sollte. Dass ein solches Nutzungsrecht bestanden hat, bevor die Regelung zur Beendigung aller zeitlich unbegrenzten Dauergräber zum 31. Dezember 1990 getroffen wurde, bestreitet der Beklagte nicht.

Bei dem früheren Erwerb eines Erbbegräbnisplatzes handelt es sich nicht um den Erwerb von Eigentum an Grund und Boden im bürgerlich-rechtlichen Sinne, sondern um den Erwerb eines - zur damaligen Zeit zivilrechtlich aufgefassten - Nutzungsrechts, das zunächst unbefristet erworben wurde. Dingliche Rechte sind mit dem Erwerb eines Erbbegräbnisplatzes nicht verbunden gewesen (VG Minden, Urteil vom 1. April 2015 - 11 K 1586/14 -, juris Rn. 26).

Der Vortrag der Klägerin, es könne sich bei der streitgegenständlichen Wahlgrabstätte deshalb nicht um ein Wahlgrab handeln, weil mehr als vier einzelne Grabstellen vorhanden seien, verfängt nicht. Zwar kann man der Friedhofsordnung vom 25. Juli 1989 entnehmen, dass mit einer jeden Grabstätte (auch einer Reihengrabstätte) höchstens vier Gräber ausgegeben werden sollen. Jedoch lässt sich daraus nicht schlussfolgern, dass bereits bestehende Wahlgrabstätten aufgeteilt werden sollten. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese - mit einem Sternchen eingefügte - Erklärung eine Neuzuteilung bewirken sollte. Die Wahlgrabstätte der Klägerin besteht, so wie sie jetzt ist, spätestens seit dem Jahr 1960. Selbst wenn hier mit der Verleihung des Nutzungsrechtes zu viele einzelne Grabstellen ausgegeben worden sind, stützt dies nicht den Vortrag der Klägerin, bei der Wahlgrabstätte handele es sich um ihr Eigentum.

2. Soweit dem Ehemann der Klägerin vormals ein unbeschränktes Nutzungsrecht zustand, das insbesondere nicht von einer Verlängerungsgebühr abhing, konnte dieses nachträglich beschränkt und einer Gebühr unterworfen werden.

a. Die Friedhofsordnung vom 25. Juli 1989 mit der Regelung zur Beendigung zeitlich unbegrenzter Nutzungsrechte zum 31. Dezember 1989 und der Neuregelung zur Vergabe von Wahlgräbern (§ 25 Abs. 2 bzw. § 26 Abs. 2 i.V.m. § 13) wurde ausreichend bekannt gemacht und ist damit formell wirksam ergangen. Sie wurde zunächst vom Kirchenkreisvorstand des Ev.-luth. Kirchenkreises R. genehmigt und anschließend in der örtlichen Tagespresse (General-Anzeiger und Ostfriesische Zeitung) und im Amtsblatt des Landkreises ... veröffentlicht (Amtsblatt für den Landkreis ..., Nr. 20 vom 1. November 1990, S. 195 - 199). Nachdem der Kirchenvorstand beschlossen hatte, die Auslauffrist auf den 31. Dezember 1990 zu datieren, genehmigte der Kirchenkreisvorstand des Ev.-luth. Kirchenkreises R. auch diesen Beschluss. Die Bekanntmachung erfolgte jedenfalls durch Veröffentlichung im Amtsblatt des Landkreises ... vom 15. November 1991 (Amtsblatt für den Landkreis ..., Nr. 21 vom 15. November 1991, S. 213 - 214). Die kirchenaufsichtliche Genehmigung in Verbindung mit der Veröffentlichung im Amtsblatt des jeweiligen Landkreises ist ausreichend (vgl. z.B. Nds. OVG, Urteil vom 10. Juni 1988 - 8 A 34/86 -, NVwZ 1990, 94 (95)). Welche Zeitung die Klägerin liest, ist für die Bekanntmachung der Friedhofsordnung nicht entscheidend.

