Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.05.1987, Az.: 4 A 21/87
Sozialhilfe; Asyl; Asylbewerber; Asylverfahren; Regelsatz; Haushaltsvorstand; Haushaltsangehörige; Haushalt; Bedarfsgruppe
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.05.1987
- Aktenzeichen
- 4 A 21/87
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 12825
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1987:0512.4A21.87.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- 13 A 154/86
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 13. Kammer - vom 26. Januar 1987 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 300,-- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der im Jahre 19... geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger. Er hat beantragt, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen. Sein Asylverfahren ist noch nicht unanfechtbar abgeschlossen. Im November 1984 wies ihn das Amt für Asylbewerber dem Beklagten zu. Seitdem wohnt er in der vom Beklagten bereitgestellten Gemeinschaftsunterkunft in Kappeln. Dort wird er auch verpflegt. Außerdem erhält er einen monatlichen Barbetrag.
Am 25. März 1986 beantragte der Kläger, ihm "den vollen Regelsatz der Sozialhilfe zu gewähren." Der Beklagte gewährte ihm durch Bescheid vom 16. Juni 1986 ab 15. März 1986 einen Barbetrag von 64,-- DM monatlich (20 % des Regelsatzes von damals 302,-- DM für einen Haushaltsangehörigen vom Beginn des 22. Lebensjahres an). Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, der Barbetrag sei nach dem Regelsatz für den Haushaltsvorstand/Alleinstehenden zu berechnen. Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 2. September 1986 als unbegründet zurück. Am 18. September 1986 hat der Kläger Klage erhoben und sinngemäß beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihm den ungekürzten Regelsatz der Sozialhilfe nach den Sätzen eines Haushaltsvorstandes zu gewähren und den Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 1986 und den Widerspruchsbescheid vom 2. September 1986 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der schleswig-holsteinische Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich an dem Verfahren beteiligt und den Rechtsstandpunkt des Beklagten unterstützt, bei der Bemessung des Barbetrages sei der Kläger wie ein Haushaltsangehöriger und nicht wie ein Alleinstehender zu behandeln.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Gerichtsbescheid vom 26. Januar 1987 stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, über den gewährten Barbetrag von 64,-- DM hinaus bis zum 30. Juni 1986 einen weiteren Barbetrag von 56,-- DM und ab 1. Juli 1986 einen weiteren Barbetrag von 58,50 DM monatlich zu gewähren.
Gegen den ihm am 5. Februar 1987 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 11. Februar 1987 Berufung eingelegt.
Er beantragt,
den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, dem Kläger als Teil der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 120 Abs. 2 Satz 1 BSHG einen höheren monatlichen Barbetrag zu gewähren. Dabei stellt der Senat klar, daß sich die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung auf den Zeitraum vom 15. März 1986 (von dem in den angefochtenen Bescheid genannten Anfangszeitpunkt) bis zum 2. September 1986 (Erlaß des Widerspruchsbescheides) bezieht.
Die Beteiligten streiten im wesentlichen darum, ob bei der Festsetzung der Höhe des Barbetrages der Regelsatz für den Haushaltsvorstand/Alleinstehenden oder der (niedrigere) Regelsatz für den Haushaltsangehörigen vom Beginn des 22. Lebensjahres an zugrundezulegen ist. Dazu hat der Senat in dem Beschluß vom 27. November 1986 (4 OVG B 151/86), der in dem vorangegangenen Verfahren zwischen den Beteiligten wegen Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist, ausgeführt:
