Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 14.02.2002, Az.: 2 WF 29/02
Zwangsmittelverfahren; Aussetzung des Verfahrens ; Aussetzungsgrund; Festsetzung eines Zwangsgeldes; Ermessensfehler; Vorgreiflichkeit der Entscheidung; Analoge Anwendung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 14.02.2002
- Aktenzeichen
- 2 WF 29/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 14624
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2002:0214.2WF29.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Salzgitter 19 F 2421/01 vom 18. 01. 2002
Rechtsgrundlagen
- § 148 ZPO
- § 18 FGG
- § 19 FGG
- § 20 FGG
- § 50a FGG
- § 50b FGG
- § 24 Abs. 2 FGG
- § 131 Abs. 1 S. 2 KostenO
- § 131 Abs. 5 KostenO
Fundstellen
- EzFamR aktuell 2002, 271
- FamRZ 2002, 1351 (Volltext mit red. LS)
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Salzgitter vom 18. 01. 2002 aufgehoben.
Das Verfahren wird zur Fortsetzung an das Amtsgericht zurückgegeben.
Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Aussetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Salzgitter vom 18. 01. 2002 ist gemäß §§ 19, 20 FGG zulässig (vgl. : Keidel/Kuntze/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl. , § 19 Rn. 13) und auch begründet.
Die Aussetzung des Verfahrens auf Festsetzung eines Zwangsgeldes ist im vorliegenden Falle mit Rücksicht auf den besonderen Charakter des Zwangsmittelverfahrens und die beiderseitige Interessenlage ermessensfehlerhaft.
Auch wenn das FGG keine allgemeine Vorschrift über die Aussetzung des Verfahrens enthält, kann es in analoger Anwendung des § 148 ZPO im Einzelfall gerechtfertigt sein, ein Verfahren auszusetzen, wenn die Entscheidung von der in einem anderen Verfahren zu treffenden Entscheidung abhängt (Vorgreiflichkeit entsprechend § 148 ZPO) und den Beteiligten die Verzögerung der Entscheidung zugemutet werden kann (Keidel/Kuntze/Kayser, a. a. O. , § 12 Rn. 64).
Die Tatsache, dass die Umgangsregelung im Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Salzgitter vom 05. 12. 2001 (Geschäftsnummer: 19 F 2421/01 - Oberlandesgericht Braunschweig: 2 UF 10/02 -) von beiden Parteien mit der Beschwerde angegriffen worden ist, begründet nicht die Vorgreiflichkeit der Entscheidung des Senats. Das Amtsgericht hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass die Einlegung eines Rechtsmittels die Wirksamkeit und Vollzugsfähigkeit einer gerichtlichen Verfügung (hier des Beschlusses vom 05. 12. 2001) nicht hindert (vgl. §§ 16, 24 Abs. 1 FGG).
Eine Vorgreiflichkeit ist auch nicht deshalb gegeben, weil sich die Antragsgegnerin unter Umständen subjektiv für berechtigt hält, den Umgang des Antragstellers mit dem Kind zu unterbinden und ihre diesbezüglichen Ansicht im Beschwerdeverfahren weiter verfolgt. Zwar erfordert die Zwangsgeldfestsetzung eine schuldhafte Zuwiderhandlung, jedoch ist Verschulden bereits bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen eine wirksame Verfügung zu bejahen, die bloße Erwartung, mit der Beschwerde im Hauptverfahren Erfolg zu haben, vermag insoweit nicht zu entschuldigen (denn wirksame gerichtliche Verfügungen sind grundsätzlich zu befolgen), zumal der Verpflichtete im Hauptverfahren die Aussetzung der Vollziehung gem. § 24 Abs. 2 FGG beantragen kann.
Auch die Tatsache, dass im Falle einer die Umgangsregelung abändernden Beschwerdeentscheidung des Senats das Zwangsmittelverfahren wegen Wegfalls der Verpflichtung gegenstandslos werden könnte, rechtfertigt keine Aussetzung, denn dann hätte es der Verpflichtete in der Hand, allein durch Einlegung eines Rechtsmittels im Hauptverfahren oder durch Stellung eines Abänderungsantrags die Vollziehung einer wirksamen Verfügung auf unabsehbare Zeit zu verhindern und das ohnehin "schwerfällige" Zwangsmittelverfahren auszuhebeln. Im übrigen kann eine Zwangsgeldfestsetzung nach § 18 FGG jederzeit - auch nachträglich - aufgehoben oder geändert werden, auch noch nachdem das Zwangsgeld beigetrieben worden ist mit der Wirkung, dass es zurück zu vergüten ist (Heidel/Kuntze/Zimmermann, a. a. O. , § 33 Rn. 24).
Da somit vorliegend kein Aussetzungsgrund ersichtlich ist, war die angefochtene Entscheidung aufzuheben mit der Folge, dass das Zwangsmittelverfahren fortzusetzen ist.
Gleichwohl hat das Familiengericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Fortsetzung des Zwangsgeldfestsetzungsverfahrens mit den grundsätzlich gebotenen Anhörungen gem. §§ 50 a, 50 b FGG (vgl. Keidel/Kuntze/Zimmermann, a. a. O. , § 33 FGG Rn. 19) und auch eine evtl. Festsetzung eines Zwangsgeldes, gegen die Beschwerde mit aufschiebender Wirkung eingelegt werden könnte (§ 24 Abs. 1 FGG), den Parteien außer Streit wenig einbringt, insbesondere dem Antragsteller bei der zwangsweisen Durchsetzung der erstrebten Wiederaufnahme der Umgangskontakte kaum weiter hilft. Letztlich hat eine Verschärfung der Spannungen unter den Eltern häufig auch negative Auswirkungen auf das gemeinsame Kind.
Die Kostenentscheidung ergibt sich in Bezug auf die Gerichtskosten aus § 131 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 KostenO. Die Anordnung einer Kostenerstattung war nicht veranlasst (§ 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG).