Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 02.12.2019, Az.: 2 A 449/17

abgelehnt; Christenverfolgung; Gruppenverfolgung; Pakistan

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
02.12.2019
Aktenzeichen
2 A 449/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69917
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Der Kläger begehrt internationalen Schutz und macht Abschiebungshindernisse geltend.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben pakistanischer Staatsangehörigkeit, panjubischer Volkszugehörigkeit und katholischer Religionszugehörigkeit. Nach ebenfalls eigenen Angaben reiste er am 1. August 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 26. Februar 2016 seine Anerkennung als Asylberechtigter.

In seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend „Bundesamt“) am 7. Juli 2017 machte er geltend, er habe Pakistan aufgrund seines katholischen Glaubens verlassen müssen. Er habe sich mit einem muslimischen Freund über seinen Glauben ausgetauscht, die Familie des Freundes habe ihm gedroht, dass etwas passieren werde, wenn er es nicht unterlasse. Eines Tages sei eine Gruppe bewaffneter Männer mit Bärten in sein Geschäftshaus gekommen und drohte damit ihn umzubringen, sollte er weiter öffentlich das Christentum verbreiten. Seiner Meinung nach habe es sich um Mitglieder der Taliban gehandelt. Er sei in der Folge immer wieder belästigt und geschlagen worden, er wisse nicht genau, wer diese Personen gewesen seien. Er sei auch zur Polizei gegangen, doch die Polizei habe ihm nicht helfen wollen, vielmehr sei er beschimpft worden und aus der Dienststelle herausgeworfen worden. Eines Tages, im Dezember 2014, sei er brutal zusammengeschlagen worden. Er sei wiederholt bedroht worden, dass man ihn töten werde, wenn er nicht zum muslimischen Glauben konvertiere. Daraufhin sei er von seiner Familie nach Lahore geschickt worden. Nachdem sich in Lahore eine Explosion in einer Kirche ereignet habe, sei er wieder nach Hause zu seiner Familie zurückgekehrt. Einige Tage später sei er erneut zusammengeschlagen worden und habe Kopfverletzungen davongetragen. Er sei von einem christlichen Bruder genäht worden. Erneut habe er vergebens versucht, das zur Anzeige zu bringen. Er habe sich nach diesem Vorfall ca. sechs Wochen lang zu Hause versteckt, bis seine Kopfverletzung verheilt sei. Danach habe seine Familie seine Ausreise organisiert.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers bzw. den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Ziff. 1 bis 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziff. 4), forderte den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise auf (Ziff. 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate (Ziff. 6). Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Ausführungen im Bescheid Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 16. August 2017 Klage erhoben. Zur Begründung ergänzt er seine Ausführungen vor dem Bundesamt. Er gehöre als praktizierender Christ einer Minderheit an, die vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt sei. Soweit die Beklagte das Vorbringen in der Anhörung als unglaubhaft erachtet habe, sei dem entgegenzuhalten, dass Anhörer und Entscheider beim Bundesamt nicht personenidentisch gewesen seien, so dass gar kein persönlicher Eindruck habe entstehen können.

Soweit der Kläger zunächst schriftsätzlich beantragt hatte, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hat er die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 2017 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise,

ihm subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie

hilfsweise,

festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG bestehen.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihren Bescheid.

Am 2. Dezember 2019 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Der Kläger hat in seiner informatorischen Anhörung ergänzende Angaben zu den Gründen seiner Ausreise gemacht. Es wird auf die Niederschrift vom Verhandlungstag verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Weiter wird verwiesen auf die Erkenntnismittel, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

Soweit der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO). Im Übrigen bleibt die zulässige Klage, über die trotz Ausbleibens der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), in der Sache ohne Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG, keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder die Feststellung von Abschiebungshindernissen hinsichtlich Pakistan.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG.

Dabei ist zunächst unbedenklich, dass die Entscheidung des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid nicht durch den Anhörer des Klägers getroffen wurde. Der Entscheider hat nicht die Glaubwürdigkeit des Klägers unter Berücksichtigung eines von diesem gewonnenen unmittelbaren persönlichen Eindrucks in Abrede gestellt, sondern anknüpfend an den Inhalt des Anhörungsprotokolls auf Widersprüche in der Schilderung des Klägers hingewiesen. Eine solche Prüfung anhand der Niederschrift der Anhörung muss nicht von derselben Person vorgenommen werden, die die Anhörung durchgeführt hat (vgl. u.a, VG Augsburg, Beschl. v. 1.4.2019 - Au 6 S 19.30430 -, juris; Sächs. OVG, Beschl. v. 5.8.2019 - 93/18.A -, juris). Zudem folgt eine Pflicht für eine Personenidentität zwischen Anhörer und Entscheider nicht aus dem Asylgesetz selbst, weil eine dem § 112 VwGO vergleichbare Regelung im Asylgesetz gerade nicht besteht (vgl. VG Aachen, Urt. v. 20.3.2019 - 7 K 3127/17.A -, Rn. 16 - 17, juris, so bereits auch BayVGH, Urt. v. 23.7.1997 - 24 B 32748 -, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2001 - 23 K 714/97.A -, juris; VG Schwerin, Beschl. v. 15.5.2002 - 11 B 206/01 As -, juris).