"Er hält nach erneuter Überprüfung an seiner in dem zitierten Beschluß vom 6. Mai 1986 (S. 7, Abs. 1 des Beschlußabdrucks) vertretenen Auffassung fest, daß für einen erwachsenen, alleinstehenden Asylbewerber, der - wie der Antragsteller - in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht ist und verpflegt wird, die durch Sachleistungen nicht gedeckte Bedarfsgruppe "Persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens" nach dem Warenkorbmodell 1985 dem Regelsatz für einen Alleinstehenden zu entnehmen ist. Der niedrigere Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen, für den es einen eigenen, nach Bedarfsgruppen und -positionen gegliederten Warenkorb nicht mehr gibt, kann schon deshalb nicht zugrundegelegt werden, weil der Antragsteller in der Gemeinschaftsunterkunft keinem "Haushalt" angehört. Eine Gemeinschaftsunterkunft mit Gemeinschaftsverpflegung für eine große Zahl von alleinstehenden Asylbewerbern ist schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kein "Haushalt" im Sinne des § 2 RegelsatzVO. Dabei ist in erster Linie an Familienhaushalte (Eheleute oder Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft und deren Kinder) oder Verwandtenhaushalte gedacht, wie sich aus der Staffelung der Regelsätze nach dem Lebensalter der Haushaltsangehörigen in § 2 Abs. 3 Satz 1 RegelsatzVO ergibt. Zwar können auch andere Personen, die nicht verheiratet, verwandt oder Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft sind, eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Ein entscheidendes Merkmal einer jeden Haushaltsgemeinschaft ist aber - unabhängig vom Geschlecht, Alter und von der Zahl ihrer Angehörigen - die gemeinsame Wirtschaftsführung (Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 12. Aufl. 1985, § 2 RegelsatzVO Rdnr. 5). Dazu gehört zum Beispiel, daß Lebensmittel und andere Gegenstände des täglichen Bedarfs zum gemeinsamen Verbrauch oder Gebrauch (gemeinsam oder füreinander) eingekauft, Mahlzeiten gemeinsam oder füreinander zubereitet und sonstige hauswirtschaftliche Tätigkeiten miteinander oder füreinander vorgenommen werden, und zwar durch Mitglieder der Gemeinschaft. Zumindest müssen sie, wenn sie wesentliche hauswirtschaftliche Tätigkeiten schon nicht selbst vornehmen (können), einen maßgeblichen bestimmenden Einfluß auf die Wirtschaftsführung haben, wie zum Beispiel in dem Fall, daß sich behinderte, kranke oder pflegebedürftige Angehörige einer Haushaltsgemeinschaft bei der Ausführung einzelner hauswirtschaftlicher Tätigkeiten einer Hilfskraft bedienen. Daran fehlt es, wenn den Bewohnern einer Gemeinschaftsunterkunft - wie hier - die Wirtschaftsführung vollständig oder doch im wesentlichen abgenommen wird, wenn also andere in eigener Regie für sie wirtschaften, ohne daß ihnen ein maßgeblicher, bestimmender Einfluß auf die Wirtschaftsführung bleibt. Der Senat vermag deshalb nicht der Auffassung des Antragsgegners zu folgen, alle etwa hundert in der Gemeinschaftsunterkunft untergebrachten und verpflegten Asylbewerber seien Angehörige eines großen, von ihm oder in seinem Auftrag geführten "Haushalts".
Etwas anderes mag dann gelten, wenn mehrere erwachsene, alleinstehende Asylbewerber, die in einer Gemeinschaftsunterkunft in einem Raum oder in einer Wohneinheit untergebracht sind und sich selbst verpflegen, in dem dargestellten Sinne gemeinsam wirtschaften. Sie können eine Haushaltsgemeinschaft bilden (dies hat der Senat in dem Fall unterstellt, der dem Beschluß vom 29. April 1986 - 4 OVG B 229/85 - zugrunde lag). Werden dagegen erwachsene, alleinstehende Asylbewerber - wie hier der Antragsteller - in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht und verpflegt, d.h. werden neben der Gewährung von Unterkunft die Bedarfsgruppen "Ernährung" und "hauswirtschaftliche Bedürfnisse" nach dem Warenkorbmodell 1985 gemäß § 120 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbs. BSHG vollständig durch Sachleistungen gedeckt, bleibt für eine gemeinsame Wirtschaftsführung durch diese Asylbewerber kaum noch etwas übrig. Die durch Sachleistungen nicht gedeckte Bedarfsgruppe "Persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens", zu der u.a. zur Körperreinigung notwendige Gegenstände, Haareschneiden und andere Dienstleistungen, Reinigung und Instandhaltung von Kleidung, Teilnahme am kulturellen Leben und Beziehungen zur Umwelt gehören, wird dann jeder Asylbewerber - im wesentlichen - für sich allein decken; eine gemeinsame Wirtschaftsführung nur innerhalb dieser Bedarfsgruppe ist - vielleicht von einigen wenigen beispielhaft aufgeführten Bedarfspositionen abgesehen (z.B. der gemeinsamen Benutzung einer Tageszeitung) - kaum noch möglich. Jedenfalls reichen diese wenigen Möglichkeiten einer gemeinsamen Bedarfsdeckung nicht aus, um von einem gemeinsamen "Haushalt" zu sprechen. Darauf, daß auch der Mangel an einem eigenen Haushalt an dem Status des Alleinstehens im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO nichts ändert, hat der Senat bereits in dem Beschluß vom 6. Mai 1986 unter Bezug auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar 1986 (NVwZ 1986, 380 = NDV 1986, 293) hingewiesen.
