Staatsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 04.06.2010, Az.: StGH 1/08
übergemeindlicher Finanzausgleich; Finanzausgleich; vertikaler Finanzausgleich; horizontaler Finanzausgleich; kommunaler Finanzausgleich; Kommunalverfassungsbeschwerde; Kommunale Verfassungsbeschwerde; Verfassungsbeschwerde; kommunale Spitzenverbände; Schlüsselzuweisungen; Sonderbedarfsansatz; Harmonisierungsgebot; Aufgabengerechtigkeit; Systemgerechtigkeit; Einschätzungsprägorative; gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum; Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; Gleichbehandlungsgebot; Interkommunales Gleichbehandlungsgebot
Bibliographie
- Gericht
- StGH Niedersachsen
- Datum
- 04.06.2010
- Aktenzeichen
- StGH 1/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 48074
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 58 Verf ND
- Art 57 Abs 4 Verf ND
- Art 57 Abs 3 Verf ND
- Art 57 Abs 1 Verf ND
- Art 54 Nr 5 Verf ND
- § 8 Nr 10 StGHG ND
- Art 1 Nr 3 FinAusglG ND
- Art 28 Abs 2 GG
- Art 28 Abs 1 S 3 GG
- Art 28 Abs 1 S 2 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung des vertikalen kommunalen Finanzausgleichs die vorhandenen Finanzkraftunterschiede der Kommunen mildern (Harmonisierungsgebot), darf sie jedoch nicht völlig einebnen oder gar eine Umkehrung der Finanzkraftreihenfolge bewirken (Nivellierungs- bzw.
Übernivellierungsverbot). Von Verfassungs wegen ist es nicht zu beanstanden, wenn die Einhaltung dieser Grundsätze durch einen Vergleich der normativ bestimmten Finanzkraft je Einheit des Bedarfsansatzes (hier Einwohnerzahl plus Einwohnererhöhungswert) vor und nach Gewährung der Schlüsselzuweisungen
belegt wird.
2. Auch beim horizontalen Finanzausgleich wird der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum
bei der Auswahl der Bedarfsindikatoren durch das in Art. 58 NV verankerte Gebot der
Aufgabengerechtigkeit begrenzt. Ob das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und der
Grundsatz der Systemgerechtigkeit weitere
verfassungsrechtliche Maßstäbe bilden oder integrierte Bestandteile des Gebots der Aufgabengerechtigkeit darstellen, kann offen bleiben.
3. Der Bevölkerungsansatz als einziges Verteilungskriterium der Schlüsselzuweisungen an die Landkreise entspricht im Grundsatz nicht einem aufgabengerechten Finanzausgleich nach Art. 58 NV, da sich aus der Eigenart mancher Aufgaben der Landkreise ein flächenbezogener Kostenfaktor ergibt (Bestätigung von Nds. StGHE 3, 299).
4. Die Ausgestaltung eines flächenbezogenen Sonderbedarfsansatzes auf der Ebene der Landkreise ist jedenfalls dann aufgabengerecht und willkürfrei, wenn der historische Gesetzgeber sie unter Berücksichtigung aktueller finanzwissenschaftlicher Erkenntnisse nachvollziehbar begründet.
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Gründe
A.
Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden gegen die Änderung des § 7 des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich in der Fassung vom 26. Mai 1999 (Nds. GVBl. S. 110; 320), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes über Änderungen im öffentlichen Gesundheitsdienst vom 24. März 2006 (Nds. GVBl. S. 178) – NFAG a. F. – , durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Finanzausgleichsgesetzes, des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes und des Göttingen-Gesetzes vom 12. Juli 2007 (Nds. GVBl. S. 312 = ÄndG NFAG). Sie machen geltend, dass der damit eingeführte Sonderbedarfsansatz zur Berücksichtigung der Ausgabenbelastungen von Landkreisen und kreisfreien Städten für Kreisstraßen und Schülerbeförderung sie wegen des flächenbezogenen Verteilungsmaßstabs in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung nach Art. 57 Abs. 1, 58 der Niedersächsischen Verfassung (NV) verletze.
I.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 NFAG a. F. ergab sich bei den Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben der Bedarfsansatz aus der Einwohnerzahl der Landkreise und kreisfreien Städte (im folgenden nurmehr: Landkreise), erhöht um zusätzliche Einwohnerzahlen für einen bereits mit dem Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich vom 12. März 1999 (Nds. GVBl. S. 74) eingeführten Sonderbedarfsansatz zur Berücksichtigung der Sozialhilfelasten. Um die zusätzliche Einwohnerzahl für den einzelnen Landkreis zu ermitteln, wurde und wird ein nach § 7 Abs. 2 Satz 1 NFAG gebildeter Einwohnererhöhungswert mit einer Verhältniszahl multipliziert, die sich aus dem Verhältnis der konkreten Sozialhilfe-Ausgabenbelastungen des jeweiligen Landkreises zu den Gesamtsozialhilfeausgaben aller Landkreise ergibt.
Mit der angegriffenen Regelung führte der Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 NFAG einen weiteren Sonderbedarfsansatz zur Berücksichtigung der Ausgabenbelastungen für Kreisstraßen und Schülerbeförderung ein. Gesetzestechnisch wird auch dieser Sonderbedarfsansatz durch eine fiktive Erhöhung der Einwohnerzahlen realisiert. Die Verteilung der auf den neuen Sonderbedarfsansatz entfallenden zusätzlichen Einwohner erfolgt nach dem Verhältnis der Fläche eines Landkreises zur Gesamtfläche des Landes Niedersachsen, indem die so ermittelte Verhältniszahl mit einem weiteren Einwohnererhöhungswert, errechnet nach § 7 Abs. 2 Satz 2 NFAG, multipliziert wird.
Der niedersächsische kommunale Finanzausgleich kannte schon früher flächenbezogene Ansätze zur Berücksichtigung der Belastung der Kommunen mit den Kosten der Straßenunterhaltung und Schülerbeförderung. Nach § 2 Satz 2 Nr. 3 und 4 des Gesetzes über den Finanzausgleich in der Fassung vom 11. November 1981 (Nds. GVBl. S. 339 = FAG 1981) wurden von der Ausgleichsmasse 6,2 v. H. bzw. 7,45 v. H. als Vorab abgezogen, um sie als Schlüsselzuweisungen nach der Straßenlänge bzw. für die Schülerbeförderung zu verteilen. Nach § 17 FAG 1981 erfolgte die Verteilung des Sonderansatzes für die Aufgaben der Straßenbaulast finanzkraftunabhängig am Maßstab der Straßenlänge; hinsichtlich der Kreisstraßen war eine "Veredelung" bei steigender Kilometerzahl pro Kreiseinwohner vorgesehen. Auch die Schlüsselzuweisungen für die Schülerbeförderung wurden gemäß § 18 Abs. 2 FAG 1981 finanzkraftunabhängig zur Hälfte nach dem Verhältnis der Schülerzahlen und zur Hälfte nach dem Verhältnis der Flächen der Gebietskörperschaften zueinander verteilt. Dieses System blieb bis 1992 im Grundsatz unverändert.
Mit der Novellierung des FAG 1990 durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich vom 16. Dezember 1992 (Nds. GVBl. S. 339 = FAG 1993) wurden die bisherigen Regelungen über die Schlüsselzuweisungen nach der Straßenlänge und für die Schülerbeförderung ersatzlos gestrichen. Die damit frei gewordene Ausgleichsmasse wurde dem Hauptansatz zugeschlagen. In der Entwurfsbegründung zu diesem Gesetz (Nds. LT-Drs. 12/3890, S. 10 f., 19) heißt es, die beiden Aufgaben hätten im Laufe der Zeit ihre herausragende Bedeutung verloren; zudem wolle der Gesetzgeber durch die Verlagerung der Mittel in den finanzkraftabhängig zu verteilenden Hauptansatz die Ausgleichsgerechtigkeit des kommunalen Finanzausgleichs stärken. Dem Einwand, die Stärkung des Hauptansatzes sei wegen seiner ausschließlichen Anknüpfung an die Einwohnerzahl verfassungsrechtlich bedenklich, folgte der Gesetzgeber nicht, weil andere, finanzwissenschaftlich abgesicherte Bedarfsindikatoren nicht vorlägen (Nds. LT-Drs. 12/3890, S. 15 f.).
Nachdem der Niedersächsische Staatsgerichtshof mit Beschluss vom 15. August 1995 (StGH 2, 3, 6 bis 10/93, Nds. StGHE 3, 136) das FAG 1993 für unvereinbar mit Art. 57 Abs. 4 i. V. m. Art. 58 NV und für nichtig seit dem 1. Januar 1995 erklärt hatte, erließ der Niedersächsische Landtag das Gesetz über den Finanzausgleich vom 19. Dezember 1995 (Nds. GVBl. S. 463 = NFAG 1995) rückwirkend zum 1. Januar 1995. Bei der Bemessung des Bedarfsansatzes für die Kreisaufgaben knüpfte die Neuregelung in § 7 NFAG 1995 ausschließlich an die Einwohnerzahl an, nahm jedoch eine "Veredelung" bei den Landkreisen bis zu 100.000 Einwohnern vor, um die "überproportionalen Belastungen mit den Grundkosten einer kommunalen Verwaltung" (Entwurfsbegründung, Nds. LT-Drs. 13/1505, S. 24) zu berücksichtigen. Der erneuten Kritik an der Verankerung eines ausschließlich einwohnerbezogenen Bedarfsansatzes bei den Kreisaufgaben wurde im Gesetzgebungsverfahren wiederum das Fehlen geeigneter anderer Bedarfsindikatoren entgegen gehalten (Entwurfsbegründung, Nds. LT-Drs. 13/1505, S. 21).
Mit Urteil vom 25. November 1997 (StGH 14/95 u. a., Nds. StGHE 3, 299) erklärte der Niedersächsische Staatsgerichtshof Teile des NFAG 1995 und auch die Neuregelung in § 7 u. a. deshalb für unvereinbar mit Art. 57 Abs. 4 und 58 NV, weil der Bevölkerungsansatz als einziges Verteilungskriterium der Schlüsselzuweisungen für Landkreise nicht einem aufgabengerechten Finanzausgleich entspreche. Namentlich für die Straßenbaulast und die Schülerbeförderung bilde die Fläche den entscheidenden Kostenfaktor. Es böten sich verschiedene Verteilungskriterien an, mit denen der Gesetzgeber der besonderen Eigenart solcher Aufgaben im Finanzausgleich Rechnung tragen könne; bei der Auswahl sachgerechter Verteilungskriterien habe der Gesetzgeber freie Hand (Nds. StGHE 3, 299, 319).