Der Kläger ist weder individuell noch allgemein aufgrund seiner Religionszugehörigkeit verfolgt.

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 - Genfer Flüchtlingskonvention -), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die Furcht vor einer Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit tatsächlich drohen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 -, NVwZ 2013, 936).

Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953 - Europäische Menschenrechtskonvention -) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).

Der - hier allein in Betracht kommende - Verfolgungsgrund der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind, vgl. § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Dabei kann die Verfolgung ausgehen von dem Staat (Nr. 1.), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2.), oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3.), § 3c AsylG.

Es ist Sache des Asylbewerbers, die Umstände, aus denen sich die Verfolgung ergibt, in schlüssiger Form vorzutragen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es – unter Angabe genauer Einzelheiten – einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts (BVerwG, Beschl. v. 26.10.1989 - 9 B 405/89 -, NVwZ-RR 1990, 379; BVerwG, Urt. v. 24.03.1987 - 9 C 321/85 -, NVwZ 1987, 701). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VGH BW, Urt. v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 -; Hess. VGH, Urt. v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A -; VG Augsburg, Urt. v. 16.2.2017 - Au 5 K 16.32161 -, alle juris).

Die Tatsache, dass ein Asylbewerber bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist nach Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Asylbewerbers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Asylbewerber erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Bei einer fehlenden Vorverfolgung gelten dagegen strengere Maßstäbe (vgl. EGMR, Urt. v. 28.2.2008 - Nr. 37201/06, Saadi -, juris mwN). Die Furcht vor Verfolgung ist in diesen Fällen dann begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren, aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände und in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 -, juris; BVerwG, Beschl. v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 -, juris).

Nach § 3e Abs. 1 AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft jedoch nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2). Dabei müssen die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse am Ort des internen Schutzes so gestaltet sein, dass das Existenzminimum des betroffenen Ausländers gewährleistet ist (sog. „inlänische Fluchtalternative“, vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 14.11.2012 - 10 B 22/12 -, juris Rn. 9 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11/07 -, juris).

Hat der Asylbewerber danach keine eigene Verfolgung wegen seiner Religion erfahren, kann sich die Gefahr eigener religiöser Verfolgung aber auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt werden, das er mit ihnen teilt und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. „Gruppenverfolgung“). In Betracht kann auch eine Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure kommen. Um eine Gruppenverfolgung mit der Regelvermutung individueller Betroffenheit annehmen zu können, muss insbesondere das Erfordernis der sog. Verfolgungsdichte erfüllt sein (BVerwG, Urt. v. 18.7.2006 - 1 C 15.05 -; v. 1.2.2007 - 1 C 24.06 -; v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 - und v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 -, alle juris).

Nach diesen Maßstäben kann der Kläger keine Flüchtlingsanerkennung beanspruchen.

Er konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen, dass er Pakistan unter Anknüpfung an ein flüchtlingsrelevantes Merkmal – hier der Religion – verlassen hat. Sein Vorbringen zum individuellen Verfolgungsgeschehen – er sei von Mitgliedern von muslimischen Organisationen, die nach dem äußeren Erscheinungsbild der Taliban oder Dschihaddisten zugehörig sein könnten, angegriffen worden und wiederholt zusammengeschlagen worden, weil ihm von den Personen vorgeworfen sei, christliche Missionarsarbeit unter Muslimen zu leisten, kann kein Glauben geschenkt werden. Die Angaben waren bereits bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt unpräzise, oberflächlich und zum Teil zusammenhanglos. Der Kläger vermochte das Verfolgungsgeschehen auch bei seiner informatorischen Anhörung vor dem Gericht nicht hinreichend zu präzisieren. So blieb die Schilderung des Kerns des Verfolgungsgeschehens, nämlich die gegen seine Person gerichteten physischen Angriffe detailarm und unpräzise. Zusammenhänge dieses Geschehens vermochte der Kläger nicht von sich heraus erläutern, vielmehr hat er erst auf wiederholte Nachfrage des Gerichts ergänzende Angaben hierzu gemacht, die aber in der Gesamtschau vage und detaillos blieben. Letztlich scheint nach dem Vorbringen des Klägers der Wunsch seiner Familie ausschlaggebend für seine Ausreise gewesen zu sein. Eine familiäre Drucksituation allein – sollte sie sich tatsächlich ereignet haben – rechtfertigt indes keine Flüchtlingsanerkennung.

