Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 10.09.2003, Az.: 6 B 3431/03
maßgeblicher Zeitpunkt; Sonderpädagogischer Förderbedarf; Sonderschulüberweisung; Zeitpunkt; Änderung der Sachlage
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 10.09.2003
- Aktenzeichen
- 6 B 3431/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48325
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 68 Abs 2 S 1 SchulG ND
- § 113 Abs 1 S 1 VwGO
- § 80 Abs 5 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Rechtmäßigkeit einer Sonderschulüberweisung nach § 68 Abs. 2 Satz 1 NSchG beurteilt sich maßgeblich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.
Entscheidungserhebliche Änderungen der Sach- und Rechtslage sind in einem neuen Verfahren zu berücksichtigen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen ihre Überweisung auf eine Sonderschule für Lernhilfe.
Die am J. 1995 geborene Antragstellerin wohnte mit ihren Eltern bis zum 15.08.2003 in G. -K.. Zuständige Regelgrundschule war für die Antragstellerin deshalb zunächst die L. schule M. -K.. Diese stellte die Antragstellerin mit Bescheid vom 01.06.2001 für das Schuljahr 2001/2002 wegen einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung sowie Auffälligkeiten im kognitiven Bereich, in der Feinmotorik, im visuomotorischen Bereich und im Bereich Konzentration und Ausdauer um ein Jahr vom Schulbesuch zurück und überwies sie gleichzeitig in die dortige Vorklasse. Diese besuchte die Antragstellerin auch. Schon während des Besuchs der Vorklasse wurde ein Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs bei der Antragstellerin durchgeführt. Dieses endete mit der Empfehlung, die Antragstellerin zum Beginn des Schuljahres 2002/2003 in den ersten Schuljahrgang einer Sonderschule für Lernhilfe einzuschulen. Die Antragsgegnerin stellte daraufhin mit Bescheid vom 26.04.2002 fest, dass bei der Antragstellerin ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich des Lernens bestehe, und entschied zugleich, dass sie ab dem Beginn des Schuljahres 2002/ 2003 verpflichtet sei, eine Sonderschule für Lernhilfe zu besuchen, und die N. schule - Sonderschule für Lernhilfe - in G. zu besuchen habe. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch der Antragstellerin gab die Antragsgegnerin jedoch mit Bescheid vom 18.07.2002 statt, nachdem eine schulpsychologische Stellungnahme vom 16.07.2002 zu dem Ergebnis gekommen war, dass der Antragstellerin trotz der festzustellenden Auffälligkeiten in ihrem Lernverhalten "eine Chance auf Regelbeschulung" gegeben werden solle. Die Antragstellerin besuchte deshalb im Schuljahr 2002/2003 regulär den ersten Schuljahrgang bei der L. schule.
Die Klassenkonferenz beschloss am 28.01.2003 erneut die Einleitung eines Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs der Antragstellerin. Hierzu erstellte die Klassenlehrerin der Antragstellerin, die Schulleiterin der L. schule O. P., unter dem 29.01.2003 einen Bericht. Einen weiteren Bericht erstellte unter dem 01.02.2003 auch die Sonderschullehrerin Q. R., welche die Antragstellerin in der Vorklasse betreut hatte. Mit der Begutachtung wurde die bei der N. schule beschäftigte Sonderschullehrerin S. T. beauftragt. Diese kam in ihrem Beratungsgutachten vom 20.03.2003 zu dem Ergebnis, dass bei der Antragstellerin ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich des Lernens bestehe, und schlug vor, die Antragstellerin zum Schuljahr 2003/2004 in den zweiten Schuljahrgang einer Sonderschule für Lernhilfe zu überweisen. In ihrer gemeinsamen Empfehlung zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs und zum weiteren Schulbesuch der Antragstellerin vom 24.03.2003 kamen Frau P. und Frau T. zu dem selben Ergebnis. Zur Begründung gaben die beiden Lehrkräfte an, die Antragstellerin habe sich zwar in ihrer Persönlichkeit weiterentwickelt. Ihr derzeitiges Leistungsvermögen sei jedoch bei Weitem noch nicht ausreichend, um den Anforderungen in allen Fächern einer Regelschule zu genügen. Sie benötige eine kleine Lerngruppe, in der Lerninhalte vermehrt handlungsorientiert und in kleinen Lernschritten vermittelt würden.