In Reaktion auf dieses Urteil beauftragte das Niedersächsische Innenministerium zur Vorbereitung der anstehenden Novellierung des NFAG das Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung (NIW) mit der Erstellung eines Gutachtens, das u.a. mögliche Zusammenhänge des Finanzbedarfs der Landkreise mit anderen Bestimmungsgrößen (z. B. Straßenlänge, Fläche, Kinderzahl und Schülerzahl) ermitteln sollte. Das NIW erstellte auf der Basis der kommunalen Rechnungsergebnisse in den Haushaltsjahren 1994 bis 1996 multiple Regressionsanalysen bezogen auf den Zuschussbedarf je Einwohner der jeweiligen Verwaltungshaushalte in den nach Aufgabenbereichen unterteilten Einzelplänen 0 bis 8. Als Einflussfaktoren testete es Indikatoren für die Siedlungsstruktur, die Altersstruktur, die Bevölkerungsentwicklung, die Wirtschaftslage und die sozialen Verhältnisse der Bevölkerung. In seinem Gutachten zur Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in Niedersachsen (Nds. LT-Drs. 14/440, S. 35 ff.) stellte das NIW im Jahre 1998 fest, dass die absolute Kreisfläche - bei Ausklammerung der Sozialhilfe - "gar keinen Einfluss auf die Zuschussbedarfe je Einwohner habe." Allerdings gingen die Gutachter einschränkend davon aus, dass es bei einzelnen Aufgaben - wie z. B. im Verkehrsbereich - durchaus einen gewissen "Flächeneinfluss" gebe. Dieser werde jedoch durch die in den Ballungszentren erhöhten - ebenfalls dichteabhängigen - Aufwendungen für die Jugendhilfe kompensiert. Insgesamt empfahl das NIW deshalb, trotz der Erwägungen des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs neben einem Sonderansatz für die Sozialhilfelasten keine weiteren Sonderbedarfsansätze zur Verteilung der Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben vorzusehen (Nds. LT-Drs. 14/440, S. 35, 149 ff.).
Der Niedersächsische Landtag beschloss am 12. März 1999 das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich (Nds. GVBl. S. 74 = NFAG a. F.), das am 22. März 1999 verkündet und rückwirkend zum 1. Januar 1999 in Kraft trat. In § 7 NFAG a. F. wurde neben dem allgemeinen Bedarfsansatz für die übrigen Kreisaufgaben ein Sonderbedarfsansatz zur Verteilung der Sozialhilfelasten verankert. Auf die Einführung eines flächenbezogenen Bedarfsindikators verzichtete der Gesetzgeber unter Hinweis auf die Ergebnisse des NIW - Gutachtens.
Um die Auswirkungen der Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs beobachten und ggf. Modifikationen zur Verbesserung der Aufgabengerechtigkeit vornehmen zu können, forderte der Niedersächsische Landtag die Landesregierung mit Beschluss vom 10. März 1999 (Nds. LT-Drs. 14/631) auf, unter Einbeziehung des Parlaments und der kommunalen Spitzenverbände bestimmte Fragestellungen zum kommunalen Finanzausgleich aufzugreifen. U. a. sollte erörtert werden, ob die Ausgleichswirkung durch Faktoren verbessert werden könne, die die Bevölkerungsdichte (Flächen- oder Dichteansatz) berücksichtigen. Das Niedersächsische Innenministerium setzte am 29. März 1999 eine Kommission aus Vertretern der im Landtag vertretenen Fraktionen, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Ministerien der Finanzen und des Innern ein (FAG-Kommission). Im Schlussbericht vom 7. Juni 2000 bestätigte auch diese Kommission, dass es zwar ausgewählte Aufgabenbereiche gebe (Schülerbeförderung und Kreisstraßenunterhaltung), die zu relevanten Mehrkosten bei den Landkreisen führen würden. Auf der anderen Seite seien aber die Ballungsräume überproportional mit Aufwendungen bei der Wahrnehmung der Jugendhilfe und der Sozialverwaltung belastet, sodass sich die Mehrbelastungen im Ergebnis ausglichen (Schlussbericht, Nds. LT-Drs. 14/1790, S. 7 f.).
Die gegen das NFAG 1999 erhobenen Verfassungsbeschwerden hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof mit Urteil vom 16. Mai 2001 (StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31) zum großen Teil zurückgewiesen. Auch die Rüge, die Ermittlung des Finanzbedarfs der Landkreise ohne flächenbezogene Indikatoren missachte die verfassungsrechtlichen Vorgaben eines aufgabengerechten Finanzausgleichs, blieb erfolglos. Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hob dazu erneut hervor, dass die besondere territoriale Bezogenheit bestimmter Aufgaben die Heranziehung des Bedarfsindikators der Fläche erforderlich machen könne. Der Gesetzgeber könne aber auf einen solchen Ansatz verzichten, wenn er - was für das NFAG 1999 durch den Verweis auf das Gutachten des NIW geschehen sei - seine Entscheidung durch aktuelle finanzwissenschaftliche Erkenntnisse nachvollziehbar begründe und die Aufgabengerechtigkeit nach dem gewählten Verteilungsschlüssel sichergestellt sei (Nds. StGHE 4, 31, 61, 66).
II.
Mit Art. 1 Nr. 3 ÄndG NFAG wird in das NFAG a. F. im Bereich der Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben neben dem bereits nach alter Rechtlage verankerten Sonderbedarfsansatz für Sozialhilfelasten in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NFAG n. F. ein weiterer Sonderbedarfsansatz für die Schülerbeförderung und die Kreisstraßen eingeführt. Er betrifft 9,7 v. H. des bei der Verteilung der Schlüsselmasse zu berücksichtigenden notwendigen kommunalen Finanzbedarfs (§ 7 Abs. 2 Satz 2 NFAG n. F.). Die prozentuale Gewichtung der übrigen Kreisaufgaben sinkt von 65,5 v. H. um 9,7 v. H. auf 55,8 v. H. (§ 7 Abs. 2 Satz 1 NFAG n. F.), während der prozentuale Anteil für die Sozialhilfe von 34,5 v. H. unverändert fortbesteht. Gesetzestechnisch wird auch der neue Bedarfsansatz für die beiden gesondert zu berücksichtigenden Kreisaufgaben durch eine weitere Erhöhung der tatsächlichen Einwohnerzahl des Regelbedarfsansatzes um einen Einwohnererhöhungswert von 9,7/55,8 erreicht. Die Verteilung der zusätzlichen Einwohner auf die Landkreise erfolgt nach dem Verhältnis ihrer Fläche zur Gesamtfläche aller Landkreise und kreisfreien Städte unter Berücksichtigung der Verhältnisse zum 31. Dezember des Vorvorjahres (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Satz 3 NFAG n. F.).
Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
"Artikel 1
Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich
Das Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich in der Fassung vom 26. Mai 1999 (Nds. GVBl. S. 116, 320), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 24. März 2006 (Nds. GVBl. S. 178), wird wie folgt geändert:
(…)
3. § 7 erhält folgende Fassung:
§ 7
Bedarfsansatz
(1) Der Bedarfsansatz ergibt sich aus der Einwohnerzahl des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, erhöht um zusätzliche Einwohnerzahlen zur Berücksichtigung der Ausgabenbelastungen
1. für die Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs und die Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs sowie
2. für die Schülerbeförderung und die Kreisstraßen.
Die zusätzliche Einwohnerzahl für die Ausgabenbelastungen nach Satz 1 Nr. 1 ergibt sich aus der Vervielfältigung des Einwohnererhöhungswertes (Abs. 2 Satz 1) mit der Verhältniszahl, die sich aus dem Verhältnis der nach Absatz 3 ermittelten Ausgabenbelastung des Landkreises oder der kreisfreien Stadt zur nach Absatz 3 ermittelten Ausgabenbelastung aller Landkreise und kreisfreien Städte errechnet. Die zusätzliche Einwohnerzahl für die Ausgabenbelastungen nach Satz 1 Nr. 2 ergibt sich aus der Vervielfältigung des Einwohnererhöhungswertes (Absatz 2 Satz 2) mit der Verhältniszahl, die sich aus dem Verhältnis der Fläche des Landkreises oder der kreisfreien Stadt am 31. Dezember des Vorvorjahres zu der Fläche aller Landkreise und kreisfreien Städte zum selben Stichtag errechnet.
(2) Der Einwohnererhöhungswert zur Ermittlung der zusätzlichen Einwohnerzahl für die Ausgabenbelastungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ergibt sich durch Teilung der Gesamtzahl der Einwohnerinnen und Einwohner der Landkreise und kreisfreien Städte durch 55,8, dieses Ergebnis vervielfältigt mit 34,5. Der Einwohnererhöhungswert zur Ermittlung der zusätzlichen Einwohnerzahl für die Ausgabenbelastungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 ergibt sich durch Teilung der Gesamtzahl der Einwohnerinnen und Einwohner der Landkreise und kreisfreien Städte durch 55,8, dieses Ergebnis vervielfältigt mit 9,7.
(3) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 genannte Ausgabenbelastung wird nach dem Durchschnitt der Ausgaben der letzten beiden vorvergangenen Haushaltsjahre für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 genannten Leistungsarten jeweils nach Abzug der Einnahmen bei diesen Leistungsarten sowie der Leistungen des Landes nach § 5 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs ermittelt."
Das Gesetz ist nach Art. 5 rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten.
III.
In der Entwurfsbegründung zum ÄndG NFAG stützte der Gesetzgeber den flächenbezogenen Bedarfsansatz bei der Verteilung der Schlüsselmasse für die Kreisaufgaben der Schülerbeförderung und der Kreisstraßenbaulast auf multiple Regressionsanalysen, die das Niedersächsische Landesamt für Statistik (NLS) im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens erstellt hatte, und machte sich deren Ergebnisse zu eigen. Das NLS führte in seinem Bericht zum kommunalen Finanzausgleich 2007 (L II/S -j/07, Statistische Berichte Niedersachsen, Oktober 2007) aus, dass es bereits seit 1999 fortlaufend spezielle Belastungsanalysen und Korrelationsrechnungen unter Heranziehung der jeweils aktuellen Ergebnisse der kommunalen Rechnungsabschlüsse in der Gliederung nach Aufgabenbereichen erstellt habe. Dabei habe sich in der Vergangenheit immer wieder bestätigt, dass die Ausgabenbelastungen im Unterabschnitt 290 "Schülerbeförderung" und im Abschnitt 65 "Kreisstraßen" eine hohe Korrelation zur Fläche der Landkreise aufwiesen, die allerdings durch eine Abhängigkeit in umgekehrter Richtung bei der Ausgabenbelastung im Abschnitt 45 "Jugendhilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz" kompensiert worden sei. Erstmals bei der Analyse der Jahresrechnungsergebnisse für die Haushaltsjahre 2003 bis 2005 sei festgestellt worden, dass der Zusammenhang des durchschnittlichen Zuschussbedarfs pro Einwohner zur Quadratmeterzahl je Einwohner für die Aufgaben Schülerbeförderung und Kreisstraßen weiterhin hohe Koeffizienten zeige, während der Zusammenhang zwischen dem durchschnittlichen Zuschussbedarf der Jugendhilfe und der Bevölkerungsdichte nurmehr einen Korrelationskoeffizienten nahe der Null-Linie aufweise. Damit sei die Begründung für den Verzicht auf einen gesonderten flächenabhängigen Bedarfsansatz entfallen.