Selbst bei einer Wahrunterstellung seines Vorbringens kann der Kläger keine Flüchtlingsanerkennung beanspruchen. Denn die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil ihm eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung zusteht, die die Flüchtlingsanerkennung ausschließt (§ 3e AsylG). Denn es ist dem Kläger zuzumuten, Zuflucht in den von seiner Heimatstadt weiter entfernt liegenden Großstädten wie beispielsweise Karachi, Peshawar oder Multan zu nehmen, in denen das Risiko zufälliger Entdeckung durch die Verfolger deutlich verringert ist. Die Größe des Landes Pakistan und seine Vielfalt ermöglichen interne Ausweichmöglichkeiten. Insbesondere besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind, was auf den Kläger nicht zutrifft. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich, Länderinformationsblatt, 20.10.2017, S. 131; VG Hannover, Urt. v. 28.3.2018 - 11 A 3406/17 -, juris Rn. 49 m.w.N.). Denn in den Städten Pakistans – vor allem in den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Peshawar, Karachi oder Multan – leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Land (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan – nachfolgend: Lagebericht – vom 29.7.2019, S. 21). Allgemein ist Pakistan ist ein flächen- und bevölkerungsmäßig sehr großes Land (Fläche 880.254 Quadratkilometer, ca. 200 Millionen Einwohner). Es ist deshalb nach den vorliegenden Erkenntnissen grundsätzlich möglich, bei Aufenthaltnahme in einer der größeren Städte dauerhaft der Aufmerksamkeit der lokalen Behörden oder potentiellen Übergriffen eines Verfolgers zu entgehen (Auswärtiges Amt, Stellungnahme an VG Leipzig vom 15.1.2014; VG Lüneburg, Urt. v. 6.7.2018 - 2 A 353/17 -, Veröff. n. b.).

An dieser Sachlage hat sich auch durch das im Jahr 2016 eingeführte „Tenant Registration System“ nichts Maßgebliches geändert (zum Ganzen: Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Stuttgart vom 19.12.2018). Demnach kann einer Wohnsitznahme in einem anderen Teil des Landes auch nicht entgegengehalten werden, dass man sich als Rückkehrer registrieren müsse und dadurch potentielle Verfolger von der Rückkehr Kenntnis erlangen könnten. Zwar sind nach dem Gesetz zufolge, das das Vorhandensein des „Tenant Registration System“ vorschreibt, sowohl Mieter als auch Vermieter verpflichtet, sich u. a. mit der Kopie ihres Personalausweises bei der zuständigen Behörde, der National Database & Registration Authority (NADRA), zu registrieren. Auch um als Wähler in einem Wahlkreis registriert zu werden, muss man mittels Digitaler Nationaler Identitätskarte (CNIC) nachweisen, Bewohner des jeweiligen Wahlkreises zu sein. Auf der CNIC ist dann neben der permanenten Adresse auch die derzeitige Wohnadresse einer Person angeführt (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich, Länderinformationsblatt, Mai 2019, S. 91). Die Daten werden in den polizeilichen Datenbanken gespeichert und sind beispielsweise auch von der Bundespolizei abrufbar. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln ist das auf dem Gesetz beruhende Meldesystem in Pakistan aber immer noch nicht lückenlos verbreitet (vgl. u.a. auch VG Hannover, Urt. v. 5.4.2018 – 11 A 7110/17 –, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 29.4.2014 - 14 K 7578/13.A -, juris). So besteht es etwa in den Provinzen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Sindh sowie im Hauptstadtterritorium Islamabad und wird dort auch angewendet (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich, Länderinformationsblatt, Mai 2019, S. 91). Es können jedoch keine entsprechenden Quellen über das Vorhandensein solcher Registrierungssysteme u.a. in Azad-Jammu und Kaschmir, Gilgit-Baltistan genannt werden. Zudem sind die in den Großstädten eingepflegten Daten im Registrierungssystem nicht für private Akteure einsehbar; auch gibt es weiterhin zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten, von einer Registrierung abzusehen (zum Ganzen Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Stuttgart vom 19.12.2018). Aufgrund dieses weiterhin nur unzureichenden Meldewesens in Pakistan wäre es dem Kläger insoweit möglich, sicher in das Land zu reisen und dort in einer Stadt, die weit genug von seinem Heimatort entfernt liegt und kein lückenlos umgesetztes Meldesystem enthält, unbehelligt zu leben (vgl. Lagebericht, S. 21; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 1.2.2018 - 4 A 1763/15.A -, juris). Zumal die potentiellen Verfolger des Klägers – ihr Vorhandensein als wahr unterstellt – als private Akteure ohnehin keine Einsichtnahme in das Registrierungssystem nehmen können. Die Einführung des Tenant Registration System hat deshalb auch nicht dazu geführt, dass das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht von der Einschätzung abgerückt wäre, dass ein Untertauchen grundsätzlich möglich sei (Auswärtiges Amt, Lagebericht, 29.7.2019, S. 19). Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass die Personen, vor denen sich der Kläger fürchtet, nämlich die radikalen Anhänger des muslimischen Glaubens, in der Lage wären, den Kläger nach seiner Rückkehr nach Pakistan aufzuspüren.