Die Antragsgegnerin stellte daraufhin mit Bescheid vom 25.04.2003 fest, dass bei der Antragstellerin ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich des Lernens besteht. Zugleich entschied die Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin ab dem 01.08.2003 verpflichtet ist, eine Sonderschule für Lernhilfe zu besuchen, und die N. schule - Sonderschule für Lernhilfe - in G. zu besuchen hat.
Hiergegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 20.05.2003 Widerspruch und begründete diesen mit Schreiben vom 24.06.2003. Mit diesem Schreiben kündigte sie an, dass sie ab August 2003 nach C. im Landkreis Celle umziehen werde, und beantragte zugleich, ihr zu gestatten, im Schuljahr 2003/2004 den ersten Schuljahrgang an der Regelgrundschule in C. zu wiederholen. Zur Begründung machte die Antragstellerin im Wesentlichen geltend, die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs sei nicht ausreichend begründet und im Übrigen auch ermessensfehlerhaft, weil sie gegen das Benachteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verstoße. Zwar habe sie bei der Einschulung gewisse Entwicklungsdefizite gehabt. Ihre Entwicklung während des ersten Schulhalbjahres habe jedoch gezeigt, dass diese auch im Rahmen des regulären Unterrichts mit entsprechender Förderung behoben werden könnten. Außerdem sei nicht berücksichtigt worden, dass ihr Hörvermögen auf dem linken Ohr deutlich eingeschränkt sei. Es bestehe ein Zusammenhang zwischen dieser Hörschwierigkeit und ihrer verzögerten Sprachentwicklung. Bei Einsatz eines entsprechenden Hilfsmittels (z.B. eines Hörgerätes) könne kurzfristig eine Besserung, auch in den Bereichen Lesen und Schreiben, erwartet werden. Im Übrigen seien im mathematischen Bereich in der von der Antragstellerin besuchten Klasse allgemein Defizite festzustellen. Insoweit seien ihre Schwierigkeiten weder besondere noch besonders schwerwiegend.
Frau P. erstellte danach unter dem 28.07.2003 und 05.08.2003 ergänzende Berichte. In dem Bericht vom 28.07.2003 heißt es u.a., die Mutter der Antragstellerin habe bereits im März 2003 auf Hörprobleme ihrer Tochter hingewiesen. Sie sei daraufhin in der Klasse umgesetzt worden, um dem Unterricht besser folgen zu können. Auch seien alle Arbeitsanweisungen für sie im Einzelgespräch wiederholt worden. Trotzdem hätten sich ihre Leistungen nicht verbessert. Der Bericht vom 05.08.2003 schließt mit dem zusammenfassenden Ergebnis, die Antragstellerin weise trotz vielfältiger Förderung seitens verschiedener Lehrkräfte immer noch erhebliche Entwicklungsdefizite auf. Sie benötige, auch im Leistungsvergleich zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, eine kleine Lerngruppe, noch mehr Einzelbetreuung, viele Kontrollen und ständige Ermutigung.
Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch der Antragstellerin sodann mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2003, dieser der Antragstellerin zugestellt am 14.08.2003, als unbegründet zurück. Gleichzeitig ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung "der Überweisung" der Antragstellerin "in die N. schule" an. Wegen der Einzelheiten der umfangreichen Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 11.08.2003 verwiesen.
Ausweislich einer Anmeldebestätigung der Samtgemeinde C. vom 20.08.2003 meldeten sich die Eltern der Antragstellerin mit ihren beiden Töchtern zum 15.08.2003 unter der im Rubrum genannten Anschrift im Bereich der Samtgemeinde C. an. Diese gehört zum Bezirk des Landkreises Celle und der Bezirksregierung Lüneburg.
Am 15.08.2003 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht.
Am 21.08.2003 meldeten die Eltern der Antragstellerin diese bei der Regelgrundschule in C. an. Dort nimmt sie seither am Unterricht teil. Mit Schreiben vom 21.08.2003 teilte die Bezirksregierung Lüneburg den Eltern der Antragstellerin mit, auf Grund des bei der Antragstellerin festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarfs müsse sie gemäß dem Bescheid der Bezirksregierung Hannover vom 25.04.2003 nunmehr die U. -Schule - Sonderschule für Lernhilfe - in C. besuchen. Bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs werde der Besuch der Regelgrundschule in C. jedoch in Absprache mit der Antragsgegnerin gestattet.