Die vom NLS in diesem Zusammenhang ermittelte und vom Gesetzgeber in Bezug genommene Funktion zur Umschreibung des Zusammenhangs zwischen dem Zuschussbedarf je Einwohner für Schülerbeförderung und Kreisstraßen (= y) und der Fläche der Landkreise je Einwohner (= x) lautete y = 0,0034 x + 26,611 €/Einwohner. Ihr Korrelationskoeffizient lag bei 0,80.
B.
I.
Die Beschwerdeführerin zu 1. ist ein niedersächsischer Gemeindeverband, der Beschwerdeführer zu 2. ein niedersächsischer Landkreis.
Die Beschwerdeführer richten ihre Verfassungsbeschwerden gegen Art. 1 Nr. 3 ÄndG NFAG und beantragen, diese Vorschrift für nichtig zu erklären.
Der Niedersächsische Landtag hat beschlossen, von einer Äußerung gegenüber dem Staatsgerichtshof abzusehen. Die Niedersächsische Landesregierung hat sich zu den Verfassungsbeschwerden geäußert.
II.
Die Beschwerdeführer sehen sich in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung oder jedenfalls in ihrem Anspruch auf angemessene Finanzausstattung durch das Land verletzt. Sie halten Art. 1 Nr. 3 ÄndG NFAG aus folgenden Gründen für verfassungswidrig:
1. Mit der Einführung des Flächenfaktors habe der Gesetzgeber seine Verpflichtung zur Schaffung eines aufgabengerechten Finanzausgleichs verletzt, weil der für die Bemessung der Aufgaben Schülerbeförderung und Kreisstraßen gebildete Bedarfsansatz nicht sach- bzw. aufgabengerecht sei. Bei zahlreichen Gebietskörperschaften führe der gewählte Maßstab zu einem „Delta“ nach oben oder nach unten zwischen der anteiligen Finanzzuweisung einerseits und dem Zuschussbedarf zur Aufgabenerledigung andererseits, das sich nicht auf die unterschiedliche Finanzkraft zurückführen lasse und für das sachliche Gründe nicht erkennbar seien.
Die Landkreise Lüchow-Dannenberg und Soltau-Fallingbostel beispielsweise würden nach neuer Rechtslage anteilige Schlüsselzuweisungen erhalten, die ihre Zuschussbedarfe um jeweils rund 2,7 Mio. € übersteigen würden. Die Beschwerdeführerin zu 1. müsse demgegenüber im Vergleich zur alten Rechtslage einen Verlust in Höhe von etwa 30 Mio. € verkraften. Dies habe zur Folge, dass sie im Ergebnis nicht nur keine Zuwendungen für die Zwecke der Schülerbeförderung und der Kreisstraßen erhalte, sondern diese Kosten sogar aus den sonstigen Zuwendungen aufbringen müsse.
Der Zusammenhang zwischen der Fläche der Kommunen und ihren Aufwendungen für die beiden berücksichtigten Aufgaben sei mit den angegebenen Korrelationsfaktoren von 0,69 und 0,79 keineswegs so eng, wie vom Gesetzgeber behauptet. Die Differenzen zu einem vollständig linearen Zusammenhang, der bei einem Wert von 1,0 bestehe, seien beachtlich. Die Schlussfolgerung des Gesetzgebers sei auch methodisch fragwürdig, weil das NLS nur eine Beziehung zwischen den Zuschussbeträgen der Kommunen pro Einwohner und ihrer Fläche pro Einwohner geprüft habe, anstatt die Ausgaben mit den Flächen in Relation zu setzen. Die Aussagekraft der vom NLS durchgeführten Regressionsanalyse sei zweifelhaft, weil der ermittelte Steigungsparameter mit 0,0034 nahe 0 liege. Es sei daher nicht auszuschließen, dass der berechnete Korrelationskoeffizient statistisch nicht interpretierbar sei.
2. Eine nach dem Zuschussbedarf für die beiden Aufgaben geordnete Auflistung der Landkreise belege, dass die Höhe ihrer Aufwendungen keineswegs von ihrer Fläche abhänge. Die auftretenden Abweichungen seien noch gravierender, wenn man deren Größe ins Verhältnis zur Länge ihrer Kreisstraßen setze. Die sich ergebenden Abweichungen beruhten auf der jeweiligen Struktur der Gebiete. So betrage die Straßenbreite im ländlichen Raum durchschnittlich 4,5 Meter, in Ballungsgebieten dagegen 6,5 Meter. Die Verkehrsdichte in den Ballungsräumen sei höher, insbesondere hinsichtlich des Schwerlastverkehrs. Die besonders unterhaltungsaufwendigen Ortsdurchfahrten fielen in Ballungsräumen wesentlich häufiger an, deshalb gebe es dort auch wesentlich mehr Kreuzungs- und Lichtsignalanlagen. Auch die Zahl der zu befördernden Schüler sei bezogen auf die Fläche in den Ballungsräumen um ein Vielfaches höher als im ländlichen Raum.
3. Der Beschwerdeführer zu 2. sieht durch die Neuregelung auch das in Art. 58 NV verankerte Harmonisierungsgebot verletzt. Von der Einführung des flächenbezogenen Bedarfsansatzes profitierten in erster Linie finanzkraftstarke Landkreise, sodass sich die Schere zwischen "Arm und Reich" weiter öffne. Nutznießer der neuen Regelung seien z.B. die finanzstarken Landkreise Diepholz, Oldenburg und Cloppenburg, während der Beschwerdeführer zu 2. als drittschwächster Landkreis einen Verlust von rund 2 Mio. € verkraften müsse. Dieses Auseinanderdriften der Leistungskraft der einzelnen Landkreise wiege umso schwerer, als einzelne besonders finanzkraftstarke Kommunen infolge der eintretenden Überkompensation zusätzliche Mittel zur Wahrnehmung anderer Aufgaben erhielten, während die Beschwerdeführerin zu 1. durch die Neuregelung ihre Kosten für die beiden Aufgaben nunmehr vollständig selbst tragen müsse. Nicht auszuschließen sei daher, dass die Neuregelung zu Übernivellierungen auf der Ebene der Landkreise führe.
4. Der Gesetzgeber habe es während des Gesetzgebungsverfahrens mangels geeigneten Datenmaterials unterlassen, die Folgen seines Vorhabens einzuschätzen und sich bietende Alternativen zu prüfen.
Bereits der Anlass für die Initiierung des Gesetzgebungsverfahrens führe zu verfassungsrechtlichen Zweifeln. Im Unterschied zur Einführung des gesonderten Bedarfsansatzes zur Berücksichtigung der Sozialhilfelasten habe der Gesetzgeber nicht gehandelt, um die tatsächlich sprunghaft gestiegenen Kosten in einem Bereich zugunsten der durch sie überproportional belasteten Kommunen angemessen zu berücksichtigen, sondern um die politischen Vorgaben aus der Koalitionsvereinbarung zwischen den Regierungsfraktionen zu erfüllen. Vor der Entscheidung über die Einführung eines Flächenbedarfsansatzes hätte es demgegenüber einer sorgfältigen Analyse bedurft, ob und ggf. welche Aufgaben nachweislich in großen Flächenlandkreisen erhöhte Kosten verursachen, um dann Kriterien und Verteilungsmodalitäten zu entwickeln, die die flächenbedingten Mehrkosten hätten abfangen können.
Der Gesetzgeber habe nach Ansicht des Beschwerdeführers zu 2. unzulässigerweise nicht geprüft, welche Folgen bei den einzelnen Kommunen mit der Einführung des Flächenfaktors eintreten würden. Hierzu sei er aber bei der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung verpflichtet gewesen. Die Beschwerdeführerin zu 1. geht demgegenüber davon aus, dass dem Gesetzgeber im Laufe des Verfahrens die gravierenden negativen Auswirkungen auf einzelne der betroffenen Kommunen bekannt gewesen seien. Er habe es aber versäumt, die Auswirkungen darauf hin zu überprüfen, ob sie noch dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verteilungsgerechtigkeit im Hinblick auf die Kostensituation der einzelnen Kommunen genügten. So habe er es unterlassen, für Kommunen, bei denen der tatsächliche Zuschussbedarf außerhalb jeglicher Relation zu den erzielbaren Schlüsselzuweisungen stehe, entsprechende gesetzliche Vorkehrungen zu treffen. Verabsäumt habe er es insbesondere, hinsichtlich der „Gewinner“ des Sonderbedarfsansatzes eine Kappungsgrenze auf der Höhe des tatsächlichen Zuschussbedarfes einzuziehen, und umgekehrt hinsichtlich der Beschwerdeführerin zu 1. als „Verliererin“ des Sonderbedarfsansatzes eine Sonderregelung zur Kompensation ihrer Ausreißerstellung vorzusehen. Die Beschwerdeführerin zu 1. beantragt insoweit, zu der Frage, ob ihr im Vergleich zu den übrigen Landkreisen und kreisfreien Städten unter Berücksichtigung der verschiedenen statistischen Berechnungen eine Ausreißerstellung zukommt, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben.
Schließlich hätten entgegen den Beteuerungen im Gesetzgebungsverfahren auch die für eine Regressionsanalyse anhand anderer Indikatoren - nämlich der Straßenlänge und der Schülerzahl - notwendigen Daten zur Verfügung gestanden, weil diese Daten jahrzehntelang zur Bemessung entsprechender Sonderzuweisungen genutzt worden seien. Informationen zur Länge der Kreisstraßen habe sich der Gesetzgeber zudem bei den Landkreisen leicht beschaffen können. Auch die Niedersächsische Landesregierung habe im Beschwerdeverfahren auf eine Probeberechnung des Landesbetriebs für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) mit dem Indikator "Straßenlänge" verwiesen.
5. Der Gesetzgeber könne sich zur Rechtfertigung der Neuregelung nicht auf die zustimmenden Stellungnahmen des Niedersächsischen Landkreistages und des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes berufen, weil diese nur aus grundlegenden politischen Gründen der Einführung des Flächenfaktors zugestimmt hätten. Die Verbände hätten mangels geeigneter Daten nicht überblicken können, dass die Neuregelung auch auf Landkreisebene zu erheblichen Verwerfungen führen werde.
III.
Die Niedersächsische Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet. Sie führt dazu im Wesentlichen aus:
1. Im Gesetzgebungsverfahren seien die finanziellen Auswirkungen der Neuregelung bei den betroffenen Kommunen bekannt gewesen. Den Fraktionen habe ein Schreiben des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. März 2007 vorgelegen, das zahlreiche Vergleichsberechnungen für die Jahre 2006 und 2007 enthalten habe. Weitere Berechnungen seien dem federführenden Ausschuss für Inneres und Sport und dem Niedersächsischen Landtag übermittelt worden.