Inwiefern die Gegner des Klägers im Falle einer Rückkehr auf ihn überhaupt aufmerksam werden sollten und ihn im gesamten Land ausfindig machen könnten, erschließt sich der Einzelrichterin nicht. Der Kläger nimmt keine exponierte (religiöse) Stellung ein, betreibt insbesondere keine landesweit bekannte christliche Missionarsarbeit. Vielmehr bekundet er selbst, seine Verfolger hätten nur deshalb angenommen, er würde missionieren, weil er einem muslimischen Schulfreund die Bibel vorgelesen habe. Weitere öffentliche Glaubensbekundungen hat der Kläger nicht vorgetragen. Zudem spricht gegen eine besondere Aufmerksamkeit seiner Verfolger auf den Kläger insbesondere der Umstand, dass zwischen den geschilderten Vorfällen mit anschließender Ausreise und heute mehr als vier Jahre vergangen sind und der Kläger selbst angibt, dass seine Verfolger aus dem unmittelbaren Kreis seines Heimatortes kommen würden. Jedenfalls schildert er selbst, dass er in Lahore unbehelligt gelebt habe und seine Familie ihn nur deshalb in seine Heimatstadt zurückgeholt habe, weil in Kirchen in Lahore Bomben explodiert seien. Er sei selbst aber nicht in der Nähe gewesen.

Auch die übrigen Voraussetzungen für eine interne Schutzalternative nach § 3e AsylG liegen im Fall des Klägers vor. Insbesondere kann von ihm vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in einem anderen Landesteil des Abschiebezielstaats niederlässt. Für die Beantwortung dieser Frage ist ein anderer Maßstab anzulegen als bei der im Rahmen des Abschiebungsverbots aufgrund nationalen Schutzes nach § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 5 AufenthG zu prüfenden innerstaatlichen Fluchtalternative. Der Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 5 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus, wobei das Bundesverwaltungsgericht bislang offengelassen hat, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (Nds. OVG, Urt. v. 19.9.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, Rn. 75; BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 -, juris, Rn. 20). Jedenfalls sind die Anforderungen nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen aber dann erfüllt, wenn ein verfolgungssicherer Ort erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum bietet. Das ist in aller Regel dann der Fall, wenn sie dort, sei es durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa, weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.2.2007 - 1 C 24/06 -, juris Rn. 11). Aufgrund der vorliegenden Erkenntnislage geht die Einzelrichterin davon aus, dass der Kläger als erwachsener und erwerbsfähiger Mann, der nach eigenen Angaben einen College-Abschluss hat und in Pakistan im Familienbetrieb gearbeitet hat und damit offensichtlich über Arbeitserfahrungen verfügt, in den Großstädten und in anderen Landesteilen Pakistans ein ausreichendes Einkommen finden kann. Zwar ist das Leben in den Großstädten teuer, allerdings haben viele Menschen kleine Geschäfte oder Kleinstunternehmen. Es gibt aufgrund der großen Bevölkerung viele Möglichkeiten für Geschäfte auf kleiner Basis. Denn selbst ungelernten Menschen ist es in der Regel möglich, sich durch Gelegenheitsjobs oder kleine Geschäfte ihren Lebensunterhalt zu sichern (vgl. auch VG Hannover, Urt. v. 2.5.2018 - 11 A 7726/17 -, juris, m.w.N.). Es kann somit erst recht vom gebildeten und wirtschaftlich nach eigenen Angaben in seiner Heimat gut aufgestellten Kläger erwartet werden, dass er sich in einem dieser Landesteile niederlässt.

Auch eine Berufung auf den Flüchtlingsschutz wegen Gruppenverfolgung scheidet aus. Hat der Asylbewerber keine eigene Verfolgung wegen seiner Religion erfahren, kann sich die Gefahr eigener politischer Verfolgung eines Asylbewerbers auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt werden, das er mit ihnen teilt und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gruppenverfolgung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt dabei die Annahme einer Gruppenverfolgung ein staatliches Verfolgungsprogramm oder im Fall einer nichtstaatlichen Verfolgung eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die Vermutung einer auch individuell bestehenden Verfolgungsgefahr rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, NVwZ 1995, 175). Ob Verfolgungshandlungen gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen in deren Herkunftsstaat die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllen, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, möglichst detailliert festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare asylerhebliche Merkmale nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann (hierzu: BVerwG, Urt. v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, juris).

