Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 24.06.2009, Az.: 32 Ss 83/09

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
24.06.2009
Aktenzeichen
32 Ss 83/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 41689
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2009:0624.32SS83.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 17.11.2008

In der Strafsache

...

wegen Steuerhinterziehung

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hannover - Abteilung 322, Jugendrichter - vom 17.11.2008 auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Meier, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Ferber und die Richterin am Amtsgericht Kuhlmann am 24.06.2009 einstimmig beschlossen:

Tenor:

  1. Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

  2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hannover zurückverwiesen.

Gründe

1

I.

Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Urteil gegen den Angeklagten wegen Steuerverkürzung in zwei Fällen einen Dauerarrest von zwei Wochen verhängt. Nach den Feststellungen belieferte der Angeklagte die Firma Interseroh Jade-Stahl GmbH in Hannover während des Kalenderjahres 2006 lautend gegen Bezahlung mit Schrott und erzielte dadurch Nettobetriebseinnahmen in Höhe von 21 310,43 €. Für die Schrottablieferungen wurde durch den Angeklagten ein auf ihn zugelassener Lkw benutzt, der allerdings auch weiteren Personen zur Verfügung stand. Hinweise auf Wareneinkauf oder Ähnliches haben sich nicht ergeben, sodass die Betriebsausgaben durch das Finanzamt für das Jahr 2006 auf 3 000 € geschätzt wurden. Daraus resultierte unter Berücksichtigung der zusätzlich fälligen Umsatzsteuer ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 21 684 €. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte es unterlassen, bis zum 31.05.2007 die notwendige Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2006 abzugeben, wodurch Einkommensteuer in Höhe von 3 316 € und Solidaritätszuschlag in Höhe von  182 € verkürzt wurden. Gleichzeitig unterließ er es, bis zum 31.05.2007 die fällige Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2006 abzugeben, wodurch Umsatzsteuer in Höhe von 3 409 € verkürzt wurde. Zu den abzuziehenden Betriebsausgaben hat das Amtsgericht den Zeugen D.... vernommen, der aufgrund seiner beruflichen Erfahrung mit vergleichbaren Fällen zunächst 10 % als Betriebsausgaben geschätzt habe und diesen Betrag zur Sicherheit noch auf 3 000 € erhöht habe. Sodann heißt es im angefochtenen Urteil weiter: "Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass beim Angeklagten höhere berücksichtigungsfähige Betriebsausgaben im Kalenderjahr 2006 angefallen sind."

2

Gegen dieses Urteil wendet der Angeklagte sich mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

3

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen.

4

II.

Die Revision ist zulässig und hat auch mit der Sachrüge zumindest vorläufig Erfolg.

5

Im angefochtenen Urteil fehlt es an Feststellungen zum subjektiven Tatbestand. Die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes ergibt sich hier auch nicht zwanglos von selbst aus der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes. Zwar lassen sich möglicherweise Rückschlüsse aus der Vorverurteilung des Angeklagten aus dem Jahr 2005 ziehen, wo er ebenfalls wegen versuchter Steuerhinterziehung in Bezug auf Einkommen- und Umsatzsteuer verurteilt wurde. Aus den Feststellungen ergibt sich aber nicht, ob der damaligen Verurteilung tatsächlich gleichgelagerte Fälle zugrunde lagen Bereits infolge dieses Mangels konnte das angefochtene Urteil daher keinen Bestand haben und war die Sache zurückzuverweisen.

6

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass hinsichtlich der Betriebsausgaben im Steuerstrafverfahren die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zwar grundsätzlich zulässig ist, die Schätzung aber allein dem Tatrichter obliegt. Er darf Schätzungen der Finanzbehörde nur dann übernehmen, wenn er selbst von ihrer Richtigkeit unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überzeugt ist (vgl. dazu zuletzt BGH wistra 2007, 470 [BGH 19.07.2007 - 5 StR 251/07] m.w.N). Dies könnte es im vorliegenden Fall nahe legen, zur Höhe der Betriebsausgaben nicht nur eine Schätzung des Mitarbeiters der Finanzbehörde heranzuziehen, sondern eigene Feststellungen zu den Kosten der Ablieferungsfahrten zu treffen. Welche Funktion im übrigen der Zeuge D.... ausübt auf dessen Angaben die Schätzung beruht, teilt das Urteil dem Revisionsgericht nicht mit.

7

Das Geständnis des Angeklagten kann die fehlenden Angaben nicht ersetzen, da er - wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausführt - kaum in der Lage sein durfte, die Besteuerungsgrundlagen und die Höhe der mutmaßlich vorliegenden Steuerverkürzung anzugeben (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 25.01.1995, 5 StR 6323/94 ).

8

Ferner fehlen in den Feststellungen Angaben dazu, wann die Tat vollendet wurde, wobei für die Einkommensteuer das zeitliche Verhältnis zwischen Abschluss der allgemeinen Veranlagungsarbeiten für das Kalenderjahr 2006 und Einleitung des Ermittlungsverfahrens maßgeblich sein dürfte, während es bei der Umsatzsteuer auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für die Jahresanmeldung (§ 149 Abs. 2 AO) ankommt (vgl dazu BGH, NStZ 1991, 137).

Dr. Meier
Dr. Ferber
Kuhlmann