2. Soweit die Beschwerdeführer rügten, die Neuregelung habe bei einzelnen Landkreisen zu einer Überkompensation der tatsächlichen Nettoaufwendungen für die beiden Aufgaben geführt, gehe dieser Einwand schon deshalb fehl, weil dem Finanzausgleichssystem der Gesichtspunkt einer Kostenerstattung fremd sei. Aus diesem Grunde sei auch das Argument, mit der Neuregelung gehe eine Besserstellung der finanzstarken Kommunen zulasten der schwachen einher, schon im Ansatz unzutreffend, weil in § 7 NFAG n. F. nur die Bedarfsseite geregelt werde, während die Höhe der Zuweisungen auch von der Umlagekraftmesszahl als Einnahmeindikator abhängig sei. Im Übrigen habe gerade die Beschwerdeführerin zu 1. wegen der Erhöhung der Zuweisungsmasse im Jahr 2007 im Vergleich zum Vorjahr Mehreinnahmen in Höhe von 39 Mio. € erzielt. Auch profitiere sie im Vergleich zu anderen Landkreisen überproportional von der Gewichtung der beiden anderen Teilbedarfsansätze nach den durchschnittlichen Zuschussbeträgen und ihrer Verteilung nach der Einwohnerzahl bzw. den Nettobelastungen bei der Sozialhilfe.
3. Durch die Einführung des flächenbezogenen Bedarfsansatzes habe sich die leistungskraftbezogene Reihenfolge der Landkreise vor und nach Gewährung der Schlüsselzuweisungen aufgrund des NFAG n. F. nachweislich nicht verändert; eine verfassungswidrige Nivellierung oder gar Übernivellierung sei somit ausgeschlossen.
4. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot, das willkürliche, sachlich nicht vertretbare Differenzierungen verbiete, sei erst dann verletzt, wenn für die Novellierung kein sachlicher Grund zu finden sei. Die Notwendigkeit einer Regelung müsse nicht bejaht werden. Genügend sei eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung des Gesetzgebers; die bestmögliche und gerechteste Lösung werde verfassungsrechtlich nicht verlangt. Durchbrechungen des vom Gesetzgeber gewählten Systems seien zulässig, wenn es für die Abweichung plausible Gründe gebe.
Der Gesetzgeber habe bei der Auswahl des abstrakten Bedarfsindikators der Fläche auf der Grundlage der Erhebungen und Berechnungen des NLS die beiden Aufgaben und die mit ihnen verbundenen Kosten nachvollziehbar eingeschätzt. Die vom NLS erstellte Regressionsanalyse zwischen dem Zuschussbedarf pro Einwohner und der Einwohnerdichte habe eine lineare Beziehung mit einem sehr hohen Korrelationsfaktor von 0,80 ergeben. Dessen Aussagekraft sei umso höher einzuschätzen, als die Zuschussbeträge pro Einwohner für andere Aufgaben nur mit erheblich geringeren Koeffizienten mit der Einwohnerdichte korrelierten. Durch die Koppelung des neuen Faktors Fläche mit dem vorhandenen Faktor Einwohnerzahl werde die untersuchte Bevölkerungsdichte zum entscheidenden Kriterium. Nur wenn der Anteil der Fläche eines Landkreises zur Fläche des Landes höher sei als der Anteil der Einwohner dieses Kreises zu den Einwohnern des Landes, profitiere dieser von der Neuregelung.
In der Finanzwissenschaft sei es allgemein anerkannt, dass bei der Bedarfsbemessung an die Bedarfsbenutzer oder Leistungsnutzer anzuknüpfen sei. Die Einwohner bildeten deshalb die entscheidende Bezugsgröße für die Finanzausstattung, die Aufgabenerfüllung und die Ausgabentätigkeit der Kommunen. Die Betrachtung der absoluten Ausgabebeträge im Verhältnis zur Fläche führe demgegenüber bei einer Regressionsanalyse zu einem unzulässigen Systembruch.
Soweit die Beschwerdeführerin zu 1. methodische Schwächen der vom NLS erstellten Regressionsanalyse geltend mache, gingen ihre Einwände fehl. Der ermittelte Steigungsparameter von 0,0034071 weiche signifikant von 0 ab, was durch ergänzende Berechnungen des LSKN belegt werde.
Der gesetzlichen Neuregelung habe zwar auch ein politischer Wille zur Einführung eines flächenbezogenen Bedarfsansatzes zugrunde gelegen. Dieser sei jedoch erst 2007 umgesetzt worden, als das NLS bei seinen regelmäßigen Kontrollberechnungen erstmals festgestellt habe, dass eine überproportionale Belastung der Ballungsräume mit den Kosten der Jugendhilfe nicht mehr bestehe.
5. Die von den Beschwerdeführern erwähnten Besonderheiten bei der Straßenbaulast in den Ballungszentren seien nach einer Statistik des LSKN, bezogen auf den Zuschussbedarf der einzelnen Kommunen pro Einwohner, nicht signifikant. Gleiches gelte auch für die Kosten pro Einwohner für die Schülerbeförderung. Im Gesetzgebungsverfahren habe man auf eine gesonderte Prüfung des Bedarfsindikators "Straßenlänge" verzichtet, weil keine hinreichend exakten und belastbaren Daten vorgelegen hätten. Ohnehin unterfalle die Auswahl der jeweiligen Kriterien dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.
6. Der Beschwerdeführerin zu 1. komme mit Blick auf das Kriterium der Bevölkerungsdichte weder eine statistische noch insgesamt eine rechtliche Ausreißerstellung zu, die der Gesetzgeber hätte gesondert berücksichtigen müssen. Zerlege man gedanklich ihr Gebiet in vier gleiche Teile, so würden sich auch die dann entstehenden vier Gebietskörperschaften homogen in die ermittelte Kostenstruktur der übrigen Landkreise einfügen. Der auf den Beweis einer Ausreißerstellung abzielende Beweisantrag der Beschwerdeführerin zu 1. sei unzulässig, weil die verfassungsrechtliche Frage, ob der Beschwerdeführerin gegenüber den übrigen Landkreisen eine berücksichtigungsbedürftige Ausreißerstellung zukomme, nicht dem statistisch-finanzwissenschaftlichen Sachverständigenbeweis zugänglich sei.
7. Der Darstellung der Beschwerdeführer, die kommunalen Spitzenverbände hätten dem Entwurf zugestimmt, ohne die konkreten Auswirkungen zu kennen, werde angesichts des Umstands, dass diese die Einführung eines Flächenfaktors bereits seit 1999 eingefordert hätten, widersprochen.
IV.
Der LSKN hat während des Verfahrens weitere Regressionsanalysen zur Ermittlung der Abhängigkeit des durchschnittlichen Zuschussbedarfs der Kommunen pro Einwohner für die Jahre 2003 bis 2005 und deren Einwohnerzahl bzw. Flächen erstellt, die die Niedersächsische Landesregierung auf Anfrage des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vorgelegt hat. Sie weisen folgende Korrelationskoeffizienten auf:
Einwohnerzahl | Fläche | |
---|---|---|
durchschnittlicher Zuschuss-bedarf pro Einwohner für sämtliche Aufgaben | -0,09 | -0,34 |
durchschnittlicher Zuschuss-bedarf pro Einwohner ohne Sozialhilfelasten | -0,18 | -0,02 |
Durchschnittlicher Zuschuss-bedarf pro Einwohner für Schülerbeförderung | -0,16 | 0,36 |
durchschnittlicher Zuschuss-bedarf pro Einwohner für Kreisstraßen | -0,18 | 0,49 |
durchschnittlicher Zuschuss-bedarf pro Einwohner für Schülerbeförderung und Kreisstraßen | -0,19 | 0,47 |
V.
In der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2010 haben Frau Dr. Ulrike Hardt vom NIW, der Beigeordnete a. D. beim Niedersächsischen Landkreistag, Herr Heinrich Albers, und auf Anregung der Beschwerdeführerin zu 1. der Leiter des Instituts für Statistik an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Leibniz Universität Hannover, Herr Professor Dr. Philipp Sibbertsen, als sachkundige Dritte Fragen des Staatsgerichtshofs und der Beteiligten zu den statistisch-methodischen Grundlagen der Regressionsanalysen des NLS und des LSKN beantwortet.
C.
Die zulässigen Verfassungsbeschwerden sind unbegründet. Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Finanzausgleichsgesetzes, des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes und des Göttingen-Gesetzes vom 12. Juli 2007 (Nds. GVBl. S. 312) ist verfassungsgemäß.
I.
Das Gesetzgebungsverfahren weist keine formellen Mängel auf; insbesondere ist kein Verstoß gegen Art. 57 Abs. 6 NV festzustellen.
Gemäß Art. 57 Abs. 6 NV sind die kommunalen Spitzenverbände anzuhören, bevor ein Gesetz erlassen wird, das unmittelbar die Kommunen berührende, allgemeine Fragen regelt. Diese Verpflichtung des Gesetzgebers sichert verfahrensrechtlich die verfassungsrechtlich verbürgte Rechtsposition der Kommunen im Gesetzgebungsverfahren ab (Nds. StGH, Urteile vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 49 und vom 27. Februar 2008, StGH 2/05, Nds. StGHE 4, 202, 223). Dem Anhörungserfordernis wird hinreichend Genüge getan, wenn die kommunalen Spitzenverbände - wie im vorliegenden Fall am 22. Mai 2007 in der 155. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport - während der Beratungen im federführenden Ausschuss des Niedersächsischen Landtags Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten (vgl. Nds. StGH, Urteil vom 6. Dezember 2007, StGH 1/06, Nds. StGHE 4, 170, 186).
Ob und in welchem Umfang der Zweck des Art. 57 Abs. 6 NV den Gesetzgeber dazu verpflichtet, den kommunalen Spitzenverbänden vor ihrer Anhörung das für das Gesetzesvorhaben entscheidende Datenmaterial zur Verfügung zu stellen (vgl. dazu bei der Anhörung der durch eine Neugliederung oder Gebietsänderung betroffenen Kommunen Nds. StGH, Urteil vom 14. Februar 1979, StGH 2/77, Nds. StGHE 2, 1, 3 LS 6, 146 ff.; ferner BVerfG, Beschlüsse vom 12. Mai 1992, 2 BvR 470, 650, 707/90, BVerfGE 86, 90, 107 f. und vom 20. November 2002, 2 BvR 329/97, BVerfGE 107, 1, 24 f. [BVerfG 19.11.2002 - 2 BvR 329/97]), bedarf hier keiner Klärung. Den kommunalen Spitzenverbänden standen nämlich spätestens seit Übersendung des Einladungsschreibens vom 19. März 2007 umfangreiche Modellrechnungen des NLS zur Verfügung, aus denen die „Gewinner und Verlierer“ der gesetzlichen Neuregelung am Maßstab der Zuweisungen für 2006 unter Berücksichtigung der alten und der fiktiven neuen Rechtslage ersichtlich waren. Dementsprechend belegen auch die Stellungnahmen der Kommunalen Spitzenverbände bei der Anhörung vom 22. Mai 2007, dass diesen die finanziellen Auswirkungen bei den einzelnen Kommunen bewusst waren.
II.
