Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.08.1977, Az.: VII OVG B 50/77
Anwendbarkeit der Gewerbeordnung auf die Institution des Unterrichtswesens in Form eines Gewerbes für Nachhilfeunterricht; Unterrichtswesen i.S.v. § 6 Gewerbeordnung (GewO); Bedenklicher Mangel an sozialem Verantwortungsbewußtsein durch die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Rückbehaltung der von den Arbeitnehmern von ihrem Lohn einbehaltenen Anteilen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.08.1977
- Aktenzeichen
- VII OVG B 50/77
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1977, 16175
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1977:0817.VII.OVG.B50.77.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 13.06.1977 - AZ: V D 31/77
Rechtsgrundlagen
- § 6 GewO
- § 35 Abs. 1 GewO
- § 80 Abs. 5 VwGO
Fundstellen
- DVBl 1979, 293 (amtl. Leitsatz)
- VerwRspr 29, 1015 - 1020
Verfahrensgegenstand
Gewerbeuntersagung
- Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung -.
Der VII. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg hat
auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 1977
durch
den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Hennig,
die Richter am Oberverwaltungsgerichts Dr. Klein und Dr. Czajka sowie
die ehrenamtliche Richterin Mießner und
den ehrenamtlichen Richter Müller
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - V. Kammer - vom 13. Juni 1977 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Antragstellerin Unterrichtsverpflichtungen, die sie bis zum 17. August 1977 eingegangen ist, bis zum 31. August 1977 einschließlich erfüllen darf.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 12. September 1975 begründet und am 12. Februar 1976 in das Handelsregister des Amtsgerichts XXX - HR B 8061 - eingetragen. Seit Oktober 1975 läßt sie in ihren Räumen Nachhilfeunterricht im Einzel- und Gruppenunterricht für Real- und Gymnasialschüler erteilen sowie für solche Schüler die Hausaufgaben betreuen. Beim Ordnungsamt der Landeshauptstadt XXX zeigte sie ein stehendes Gewerbe "Nachhilfeunterricht in allen Real- und Gymnasialfächern" an. Die im Gesellschaftsvertrag und in der Eintragung im Handelsregister vorgesehenen anderen Kurse nahm sie nicht auf. Am 1. August 1977 beschäftigte sie zwei haupt- und zehn nebenberufliche Lehrkräfte.
Mit Verfügung vom 24. Mai 1977 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin die selbständige Ausübung ihres Gewerbes "Nachhilfeunterricht in allen real- und gymnasialen Fächern" wegen Unzuverlässigkeit ihrer geschäftsführenden Gesellschafter, weil die Antragstellerin nachhaltig ihre sozialrechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen verletzt habe, weil Vollstreckungsversuche im Verwaltungszwangsverfahren ihre Pfandlosigkeit ergeben hätten und weil ihr Geschäftsführer XXX mehrfach wegen schwerer Vermögensdelikte verurteilt worden sei. darunter wegen fortgesetzter Untreue, Urkundenfälschung und Betruges in dem von der Antragstellerin betriebenen Gewerbe. Gleichzeitig ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung dieser Verfügung unter anderem deshalb an, weil der materielle Schaden der öffentlichen Hand ständig wachse und weiter insbesondere die dringende Gefahr bestehe, daß die eingezahlten Kursusgelder nicht mehr für die Organisation des Unterrichts verwandt und die Kursusteilnehmer um ihre Gegenleistung gebracht würden.
Gleichzeitig mit ihrem Widerspruch dagegen hat die Antragstellerin das Verwaltungsgericht mit dem Ziele angerufen, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 24. Mai 1977 zu erreichen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 13. Juni 1977, auf dessen Gründe zur Ergänzung des Sachverhaltes voll inhaltlich Bezug genommen wird, abgelehnt.
Mit der dagegen gerichteten Beschwerde trägt die Antragstellerin vor: Die Anordnung des Sofortvollzuges sei nicht hinreichend begründet; das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung darüber nicht auf die Erfolgsaussicht ihres Rechtsbehelfes abstellen dürfen. Auf ihr Paukstudio seien die hier maßgeblichen Vorschriften der Gewerbeordnung nicht anwendbar. Sie sei eine freie unterrichtliche Einrichtung und als solche im Rahmen des Unterrichtswesens von der Anwendung dieser Vorschriften ausgenommen. Ihre verantwortlichen Vertreter seien nicht unzuverlässig im Hinblick auf dieses Gewerbe. Zwar habe sie unter erheblichen Anfangsschwierigkeiten gelitten, so daß Schulden aufgelaufen seien. Ihre Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen bei der AOK Hannover zum 30. April 1977 seien vom Antragsgegner mit 15.012,43 DM zu hoch angegeben; jedenfalls seien sie inzwischen niedriger. Dazu komme, daß sie mit Beginn des neuen Halbjahres die Lehrpersonen nur noch auf sozialabgabenfreier Honorarbasis beschäftige. Im Hinblick auf die Steuerschulden gegenüber dem Finanzamt XXX in Höbe von 52.298,06 DM am 2. Juni 1977 solle der Vollstreckungsbeamte jeweils montags in ihren Räumen 2.500,-- DM abholen. Die gegenüber der Landeshauptstadt XXX aufgelaufenen Steuerschulden seien inzwischen getilgt. Wegen der Vorstrafen ihres Geschäftsführers XXX könne auf ihre Unzuverlässigkeit nicht geschlossen werden, weil ihr dann überhaupt die Genehmigung zur Eröffnung des Gewerbebetriebes hätte untersagt werden müssen. Sie sei bereit den Geschäftsführer XXX abzuberufen. Das Gesellschaftsrecht erlaube es auch, ihn von der Geschäftsführung wirksam auszuschließen.