Die Antragstellerin erhob am 27.08.2003 Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.04.2003 in der Gestalt, die dieser durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 11.08.2003 gefunden hat, aufzuheben. Diese Klage ist bei der erkennenden Kammer zu Aktenzeichen 6 A 3607/03 anhängig. Die Gerichtsakten zu jenem Verfahren sind hier beigezogen worden.
Zur Begründung ihres Eilantrages und ihrer Klage wiederholt und vertieft die Antragstellerin im Wesentlichen die Begründung ihres Widerspruchs aus ihrem Schreiben vom 24.06.2003. Im Übrigen sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch ihren Umzug nach C. überholt. Der Besuch der N. schule in G. könne ihr jedenfalls jetzt wegen des langen Schulweges nicht mehr zugemutet werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei daher unverhältnismäßig, und ein besonderes öffentliches Interesse hieran bestehe nicht.
Nachdem die Antragstellerin zunächst beantragt hatte, im Wege der einstweiligen Anordnung den Bescheid der Antragsgegnerin und ihren Widerspruchsbescheid vom 11.08.2003 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, sie, die Antragstellerin, "vorläufig in die Regelgrundschule einzuschulen", beantragt sie nunmehr sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung ihrer im Verfahren 6 A 3607/03 am 27.08.2003 erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen und
ihr für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe zu bewilligen sowie
ihr Rechtsanwältin F. aus G. beizuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.
Zur Begründung macht die Antragsgegnerin geltend, die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs bei der Antragstellerin im Bereich der Lernhilfe sowie die Entscheidung, dass diese eine Sonderschule für Lernhilfe zu besuchen habe, seien ordnungsgemäß erfolgt und nicht zu beanstanden. Die von der Antragstellerin nunmehr behaupteten Hörprobleme seien nicht hinreichend nachgewiesen. Außerdem seien die entsprechenden Hinweise der Mutter der Antragstellerin bereits bei der L. schule berücksichtigt worden, ohne dass dies zu einer Änderung der Leistungen der Antragstellerin geführt habe. Soweit die Antragstellerin begehre, die Regelgrundschule besuchen zu dürfen, so geschehe dies gegenwärtig schon mit Duldung der jetzt für die Auswahl der zuständigen Sonderschule zuständigen Bezirksregierung Lüneburg. Insoweit bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine vorläufige Regelung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem Verfahren sowie zu dem Verfahren 6 A 3607/03 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (Beiakten A und B) verwiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist abzulehnen, weil die von der Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beabsichtigte Rechtsverteidigung und Rechtsverfolgung aus den nachfolgend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
In der Sache ist zunächst festzustellen, dass der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.04.2003 auf Grundlage des § 68 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) ergangen ist. Als solcher ist er in zwei rechtlich gesondert zu beurteilende Reglungsgegenstände aufzuteilen: Im Rahmen des § 68 Abs. 2 Satz 1 NSchG trifft die Schulbehörde nämlich zum einen eine Feststellung darüber, ob und ggf. in welchem Bereich ein sonderpädagogischer Förderbedarf besteht (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NSchG in der Fassung nach Art. 1 Nr. 12. b) des Gesetzes zur Verbesserung von Bildungsqualität und zur Sicherung von Schulstandorten vom 02.07.2003, Nds. GVBl. S. 244 [245 f.]) und auf welche Weise dieser abzudecken ist (Besuch einer Sonderschule gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. NSchG, Besuch eines geeigneten Sonderunterrichts nach § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. NSchG oder integrative Beschulung im Sinne von § 4 NSchG gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 NSchG). Auf Grundlage dieser Entscheidung ist sodann zum anderen eine Auswahl hinsichtlich der konkret zu besuchenden Sonderschule bzw. der vorzunehmenden anderweitigen Beschulung zu treffen. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin hier zum einen entschieden, dass bei der Antragsgegnerin ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich des Lernens vorliegt, der durch den Besuch einer Sonderschule abzudecken ist, und hierfür zum anderen die N. schule in G. ausgewählt.
Dabei geht die Kammer im Übrigen davon aus, dass sich die von der Antragsgegnerin in ihrem Widerspruchsbescheid vom 11.08.2003 getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO trotz ihres etwas missverständlichen Wortlauts nicht nur auf die zweitgenannte Auswahlentscheidung als solche, sondern auch auf die erstgenannten Feststellungen erstreckt.
Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtigerweise als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer im Verfahren 6 A 3607/03 am 27.08.2003 erhobenen Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.04.2003 und ihren Widerspruchsbescheid vom 11.08.2003 gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO zu verstehen und auch nur als solcher statthaft (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO).