Materiellrechtlicher Prüfungsmaßstab für die angegriffene Vorschrift ist die in Art. 57 und 58 NV verankerte Selbstverwaltungsgarantie. Nach Art. 57 Abs. 1 NV verwalten die Gemeinden und Landkreise (= Kommunen) ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung. Art. 57 Abs. 3 NV konkretisiert diese Regelung hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der eigenen Angelegenheiten und weist den Gemeinden die ausschließliche Trägerschaft für die gesamten öffentlichen Aufgaben zu, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Art. 57, 58 NV verwirklichen für das Land Niedersachsen die bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 GG) und haben nach Entstehungsgeschichte und Zweck jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art. 28 Abs. 1 Sätze 2 und 3 und Abs. 2 GG (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995, StGH 2, 3, 6 bis 10/93, Nds. StGHE 3, 136, 155 f.; Urteile vom 15. November 1997, StGH 14/95 u. a., Nds. StGHE 3, 299, 311, vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., LVerfGE 12, 255, 273, vom 6. Dezember 2007, StGH 1/06, Nds. StGHE 4, 170, 181 f. und vom 27. Februar 2008, StGH 2/05, Nds. StGHE 4, 202, 214 f.).
Art. 58 NV verpflichtet das Land, den Kommunen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel entweder durch Erschließung eigener Steuerquellen oder im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit durch übergemeindlichen Finanzausgleich zur Verfügung zu stellen. Anders als der auf den übertragenen Wirkungskreis bezogene Art. 57 Abs. 4 NV bezieht sich Art. 58 NV also auf die Ausstattung der Kommunen mit den Finanzmitteln, die für die Erfüllung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises einschließlich der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben notwendig sind. Kernelement des an die bundesverfassungsrechtlichen Regelungen des Finanzausgleichs in Art. 106 Abs. 5, 5a, 6 und 7 GG anknüpfenden gesetzlichen Ausgleichsmechanismus des Landes ist die Errichtung eines Systems finanzkraftabhängiger Schlüsselzuweisungen, das nicht nur die Finanzierung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Kommunen sichern soll, sondern auch dem Ziel dient, bestehende Finanzkraftunterschiede zu mildern. Durch eine Annäherung der Finanzausstattung der Kommunen sollen auch die ursprünglich finanzkraftschwachen Kommunen so gestärkt werden, dass sie zu einer eigenverantwortlichen Entwicklung und Aufgabengestaltung befähigt werden (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995, StGH 2, 3, 5 bis 10/93, Nds. StGHE 3, 136, 164; Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 56).
Die Aufgabenbezogenheit der Finanzgarantie des Art. 58 NV und das Ziel der Aufgabengerechtigkeit des Finanzausgleichs verlangen, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des vertikalen Finanzausgleichs zwischen Land und Kommunen die Höhe der erforderlichen Finanzmittel und damit auch Art und Umfang der zu erledigenden Aufgaben der Kommunen kennt und nachvollziehbar einschätzt (Nds. StGH, Urteile vom 25. November 1997, StGH 14/95 u. a., Nds. StGHE 3, 299, 315 und vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 57). Auch bei der horizontalen Verteilung der Schlüsselmasse auf die einzelnen Kommunen bildet das Leitbild eines aufgabengerechten Finanzausgleichs den verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt (Nds. StGH, Urteile vom 25. November 1997, a. a. O., S. 319 und vom 16. Mai 2001, a. a. O., S. 60). Innerhalb dieser Grenzen steht dem Gesetzgeber ein weiter, verfassungsgerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum bei der Auswahl der Kriterien für die Bestimmung des aufgabenbezogenen Finanzbedarfs zu (Nds. StGH, Urteil vom 25. November 1997, a.a.O., S. 320).
Geht es um die Ermittlung der Finanzkraft der Gemeinden und Landkreise, so kann das Land nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs alle erzielten oder erzielbaren Einkünfte der Kommunen berücksichtigen. Demgegenüber ist für die Bestimmung des notwendigen Finanzbedarfs der einzelnen Kommunen die Festlegung fiktiver Maßstäbe und damit das Abstrahieren vom Ausgabeverhalten konkreter Kommunen unumgänglich, weil anderenfalls Ausgabefreudigkeit belohnt und sparsames Finanzgebaren bestraft würde. Dem Gesetzgeber obliegt daher die gesetzliche Fixierung abstrakter Bedarfsindikatoren. Diese Indikatoren müssen zur Gewährleistung der Aufgabengerechtigkeit des Finanzausgleichs die mit der Erfüllung bestimmter Aufgaben verbundenen Kosten realitätsgerecht abbilden (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 60).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Einführung eines Sonderbedarfsansatzes für die Aufgaben der Kreisstraßenbaulast und der Schülerbeförderung und die Verteilung der darauf bezogenen zusätzlichen Einwohner nach dem Verhältnis der Flächen der Landkreise als verfassungsgemäß. Ein Verstoß gegen das in Art. 58 NV verankerte Verbot der Übernivellierung bestehender Finanzkraftunterschiede auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte durch die Gewährung der Schlüsselzuweisungen nach neuer Rechtslage ist nicht feststellbar (1.). Bei der Einführung des Sonderbedarfsansatzes für die beiden Kreisaufgaben hat der Gesetzgeber auch das Harmonisierungsgebot des Art. 58 NV gewahrt (2.). Schließlich verstößt die Neuregelung weder gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot noch gegen den Grundsatz der System- und Aufgabengerechtigkeit des Finanzausgleichs (3.).
1. Nach der Rechtsprechung des Nds. StGH und auch der anderen Landesverfassungsgerichte wird der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des horizontalen kommunalen Finanzausgleichs durch das (Über-)Nivellierungsverbot begrenzt. Der Finanzausgleich soll vorhandene Finanzkraftunterschiede der Kommunen durch die Gewährung von Landesmitteln mildern, sie aber nicht völlig abbauen oder gar im Ergebnis bewirken, dass die tatsächliche Finanzkraftreihenfolge der Kommunen umgekehrt wird. Diese verfassungsrechtliche Grenze folgt aus dem in Art. 58 NV verwendeten Ausgleichsbegriff selbst. Auch findet sie ihre Rechtfertigung im Willkürverbot, wonach wesentlich Ungleiches nicht gleich behandelt werden darf (BayVerfGH, Entscheidung vom 12.01.1998 Vf. 24-VII-94, BayVBl 1998, 207 = Juris Rdnr. 86), und in dem der kommunalen Selbstverwaltung innewohnenden Prinzip der Eigenverantwortung. Ein Ausgleichssystem, das finanzschwachen Kommunen jeden Anreiz nimmt, ihre Finanzkraft zu verbessern, oder es für finanzstärkere Kommunen finanziell attraktiv macht, sich statt selbstverantwortlicher Anspannung der eigenen Finanzkraft über den allgemeinen Finanzausgleich zu finanzieren, ist mit dem Prinzip der Eigenverantwortung und mit der Verfassung unvereinbar (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995, StGH 2, 3, 6 bis 10/93, Nds. StGHE 3, 136, 164; Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99, Nds. StGHE 4, 31, 60; so auch LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Juni 2006, LVG 7/05, LVerfGE 17, 410, 430 f.; ThürVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2005, VerfGH 28/03, LVerfGE 16, 593, 652; LVerfG Bbg, Urteil vom 16. September 1999, VfGBbg 28/98, LVerfGE 10,237, 250; VerfGH NW, Urteile vom 9. Juli 1998, VerfGH 16/96, 7/97, NWVBl. 1998, 390 = Juris Rdnr. 62; vom 1. Dezember 1998, VerfGH 5/97, NWVBl. 1999, S. 136, 138 = Juris Rdnr. 37 und vom 11. Dezember 2007, VerfGH 10/06, NWVBl. 2008, S. 223 = Juris Rdnr. 71; BayVerfGH, Entscheidungen vom 12. Januar 1998, Vf. 24-VII-94, BayVBl. 1998, S. 207 = Juris Rdnr. 86; vom 28. November 2007, Vf. 15-VII-05, Juris Rdnr. 239).
Ein in solcher Weise über das Ziel der Annäherung der Finanzausstattung der Kommunen hinausgehender völliger oder weitgehender Abbau der bestehenden Finanzkraftunterschiede ist für die Haushaltsjahre 2007 bis 2009 nicht zu verzeichnen.
Die vor dem Eingreifen des finanzausgleichsrechtlichen Instrumentariums vorhandene Finanzkraftreihenfolge der Landkreise ist durch die Finanzausgleichsmechanismen, insbesondere auch durch die Einführung des flächenbezogenen Sonderbedarfsansatzes für die beiden Aufgaben der Kreisstraßen und der Schülerbeförderung, nicht verändert worden (vgl. NLS, Kommunaler Finanzausgleich 2007, L II/S -j/07, Statistische Berichte Niedersachsen, September 2007, S. 31; LSKN, Kommunaler Finanzaugleich 2008, L II/S -j/08, Statistische Berichte Niedersachsen, September 2008, S. 27; LSKN, Kommunaler Finanzausgleich 2009, L II/S -j/09, Statistische Berichte Niedersachsen, September 2009, S. 27).
Soweit die Beschwerdeführer die Aussagekraft dieser Erhebungen wegen ihrer Bezugsgrößen und mit Blick auf die tatsächliche Einnahmen- und Ausgabensituation einzelner Kommunen in Zweifel ziehen, können sie hiermit nicht durchdringen.
Bei der Aufstellung einer Finanzkraftreihenfolge auf der Ebene der Landkreise bilden in Niedersachsen, seit Jahren praktiziert und anerkannt, deren Umlagekraftmesszahlen nur eine Ausgangsgröße, weil sie für die jeweiligen Kommunen mit ihren unterschiedlichen Größen und dementsprechend unterschiedlichen Haushaltsvolumina durch den Bezug auf die Einwohnerzahl vergleichbar gemacht werden müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. November 1999, 2 BvF 2, 3/98, 1, 2/99, BVerfGE 101, 158, 223 = Juris Rdnr. 285). Dazu wird der Finanzkraftindikator durch den normativ bestimmten notwendigen Finanzbedarf, also im vorliegenden Fall durch den Bedarfsansatz der Einwohnerzahl zuzüglich der Einwohnererhöhungswerte dividiert, um zu ermitteln, welcher Betrag der einzelnen Kommune pro Einheit des Bedarfsansatzes als Bedarfsdeckungsquote zur Verfügung steht (so auch als sachgerecht bestätigt in Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 64; ähnlich VerfGH NW, Urteil vom 11. Dezember 2007, VerfGH 10/06, NWVBl. 2008, S. 223 = Juris Rdnr. 72). NLS bzw. LSKN haben bei ihren Berechnungen der Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben jeweils in Spalte 5 die Umlagekraftmesszahlen der Landkreise und kreisfreien Städte durch ihren Bedarfsansatz dividiert und dann in Spalte 6 deren Rangplatz vor der Gewährung der Schlüsselzuweisungen bestimmt. In den Spalten 10 und 11 sind die gleichen Berechnungen unter Berücksichtigung der Umlagekraftmesszahlen je Einheit Bedarfsansatz zuzüglich der Schlüsselzuweisungen dokumentiert. Es ergab sich die gleiche Rangfolge.