Nach diesen Maßstäben droht dem Kläger keine Verfolgung. Zur Frage der Gruppenverfolgung von Christen in Pakistan hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 27.8.2014 - A 11 S 1128/14 -, ausgeführt:

„Christen in Pakistan droht nach den im Verfahren vom Senat zugrunde gelegten und ausgewerteten Erkenntnismitteln nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, wegen ihres Glaubens und ihrer – auch öffentlichen – Glaubensbetätigung einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL ausgesetzt zu sein. Der Senat geht davon aus, dass in Pakistan mindestens 3 Millionen Christen leben (vgl. AA Lagebericht vom 08.04.2014, S. 6 und 16 – im Folgenden Lagebericht; vgl. aber auch Home Office, Pakistan, Country of Origin Information Report vom 09.10.2013, Ziffer 19.178 – im Folgenden COI – wonach laut einiger Quellen die Zahl in Wirklichkeit das Doppelte betragen soll). Nach der Rechtslage bestehen - anders als bei der religiösen Minderheit der Ahmadis – keine wesentlichen unmittelbaren Diskriminierungen der Christen in Pakistan (vgl. etwa Lagebericht, S. 13 f.; BAA, Bericht zur Fact Finding Mission, Pakistan, Juni 2013, S. 38 ff. und 51 ff. – im Folgenden BAA). Eine Ausnahme besteht insoweit, als der Premierminister sowie der Präsident Muslim sein muss, was teilweise als schlechtes Signal an die Bevölkerung beschrieben wird, dass die Minderheiten auch minderwertig seien (vgl. BAA, S. 51). Allerdings wirkt sich die sog. Blasphemiegesetzgebung auch bei der christlichen Minderheit faktisch zu ihrem Nachteil aus, zumal diese – nicht anders als bei anderen Minderheiten, aber auch bei der Mehrheitsbevölkerung – in erheblichem Maße aus eigensüchtigen Motiven und Gründen von den Anzeigeerstattern missbraucht wird (vgl. ausführlich auch BAA, S. 48 ff.; COI, Ziffer 19.33. ff.; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Angehörigen religiöser Minderheiten in Pakistan, 10.10.2012, S. 6 f. – im Folgenden UNHCR; Human Rights Commission of Pakistan, State of Human Rights in 2013, S. 27 ff und 101 ff. – im Folgenden HRCP).(…) Betroffen sind davon allerdings in erster Linie nicht Angehörige der christlichen Minderheit. Dokumentiert sind zwei nicht rechtskräftige Todesurteile gegen eine christliche Frau und ein christliches Mädchen, ohne dass nähere Umstände hierzu bekannt geworden sind (vgl. etwa Human Rights Watch World Report 2014, S. 367 f. – im Folgenden HRWWR). Im Jahre 2012 kam es zu insgesamt 113 Anklagen (gegenüber 79 im Jahre 2011), davon 12 gegen Christen (Lagebericht, S. 14; vgl. auch HRCP, S. 33 f., die von geringfügig höheren Zahlen ausgeht). Im Jahre 2013 wurden insgesamt gegen 68 Personen Verfahren eingeleitet, darunter gegen 14 Christen; es wurden insgesamt mindestens 16 oder 17 Personen zum Tode und 19 oder 20 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, davon eine Verurteilung eines Christen zu lebenslanger Freiheitsstrafe und zwei Freisprüche von Christen (vgl. US Commission of International Religious Annual Report 2014, S. 76 – Im Folgenden USCIRF I; HRWWR, S. 367; HRCP, S. 33 ff.; vgl. zu weiteren Verurteilungen eines britischen Staatsangehörigen und einer pakistanischen Christin im Jahre 2014 Briefing Notes vom 27.01.2014 und 31.03.2014). Die Religionsausübung der christlichen Minderheit wird grundsätzlich staatlicherseits nicht eingeschränkt oder behindert. Für das Jahr 2012 wurde allerdings berichtet, dass auch staatliche Stellen sich an der Zerstörung christlicher Einrichtungen beteiligt hätten (vgl. US Commission of International Religious Freedom Annual Report 2012, S. 126 – Im Folgenden USCIRF II). Vergleichbare Vorkommnisse werden für das Jahr 2013 in den zahlreichen Erkenntnismitteln an keiner Stelle mehr erwähnt (vgl. USCRIF I, S. 75 ff. und US Commission of International Religious Freedom Annual Report 2013, S. 123 – im Folgenden USCRIF IV). Die wesentlichen Probleme, mit denen religiöse Minderheiten konfrontiert sind, sind die Auswirkungen der zunehmenden interkonfessionellen Gewaltakte von nicht-staatlicher Seite und Diskriminierungen im gesellschaftlichen Leben (vgl. hierzu schon ausführlich Senatsurteil vom 12.06.2013 – A 11 S 757/13). Allerdings ist festzustellen, dass sich diese Gewalttaten bislang überwiegend gar nicht gegen Christen, sondern gegen Angehörige der schiitischen Minderheit richten (vgl. BAA, S. 19 f und 47 f.; Lagebericht, S. 16; HRWWR, S. 367; USCIRF I, S. 75). Für das Jahr 2013 wurden insgesamt 658 Tote und 1195 Verletzte gezählt (vgl. Lagebericht S. 16), die gegen religiöse Minderheiten gerichteten interkonfessionellen Gewaltakten zum Opfer gefallen sind, während es sich im Jahre 2012 „nur“ um 507 Tote und 577 Verletzte gehandelt hatte (vgl. COI, Ziffer 19.233). Was die christliche Minderheit betrifft, sind besonders hervorzuheben ein Anschlag auf die anglikanische Allerheiligen-Kirche in Peshawar am 22.09.2013, durch den wohl etwa 100 Personen getötet und über 150 zum Teil schwer verletzt wurden (vgl. Lagebericht, S. 16, und USCIRF I, S. 76). Im März und April attackierte eine aufgehetzte Menschenmenge christliche Siedlungen bzw. Dörfer; bei den Attacken wurden über 100 Häuser zerstört, ohne dass aber Menschenleben zu beklagen waren (vgl. USCIRF I, S. 76; vgl. auch BAA, S. 42 f.; vgl. auch HRCP, S. 94 - zu weiteren – allerdings vereinzelten – Übergriffen auf Kirchen S. 94), wobei auch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Vorfall im März 2013 von langer Hand vorbereitet worden war. Im Wesentlichen alle verwerteten Erkenntnismittel sind sich in diesem Zusammenhang einig, dass staatliche Sicherheits- und Strafverfolgungsorgane hierbei den erforderlichen Schutz nur lückenhaft