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 24. Mai 1977 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er begründet seine Rechtsauffassung und die des Verwaltungsgerichts näher, wonach die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin der Gewerbeordnung unterliege und nicht zum Unterrichtswesen im Sinne der Ausnahmetatbestände der Gewerbeordnung zu rechnen sei. Er erwidert außerdem: Die Steuerrückstände der Antragstellerin seien entgegen deren Vortrag bis zum 5. Juli 1977 weiter auf 53.390,06 DM angewachsen. Erklärungen für Lohnsteuer und Umsatzsteuer fehlten ab März des Jahres. Bei der AOK bestünden nach wie vor erhebliche Rückstände. Eine Änderung der Mitarbeiterverträge werde zwar das Anwachsen der Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen mindern, erhöhe aber die befürchtete Gefahr der zweckwidrigen Verwendung von Kursgeldern erheblich. Nach den Vernehmungsprotokollen aus Ermittlungsverfahren, nach einer Anzeige wegen Betruges gegen die Geschäftsführer XXX und XXX im Rahmen der Geschäftstätigkeit der Antragstellerin sowie nach weiteren von ihm beigebrachten Unterlagen bestehe die dringende Gefahr, daß die Lehrkräfte nicht entlohnt, bestehende Verträge bestritten, Abrechnungen falsch erstellt, abgeschlossene Verträge für nicht verbindlich erklärt und ungedeckte Schecks in Umlauf gegeben würden.
Der Senat hat mit Beschluß vom 29. Juni 1977 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin bis zur Entscheidung über die Beschwerde einstweilen wiederhergestellt und Beweis erhoben über die Tätigkeitsbereiche des Unternehmens der Antragstellerin, über das Zahlungs- und Abrechnungssystem der Antragstellerin mit ihren Schülern einerseits und den Lehrkräften andererseits, über Schwierigkeiten und Unregelmäßigkeiten dabei sowie über die Rückstände der Antragstellerin an Sozialversicherungsbeiträgen.
II.
Die statthafte, insbesondere in richtiger Form und Frist eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.
II.
A
Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 4 dieser Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird. Nach § 80 Abs. 5 kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig.
Bei der somit gebotenen Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses und des privaten Interesses der Antragstellerin an dem vorläufigen Rechtsschutz sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu berücksichtigen (st. Rspr. d. Sen. vgl. Beschl. v. 25.6.1975 - VII OVG B 45/75 - m.w.Nachw.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 5.12.1974 - II OVG B 77/74 -, DVBl 1976, 81; BVerwG, v. 12.6.1964, DÖV 1965, 61 [BVerwG 12.06.1964 - VII C 43/64] und v. 1.9.1965, DÖV 1966, 34). Denn das öffentliche Vollziehungsinteresse verstärkt sich, wenn der Verwaltungsakt, für den die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist, offensichtlich rechtmäßig ist und dementsprechend das dagegen eingelegte Rechtsmittel offensichtlich erfolglos bleiben müßte. Andererseits kann kein öffentliches überwiegendes Interesse daran bestehen, einen Verwaltungsakt zu vollziehen, gegen dessen Rechtmäßigkeit begründete Bedenken bestehen. Im Hinblick auf die Berücksichtigung der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs durch das Verwaltungsgericht verkennt die Antragstellerin die unterschiedlichen Gesichtspunkte, die für die Anordnung einer sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im Verwaltungsverfahren gelten (vgl. OVG Lüneburgs Beschl. v. 5.12.1974 - a.a.O. -) und diejenigen für das gerichtliche Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Antragstellerin überträgt recht irrtümlich die Gesichtspunkte für das Verwaltungsverfahren, bei dem es unzulässig ist, daß die Behörde das Interesse an der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 VwGO mit einer Aussichtslosigkeit eines Rechtsmittels begründet, auf das gerichtliche "Verfahren. Auch die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in der angegriffenen Verfügung des Antragsgegners entspricht den Erfordernissen des § 80 Abs. 3 VwGO.
B
Hinsichtlich der Anwendung des § 35 Abs. 1 der Gewerbeordnung in der Fassung vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1937) - GewO - auf die Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht ohne erkennbare Rechtsfehler entschieden, daß die umstrittene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist.
I.
Der Betrieb des XXX ist nicht als Institution Unterrichtswesens durch die Vorschrift des § 6 GewO von den übrigen Vorschriften dieses Gesetzes ausgenommen. Nach § 6 GewO findet dieses Gesetz, soweit das hier in Betracht kommt, keine Anwendung auf das Unterrichtswesen.
1.