Die Vertreter des LSKN und die sachkundigen Dritten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof nachvollziehbar erläutert, dass diese Darstellung nicht – wie es auf den ersten Blick erscheinen könnte – tautologisch ist. Der Nachweis gleichbleibender Reihenfolge ist vielmehr Ergebnis der strukturellen Absicherung des Übernivellierungsverbots im niedersächsischen System der Schlüsselzuweisungen. Das methodische Vorgehen ist damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Auch das in Art. 58 NV verankerte Harmonisierungsgebot ist durch die Neuregelung in Art. 1 Nr. 3 ÄndG NFAG nicht verletzt worden.
Der übergemeindliche Finanzausgleich dient dem angemessenen Ausgleich der Finanzkraftunterschiede der Kommunen durch Gewährung von allgemeinen Schlüsselzuweisungen des Landes. Bestehende Ungleichheiten sollen dabei abgemildert werden. Das Sozialstaatsprinzip (vgl. Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG) und das Leitbild der "Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" (vgl. Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 GG) bzw. der "Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse" (vgl. Art. 72 Abs. 2 GG) fordern ein annähernd gleiches Versorgungsniveau in den Kommunen. Wenn die Finanzlage des Landes die Bereitstellung eines Ausgleichsvolumens erlaubt, muss dieses folglich unter den Kommunen so verteilt werden, dass es zu einer Annäherung ihrer Finanzausstattung kommt und auch die ursprünglich finanzschwachen Kommunen so gestärkt werden, dass sie zu einer eigenverantwortlichen Entwicklung und Aufgabengestaltung befähigt werden (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995, 2, 3, 6 bis 10/93, Nds. StGHE 3, 136, 164; Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 57; VerfGH NW, Urteil vom 11. Dezember 2007, VerfGH 10/06, NWVBl. 2008, S. 223 = Juris Rdnr. 66 m. w. N.).
Ob dieses Ziel der Annäherung erreicht ist, durfte der Gesetzgeber am Maßstab der normativ bestimmten Umlagekraft pro Einheit des Bedarfsansatzes als Deckungsquote ermitteln.
Unter Berücksichtigung der vom NLS bzw. ab 2008 vom LSKN erstellten Zusammenstellungen der Berechnungsgrundlagen und Zuweisungen bei den Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben (NLS, Kommunaler Finanzausgleich 2007, L II/S-j/07, a.a.O. S. 31; LSKN, Kommunaler Finanzausgleich 2008, L II/S-j/08, a.a.O. S. 27; ders., Kommunaler Finanzausgleich 2009, L II/S-j/09, a.a.O. S. 27) zeigen sich folgende Werte:
vor Gewährung der Zuweisungen | nach Gewährung der Zuweisungen | |
---|---|---|
Landesweite durchschnittliche Umlagekraftmesszahlen je Einheit Bedarfsansatz | 189,33 € 2007 | 279,86 € 2007 |
Umlagekraftmesszahlen je Einheit Bedarfsansatz der finanzstärksten Kommune (Stadt Wolfsburg) | 344,44 € 2007 | 344,44 € 2007 |
Abweichung vom landesweiten Durchschnitt absolut | + 155,11 € 2007 | + 64,58 € 2007 |
Abweichung vom landesweiten Durchschnitt prozentual | 81,93 v. H. 2007 | 23,08 v. H. 2007 |
Umlagekraftmesszahlen je Einheit Bedarfsansatz der finanzschwächsten Kommune (Landkreis Lüchow-Dannenberg) | 128,68 € 2007 | 264,36 € 2007 |
Abweichung vom landesweiten Durchschnitt absolut | ./. 60,65 € 2007 | ./. 15,50 € 2007 |
Abweichung vom landesweiten Durchschnitt prozentual | 32,03 v. H. 2007 | 5,54 v. H. 2007 |
In allen drei Haushaltsjahren hat sich der Abstand sowohl der finanzkraftschwächsten als auch der finanzkraftstärksten Kommunen durch die Gewährung der Schlüsselzuweisungen an den landesweiten Durchschnitt angenähert. Dass die finanzkraftschwächsten Kommunen auch unter Berücksichtigung der Schlüsselzuweisungen zu einer eigenverantwortlichen Entwicklung und Aufgabengestaltung nicht in der Lage gewesen wären, lässt sich dagegen nicht feststellen.
Soweit der Beschwerdeführer zu 2. eine Verletzung des Harmonisierungsgebots in Art. 58 NV schon dann annehmen will, wenn von der Änderung eines einzelnen Parameters zur Berechnung des notwendigen Finanzbedarfs oder der Leistungskraft der Kommunen in erster Linie finanzkraftstärkere Kommunen profitieren, überdehnt er die normative Reichweite dieses Grundsatzes. Art. 58 NV normiert für den Gesetzgeber das Gebot, den Kommunen die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Um diesen Finanzbedarf zu ermitteln, muss der Gesetzgeber eine typisierende Bedarfsanalyse erstellen, die im Gegensatz zu der nach Art. 57 Abs. 4 NV erforderlichen Kostenanalyse die Autonomie der Kommunen bei der Entscheidung über das Ob und den Umfang der Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben sowie über die Strukturen der Aufgabenwahrnehmung bei den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben wahren muss (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995, StGH 2, 3, 6 bis 10/93, Nds. StGHE 3, 136, 163; Urteile vom 25. November 1997, StGH 14/95 u. a., Nds. StGHE 3, 299, 315 und vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 299, 31, 57). Wäre der Gesetzgeber gezwungen, die Ausgleichswirkung eines jeden Finanzbedarfsansatzes im Hinblick auf die unterschiedliche Finanzkraft der betroffenen Kommunen zu überprüfen, würde sich der Charakter des kommunalen Finanzausgleichs in ein verfassungsrechtlich unzulässiges Erstattungssystem einzelner Aufgabenbereiche verwandeln. Überdies ist die Argumentation des Beschwerdeführers zu 2. insoweit methodisch unzulässig, als er seine Behauptung, ein nicht unbeachtlicher Anteil finanzkraftstarker Kommunen würde durch die Einführung des flächenbezogenen Bedarfsansatzes zulasten der Schwächeren profitieren, auf die finanziellen Auswirkungen im Vergleich zur alten Rechtslage stützt. Aus Art. 58 NV in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes lässt sich jedoch ein Vertrauenstatbestand der Kommunen in den unveränderten Fortbestand einer einmal erreichten Struktur oder eines einmal erreichten Standards des Finanzausgleichs nicht ableiten. Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei, veränderte Rahmenbedingungen, neue Erkenntnisse oder gewandelte Präferenzen bei der Umgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs zu berücksichtigen (VerfGH NW, Urteil vom 8. April 2003, VerfGH 2/02, NWVBl. 2003, 261 = Juris Rdnr. 41; vgl. ferner BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Januar 1998, Vf. 24-VII-94, BayVBl. 1998, S. 207, 237 = Juris Rdnr. 80 m. w. N.). Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Art. 1 Nr. 3 ÄndG NFAG ist die bisherige Regelung des Bedarfsansatzes in § 7 NFAG a. F. somit nicht als Maßstab geeignet.
3. Nach der Rechtsprechung des Nds. StGH steht dem Gesetzgeber bei der Auswahl von Kriterien für die Verteilung des Hauptansatzes ein weiter, verfassungsgerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum zu (Nds. StGH, Urteil vom 25. November 1997, StGH 14/95 u. a., Nds. StGHE 3, 299, 319 f.). Dieser Gestaltungsspielraum wird verfassungsrechtlich durch das in Art. 58 NV normierte Gebot eines aufgabengerechten Finanzausgleichs begrenzt. Die gesetzlich festzulegenden abstrakten Bedarfsindikatoren zur Bestimmung des notwendigen Finanzbedarfs der Kommunen müssen die mit der Erfüllung bestimmter Aufgaben verbundenen Kosten realitätsnah abbilden (Nds. StGH, Urteile vom 25. November 1997, StGH 14/95 u. a., Nds. StGHE 3, 299, 319 und vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 60). Der Gesetzgeber ist verpflichtet, seinen Entscheidungen über die Ausgestaltung des horizontalen kommunalen Finanzausgleichs aktuelle finanzwissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde zu legen und seine Erwägungen nachvollziehbar zu begründen (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 61, 64 ff.). Er muss sich ferner kontinuierlich der Richtigkeit der von ihm bei der Gestaltung des Verteilungsmodus vorausgesetzten Prämissen vergewissern und ggf. neuen finanzwissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung tragen (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., a. a. O., S. 65 f.). Ein Verstoß gegen das Gebot der Aufgabengerechtigkeit liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn sich in den Gesetzesmaterialien für die gesetzliche Ausgestaltung eine plausible und nachvollziehbare Begründung finden lässt (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 66 f.).
Speziell zu den abstrakten Indikatoren bei der Bemessung des notwendigen Finanzbedarfs der Landkreise hat der Niedersächsische Staatsgerichthof Folgendes ausgeführt:
"Aus dem Umstand, dass die zur Bedarfsermittlung herangezogenen Faktoren die mit der Aufgabenerfüllung verbundenen Kosten realitätsgerecht abbilden müssen, ergibt sich wegen der besonderen territorialen Bezogenheit bestimmter Aufgaben außerdem, dass als Kriterium für die Verteilung der Schlüsselzuweisungen auf die Kommunen auch die Heranziehung ihrer Fläche erforderlich sein kann. So hat der Staatsgerichtshof bereits zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls bei den Landkreisen die Zahl der Einwohner nicht notwendig im Verhältnis zur Fläche des Landkreises steht, und dass die Eigenart mancher Aufgaben der Landkreise bewirken kann, dass die Fläche ein wesentlicher Kostenfaktor ist. Dies gilt z. B. für die Straßenbaulast und für die Schülerbeförderung (Nds. StGHE 3, 299, 319). Verzichtet der Gesetzgeber gleichwohl auf ein Flächenkriterium, bewegt er sich nur dann innerhalb des ihm von Verfassungs wegen zustehenden Gestaltungsspielraums, wenn er seine Entscheidung unter Berücksichtigung der im Entscheidungszeitpunkt aktuellen finanzwissenschaftlichen Erkenntnisse nachvollziehbar begründet und die Aufgabengerechtigkeit der Finanzzuweisungen - speziell im Hinblick auf die flächenbedingt entstehenden Kosten - trotz des Verzichts auf flächenabhängige Verteilungskriterien sichergestellt ist."
(Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 61).