b. Nutzungsrechte an Wahlgrabstätten (sog. Erbgräber) sind keine vermögenswerten Rechte des Privatrechts. Sie sind - ungeachtet ihres ursprünglich privatrechtlichen Charakters, der von Anfang an durch die Befugnisse des Anstaltsträgers begrenzt gewesen und somit vom öffentlichen Recht überlagert worden ist - aufgrund eines historisch bedingten Wandels der Rechtsauffassungen nach einhelliger Ansicht subjektiv-öffentliche Sondernutzungsrechte (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1960, a.a.O.; VG Minden, Urteil vom 1. April 2015, a.a.O., Rn. 31). Sie waren und sind nicht unentziehbar (Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 11. Auflage 2015, S. 283). Eine Regelung, die einen Fristablauf für ehemalige Dauernutzungsrechte festschreibt, verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerwG, Urteil vom 8. März 1974 - VII C 73.72 -, juris Rn. 13; Urteil vom 8. Juli 1960, a.a.O.; BGH, Urteil vom 18. September 1957 - V ZR 153/56 -, NJW 1958, 59 (61); Nds. OVG, Urteil vom 10. Juni 1988 - 8 A 34/86, NVwZ 1990, 94 (96); VG Minden, Urteil vom 24. August 2006 - 9 K 800/05 -, juris Rn. 24), denn das Nutzungsrecht besteht nur im Rahmen der jeweils geltenden Friedhofssatzung und kann mit Blick auf den Anstaltszweck verändert und angepasst werden.

Erbbegräbnisrechte wurden zwar stets - wie auch hier - mit einem gewissen Kapital- oder Arbeitseinsatz erworben. Das durch eigenen Vermögenseinsatz erworbene Sondernutzungsrecht an einer Grabstätte hat dennoch keinen Ewigkeitscharakter; zeitliche Begrenzungen sind ihm immanent. Je länger es besteht, desto mehr entfernt es sich von der Leistung, durch die es einmal geschaffen worden ist und durch die es legitimiert wird. Diese "Verflüchtigung" bzw. Aufzehrung seines eigentumsähnlichen Gehaltes erleichtert gesetzliche Neuregelungen, soweit sie vom Anstaltszweck, z.B. durch den Mangel an Begräbnisplätzen oder durch gestiegene Unterhaltskosten gedeckt sind (VG Minden, Urteil vom 1. April 2015, a.a.O., Rn 31; VG Stade, Urteil vom 17. Dezember 2004 - 1 A 1710/02 -, juris Rn. 32). Nach Ablauf einer gewissen Zeit steht der Kapitaleinsatz nicht mehr im Vordergrund. Die wesentliche Leistung, nämlich die Erstellung der Anlage für eine würdige Totenbestattung, wird vom Friedhofsträger erbracht, selbst wenn sich der einzelne Benutzer der Einrichtung an ihren Kosten beteiligt. Im Hinblick auf die Unterhaltungskosten besteht ein durch den Anstaltszweck gedecktes sachliches Bedürfnis, zunächst unbefristet eingeräumte Nutzungsrechte zeitlich zu beschränken und die Verlängerung des Nutzungsrechtes von der Zahlung einer Gebühr abhängig zu machen, zumal nach erstmaliger Übertragung des Nutzungsrechtes zwischenzeitlich die Kosten für die Einrichtung und Unterhaltung der Friedhöfe allgemein beträchtlich gestiegen sind und es unbillig wäre, mit den erhöhten Kosten ausschließlich die Neuerwerber von Grabstätten, nicht aber die Inhaber alter Erbbegräbnisrechte zu belasten (VG Minden, Urteil vom 1. April 2015, a.a.O., Rn. 33; Urteil vom 24. August 2006, a.a.O., Rn. 26).

Nicht nur die nachträgliche Beschränkung des Nutzungsrechtes, sondern auch die Abhängigkeit der Verlängerung des Nutzungsrechtes von der Zahlung einer Gebühr ist mithin rechtmäßig (BVerwG, Urteil vom 8. März 1974, a.a.O.; VG Minden, Urteil vom 1. April 2015, a.a.O., Rn. 29; Urteil vom 24. August 2006, a.a.O., Rn. 24).

III.

Der Beklagte hat sein Recht, die Verlängerungsgebühr zu erheben, nicht verwirkt. Das wäre lediglich dann der Fall, wenn der Beklagte die Anforderung der Gebühr entgegen Treu und Glauben in illoyaler Weise über längere Zeit hinausgezögert hätte, obwohl er wusste, dass die Klägerin darauf vertrauen würde, dass er von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1984 - 3 C 86.82 -, juris Rn. 39). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Für die Klägerin wurde erstmalig mit der Bestattung ihres Ehemannes am 6. April 2013 ein Nutzungsrecht (neu-)begründet. Zuvor stand ihr selbst kein Nutzungsrecht zu. Auch das Nutzungsrecht ihres Ehemannes war zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Regelung des § 13 Abs. 1 der Friedhofsordnung (30jährige Dauer des Nutzungsrechts) abgelaufen. Es war jedenfalls am 31. Dezember 2012 beendet.

