Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 31.07.1997, Az.: 22 Ss 167/97

Kriterien für die Einordnung einer Waffe als Kriegswaffe nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG); Verbindlichkeit eines Merkblatts des Bundesministers für Wirtschaft; Unbrauchbarmachen einer Waffe

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
31.07.1997
Aktenzeichen
22 Ss 167/97
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1997, 18103
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1997:0731.22SS167.97.0A

Fundstelle

  • NStZ-RR 1998, 120-121 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz u.a.

In der Strafsache
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Schöffengerichts ... vom 10. April 1997 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 31. Juli 1997
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an ein anderes Schöffengericht des Amtsgerichts ... zurückverwiesen.

Gründe

1

I.

Das Schöffengericht hat den Angeklagten wegen tateinheitlich begangener Verstöße nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz. (KWKG) und dem Waffengesetz (WaffG) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten unter Aussetzung zur Bewährung verurteilt und die der Verurteilung zugrunde liegenden sichergestellten Waffen und Munition eingezogen.

2

Es hat festgestellt, daß in der Wohnung des Angeklagten am 19. Mai bzw. 22. Mai und 30. Mai 1995 folgende Waffen und Munition sichergestellt bzw. beschlagnahmt worden sind: das Maschinengewehr Maxim, Nr. 7381, das besitzkartenpflichtige Salutgewehr DWM Modell 1908 Nr. 2433, sowie die nicht besitzkartenpflichtige Pistole Röhm, Modell RG 300, Kaliber 6 mm. Flob, Knall, ohne Nummer, die nicht besitzkartenpflichtige Pistole Reck, Modell Goverment, Kaliber 8 mm Knall, ohne Nummer und die nicht munitionserwerbsscheinspflichtigen 8 Kartuschen, Kaliber 8 mm Knall.

3

Gegen den Angeklagten besteht seit dem 31. Mai 1978 ein Waffen- und Munitionsbesitzverbot, das sich auch auf erwerbsscheinfreie Waffen und Munition erstreckt.

4

Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, daß es sich bei dem Maschinengewehr und dem Salutgewehr um Dekorationsstücke handele und die übrigen Waffen nebst Munition im Eigentum seiner Ehefrau stünden.

5

Das Schöffengericht sieht den Angeklagten aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen ... vom Landeskriminalamt als überführt an, gegen §§ 22 a Abs. 1 Nr. 6 a, Abs. 3 KWKG und 53 Abs. 3 Nr. 1 a, 1. und 2. Alt., Nr. 6 WaffG verstoßen zu haben.

6

Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Sprungrevision. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

II.

Das Rechtsmittel hat schon mit der Sachrüge Erfolg, so daß es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht mehr bedarf.

8

Die Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht.

9

1.

Zwar handelt es sich bei dem Maschinengewehr Maxim grundsätzlich noch um eine Kriegswaffe. Das folgt aus § 1 Abs. 1 KWKG i.V.m. der Kriegswaffenliste (KWL) Teil B V Rohrwaffen Nr. 29 a: Danach sind Maschinengewehre, ausgenommen solche mit Wasserkühlung, Kriegswaffen. Das fragliche Maschinengewehr ist zwar mit einer solchen Wasserkühlung ausgerüstet. Es wird aber erst aus der KWL herausgenommen, wenn das dritte Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes gemäß dessen Art. 5 Satz 1 in Kraft tritt. Das ist bislang nicht der Fall.

10

Nach den Feststellungen des Schöffengerichts ist aber offen, ob das Maschinengewehr seine Eigenschaft als Kriegswaffe nach dem KWKG verloren hat, weil es unbrauchbar gemacht worden ist.

11

Es gibt nach dem KWKG keine verbindliche Regelung, wann eine Kriegswaffe unbrauchbar ist. Das WaffG, das in § 1 Abs. 3 eine solche Regelung enthält, ist nach § 6 Abs. 3 WaffG auf Kriegswaffen nur anzuwenden, wenn es sich um tragbare Schußwaffen handelt. Das ist hier nicht der Fall. Zu dem Maschinengewehr gehört eine Lafette. Mit dieser Waffe kann nicht aus der Hand gefeuert werden.

12

Das Schöffengericht stützt seine Verurteilung darauf, daß das Maschinengewehr nach dem Merkblatt des Bundesministers für Wirtschaft vom 16. Februar 1979 nicht endgültig unbrauchbar gemacht worden ist. Dabei verkennt es nicht, daß dieses Merkblatt keine Gesetzeskraft entfalten kann. Das hat aber zur Folge, daß die darin aufgeführten Voraussetzungen, unter denen eine Kriegswaffe als unbrauchbar anzusehen ist, keine abschließende, verbindliche Regelung darstellt. Vielmehr, sind auch andere - dort nicht aufgeführte - Veränderungen denkbar, die eine Unbrauchbarkeit des Maschinengewehrs zur Folge haben können. Das wird im angefochtenen Urteil nicht erörtert.

13

Es kommt hinzu, daß § 22 a Abs. 1 Nr. 6 a KWKG den ungenehmigten Erwerb der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe unter Strafe stellt. Zum Erwerb fehlen aber jegliche Feststellungen. Da der Angeklagte zudem ein französisches Zertifikat vorgelegt hat, wonach das Maschinengewehr unbrauchbar ist, liegt es nahe, daß Bedenken gegen eine ordnungsgemäße Einführung dieser Waffe in die Bundesrepublik Deutschland nicht bestehen. Dazu verhält sich das Urteil nicht. Dieser Umstand hätte schließlich auch bei der Frage, ob der Angeklagte vorsätzlich gehandelt hat, erörtert werden müssen.

14

Die aufgezeigten Rechtsfehler führen schon zur Aufhebung des Urteils insgesamt und Zurückverweisung.

15

2.

Darüber hinaus gilt folgendes:

16

a)

Das Amtsgericht geht davon aus, daß der Angeklagte das Salutgewehr 1908 ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG erworben hat, ohne Feststellungen zu treffen, wann und wie der Erwerb stattgefunden hat.

17

Im übrigen ist auch nicht nachvollziehbar dargelegt, warum das Salutgewehr besitzkartenpflichtig sein soll, obwohl damit nur noch Knallpatronen verschossen werden können.

18

b)

Den Urteilsgründen läßt sich auch nicht entnehmen, wo die besitzkartenfreien Gas- und Schreckschußwaffen nebst Kartuschen genau gefunden worden sind. Der Angeklagte behauptet, sie gehörten seiner Ehefrau. Damit setzt sich das Schöffengericht nicht auseinander.

19

Für die neue Entscheidung weist der Senat schließlich noch darauf hin, daß der Urteilstenor § 260 Abs. 4 StPO entsprechen muß und die Urteilsgründe auch Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten enthalten müssen.