Andere Landesverfassungsgerichte leiten die Schranken des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht nur aus den Parallelbestimmungen zu Art. 58 NV ab, sondern beziehen sich im Sinne einer eigenen Begründung auf das im Rechtsstaatsprinzip verankerte objektive Willkürverbot in den Ausprägungen des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots (vgl. nur VerfGBbg, Beschlüsse vom 18. Mai 2006, VfGBbg 39/04, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, S. 9 und vom 18. Mai 2006, VfGBbg 278/03, LVerfGE 17, 91, 117 f.; Urteile vom 22. November 2007, VfGBbg 75/05, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, S. 14; vom 29. August 2002, VfGBbg 34/01, LVerfGE 13, 159, 174 und vom 16. September 1999, VfGBbg 28/98, LVerfGE 10, 238, 246; LVerfG MV, Urteile vom 11. Mai 2006, LVerfG 1, 5, 9/05, LVerfGE 17, 297, 318 und vom 18. Dezember 2003, LVerfG 13/02, LVerfGE 14, 293, 302 f.; LVerfG NW, Urteile vom 6. Juli 1993, VerfGH 9, 22/92, NVwZ 1994, 68 [VerfGH Nordrhein-Westfalen 06.07.1993 - VerfGH 22/92], vom 9. Juli 1998, VerfGH 16/96, 7/97, NWVBl. 1998, S. 1280 = Juris Rdnr. 63, 86, vom 8. April 2003, VerfGH 2/02, NWVBl. 2003, S. 261 = Juris Rdnr. 38 und vom 11. Dezember 2007, VerfGH 10/06, NWVBl. 2008, 223 = Juris Rdnr. 61; BayVerfGH, Entscheidung vom 27. Februar 1997, Vf. 17-VII-94, BayVBl. 1998, S. 207, 237 = Juris Rdnr. 81 f.; vom 6 Februar 2007, Vf. 14-VII-04, BayVBl. 2007, S. 364 = Juris Rdnr. 47; StGH BW, Urteil vom 4. Mai 1998, GR 1/96, LVerfGE 8, 3, 24; VerfGH Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 30. Januar 1998, N 2/97, DVBl. 1998, NVwZ-RR 1998, S. 607 = Juris Rdnr. 40) und des Grundsatzes der Systemgerechtigkeit (VerfGH NW, Urteile vom 9. Juli 1998, VerfGH 2/02, NWVBl. 1998, S. 390 = Juris Rdnr. 63 und vom 8. April 2003, VerfGH 2/02, NWVBl. 2003, S. 261 = Juris Rdnr. 39; vom 11. Dezember 2007, VerfGH 10/06, NWVBl. 2008, S. 223 = Juris Rdnr. 62, jeweils m. w. N.).
Ob das rechtsstaatliche Willkürverbot und seine Ausprägungen in Art. 58 NV aufgehen (so Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995, StGH 2, 3, 6 bis 10/93, Nds. StGHE 3, 136, 156; Urteil vom 11. Juni 2007, StGH 1/05, Nds. StGHE 4, 152, 161, 164) oder einen selbständigen verfassungsrechtlichen Maßstab bilden, kann unterdessen offen bleiben, weil die zu diesen Prinzipien entwickelten Grundsätze zumindest als integrierte Bestandteile des Art. 58 NV bei der Überprüfung der angegriffenen Regelungen heranzuziehen sind (vgl. Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 61 zum grundsätzlichen Gebot der Gleichbehandlung aller Kommunen und vom 11. Juni 2007, StGH 1/05, Nds. StGHE 4, 152, 164 f., 166 zum interkommunalen Gleichbehandlungsgebot).
Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbietet es nach einer vom Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ständig verwandten und von den übrigen Landesverfassungsgerichten in ähnlicher Form gebrauchten Umschreibung,
"bei der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs bestimmte Gemeinden oder Gemeindeverbände sachwidrig zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Es verbietet willkürliche, sachlich nicht vertretbare Differenzierungen und ist verletzt, wenn für die Regelung ein sachlicher Grund fehlt. Das Verfassungsgericht hat dabei nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die bestmögliche und gerechteste Lösung gewählt hat (Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Dezember 1998, DVBl. 1999, 391). In Respektierung der politischen Handlungs- und Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist auch nicht zu prüfen, ob die Regelung notwendig oder gar unabweisbar ist. Der Gesetzgeber darf innerhalb gewisser Grenzen im Rahmen der Gemeindefinanzierung auch ihm zweckmäßig Erscheinendes verfolgen. Ihm kommt insoweit ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, der gewahrt ist, wenn sich der Gesetzgeber auf eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung stützt (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 18. Juni 1998, - VfGBbg 17/97 -, LVerfGE 8, 97, 139 und vom 29. August 2002, a. a. O. [LVerfGE 13, 159, 174])." (Beschluss vom 18. Mai 2006, VfGBbg 39/04, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, S. 9)
Den Bedeutungsgehalt des Grundsatzes der Systemgerechtigkeit umschreibt der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen wie folgt:
"Nach welchem System der Gesetzgeber eine bestimmte Materie ordnen will, obliegt seiner Entscheidung. Weicht er vom selbstbestimmten System ab, kann das einen Gleichheitsverstoß indizieren (BVerfGE 61, 138, 148 f.; 68, 237, 253; 81, 156, 207). Ein solcher liegt nicht vor, wenn es für die Abweichung plausible Gründe gibt (VerfG NRW, OVGE 46, 262, 270 f. = NWVBl. 1997, 129, 132; OVGE 49, 271, 275 = NWVBl. 2003, 261, 263)." (Urteil vom 11. Dezember 2007, VerfGH 10/06, NWVBl. 2008, S. 223 = Juris Rdnr. 62)
Bei der Frage, ob eine Ungleichbehandlung der Kommunen oder ein Systembruch durch einen sachlichen Grund zu rechtfertigen ist, ziehen die Landesverfassungsgerichte unterschiedliche Beurteilungsgrundlagen heran. Die Sachgerechtigkeit einer solchen Regelung wird vom Verfassungsgericht des Landes Brandenburg schon dann bejaht, wenn sich ein objektiver sachlicher Grund zu ihrer Rechtfertigung finden lässt, selbst wenn dieser im Gesetzgebungsverfahren keinen Niederschlag gefunden hat (vgl. VerfG Bbg, Beschluss vom 18. Mai 2006, VfGBbg 39/04, LVerfGE 17, 103, 119 f.; VerfGH NW, Urteile vom 9. Juli 1998, VerfGH 16/96, 7/97, NWVBl. 1998, S. 390 = Juris Rdnr. 64 und vom 8. April 2003, VerfGH 2/02, NWVBl. 2003, S. 261 = Juris Rdnr. 45 - 47; VerfGH Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 30. Januar 1998, N 2/97, NVwZ-RR 1998, S. 607 = Juris Rdnr. 27). Andere Verfassungsgerichte stellen an das Gesetzgebungsverfahren für den kommunalen Finanzausgleich gesteigerte Anforderungen. Sie verlangen im Grundsatz die Nachvollziehbarkeit der Regelungen auf der Grundlage einer Bedarfs- und Einnahmeermittlung der Kommunen; dabei muss in den Gesetzesmaterialien objektiv erkennbar sein, dass die entsprechenden Berechnungen Eingang in den Entscheidungsprozess des Gesetzgebers gefunden haben (BayVerfGH, Entscheidung vom 28. November 2007, Vf. 15 VII-05, Juris Rdnr. 214, 222; StGH BW, Urteil vom 10. Mai 1999, GR 2/97, LVerfGE 10,3, 30; ThürVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2005, VerfGH 28/03, LVerfGE 16, 593, 648, 650 f.; VerfG Bbg, Urteil vom 16. September 1999, VfGBbg 28/98, LVerfGE 10, 237, 245). Auch der Niedersächsische Staatsgerichtshof verlangt bei der Überprüfung einer gesetzgeberischen Entscheidung über die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs eine nachvollziehbare Begründung unter Berücksichtigung der aktuellen finanzwissenschaftlichen Erkenntnisse (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99, Nds. StGHE 4, 31, 61).
Ob wegen der Verankerung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots und des Gebots der Systemgerechtigkeit im Rechtsstaatsprinzip ein rein objektiver Maßstab anzuwenden (vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1993, 1 BvL 34/81, BVerfGE 89, 132, 141 und vom 18. Juli 2005, 2 BvF 2/01, BVerfGE 113, 167, 262; Nds. StGH, Urteil vom 14. Februar 1979, StGH 2/77, Nds. StGHE 2, 1, 155) oder wegen des aus Art. 58 NV abgeleiteten Grundsatzes der Aufgabengerechtigkeit des Finanzausgleichs ausschließlich auf die dokumentierten Erwägungen des historischen Gesetzgebers abzustellen ist, kann im vorliegenden Fall unentschieden bleiben. Selbst unter Beachtung der engeren Beurteilungsgrundlage ist die gesetzgeberische Entscheidung zur Einführung eines Sonderbedarfsansatzes für die Aufgaben der Kreisstraßen und der Schülerbeförderung dem Grunde nach nicht zu beanstanden (a). Das in § 7 Abs. 1 Satz 3 NFAG n. F. geregelte Verteilungskriterium der Fläche ist im Gesetzgebungsverfahren nachvollziehbar begründet worden und damit sachgerecht (b). Der Gesetzgeber hat den durch das interkommunale Gleichbehandlungsgebot gezogenen verfassungsrechtlichen Rahmen auch nicht dadurch verlassen, dass er keine Sonderregelung für die Beschwerdeführerin zu 1. vorgesehen hat (c).
a) Mit Blick auf den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NFAG n. F. neu geschaffene Sonderbedarfsansatz für die Schülerbeförderung und die Kreisstraßen und seine Gewichtung im Vergleich zu den übrigen Bedarfsansätzen in § 7 Abs. 2 Satz 2 NFAG.
Die Entscheidung des Gesetzgebers beruht auf den finanzwissenschaftlichen Untersuchungen des NLS zu den Jahresergebnissen 2003 bis 2005, wonach die Nettoausgaben für Jugendhilfeleistungen in der Fläche weitaus stärker angestiegen waren als in den Ballungsräumen, die Niveauunterschiede sich somit nachhaltig verringert hatten. Die Korrelation der durchschnittlichen Zuschussbedarfe der Jahre 2003 bis 2005 pro Einwohner für die Schülerbeförderung und die Kreisstraßen ergaben nach wie vor hohe Korrelationskoeffizienten in Bezug auf die Fläche pro Einwohner, während bei der Jugendhilfe nunmehr ein Korrelationskoeffizient bei nahe 0 festgestellt wurde (NLS, Kommunaler Finanzausgleich 2007, L II/S -j/07, S. 5 und Grafik 5 [Seite 20]). Gerade unter Berücksichtigung der Ausführungen des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs zur Aufgabengerechtigkeit des Verteilungskriteriums der Einwohnerzahl bei den Kreisaufgaben der Kreisstraßen und der Schülerbeförderung (Nds. StGH, Urteile vom 25. November 1997, StGH 14/95, Nds. StGHE 3, 299, 319 und vom 16. Mai 2001, StGH 6/99, Nds. StGHE 4, 31, 61, 66) ist die Begründung für die Einführung des Sonderbedarfsansatzes in den Gesetzesmaterialien (Nds. LT-Drs. 15/3748, S. 11) eingehend und nachvollziehbar. Die Schaffung eines Sonderbedarfsansatzes unter Abkehr vom Verteilungskriterium der Einwohnerzahl wird deshalb der verfassungsrechtlich geforderten Aufgabengerechtigkeit der finanzausgleichsrechtlichen Regelung gerecht. Dies gilt auch für die Gewichtung des Sonderbedarfsansatzes im Vergleich zu den bisherigen Bedarfsansätzen mit 9,7 v. H., die auf den vom NLS festgestellten Relationen der durchschnittlichen Zuschussbedarfe der Jahre 2003 bis 2005 beruht (NLS, Kommunaler Finanzausgleich 2007, L II/S -j/07, S. 20 Tabelle 5).