Der Antrag kann jedoch keinen Erfolg haben. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs wiederherstellen, wenn die sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO angeordnet wurde. Bei dieser Entscheidung prüft das Gericht zum einen, ob das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 3 VwGO ordnungsgemäß begründet wurde. Zum anderen trifft das Gericht eine eigene Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, vorläufig von den Wirkungen des angefochtenen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Aufschubinteresse), einerseits und dem Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsaktes (Sofortvollzugsinteresse) andererseits. Dabei sind die Erfolgsaussichten des von dem Antragsteller eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen, soweit diese bei summarischer Prüfung absehbar sind. Bestehen bereits bei dieser summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes, ist dem Antrag stattzugeben, da ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht in Betracht kommt (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Bestehen solche Zweifel nicht, wird der Rechtsbehelf in der Hauptsache bei summarischer Prüfung also mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben, und ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 3 VwGO ordnungsgemäß begründet worden, so ist der Antrag abzulehnen. So liegt es hier.
Soweit sich die Antragstellerin gegen die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Bereich des Lernens und gegen die Entscheidung, dass sie deswegen eine Sonderschule für Lernhilfe zu besuchen habe, wendet, bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin vom 25.04.2003 in der Gestalt, die dieser durch den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 11.08.2003 gefunden hat, so dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin jedenfalls insoweit mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird.
Rechtsgrundlage für diese Entscheidungen der Antragsgegnerin ist § 68 Abs. 2 Satz 1 NSchG. Ergänzend hierzu sind zu beachten die Vorschriften der nach § 60 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 NSchG erlassenen Verordnung zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs (VO-SF) vom 01.11.1997 (Nds. GVBl. S. 458) und die wiederum hierzu durch Runderlass des Niedersächsischen Kultusministeriums (MK) erlassenen Ergänzenden Bestimmungen (Erg. Best.) vom 06.11.1997 (SVBl. S. 385) [zusammengefasst abgedruckt u.a. bei Seyderhelm/Nagel/Brockmann, NSchG, Kommentar, Stand: 20. Nachlieferung, September 2002, bei § 68].
Verfahrens- oder Formfehler sind insoweit nicht feststellbar. Insbesondere genügt die von der Antragsgegnerin in ihrem Widerspruchsbescheid vom 11.08.2003 abgegebene ausführliche Begründung den formellen Anforderungen nach § 39 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG, und zwar auch unter Berücksichtigung der im Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG bestehenden gesteigerten Begründungspflicht der Schulbehörde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.1997 - 1 BvR 9/97 - DVBl. 1997, 1432). Ein etwaiger Formfehler des Ausgangsbescheides vom 25.04.2003 wäre mithin jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid vom 11.08.2003 geheilt (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG).
Aber auch in materieller Hinsicht bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der genannten Entscheidungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erziehungsberechtigten eines Kindes auch im Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der zuständigen Schulbehörde haben, während die Letztverantwortlichkeit für die nach § 68 Abs. 2 Satz 1 NSchG zu treffenden Entscheidungen in jedem Fall bei der Schulbehörde verbleibt (vgl. BVerfG, a.a.O.). Ermessensfehler sind hier jedoch nicht ersichtlich.
Vielmehr sind die nach § 3 VO-SF von der Antragsgegnerin maßgeblich zu berücksichtigenden Entscheidungsgrundlagen, nämlich die Berichte der zunächst noch zuständigen L. schule vom 29.01., 28.07. und 05.08.2003, das Beratungsgutachten der N. schule vom 20.03.2003 und die Empfehlungen der beiden Lehrkräfte nach § 2 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 VO-SF vom 24.03.2003, nach Auffassung der Kammer in sich schlüssig und widerspruchsfrei und daher in ihrem Ergebnis überzeugend. Die Antragstellerin hat demgegenüber keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine etwaige Fehlerhaftigkeit der darin getroffenen Feststellungen dargetan, sondern sich im Wesentlichen darauf beschränkt, ihre eigene Beurteilung an die Stelle der hierfür berufenen fachkundigen Lehrkräfte zu setzen. Dies kann nicht genügen.