Das von dem Beteiligten eingeholte und im Beschwerdeverfahren vorgelegte Gutachten des Lorenz-von-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vom September 1986 gibt dem Senat keinen Grund zu einer anderen Beurteilung. Wenn es dort (auf S. 22 ff) heißt, ein in der Gemeinschaftsunterkunft untergebrachter und verpflegter Asylbewerber könne schon deshalb nicht als Haushaltsvorstand/Alleinstehender angesehen werden, weil er nicht die Generalunkosten einer (alleinigen oder gemeinsamen) Haushaltsführung (wie für Verderb, Schwund, nicht teilbare Kosten für den Verbrauch von Haushaltsenergie, Reinigung der Wohnung usw.) zu tragen habe, ihm diese vielmehr durch die Gewährung von Sachleistungen abgenommen würden, so wird dabei übersehen, daß dieser Gesichtspunkt kein zulässiges Abgrenzungskriterium darstellt. Als Haushaltsangehöriger kann vielmehr nach Wortlaut und Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO nur derjenige angesehen werden, der einem Haushalt angehört.
Soweit das Gutachten meint, weil solchen Asylbewerbern die Generalunkosten abgenommen würden, sei eine Einschränkung der Hilfe zum Lebensunterhalt zumindest nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG gerechtfertigt, verkennt es, daß Generalunkosten dieser Art (überwiegend) nicht Bestandteil der hier allein streitigen Bedarfsgruppe "Persönliche Bedürfnise des täglichen Lebens" nach dem Warenkorbmodell 1985, sondern der durch Sachleistungen gedeckten Bedarfsgruppen "Ernährung" und "hauswirtschaftliche Bedürfnisse" sind. Der Antragsteller verlangt keine Geldleistungen zur Deckung solcher Generalunkosten. Die Verfasser des Gutachtens sind - wie die verschiedenen Zitate auf S. 24 des Gutachtens zeigen - noch von den alten, der Festsetzung der Regelsätze bis zum 30. Juni 1985 zugrundegelegten Warenkörben für den Haushaltsvorstand/Alleinstehenden einerseits und für Haushaltsangehörige andererseits ausgegangen, die auf dem Warenkorbschema des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahre 1970 beruhten und anders strukturiert waren. Dagegen hat sich der Senat in dem Beschluß vom 6. Mai 1986 bereits ausführlich mit dem Warenkorbmodell 1985 auseinandergesetzt. Auf diese Ausführungen - insbesondere auch zu der beispielhaft aufgezählten Bedarfsposition "Tageszeitung", die zu den Generalunkosten einer Haushaltsführung gerechnet wird, nimmt der Senat Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden.
Zusätzlich weist der Senat darauf hin, daß ein Ziel der Umstrukturierung des Warenkorbes für den Haushaltsvorstand/Alleinstehenden war, die Bedarfsgruppe "Persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens" so zu gliedern und zu bemessen, daß sich der daraus ergebende finanzielle Aufwand in etwa mit dem Mindestbetrag des Barbetrages zur persönlichen Verfügung für Heimbewohner nach § 21 Abs. 3 Satz 2 BSHG (30 v.H. des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes) deckt (Vorschlag und Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe an die 59. Konferenz der Minister und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder - ASMK - zu den Voraussetzungen der Festsetzung der Regelsätze der Sozialhilfe am 1. Juli 1985, S. 18 unten). Der Umfang dessen, was den Alleinstehenden/Haushaltsvorständen einerseits und den Heimbewohnern andererseits für die persönlichen Bedürfnise des täglichen Lebens zugebilligt wird, ist also einander angeglichen worden. Dem würde es widersprechen, wenn Asylbewerber, die in Heimen wohnen, als Haushaltsangehörige behandelt wurden mit dem Ziel, die Leistungen für ihre persönlichen Bedürfnisse zu verringern. Auch geht aus der Regelung des § 21 Abs. 3 Satz 1 BSHG für die Heimbewohner hervor, daß der Gesetzgeber Heimbewohner grundsätzlich nicht wie Haushaltsangehörige mit entsprechend geringeren persönlichen Bedürfnissen behandelt wissen will.