Was Unterrichtswesen i.S. des § 6 GewO bedeutet, ist bei verfassungskonformer Auslegung daran zu messen, welche Materien mit Inkrafttreten des Grundgesetzes nach der Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern inArt. 70 ff GG einer bundesrechtlichen Regelung im Rahmen des Gewerberechts (Art. 74 Nr. 11 GG) entzogen worden oder ihr weiter zugänglich geblieben sind. Denn es fehlen einerseits Anhaltspunkte dafür, daß der Grundgesetzgeber in Art. 74 Nr. 11 GG den traditionellen Gewerbebegriff der Gewerbegesetzgebung und der früheren Verfassungen einengen wollte (vgl. BVerfGE 5, 25 [BVerfG 30.05.1956 - 1 BvF 3/53] [29]. Im Gegenteil hat der Grundgesetzgeber mit Art. 7 GG nur das Schulwesen einer besonderen Aufsicht des Staates unterstellt. Der Grundgesetzgeber hat damit nicht die - auch unorganisierte - Erteilung von Unterricht schlechthin aus dem Bereich gewerblicher Betätigung herausgehoben. Es fehlen andererseits Anhaltspunkte dafür, daß der Bund sich seines Gesetzgebungsrechts auf dem Gebiete des Rechts des Gewerbes mit unverändertem Fortgeltenlassen des § 6 GewO zugunsten der Länder teilweise im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG habe enthalten wollen. Damit ist zugleich einer in der Literatur häufig vertretenen Begründung für eine im Ergebnis zutreffende Auffassung der Anwendung der Gewerbeordnung in diesem Bereich nicht zuzustimmen, wonach sich nämlich der Begriff "Unterrichtswesen" nach Landesrecht bemesse (Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 12. Aufl. § 6 Anm., 13; 13. Aufl. § 6 Anm. 11) und daß, soweit nicht spezielle landesrechtliche Vorschriften bestünden oder aufrecht erhalten würden, die Gewerbeordnung gelte, (Potrykus, Private Unterrichtserteilung und Staatsaufsicht, RdJ 1966, 41 [42 zu a und 43 zu g]). Denn an die Stelle der nach Art. 70 Abs. 1 i.V.m.Art. 73 ff GG ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit der Länder auf dem Gebiete der Kulturverwaltung - mit Ausnahme des Hochschulwesens im Rahmen des Art. 75 Nr. 1a GG - kann nicht eine partielle konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gegeben sein oder erwachsen, weil die Länder von ihrer ausschließlichen Kompetenz insoweit keinen Gebrauch machen oder keinen Gebrauch mehr machen.
2.
Als Einrichtung des Unterrichtswesens ist danach, weil der Kulturhoheit der Länder unterstellt, jeglicher organisierter öffentlicher und Privatunterricht im Rahmen des Schulwesens von der Gewerbeordnung ausgenommen. Denn den Hauptbereichen der Kulturverwaltung, Bildung, Wissenschaft und Kunst wird nach überkommener Auffassung dem Bereich Bildung das Schulwesen, die Jugendbildung, die Erwachsenenbildung und die staatsbürgerliche Bildung zugerechnet (vgl. Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, 1969 S. 29 ff). Einrichtungen des Schulwesens sind danach in Niedersachsen gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. §§ 119 bis 142 des Niedersächsischen Schulgesetzes vom 18. August 1975 (GVBl S. 256 - NSchG -) die öffentlichen Schulen, die Privatschulen in der Form der Ersatz- und Ergänzungsschulen sowie gemäß § 1 Abs. 5 NSchG öffentliche Schulen, die mit Anstalten verbunden sind, die anderen Zwecken als denen öffentlicher Schulen dienen sowie Verwaltungsschulen und ähnliche Berufsausbildungsstätten, für die durch Verordnung die Anwendung des Schulgesetzes bestimmt ist.
Das XXXstudio der Antragstellerin kann nicht zu solchen Einrichtungen des Schulwesens gerechnet werden. Denn es ist ausschließlich mit Nachhilfeunterricht für Fächer befaßt, die an Realschulen und Gymnasien erteilt werden. Es ist damit keine auf Dauer eingerichtete Bildungsstätte, in der unabhängig vom Wechsel der Lehrer und Schüler nach einem in sich geschlossenen Bildungsplan allgemeinbildender oder berufsbildender Unterricht in einem nicht nur auf einzelne Kenntnisgebiete und Fertigkeiten beschränkten Umfang erteilt wird (§ 1 Abs. 2 NSchG). Das bedarf keiner näheren Begründung. Das entspricht auch der Auffassung der Antragstellerin selbst. Denn die Antragstellerin vertritt mit Nachdruck vielmehr die Ansicht, daß sie eine "andere unterrichtliche Einrichtung" sei und als solche durch§ 6 GewO von den hier maßgeblichen Vorschriften der Gewerbeordnung ausgenommen sei.
3.
Das XXXstudio ist auch nicht als "sonstige unterrichtliche Einrichtung" oder "freie unterrichtliche Einrichtung" durch§ 6 GewO von den übrigen Vorschriften dieses Gesetzes ausgenommen. Der gegenteiligen Auffassung der Antragstellerin ist nicht zuzustimmen. Denn solche freien unterrrichtlichen Einrichtungen sind nicht dem der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder obliegenden Bereich der Bildung zuzurechnen. Das ergibt sich auch daraus, daß die Gewerbeordnung selbst unumstritten weite Bereiche sonstiger unterrichtlicher Einrichtungen wie z.B. die Lehrlingsausbildung auch noch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes in §§ 126 ff geregelt hat und daß dieses Gebiet inzwischen durch §§ 21 ff der bundesrechtlichen Handwerksordnung - HandwO - i.d.F. des § 100 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112) geregelt sind. Es ergibt sich weiter aus den übrigen Regelungen des Berufsbildungsgesetzes sowie aus den Vorschriften des § 1 Abs. 2 des Industrie- und Handelskammergesetzes und des§ 81 HandwO, die ihrerseits die bundesrechtliche Grundlage schaffen für den gesamten Bereich des autonomen Berufsausbildungsrechts der Industrie- und Handelskammern und der Handwerksorganisationen in der Bundesrepublik mit ihren vielfältigen unterrichtlichen Einrichtungen und unter ausdrücklicher Ermächtigung zur Einrichtung von Fachschulen und Fachkursen.