gewähren oder jedenfalls viel zu spät eingreifen, wobei dieses oftmals nicht allein darauf zurückzuführen ist, dass diese Organe überfordert wären, sondern auch auf einer offensichtlich mangelnden Bereitschaft beruht, effektiven Schutz zu gewähren (vgl. etwa BAA, S. 19 ff. und 42 ff.; HRWWR, S. 367; UNHCR, S. 1 f.; vgl. zu unzureichenden Schutzmaßnahmen schon Departement of State‘s International Religious Freedom Report for 2012, Stichwort „Government Inaction“ – Im Folgenden USCIRF III). Allerdings ist auch festzuhalten, dass es fundierte Berichte gibt, dass Polizeiorgane bei dem Versuch, den gebotenen Schutz zu gewähren, ernsthafte Verletzung erlitten haben (vgl. BAA, S. 43; vgl. auch S. 46 zu Schutzmaßnahmen bei Prozessionen). Immerhin haben die Sicherheitsorgane nach gewalttätigen Übergriffen auch Ausgangssperren zum Schutze der Minderheiten und gegenüber muslimischen Klerikern Verbote verhängt, die Stadt zu betreten, um zu verhindern, dass diese zur Gewalt aufstacheln und Hassreden halten (vgl. HRCP S. 76). Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang abschließend, dass es nach dem Angriff am 22.09.2013 in Lahore und Islamabad bemerkenswerte zivilgesellschaftliche Solidaritätsaktionen zugunsten der Christen gab, indem um mehrere Kirchen Menschenketten gebildet wurden (HRCP, S. 94).Selbst wenn man bei der gebotenen qualitativen Bewertung (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 - NVwZ 2011, 56, vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 und vom 13.02.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487) berücksichtigt, dass derartige Gewaltakte teilweise nicht vorhergesehen werden und die Angehörigen der religiösen Minderheiten gewissermaßen aus heiterem Himmel treffen können, was es ihnen dann aber unmöglich macht, ihnen auszuweichen, so genügen selbst die für das Jahr 2013 festgestellten Opferzahlen, die nach den verwerteten Erkenntnismitteln überwiegend nicht die christliche Minderheit betreffen, bei weitem nicht, um die Annahme zu rechtfertigen, jeder Angehörige dieser mindestens drei Millionen zählenden Minderheit müsse mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, in einer noch überschaubaren Zeit Opfer derartiger Leib oder Leben betreffenden Akte zu werden. Daran ändern nichts die etwa vom Auswärtigen Amt im Lagebericht vom 08.04.2014 (S. 16) getroffene Feststellung, dass nach den Ereignissen des Jahres 2013 die Bedrohungslage der christlichen Minderheit in Pakistan eine neue Qualität habe, und die Tatsache, dass die Human Rights Commission of Pakistan davon spricht, dass das Jahr 2013 eines der schwärzesten für die christlichen Gemeinden in Pakistan gewesen sei (HRCP, S. 92). Auch UNHCR ist bislang der Auffassung gewesen, dass eine generelle, vom Einzelfall unabhängige Gefährdung nicht besteht (UNHCR, S. 8). Selbst die Organisation „Open Doors“ (Länderprofile Pakistan), die insgesamt ein durchaus düsteres Bild vermittelt, das aber in den anderen Erkenntnismitteln keine unmittelbare Entsprechung findet, geht davon aus, dass die christlichen Gemeinden sich nach wie vor ungehindert auch mit Öffentlichkeitsbezug versammeln und arbeiten können, auch wenn mitunter die Kirchen von bezahlten Wachleuten geschützt werden. Der Senat kann daher offen lassen, ob der pakistanische Staat den durch Art. 7 Abs. 2 QRL geforderten effektiven Schutz gewährleistet, was aber nach den verwerteten Erkenntnismitteln eher zu verneinen sein dürfte. Etwas anderes gilt auch nicht allgemein und generell betrachtet für den Personenkreis der vom Islam zum Christentum Konvertierten. Zunächst ist davon auszugehen, dass die pakistanische Rechtsordnung den Vorgang der Konversion nicht untersagt oder gar strafrechtlich bewertet (vgl. Lagebericht, S. 14). Versuche, die Rechtslage zu Lasten der Konvertiten zu verändern, sind sogar gescheitert und aufgegeben worden (vgl. COI, Ziff. 19.66). Allerdings kann hier die bereits erwähnte Blasphemie-Gesetzgebung zum Einfallstor für Verfolgungen und Diskriminierungen werden, wenn es um die Beurteilung von Äußerungen und Verhaltensweisen im Kontext einer Konversion geht (vgl. missio, S. 13 und 17; Deutschlandradio Kultur vom 11.02.2014, S. 3). Dass aber in signifikantem Umfang der hier zu beurteilende Personenkreis betroffen sein könnte, lässt sich den vielfältigen Erkenntnismitteln nicht entnehmen, obwohl in ihnen eine unübersehbare Fülle von Einzelinformationen verarbeitet wurden. (…) Die Folgen der gesellschaftlichen und innerfamiliären Ablehnung und Missbilligung gehen dahin, dass Konvertiten es teilweise, jedoch nicht generell, bewusst vermeiden, die Konversion an die Öffentlichkeit zu tragen, und daher ggf. auch den Wohnort wechseln, um nicht in ihrem bisherigen Wohnumfeld aufzufallen, um dann andernorts gewissermaßen als „unbeschriebenes Blatt“ als Christ auftreten und diesen Glauben mit den oben beschriebenen Einschränkungen leben zu können (vgl. etwa Open Doors, Länderprofile Pakistan). Das bedingt aber andererseits, dass es verlässliche Zahlen über die Konversionen vom Islam weg nicht geben kann. Auch wenn angesichts der geschilderten Haltung der Mehrheitsgesellschaft davon auszugehen sein wird, dass die Zahl der erfolgten Lösungen vom Islam oder Konversionen weg vom Islam nicht sehr groß sein wird, so fehlt es doch gegenwärtig an ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass nach Maßgabe der für die Annahme einer Gruppenverfolgung zugrunde zu legenden Prognosemaßstäbe jeder pakistanische Staatsangehörige, der sich vom Islam löst, unterschiedslos ein reales Risiko läuft, von einer schweren Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. a) oder lit. b) QRL betroffen zu sein (…)“