Entscheidend kann nach alledem in Fällen der vorliegenden Art immer nur sein, ob von der Regelung des § 120 Abs. 2 Satz 4 BSHG (Einschränkung der Hilfe auf das zum Lebensunterhalt Unerläßliche) Gebrauch gemacht wird und Gebrauch gemacht werden kann. Darum geht es hier aber nicht. Eine Ermessensentscheidung nach dieser Vorschrift hat der Antragsgegner ausdrücklich nicht getroffen, so daß die diesbezüglichen Ausführungen in dem Gutachten hier ebensowenig von Bedeutung sind wie die Ausführungen zu § 120 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 BSHG...."
In dem zitierten Beschluß vom 6. Mai 1986 (4 OVG B 47/86) hat der Senat ausgeführt:
"Bei dem Gesamtbetrag von 120,-- DM handelt es sich um den Betrag, der nach dem "Warenkorbmodell 1985", das der Festsetzung der Regelsätze für Schleswig-Holstein ab 1. Juli 1985 zugrunde liegt, im Regelsatz für einen Haushaltsvorstand/Alleinstehenden (378,-- DM) auf den Teilwarenkorb "persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens" entfällt (entsprechend dem vom Sozialminister des Landes Schleswig-Holstein für März 1985 ermittelten Verhältnis von 363,66 DM Gesamtbedarf nach dem Warenkorbmodell zu 115,17 DM für den Teilwarenkorb "persönliche Bedürfnisse"). Dieser Bedarf wird - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - auch nicht teilweise durch Sachleistungen nach § 120 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbs. BSHG gedeckt und ist deshalb durch Geldleistung zu decken.
Die Berechnung des Antragsgegners in dem Schriftsatz vom 20. März 1986 ist schon im Ansatz nicht zutreffend: Er hat den Wert der dem Antragsteller gewährten Sachleistungen auf insgesamt 303,50 DM geschätzt und nur ("allenfalls") die Differenz von 74,60 DM zum Regelsatz für einen Haushaltsvorstand/Alleinstehenden als durch Sachleistungen nicht gedeckten Bedarf angesehen. Das ist unzulässig, soweit er dabei bestimmte Bedarfsgruppen (Teilwarenkörbe) mit einem höheren Betrag, als ihrem Anteil am Regelsatz entspricht, bewertet und den übersteigenden Betrag auf die "persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens" anrechnet ("wertmäßig in Abzug bringt"). So hat er die Sachleistungen für Ernährung mit 216,19 DM monatlich (30 Tage × 7,23 DM) bewertet, obwohl im Regelsatz für einen Haushaltsvorstand/Alleinstehenden für den Teilwarenkorb "Ernährung" nur rd. 203,-- DM enthalten sind. Die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens verringern sich aber nicht deshalb, weil der Antragsteller möglicherweise - ohne daß er dies in der Gemeinschaftsunterkunft selbst beeinflussen kann - quantitativ mehr oder qualitativ höherwertige Sachleistungen für Ernährung erhält, als wertmäßig für diese Bedarfsgruppe im Regelsatz vorgesehen ist. Das gleiche gilt für den Teilwarenkorb "hauswirtschaftliche Bedürfnisse". Die Sachleistungen hierfür bewertet der Antragsgegner mit 65,50 DM monatlich (45,-- DM für Kochfeuerung und Beleuchtung und 20,50 DM für sonstige hauswirtschaftliche Gegenstände), obwohl der Regelsatz hierfür nur rd. 55,-- DM enthält.