Dementsprechend hat auch das Niedersächsische Schulgesetz die freien Unterrichtseinrichtungen nicht mehr in die Regelung des Schulwesens einbezogen und sie nur noch in § 120 Abs. 2 in dem Sinne erwähnt, daß freie Unterrichtseinrichtungen keine Bezeichnungen führen dürfen, die zur Verwechslung mit Schulen im Sinne dieses Gesetzes Anlaß geben können. Der Niedersächsische Landesgesetzgeber hat damit die sonstigen freien Unterrichtseinrichtungen von den durch das Niedersächsische Schulgesetz erfaßten und geregelten Einrichtungen ausgenommen und einer Verwischung dieser eindeutigen Grenzziehung vorgebeugt. Diese Regelung ist vom Gesetzgeber auch bewußt und gewollt geschehen, wenn in der Begründung zu § 120 Abs. 2 NSchG (§ 112 Abs. 2 des Entwurfes) ausgeführt ist: "Der neue Abs. 2 soll sicherstellen, daß freie Unterrichtseinrichtungen, die künftig nur noch dem Gewerberecht unterliegen, keine irreführenden Bezeichnungen führen. Eine Verwechslungsgefahr besteht insbesondere bei Unterrichtseinrichtungen, die sich mit Unterrichtsgegenständen des öffentlichen Schulwesens befassen, aber nicht die Voraussetzungen einer Schule (§ 1 Abs. 1) erfüllen - z.B. der Kursunterricht in seinen unterschiedlichen Formen -." (Nds LT Drucks. 7/2190 S. 104). Diese Regelung in § 120 Abs. 2 NSchG entspricht zudem auch dem Beschluß der ständigen Konferenz der Kultusminister vom 10. August 1951 der lautet:" Das Landesrecht soll nach Möglichkeit die Voraussetzungen dafür schaffen, daß unterrichtliche Einrichtungen, die nach ihren Unterrichtsgegenständen und Zielen sowie nach ihrer Organisationgsform keinen schulischen Charakter haben und aus diesen Gründen oder wegen des Alters; der Schüler nach Sprachsinn und allgemeiner Auffassung nicht als Schulen angesehen werden (freie Einrichtungen), sich nicht als Schulen im Sinne dieser Vereinbarung bezeichnen dürfen (SVBl 1951, S. 217)."
Damit ist auch zugleich klargestellt, daß mit der Gesamtregelung des Niedersächsischen Schulgesetzes keine Lücke gegenüber der Regelung in § 17 i.V.m. § 15 des früheren Niedersächsischen Privatschulgesetzes vom 16. März 1967 (GVBl S. 71) - NdsPrSchG - durch dessen Aufhebung entstanden ist, deren Ausfüllung dem Landesgesetzgeber vorbehalten wäre. Der entsprechenden Auffassung der Antragstellerin ist nicht zuzustimmen. Zwar hatte das NdsPrSchG auf private Unterrichtseinrichtungen, Kurzfristige Lehrgänge und Privatunterricht die Untersagungsvorschriften des § 15 im Abschnitt "Ergänzungsschulen" für anwendbar erklärt. Es ist aber davon auszugehen, daß der Niedersächsische Landesgesetzgebergeber diese Regelung mit dem Privatschulgesetz in der Erkenntnis aufgehoben und gerade nicht in das Niedersächsische Schulgesetz übernommen hat, die gewerblich betriebenen freien Unterrichtseinrichtungen seien bereits durch die Vorschriften der Gewerbeordnung erfaßt. Anders sind die Ausführungen in der Gesetzesbegründung nicht zu verstehen; "Alle Unterrichtseinrichtungen, die nicht die Voraussetzungen von § 1 erfüllen, fallen danach nicht unter das Gesetz. Sie unterstehen damit nicht der staatlichen Schulaufsicht (§ 134). Wegen der deutlichen Abgrenzung zwischen Schulen im Sinne dieses Gesetzes und freien Unterrichtseinrichtungen kann der § 17 des bisherigen Privatschulgesetzes mit seinen Kontrollmöglichkeiten entfallen" (Nds LT-Drucks 7/2190 S. 104).
4.