Aus dem Umstand, dass die Parteien der Mehrheitsfraktionen im Niedersächsischen Landtag in ihrer Koalitionsvereinbarung für die 15. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtages 2003 bis 2008 unter Abschnitt 7 in Absatz 5 vereinbart hatten, "die gegenwärtigen Strukturen des kommunalen Finanzausgleichs mit dem Ziel verändern (zu wollen), die freien Mittel im kommunalen Finanzausgleich zu erhöhen und einen angemessenen Ausgleich für die kommunalen Gebietskörperschaften in der Fläche zu erreichen", folgt kein anderes Ergebnis. Die gesetzliche Verankerung des Sonderbedarfsansatzes erfolgte nicht etwa ungeprüft zu Beginn der Legislaturperiode, sondern erst, als das Datenmaterial des NLS über die Verschiebung der Belastungsrelationen für die Jugendhilfe von den Ballungsräumen zu den Flächenlandkreisen vorlag.
b) Das in § 7 Abs. 1 Satz 3 NFAG n. F. geregelte Verteilungskriterium der Fläche ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat sich zur Begründung der Einführung dieses Faktors auf die vom NLS erstellte Regressionsanalyse zwischen dem Zuschussbedarf pro Einwohner und der Einwohnerdichte, definiert als Fläche pro Einwohner, gestützt. Diese Begründung ist nachvollziehbar und damit geeignet, die Einführung des Flächenfaktors zu rechtfertigen. Soweit die Beschwerdeführer demgegenüber die Aussagekraft dieser Regressionsanalyse bezweifeln, folgt der Staatsgerichtshof ihnen unter Würdigung der Äußerungen der sachkundigen Dritten in der mündlichen Verhandlung nicht.
Der vom NLS ermittelte Korrelationskoeffizient von 0,80 kennzeichnet nach den überzeugenden Ausführungen der angehörten sachkundigen Dritten eine hoch signifikante Abhängigkeit zwischen den untersuchten Bezugsgrößen. Mit der statistisch belegten Abhängigkeit der aufgabenbezogenen Kosten und der Bevölkerungsdichte lässt sich auch die Einführung des Verteilungskriteriums der Fläche rechtfertigen. Nach den Ausführungen der sachkundigen Dritten wirkt das im Gesetz verankerte Verteilungskriterium des Verhältnisses der Flächen der einzelnen Landkreise zueinander faktisch dichteabhängig, d.h. wie die Implementierung des durch die vorbezeichnete Korrelationsrechnung nachgewiesenen Faktors der Bevölkerungsdichte. So führt bei einem dicht besiedelten Landkreis der ihm für die Aufgaben der Kreisstraßen und Schülerbeförderung zugeordnete Einwohnererhöhungswert im Vergleich zu seiner Einwohnerzahl nur zu einer prozentual geringen Erhöhung seiner maßgeblichen Einwohnerzahlen, d.h. seines Gesamtbedarfsansatzes, während ein dünn besiedelter Landkreis im Vergleich zu seinem Einwohnerausgangswert prozentual überproportional profitiert. Durch die Neuregelung werden somit im Vergleich zur alten Rechtslage die Landkreise aufsteigend von der am dünnsten zu der am dichtesten besiedelten Gebietskörperschaft begünstigt. Mit der Neuregelung wird also im Ergebnis der statistisch belegte Zusammenhang zwischen dem Zuschussbedarf pro Einwohner und der Einwohnerdichte folgerichtig umgesetzt.
Der weitergehende Einwand der Beschwerdeführer, der Flächenfaktor könne schon deshalb nicht sachgerecht sein, weil seine Anwendung die spezifischen Zuschussbedarfe einzelner Kommunen überkompensiere, während bei anderen Kommunen die Verluste so erheblich seien, dass diesen Kommunen für die Aufgabenerledigung letztlich keine Mittel mehr zugewiesen würden, ist verfassungsrechtlich schon deshalb nicht durchschlagend, weil dem System des kommunalen Finanzausgleichs nicht die tatsächlich angefallenen Nettokosten einzelner Kommunen, sondern vielmehr eine abstrakte Bedarfsanalyse zugrunde zu legen ist.
Der Gesetzgeber hat während des Gesetzgebungsverfahrens die finanziellen Auswirkungen der Neuregelung auf die einzelnen Kommunen gekannt, weil ihm entsprechende Probeberechnungen des NLS zur Verfügung standen. Die Abgeordneten diskutierten die Sachgerechtigkeit der Regelung im Hinblick auf einzelne Landkreise in den Sitzungen des Ausschusses für Inneres und Sport, auch die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände wurden hierzu befragt. Somit hat der Gesetzgeber die finanziellen Folgewirkungen der Neuregelung bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
Der weitere Einwand der Beschwerdeführer, der Gesetzgeber habe andere sich anbietende Verteilungskriterien – insbesondere die Straßenlänge bei dem Sonderbedarfsansatz für Kreisstraßen – nicht in den Blick genommen, obwohl verlässliches Datenmaterial zur Verfügung gestanden habe und dieser Faktor die Kosten realitätsgerechter abbilden würde, kann die Sachgerechtigkeit des gewählten Flächenfaktors nicht erschüttern. Ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Aufgabengerechtigkeit läge erst dann vor, wenn der vom Gesetzgeber gewählte Bedarfsindikator zum Finanzbedarf für die Erledigung der Aufgabe ersichtlich keine Beziehung mehr aufweist, nicht schon dann, wenn es einen anderen Indikator gibt, mit dem die Abbildung realitätsgerechter gelingen könnte.
c) Indem der Gesetzgeber für die Beschwerdeführerin zu 1. keine Sonderregelung im NFAG n. F. wegen ihrer im Vergleich zu den übrigen Landkreisen herausragenden Stellung vorgesehen hat, bewegt er sich noch in den Grenzen seines verfassungsgerichtlich nicht überprüfbaren Gestaltungsspielraums. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs muss sich der Gesetzgeber bei der Festlegung der Kriterien zur Bestimmung des notwendigen Finanzbedarfs vom Ausgabeverhalten der einzelnen bzw. überhaupt konkreter Kommunen lösen und fiktive Bedarfsindikatoren festlegen (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, StGH 6/99 u. a., Nds. StGHE 4, 31, 60). Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass nicht jedem in Betracht kommenden Einzelfall durch bis ins Einzelne differenzierende Regelungen Rechnung getragen werden kann. Es ist dem Gesetzgeber folglich gestattet, bei der Gestaltung der Ausgleichsregelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle des Sachbereichs angeknüpft wird und dabei etwaige Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (BayVerfGH, Entscheidungen vom 12. Januar 1998, Vf. 24-VII-94, BayVBl. 1998, S. 207, 237 = Juris Rdnr. 82 und vom 28. November 2007, Vf. 15-VII-05, Juris Rdnr. 257; VerfGH NW, Urteil vom 8. April 2003, VerfGH 2/02, NWVBl. 2003, S. 261 = Juris Rdnr. 45).
Nach der Rechtsprechung des Nordrhein-Westfälischen Verfassungsgerichtshofs sind gesetzliche Sonderregelungen für einen „Ausreißerfall“ nur dann erforderlich, wenn im Einzelfall die Abweichungen im Stand der Verwaltungsleistungen sowie mögliche Niveauunterschiede in der wirtschaftlichen und sozialen Betreuung der Bürger in einzelnen Kommunen trotz der gewährten Schlüsselzuweisungen derart krass sind, dass ein weiterer finanzieller Ausgleich zur Angleichung der Lebensverhältnisse verfassungsrechtlich geboten ist (VerfGH NW, Urteil vom 1. Dezember 1998, VerfGH 5/97, NWVBl. 1999, S. 136 = Juris Rdnr. 57).
Eine derartige Ausnahmesituation hat die Beschwerdeführerin zu 1. nicht dargetan. Ausweislich der Berechnungen des NLS und des LSKN verfügte sie – gemessen an den absoluten Umlagekraftmesszahlen für die Jahre 2007 bis 2009 – über die mit Abstand höchste Finanzkraft der Landkreise in Niedersachsen. In der Rangfolge ihrer Umlagekraft pro Einheit Bedarfsansatz rangierte sie bei insgesamt 43 Landkreisen in diesen Jahren auf den Plätzen 5 und 6 (NLS, Kommunaler Finanzausgleich 2007, L II/S-j/07, S. 31; LSKN; Kommunaler Finanzausgleich 2008, L II/S-j/08, S. 27; ders., Kommunaler Finanzausgleich 2009, L II/S-j/09, S. 27, jeweils Spalten 4 und 6). Es bestehen keinerlei Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin zu 1. auch nach der Einführung des Verteilungskriteriums der Fläche zu einer eigenverantwortlichen Entwicklung und Aufgabengestaltung in der Lage ist.
Ob tatsächlich eine rechtlich relevante Ausreißerstellung einer Kommune erst dann zu bejahen ist, wenn die beschriebenen Grenzen überschritten sind, bedarf keiner weiteren Problematisierung, weil die vom Gesetzgeber in Bezug genommene Regressionsanalyse von einwohnerbezogenem Zuschussbedarf einerseits und qm pro Einwohner andererseits schon keine statistische Ausreißerstellung der Beschwerdeführerin zu 1. zeigt. Soweit Prof. Dr. Sibbertsen als von der Beschwerdeführerin zu 1. benannter sachkundiger Dritter in der mündlichen Verhandlung mit Bezug auf andere, vom Staatsgerichtshof zur Erläuterung erbetene Korrelationsrechnungen eine statistische Ausreißerstellung festgestellt hat, sind diese Rechnungen nicht in das Gesetzgebungsverfahren eingegangen. Nachvollziehbar hat die Landesregierung eine Bezugnahme auf diese Rechnungen sogar abgelehnt, weil sie den absoluten Zuschussbedarf und nicht den Zuschussbedarf pro Einwohner betrachten. Das Abstellen auf die Korrelationen von Zuschussbedarf und Dichte stellt sich nach dem Verständnis des Staatsgerichtshofs auch nicht als das verschleiernde Herauskürzen einer Auffälligkeit, sondern als die Untersuchung eines eigenen Bedarfsindikators dar. Hinsichtlich eben dieses Indikators besteht eine statistische Auffälligkeit der Beschwerdeführerin zu 1. nicht.
Dem Beweisantrag der Beschwerdeführerin zu 1. war folglich nicht stattzugeben, weil der beantragte Beweis aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unerheblich ist.
Nach alledem ist die Einrichtung eines Sonderbedarfsansatzes für die Aufgaben der Kreisstraßen und der Schülerbeförderung zulässig und der typisierende Bedarfsindikator der Fläche, der sich wie ein Bevölkerungsdichtefaktor auswirkt, sachgerecht, weil der Gesetzgeber die Realitätsgerechtigkeit des im Ergebnis wirksamen, abstrakten Maßstabes nachvollziehbar finanzwissenschaftlich begründet hat.
D.
Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 StGHG gerichtskostenfrei. Auslagen sind nach § 21 Abs. 2 Satz 2 StGHG nicht zu erstatten.