Insbesondere begründen die Hinweise der Antragstellerin auf ihre angeblichen Hörprobleme durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der von schulischer Seite getroffenen Feststellungen und Beurteilungen nicht. Denn zum einen hat es die Antragstellerin bislang - trotz mehrfacher Aufforderungen - weder gegenüber der Antragsgegnerin noch gegenüber dem Gericht vermocht, einen entsprechenden fachärztlichen Befundbericht vorzulegen. Zum anderen ist aber auch nicht hinreichend dargetan, dass diese angeblichen Hörprobleme bei den Feststellungen der Antragsgegnerin derart unberücksichtigt geblieben wären, dass das Ergebnis der o.g. Entscheidungsgrundlagen fehlerhaft sein könnte. Vielmehr hat die Antragsgegnerin darauf verwiesen, dass die L. schule den entsprechenden Hinweisen der Antragstellerin durch bestimmte Fördermaßnahmen nachgegangen sei, ohne dass dies zu einer Änderung der Leistungen der Antragstellerin geführt habe. Auch dies hat die Antragstellerin nicht substantiiert in Frage gestellt.
Soweit die Antragstellerin schließlich auch die Auswahl der konkret zu besuchenden Sonderschule für Lernhilfe durch die Antragsgegnerin in dem Bescheid vom 25.04.2003 angreift, so bestehen in der Tat Anhaltspunkte dafür, dass nach ihrem Umzug nach C. die Verpflichtung zum Besuch der N. schule in G. letztlich nicht mehr aufrecht zu erhalten sein dürfte. Aber auch insoweit kann der Antrag im vorliegenden Verfahren keinen Erfolg haben.
Denn zum einen dürfte der Antragstellerin insoweit bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage fehlen. Ausweislich des schriftsätzlichen Vorbringens der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren und des Schreibens der Bezirksregierung Lüneburg vom 21.08.2003 gehen nämlich weder die Antragsgegnerin noch die Bezirksregierung Lüneburg als die nunmehr örtlich zuständige Schulbehörde davon aus, dass die Antragstellerin tatsächlich noch die N. schule besuchen soll. Vielmehr hat die Antragsgegnerin eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie sich hinsichtlich der Auswahl der zu besuchenden Sonderschule für Lernhilfe nicht mehr für zuständig hält, während die auch nach Auffassung der Antragsgegnerin insoweit jetzt zuständige Schulbehörde bereits ebenso eindeutig erklärt hat, dass die Antragstellerin an Stelle der N. schule nunmehr die U. -Schule - Sonderschule für Lernhilfe - in C. zu besuchen habe. Mithin ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin noch der gerichtlichen Hilfe bedarf, um die behördliche Durchsetzung ihrer - formal noch bestehenden - Verpflichtung zum Besuch der N. schule abzuwehren. Dahingehende behördliche Vollzugsmaßnahmen drohen ihr vielmehr ersichtlich überhaupt nicht mehr.
Zum anderen dürfte ihre Anfechtungsklage in der Hauptsache aber auch insoweit mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO kommt es bei einer Sonderschulüberweisung nach § 68 Abs. 2 Satz 1 NSchG, wie sie hier streitig ist, nämlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2003 am 14.08.2003, an.
Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer, von der abzuweichen das vorliegende Verfahren keine Veranlassung gibt. Der abweichenden Auffassung, dass es sich bei einer Sonderschulzuweisung um einen sog. Dauerverwaltungsakt handele und deshalb im Rahmen der Anfechtungsklage zu prüfen sei, ob die Aufrechterhaltung der streitigen Maßnahme im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor Gericht noch rechtmäßig ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.12.1990 - 9 S 850/89 - NVwZ-RR 1991, 479), folgt die Kammer nicht. Zwar trifft es zu, dass sich die Beantwortung der Frage, auf welchen Zeitpunkt im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO abzustellen ist, maßgeblich nach dem anzuwendenden materiellen Recht richtet und dass es danach bei Dauerverwaltungsakten regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor Gericht ankommt, weil die Behörde oftmals eine Verpflichtung trifft, eine fortwirkende, sich ständig aktualisierende Regelung aufzuheben, wenn sich die ihr zu Grunde liegende Sach- und Rechtslage geändert hat. Anerkannt ist aber auch, dass dies dann nicht gilt, wenn ein besonderes Verwaltungsverfahren vorgeschrieben ist, um die einmal getroffene Regelung aufzuheben oder zu ändern. Vielmehr gebietet es das materielle Recht in