Abgesehen davon, daß der Begriff des Unterrichtswesens im Sinne des § 6 GewO - wie oben aufgeführt - danach abzugrenzen ist, welche Materien mit Inkrafttreten des Grundgesetzes einer bundesrechtlichen Regelung im Rahmen des Gewerberechts entzogen worden oder ihr weiter zugänglich geblieben sind, könnte nach Auffassung des Senats selbst nach historischer Betrachtungsweise des Begriffes "Unterrichtswesen" nicht davon ausgegangen werden, daß darunter vor Inkrafttreten des Grundgesetzes sämtliche sonstigen und unterrichtlichen Einrichtungen verstanden worden sind. Das ergibt sich einmal daraus, daß dieGewerbeordnung selber bis zum Jahre 1938 in ihrem ursprünglichen § 120 auch Regelungen für Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Hausarbeiten erteilt wird (Abs. 2)sowie den Unterricht an Innungs- oder anderen Fortbildungs- oder Fachschulen im Gegensatz zum allgemeinen Fortbildungsschulunterricht (Abs. 3 Satz 4) gerade einbezogen und nicht nach dem auch in den früheren Fassungen insoweit inhaltsgleichen § 6 Abs. 1 als von der Gewerbeordnung ausgenommen betrachtet hat. Auch soweit in früheren Gerichtsentscheidungen Privatunterricht und Privatschulen als Teil des Unterrichtswesens bezeichnet worden sind (PrOVG, Urt. v. 21.11.1891, E Bd. 22, 396 [402], Urt. v. 7.3.1894, E Bd. 26, S. 409/410), muß beachtet werden, daß sich seit den Jahren 1891 und 1894 mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht der Begriff des Privatunterrichts entscheidend geändert hat. Privatunterricht in jenen Entscheidungen hatte den Unterricht im Sinne der Kabinettsorder betreffend die Aufsicht des Staats über die Privatanstalten und Privatpersonen, die sich mit dem Unterricht und der Erziehung der Jugend beschäftigen vom 10. Juni 1834 (GS 135) zum Gegenstand, der außer von den hier nicht interessierenden Privatschulen und Privaterziehungsanstalten von Hauslehrern anstelle der Schule erteilt worden ist. Diese Privatlehrer sind in § 14 der Instruktion zur Ausführung der allerhöchsten Kabinettsordre vom 31. Dezember 1839 (MBliV 1840, 94 ff) als Personen bezeichnet, "welche ein Gewerbe daraus machen, in solchen Lehrgegenständen, die zum Kreise der verschiedenen öffentlichen Schulen gehören, Privatunterricht in Familien oder in Privatanstalten zu erteilen". Dementsprechend grenzt auch das PrOVG den dem Unterrichtswesen zuzuordnenden Privatunterricht ausdrücklich als "Privatunterricht im Sinne der allerhöchsten Kabinettsordre von 1834 " ab (PrOVG v. 21.11.1891 - a.a.O. -). Demgegenüber wird heute unter Privatunterricht etwa die Unterrichtserteilung an weniger als sechs Personen verstanden, die nicht Unterricht im Sinne der Schulgesetze ist (so § 34 PrSchG des Saarlandes vom 30.1.1962 - AmtsBl. S. 159 -), also auch der Unterricht von Schülern an Schüler.
II.
Das XXXstudio zählt auch nicht zu solchen sonstigen Unterrichtseinrichtungen, auf die weder die Gewerbeordnung nach § 6 noch die Bestimmungen des Schulrechts Anwendung finden.
1.
Keiner näheren Begründung bedarf, daß XXX mit durchschnittlich zwei hauptberuflichen und acht nebenberuflichen Lehrkräften, zeitweise vier Personen in der Verwaltung und entsprechenden Räumlichkeiten gewerblich betrieben wird und über den privaten Unterricht hinausgeht, der von Lehrern an Schüler oder von Schülern an Schüler erteilt wird und auf den die Gewerbeordnung nicht anzuwenden ist, weil es bereits an einem Gewerbe im Sinne dieses Gesetzes fehlt. Darunter wird in der Regel die Unterrichtserteilung an weniger als sechs Personen (Saarl. PrSchG, a.a.O.) oder an weniger als vier Personen (§ 11 Berliner Pr.SchG v. 13.5.1954, GVBl S. 77) verstanden, der nicht Unterricht im Sinne der Schulgesetze ist.
2.
Das XXXstudio der Antragstellerin erteilt aber auch weder Unterricht der zum künstlerischen Bereich zu zählen ist noch erbringt diese Einrichtung Dienstleistungen höherer Art.
Es ist anerkannt, daß den Bestimmungen dar Gewerbeordnung und damit auch der Vorschrift des § 35 GewO unabhängig von dem unvollständigen Katalog in § 6 GewO nicht unterliegen. die Dienstleistungen höherer Art und Tätigkeiten, die zum künstlerischen Bereich zählen. Im Bereich der Unterrichtserteilung, wie sie hier in Betracht kommt, werden als Dienstleistungen höherer Art etwa die Vorbereitung von Prüflingen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung (Repetitorien) durch Personen verstanden, die ihrerseits der berufsständischen Gesetzgebung freier Berufe, hier der Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. August 1959 unterliegen (OVG Münster, Gewerbearchiv 1969, 181/182) oder der Musikunterricht (Landmann/Rohmer, GewO, 13. Aufl., § 6 Anm. 12). Zu den Tätigkeiten des künstlerischen Bereiches, auf den weder dieGewerbeordnung nach § 6 noch die Bestimmungen des Schulrechts Anwendung finden, werden in diesem Zusammenhange Unterrichtsarten gerechnet, die zu einer Eigenleistung im schöpferischen Sinne des zu Unterrichtenden beitragen, wie Gesangs-, Ballett- und Akkordeon-Unterricht (Landmann/ Rohmer, GewO, a.a.O.). Das XXXstudio der Antragstellerin erbringt demgegenüber ausschließlich Nachhilfeunterricht für seine Schüler aus Realschulen und Gymnasien.