Diesen allgemeinen Ausführungen zur Lage der Christen in Pakistan schließt sich die erkennende Einzelrichterin – wie auch andere Instanz- bzw. Obergerichte (vgl. z.B. VG München Urt. v. 21.9.2017 - M 1 K 16.35666 -, juris mwN; VG Karlsruhe, Urt. v. 30.5.2018 - A 5 K 5640/16 -, juris mwN; und im Ergebnis wohl auch OVG NRW, Beschl. v. 25.6.2019 - 4 A 2649/17.A -, juris) – auch nach Auswertung der neusten Erkenntnismittel an. Schon dem alten Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 20.10.2017) sind keine Erkenntnisse zu entnehmen, die für eine Gruppenverfolgung von Christen in Pakistan sprachen. Danach gab es zwar in den Jahren 2015 und 2016 in Lahore mehrere gezielt auf Christen verübte Anschläge mit zahlreichen Todesopfern (bspw. Doppel-Selbstmordanschlag auf zwei Kirchen in dem überwiegend von Christen bewohnten Stadtteil Yohanabad von Lahore, bei dem 20 Personen ums Leben kamen; bei einem Anschlag auf einen öffentlichen Park in Lahore am Ostersonntag im März 2016 wurden zahlreiche Christen getötet (s. Die Welt (online) vom 28.3.2016, „Christen als Sündenböcke“). Wenngleich die Mehrzahl der Getöteten Muslime waren, behaupteten die Taliban, der Anschlag habe den Christen gegolten (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 30.5.2016, S. 20; Open Doors, Länderbericht Pakistan Berichtszeitraum 1.11.2015 - 31.10.2016). Im September 2016 wurde der christliche Wachmann D. E. getötet, als er versuchte, den Angriff von vier bewaffneten Männern auf die christliche Siedlung Warsak Dam bei Peschawar abzuwehren. Mindestens vier weitere Fälle wurden erfasst (Open Doors, Länderbericht Pakistan Berichtszeitraum 1.11.2015 - 31.10.2016); vgl. zu alledem ausführlich auch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Pakistan, Stand 7.12.2017, S. 82 ff.). Zwar brachten diese gezielten terroristischen Angriffe auf die Gemeinschaft der pakistanischen Christen eine neue Qualität in die Bedrohungslage für die christliche Bevölkerung, die sich zuvor vor allem in sozialer Diskriminierung äußerte (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Pakistan, Stand 7.12.2017, S. 84). Sie erreichten ihrer Zeit aber nicht die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Dichte.