solchen Fällen, auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen, weil dem nachgeschalteten Verwaltungsverfahren dann vorrangige Bedeutung zukommen soll (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 14.05.1997 - 1 B 93.97 - NVwZ-RR 1997, 621 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund kann hier jedenfalls für das niedersächsische Landesrecht offen bleiben, ob es sich bei den Entscheidungen nach § 68 Abs. 2 Satz 1 NSchG tatsächlich um Dauerverwaltungsakte im o.g. Sinne handelt, wofür indes einiges sprechen dürfte. Denn die in Form von für die Schulen und Schulbehörden verbindlichen Verwaltungsvorschriften erlassenen Erg. Best. zur VO-SP sehen in ihrer Nr. 17 eine regelmäßige Überprüfung der getroffenen Entscheidung durch die zuständige Sonderschule und unter gewissen Voraussetzungen eine Verpflichtung der Schulbehörde zur Überweisung der betroffenen Schülerin bzw. des betroffenen Schülers an eine geeignete Regelschule vor. Hierbei handelt es sich um ein förmliches Verfahren, das ersichtlich dem Zweck dient, die einmal getroffene Entscheidung nach § 68 Abs. 2 Satz 1 NSchG (erst) nach einem gewissen Zeitraum zu überprüfen. Sinn ist offenkundig, dass die Maßnahme zunächst jedenfalls bis zum nächsten Zeugnistermin vollzogen werden soll, wenn zum Zeitpunkt der (letzten) schulbehördlichen Entscheidung die rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorlagen. Würde man demgegenüber annehmen, die zunächst getroffene Entscheidung könne ohne Weiteres rechtswidrig werden und müsse jederzeit aufgehoben werden, wenn sich die Sach- und Rechtslage entscheidungserheblich verändert, so würde dies dem Sinn und Zweck des vorgeschriebenen Überprüfungsverfahrens offensichtlich zuwider laufen und wäre im Übrigen auch kaum praktikabel. Denn dann könnte fortlaufend während des gesamten Schuljahres auch gerichtlicher Rechtsschutz mit der Begründung in Anspruch genommen werden, der sonderpädagogische Förderbedarf sei weggefallen oder habe sich derart verändert, dass eine andere Art der Beschulung erforderlich sei. Dem nachzugehen, widerspräche aber auch den Interessen der betroffenen Schülerinnen und Schüler, denen eine ständige Änderung der Beschulung nicht zumutbar wäre.
Ist danach hier auf die Sach- und Rechtslage bei Zustellung des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2003 am 14.08.2003 abzustellen, so ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, die Antragstellerin auf die N. schule in G. zu überweisen. Jedenfalls hat die Antragstellerin nichts dafür aufgezeigt, dass bei Annahme eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Bereich Lernen und der Verpflichtung zum Besuch einer Sonderschule für Lernhilfe die Auswahl der N. schule bezogen auf den seinerzeitigen Wohnort der Antragstellerin ermessensfehlerhaft gewesen sein könnte.
Dass der Antragstellerin jetzt wahrscheinlich ein Anspruch auf Änderung dieser Auswahlentscheidung zusteht, ändert hieran nichts. Denn für die Auswahl der zu besuchenden Sonderschule für Lernhilfe ist jetzt die Bezirksregierung Lüneburg örtlich zuständig. Nur diese ist daher gegenwärtig auch befugt, die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung zu ändern bzw. neu zu treffen (vgl. §§ 48 Abs. 5, 49 Abs. 5, 51 Abs. 4 VwVfG). Ob dies mit dem Schreiben der Bezirksregierung Lüneburg vom 21.08.2003 bereits rechtswirksam geschehen ist, erscheint eher zweifelhaft, kann aber auch offen bleiben. Denn jedenfalls kann die Antragstellerin dies im vorliegenden Verfahren mangels Passivlegitimation der Antragsgegnerin nicht mit Erfolg durchsetzen. Vielmehr müsste sie diesen Anspruch in einem gesonderten Verfahren gegenüber der hierfür zuständigen und daher ggf. auch passiv legitimierten Bezirksregierung Lüneburg verfolgen.
Vor diesem Hintergrund genügt die von der Antragsgegnerin in ihrem Widerspruchsbescheid vom 11.08.2003 abgegebene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch weiterhin den Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Die Kostenlastentscheidung für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Für das Verfahren der Prozesskostenhilfe ergeht keine Kostenentscheidung, weil insoweit Gerichtskosten nicht erhoben (§ 1 Abs. 1 GKG) und dem Gegner entstandene Kosten nicht erstattet werden (§ 166 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).