C
Sind somit die Vorschriften der Gewerbeordnung auf die Antragstellerin anwendbar, so hat das Verwaltungsgericht ohne erkennbaren Rechtsfehler entschieden, daß die umstrittene Untersagungsverfügung nach dem Sach- und Streitstand dieses Aussetzungsverfahrens offensichtlich rechtmäßig ist. Denn nach § 35 Abs. 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Personen in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Ist Gewerbetreibender, wie hier, eine GmbH., so kommt es darauf an, inwieweit ihre Geschäftsführer nach dem Gesamtbild ihrer Persönlichkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße, im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften stehende Führung des Betriebes bieten.
I.
Der Geschäftsführer XXX bietet nach dem Sach- und Streitstand dieses Aussetzungsverfahrens im Hinblick auf das Gesamtbild seiner Persönlichkeit nicht eine solche Gewähr für eine ordnungsgemäße, im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften stehende Führung des XXXstudios.
1.
Der Geschäftsführer XXX ist innerhalb eines Jahres von vier verschiedenen Gerichten wegen schwerwiegender Vermögensdelikte verurteilt worden, nämlich am 25. April 1972 durch das Amtsgericht XXX wegen Betruges in drei Fällen und wegen Unterschlagung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten; am 20. Juli 1972 durch das Schöffengericht XXX wegen fortgesetzten Vergehens der Untreue in Tatmehrheit mit drei sachlich zusammentreffenden Vergehen der Urkundenfälschung darunter in zwei Fällen je in Tateinheit mit einem Vergehen des Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten und zu einer Geldstrafe von 500,-- DM ersatzweise 25 Tage Freiheitsstrafe; am 29. Mai 1972 durch das Amtsgericht in XXX wegen Unterschlagung zu einer Geldstrafe von 750,-- DM und am 8. Februar 1973 durch das Amtsgericht XXX wegen Unterschlagung ihm anvertrauter Sachen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten. Die den Verurteilungen zugrunde liegenden Straftaten sind vom Antragsgegner durch Vorlage von Urteilsabschriften im Aussetzungsverfahren hinreichend glaubhaft gemacht. Strafaussprüche und die im angefochtenen Beschluß des Verwaltungsgerichts im einzelnen aufgeführten Gegenstände der strafrichterlichen Verurteilungen sind von der Antragstellerin auch nicht in Abrede gestellt worden. Dabei ist in dem hier allein maßgeblichen Zusammenhange mit der Zuverlässigkeitsprüfung des Gesellschafters XXX der Antragstellerin von besonderer Bedeutung, daß der Verurteilung des Gesellschafters XXX durch das Schöffengericht XXX am 20. Juli 1972 ein Geschehensablauf zugrunde lag, der dem Gewerbebetrieb der Antragstellerin in deren äußerlichen Betätigungsbereichen besonders nahe kommt. Nach dem Tatbestand dieses Urteils und von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt wurde dem Geschäftsführer XXX dort zur Last gelegt, im Dezember 1970 zusammen mit einem Ehepaar XXX ein Sprachstudio in XXX gegründet und als dessen Geschäftsführer Kursusgebühren und Schulgelder in einem Gesamtbetrage von 5.504,91 DM für eigene Zwecke verbraucht zu haben. In dem hier allein maßgeblichen Zusammenhange mit der Zuverlässigkeitsprüfung des Geschäftsführers XXX der Antragstellerin sind weiterhin die Ausführungen im Urteil des Amtsgerichts XXX von Bedeutung, wonach bei der Strafzumessung zu berücksichtigen war, daß der Geschäftsführer XXX in hinterlistiger und verschlagener Weise in kurzer Zeit vier Vergehen begangen und dadurch nicht unerheblichen Schaden angerichtet habe, und wonach er auch in der Hauptverhandlung sich uneinsichtig gezeigt und mit allen Mitteln versucht habe, sich trotz der klaren Aussagen der Belastungszeugen immer wieder auf irgendeine Art herauszureden. Dem entsprechen die Ausführung des Landgerichts XXX als Berufungsgericht im Urteil vom April 1973, wonach gegen eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung die hohe Rückfallgeschwindigkeit sprach, weil der Geschäftsführer XXX der Antragstellerin innerhalb von zwei Jahren viermal straffällig geworden und die diesem Urteil zugrunde liegende Straftat ein halbes Jahr nach Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe unter Strafaussetzung zur Bewährung und somit während einer Bewährungszeit begangen habe.
2.
Es ist auch nicht der Auffassung der Antragstellerin zuzustimmen, wonach die Verurteilungen ihres Geschäftsführers, die vor ihrem Betriebsbeginn lägen, nicht verwandt werden dürften. Die Einschränkung, die die Gewerbeordnung in § 53 Abs. 2 Nr. 2 auf nachträglich bekanntgewordene Tatsachen bei der Rücknahme von Konzessionen macht, trifft den vorliegenden Fall nicht. Denn weder ist der Antragstellerin eine der in § 53 Abs. 2 genannten Konzessionen noch ist ihr überhaupt eine Konzession aufgrund einer verantwortlichen Prüfung einer zuständigen Behörde erteilt worden. Darüber hinaus hat der Antragsgegner glaubhaft gemacht und ist von der Antragstellerin nicht bestritten worden, daß gegen die Geschäftsführer XXX und XXX eine Strafanzeige einer der Lehrkräfte des XXXstudio wegen Betruges erstattet worden ist, die zu einem Ermittlungsverfahren geführt hat und bei der die Anzeigerin eine Täuschungshandlung darin sieht, daß der Geschäftsführer XXX den Anwälten der Anzeigerin geschrieben hat: "Die Überweisung des o.a. Nettobetrages auf ihr Sozietätskonto habe ich veranlaßt.", obgleich der Betrag auf dem Konto der Prozeßbevollmächtigten nicht eingegangen ist" Der Geschäftsführer XXX hat in der mündlichen Verhandlung dazu erklärt, er habe eine ausgestellte Überweisung zurückgerufen, ohne den Bevollmächtigten der Lehrkraft darüber zu informieren.