Dem neusten Bericht des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 29.7.2019, S. 14) sind keine anderen Anhaltspunkte zu entnehmen. Im Gegenteil wird nicht mehr von so vielen Angriffen auf Christen berichtet. Der Bericht führt vielmehr aus, dass im Unterschied zu den Ahmadis Christen in der Regel frei in der öffentlichen Ausübung ihres Glaubens sind, aber insoweit verwundbarer, als sie fast ausschließlich der sozioökonomischen Unterschicht angehören. Es herrscht Diskriminierung im wirtschaftlichen Bereich, im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt verbreitet und es gibt so gut wie keine christliche Mittelschicht, dafür eine breite Unterschicht, die sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlägt. Infolge des radikalislamischen Einflusses in der Gesellschaft besteht Druck auf christliche Gemeinden. Christen werden immer wieder Opfer radikalislamischer Gewalt. Zuletzt ermordeten unbekannte Täter am Ostersonntag im April 2018 in Quetta vier Christen. Zu der Tat bekannte sich der Islamische Staat (IS). Aus dem jüngsten Bericht kann nicht darauf geschlossen werden, dass Angehörige des Christentums allein wegen ihres Glaubens Ziel von Übergriffen und Anschlägen i.S. einer gruppenrelevanten Bedrohungslage sind. Denn die dafür erforderliche „Verfolgungsdichte“, welche die Vermutung einer auch individuell bestehenden Verfolgungsgefahr rechtfertigt, ergibt sich aus der dargestellten Lage auch heute nicht. Es bleibt bei der Auffassung, dass das Verhältnis zwischen der muslimischen Mehrheit und der christlichen Minderheit nicht konfliktfrei sei (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht, vom 29.7.2019), eine Gruppenverfolgung rechtfertigt die Erkenntnislage jedoch nicht.

Auch besteht kein Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG und auch kein Anspruch auf die Feststellung des Bestehens von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG. Insbesondere droht dem Kläger aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen in Pakistan keine unmenschliche Behandlung i.S.d. genannten Normen. Unzureichende wirtschaftliche Verhältnisse im Herkunftsland können in Ausnahmefällen, in denen die schlechten humanitären Verhältnisse eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Asylbewerbers darstellen, ein Abschiebungsverbot in diesem Sinn begründen. In ganz außergewöhnlichen Fällen können auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend sind“ (BVerwG, Urteil vom 31.1.2013 - 10 C 15.12 - sowie VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 24.7.2013 - A 11 S 697/13 -, jeweils juris). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Auch wenn Personen, die nach Pakistan zurückkehren, keine staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen erhalten (Auswärtiges Amt, Lagebericht, vom 20.10.2017, S. 27), geht das Gericht davon aus, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Pakistan in der Lage sein wird, die elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Der Kläger ist nach eigenen Angaben gesund und es bestehen auch keine Zweifel an seiner Erwerbsfähigkeit. Insbesondere ist das Gericht davon überzeugt, dass es ihm in Pakistan gelingen wird, durch eigene, notfalls auch wenig attraktive Arbeit jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige zu erwirtschaften. Auch wenn er nicht auf die Hilfe seiner nach wie vor in Pakistan lebenden Familienmitglieder hoffen kann, ist es dem Kläger – als 35-jährigem gesunden, arbeitsfähigen und gebildeten Mann – zuzumuten, auch ohne familiäre Unterstützung eine eigene wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Gründe, die hiergegen sprechen, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Im Übrigen nimmt die Einzelrichterin auf den Bescheid vom 31. Juli 2017 vollumfänglich Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG, § 117 Abs. 5 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.