Unerheblich ist dagegen, wie der Beklagte zuvor bei der Geltendmachung von Gebühren verfahren ist. Die Klägerin konnte nicht allein deswegen, weil die gegenüber ihrem Ehemann im Bescheid vom 27. Dezember 1995 bis zum Jahr 2012 festgesetzten Kosten nicht konsequent eingetrieben wurden, davon ausgehen, sie selbst werde niemals für die Nacherwerbsgebühr herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass sich aus Art. 3 Abs. 1 GG kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht herleiten lässt (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 30. April 2015 - 11 ZB 14.2563 -, juris Rn. 18). Im Übrigen kann es der Klägerin nicht zugutekommen, dass ihr Ehemann fällige Gebühren nicht gezahlt und der Beklagte schließlich darauf verzichtet hat.

IV.

Daneben kann ein erst 2013 entstandener Anspruch im Jahr 2014 nicht verjährt sein.

V.

Es fehlt an den Voraussetzungen der Aufrechnung nach § 387 BGB, da die geltend gemachte Gegenforderung nicht besteht. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Rückzahlung zu viel gezahlter Friedhofsunterhaltungsgebühren. Mit einer solchen Gebühr sollen die laufenden Unterhaltungs- und Verwaltungskosten für den Friedhof der Beklagten gedeckt werden, die nicht bereits in der gesonderten Nutzungsgebühr enthalten sind.

1. Die Klägerin trägt schon nicht ausreichend substantiiert vor. Es ist nicht ersichtlich, warum es in den Jahren zwischen 1991 und 2016 ihrer Ansicht nach zu einer Überzahlung gekommen sein soll. Ausweislich des § 6 Nr. IV der Friedhofsgebührenordnung beträgt die Friedhofsunterhaltungsgebühr je Grabstelle 10,00 €. Weil zu der Wahlgrabstätte der Klägerin sieben einzelne Grabstellen gehören, wurden seit in Kraft treten der genannten Verordnung in der aktuellen Fassung 70,00 € pro Jahr von der Klägerin gefordert. Zuvor galten andere Tarife. Die Gebühr ist von der Belegung der Grabstellen unabhängig, sodass die Zahlungsdifferenz, die die Klägerin erkennen will, weil die Grabstellen 15 bis 18 bis zum Tod ihres Mannes nicht belegt waren und seitdem zusätzlich nur die Grabstelle Nr. 18 belegt wurde, nicht besteht. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, aus welchen Einzelposten sich die Forderung in Höhe von 1.119,46 € zusammensetzen soll. Aus der von der Klägerin aufgestellten Tabelle (Bl. 68 d. GA) ergibt sich im Jahr 2016 ein (angeblicher) Differenzbetrag von 649,81 €.

2. Auch in der Sache lässt sich eine rechtsgrundlose Überzahlung an den Beklagten, auf die sich die Klägerin berufen könnte, nicht feststellen. Mit den gezahlten Friedhofsunterhaltungsgebühren ist - pauschal - der von dem Beklagten unstreitig geleistete Unterhaltungsaufwand je Grabstelle abgegolten worden, der der Klägerin bzw. ihrem Rechtsvorgänger jedenfalls tatsächlich zugutegekommen ist. Die geschuldete Gegenleistung für die erhobenen und gezahlten Unterhaltungsgebühren ist mithin von dem Beklagten im vollen Umfang erbracht worden, weil es nach dem Gebührenmaßstab nicht auf den Umfang der tatsächlichen Belegung der Grabstellen ankommt. Unabhängig davon, in welchem Umfang der Klägerin bzw. ihrem Rechtsvorgänger ein Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte zustand, wurde die erbrachte Gegenleistung insgesamt tatsächlich angenommen, zumal keine der Grabstellen dem Beklagten zur weiteren Verwendung zurückgegeben worden war. Im Übrigen beruht die Zahlung der Unterhaltungsgebühren auf bestandskräftigen Bescheiden. Der Beklagte machte die Unterhaltungsgebühren im 2-jährigen Rhythmus jeweils durch Leistungsbescheide geltend, die mangels formgerechter Widerspruchserhebung bestandskräftig wurden und bereits formal einen Grund zum Behalten der geleisteten Beträge bilden.