3.
Es ist auch nicht zu entscheiden, ob der Antragsgegner im Hinblick auf die Vorstrafen des Geschäftsführers XXX als milderes Mittel eine Teiluntersagung im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO und in der Form eines Beschäftigungsverbotes dieses Gesellschafters hätte wählen müssen oder ob sich das wegen des von der Antragstellerin selbst betonten- nach Arbeitsintensität Lind geschäftlichem Überblick ausschlaggebenden Einflusses des Geschäftsführers XXX auf die Geschäfte der Antragstellerin verbot. Denn der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht haben ihre Entscheidungen auf weitere wesentliche Unzuverlässigkeitsgründe gestützt, die beiden Geschäftsführern zuzurechnen sind.
II.
Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Antragstellerin bieten auch nach weiteren Gesichtspunkten unter Berücksichtigung ihrer Gesamtverantwortung als geschäftsführende Gesellschafter der Antragstellerin nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße, im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften stehende Führung des Betriebes.
1.
Nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum zeigt die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen mit der Rückbehaltung der von den Arbeitnehmern von ihrem Lohn einbehaltenen Anteilen grundsätzlich einen so bedenklichen Mangel an sozialem Verantwortungsbewußtsein, daß allein mit Rücksicht hierauf die Zuverlässigkeit des säumigen Arbeitgebers, verneint werden muß (st.Rspr. der Verwaltungsgerichte, vgl. Zusammenstellung bei Landmann/Rehmer, GewO, 12. Aufl. § 35 Anm.34). Die Antragstellerin ist aber seit Aufnahme ihres; Betriebes nachhaltig und immer wieder ihren Verpflichtungen, die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, nicht nachgekommen, Nach der amtlichen Auskunft der Allgemeinen Ortskrankenkasse XXX Hauptverwaltung, vom 12. August 1977 betrug der Rückstand der Antragstellerin an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen bis Sollmonat Juni 1977 einschließlich 27.484,56 DM. Zugunsten der Antragstellerin geht der Senat davon aus, daß die Antragstellerin der in dieser Summe enthaltenen Nachberechnung von 7.668,36 DM vom 29. Juli 1977 aufgrund einer Betriebsprüfung berechtigt widersprochen hat. Zugunsten der Antragstellerin geht der Senat weiterhin davon aus, daß eine Einzahlung der Antragstellerin von 2.500,-- DM, über die sie dem Amtsgericht XXX am 10. Juni 1977 Abbuchungsbelege ihrer Bank zugunsten der AOK vorgelegt hat und die trotz Nachforschungsersuchens der AOK auf den Konten der AOK bis zum 12. August 1977 nicht eingegangen waren, nicht wieder in das Vermögen der Antragstellerin zurückgeflossen sind. Die dann aber immer noch verbleibenden Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 8.281,06 DM am 1. Januar 1977, von 14.848,42 DM am 1. April 1977 und von 17.372,01 DM am 1. Juni 1977 bedeuten nach so relativ kurzer Zeit des Tätigkeitsbeginnes der Antragstellerin, das heißt seit dem 15. Oktober 1975, immer noch eine schwerwiegende, nachhaltige Verletzung der sozialrechtlichen Verpflichtungen der Antragstellerin.
2.
Tatsachen, welche die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin und ihrer geschäftsführenden Gesellschafter dartun, sind weiterhin in dem Umfange zu sehen, in dem es zu Schwierigkeiten und Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung der Lehrkräfte gekommen ist. Die Vertreter der Antragstellerin haben in der mündlichen Verhandlung zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt, daß es in all den Fällen, in denen der Antragsgegner schriftliche Unterlagen und Urkunden vorgelegt hat, zu Auseinandersetzungen mit den Lehrkräften der Antragstellerin wegen der rechtzeitigen Auszahlung ihres Entgeltes gekommen ist und daß die Vertreter der Antragstellerin in sechs Fällen solchen Lehrkräften ungedeckte Schecks ausgehändigt haben. So ist der Lehrer für Naturwissenschaften der Antragstellerin XXX zu seinem Entgelt von 662,13 DM erst über einen Zahlungsbefehl, einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht XXX nach Widerspruch und dann noch im Wege der Zwangsvollstreckung gekommen. Auch diese Lehrkraft- hatte einen ungedeckten Postscheck erhalten. Die vor dem Senat vernommene Zeugin XXX eine Lehrkraft für Latein und Deutsch der Antragstellerin, hat nachdrücklich bekundet, es sei lästig gewesen, daß sie das Geld für ihren Unterricht nicht immer pünktlich bekommen habe. Sie hat weiterhin bekundet, daß es so wie ihr auch anderen Lehrkräften gegangen sei, die als Mitarbeiter von der Antragstellerin beschäftigt gewesen seien und daß sie nach ihrer Erinnerung zweimal Schecks ausgehändigt bekommen habe, die dann nicht eingelöst worden seien. Bei der Beurteilung dieser Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der Bezahlung ihrer Lehrkräfte kann nicht außer Betracht bleiben, daß nach der Auskunft des Geschäftsführers XXX der Antragstellerin die Schüler bis zu 38,85 DM einschließlich Mehrwertsteuer je Unterrichtsstunde zu entrichten hatten und für die in einer großen Gruppe übernommene Hausaufgabenbetreuung 800,-- DM je Quartal, während die Lehrkräfte für den Unterricht einen Stundensatz von 11,50 DM erhielten.
3.
Es ist weiterhin anerkannt, daß auch die Nichtabführung von Steuern, die in einem Gewerbebetrieb entstanden sind, zwar noch nicht für sich allein, aber dann die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden bekunden kann, wenn sein bei der Entstehung und Behandlung der Steuerrückstände gezeigtes Verhalten darauf schließen läßt, daß es ihm an dem für die Ausübung seines Gewerbes erforderlichen Willen fehlt, seine öffentlichen Berufspflichten zu erfüllen (st. Rspr. der Verwaltungsgerichte; vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.10.1968, Gewerbearchiv, 1970, 131 m.w.N.; Urt. d. erk. Sen. v. 23;7.1975 - VII OVG A 34/74 - n.v.). Die Antragstellerin hat ihre mit der Beschwerde vorgetragene Behauptung, mit dem Finanzamt XXX Nord eine Zahlungsvereinbarung über die Steuerrückstände getroffen zu haben, in der mündlichen Verhandlung nicht aufrecht erhalten. Auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin unmittelbar nachgewiesenen Zahlungen an den Vollstreckungsbeamten des Finanzamtes bei den wöchentlichen Pfändungsversuchen in Höhe von über 6.500,-- DM in den Monaten Juni, Juli und August müssen die verbleibenden Steuerrückstände in Höhe von 44.613,66 DM für die relativ kurze Betriebszeit der Antragstellerin als erheblich bezeichnet werden. Das gilt umsomehr, als auch die oben erwähnten Rückzahlungen während dieses Aussetzungsverfahrens weniger als die halbe Höhe der Zahlungen erreicht hat, die die Antragstellerin in ihrem verschiedenen Sachvortrag zum Nachweis ihrer wirtschaftlichen Erholung zugesichert hatte. Hinzu kommt, daß die Antragstellerin trotz des schwebenden Verfahrens zugestandenermaßen seit März 1977 keine Erklärungen für Lohnsteuer und Umsatzsteuer mehr abgegeben hat. Die Erklärung des Geschäftsführers XXX der Antragstellerin, die Buchhalterin, Frau XXX sei seit Juni 1977 krank gewesen, die Antragstellerin habe stets mit der Wiederaufnahme der Arbeit durch Frau XXX gerechnet, bis Anfang August klar geworden, sei, daß sie nicht mehr komme, vermag dieses steuerliche Fehlverhalten nicht zu entschuldigen" Gleichwohl kann dahingestellt bleiben, ob das steuerliche Verhalten der Antragstellerin und ihrer Geschäftsführer für sich genommen deren Unzuverlässigkeit im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO zu begründen vermöchten. Jedenfalls liegen nach dem aufgezeigten Sach- und Streitstand dieses Aussetzungsverfahrens insgesamt Tatsachen vor, welche die Unzuverlässigkeit der beiden Geschäftsführer der Antragstellerin begründen.
4.
Damit ist zugleich dargetan, daß die gegen die Antragstellerin ausgesprochene Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Auch dieses weitere Erfordernis für Maßnahmen nach § 35 Abs. 1 GewO haben der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht somit zu Recht bejaht. Denn es ist anerkannt, daß das Vermögen der Sozialversicherungsträger gefährdet wird, wenn ein Gewerbetreibender die einbehaltenen Beitragsteile für eigene Zwecke verwendet. So werden die Beiträge zur Krankenversicherung gemäß § 381 Abs. 1 Satz 1 RVO für die Arbeiter und die versicherungspflichtigen Angestellten jeweils zur Hälfte von dem Versicherten und ihrem Arbeitgeber getragen. Die Versicherungspflichtigen müssen sich bei der Lohnzahlung ihre Beitragsteile vom Barlohn abziehen lassen (§ 994 Abs. 1 Satz 1 RVO). Den einbehaltenen Anteil hat der Arbeitgeber zusammen mit seinem eigenen Beitragsteil zu bestimmten Zeitpunkten an die Krankenkasse zu zahlen. Durch diese gesetzliche Regelung soll sichergestellt werden, daß die Kasse die Beiträge pünktlich erhält. Diesen Gesetzeszweck vereitelt der Arbeitgeber, der seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, Es kann auch kein Zweifel daran sein, daß im sozialen Rechtsstaat eine funktionierende Sozialversicherung der Allgemeinheit dient und die zu ihrem Schutz erlassenen Gesetze auch die Allgemeinheit schützen. Das gleiche gilt für die Steuergesetze in dem oben bezeichneten Umfang. Die Gefährdung des Vermögens der Schüler der Antragstellerin und ihrer Eltern würde aber nicht vermindert, sondern erhöht, wenn die Antragstellerin ihren Unterrichtsbetrieb mit Beschlußverkündung einstellen müßte. Ihre Beschwerde war deshalb mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Antragstellerin Unterrichtsverpflichtungen, die sie bis zum 17. August 1977 eingegangen ist, bis zum 31. August 1977 einschließlich erfüllen darf.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Dieser Beschluß ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Dr. Klein
Dr. Czajka