Richtig ist vielmehr, die Bedarfsgruppen oder -positionen, für die - unabhängig von ihrem festgestellten oder geschätzten Wert - Sachleistungen gewährt werden, bei der Ermittlung, für welche sonstigen, nicht durch Sachleistungen gedeckten Bedürfnisse Geldleistungen zu erbringen sind, unberücksichtigt zu lassen. Das gilt hier jedenfalls für die Bedarfsgruppen "Ernährung" und "hauswirtschaftliche Bedürfnisse". Es ist davon auszugehen, daß diese vollständig durch Sachleistungen gedeckt werden. Es bleibt die Bedarfsgruppe "persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens". Nach Auffassung des Antragsgegners sind auf die darin enthaltenen Bedarfspositionen "Änderungsschneiderarbeiten" und "chemische Reinigung" 20,-- DM monatlich "wertmäßig in Abzug zu bringen", da der Antragsteller bei Bedarf jeweils mit Kleidungsstücken aus den Spenden des DRK versorgt werde. Abgesehen davon, daß der Regelsatz für diese beiden Positionen nur etwa rd. 12,-- DM monatlich vorsieht, vermag der Senat der Auffassung des Antragsgegners nicht zu folgen, daß sie auf die genannte Art durch Sachleistungen gedeckt werden. Die Position "Änderungsschneiderarbeiten" steht dabei nur beispielhaft für "Instandhaltung von Schuhen, Kleidung und Wäsche". Es ist aber nicht anzunehmen, daß der Antragsteller für jeden Gegenstand dieser Art, der reparaturbedürftig wird und auch noch mit angemessenem finanziellen Aufwand repariert werden kann (etwa für Schuhe, deren Absätze nur zu erneuern sind), gleichwertigen Ersatz erhält. Das gleiche gilt für die Bedarfsposition "chemische Reinigung", die ohnehin knapp bemessen ist (alle drei Monate Kosten für eine Vollreinigung nebst Bügeln eines zweiteiligen Herrenanzuges oder monatlich 1/3 dieser Kosten). Soweit der Antragsgegner 1,-- DM als Sachleistung auf den Bedarf an "Wundpflaster" anrechnet, weil Wundpflaster in der Gemeinschaftsunterkunft vorgehalten werde, ist dem entgegenzuhalten, daß ein derartiger Bedarf (der Teilwarenkorb "persönliche Bedürfnisse" sieht dafür nur rd. 40 Pfennige im Monat vor) auch dann auftreten kann, wenn sich der Antragsteller gerade nicht in der Gemeinschaftsunterkunft aufhält.
Für die Bedarfsposition "Abonnement einer Tageszeitung" will der Antragsgegner 10,60 DM "wertmäßig in Abzug bringen", da in der Gemeinschaftsunterkunft ein Fernsehgerät vorgehalten werde und darüber hinaus der Hausmeister den Asylbewerbern seine Tageszeitung zur Verfügung stelle. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Position "Abonnement einer Tageszeitung" steht - wie die Position "eine Kinokarte" - beispielhaft für den Bedarf "Teilnahme am kulturellen Leben vertretbarem Umfang" (§ 12 Abs. 1 Satz 2 BSHG). Bei einem Asylbewerber, der die deutsche Sprache nicht oder nicht hinreichend beherrscht, kann dieser Bedarf kaum durch Sachleistungen der genannten Art befriedigt werden. Er wird vielmehr weitgehend auf Publikationen in seiner Heimatsprache angewiesen sein. Jedenfals bietet der Vortrag des Antragsgegners keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Antragsteller den Bedarf "Teilnahme am kulturellen Leben in vertretbarem Umfang" durch den in der Gemeinschaftsunterkunft vorgehaltenen Fernsehapparat und die vom Hausmeister für alle Asylbewerber zur Verfügung gestellte Tageszeitung deckt oder auch nur decken kann.
Nach alledem kann hier letztlich offenbleiben, wie der Bedarf an "persönlichen Bedürfnissen" durch Sachleistungen abgegolten werden kann, solange sich der Hilfesuchende nicht auf eine bestimmte Art der Befriedigung seiner Bedürfnisse festgelegt hat. Das ist deshalb schwer zu beantworten, weil die in dem diesbezüglichen Teilwarenkorb enthaltenen Dinge nur Beispiele sind und der Hilfesuchende bei der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse durch die Beispiele nicht eingeschränkt wird."
An diesen rechtlichen Erwägungen hält der Senat fest. Die umfangreichen Ausführungen des Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses geben dem Senat keinen begründeten Anlaß, seine Auffassung zu ändern. Mit den Gegenargumenten hat er sich in den zitierten Beschlüssen auseinandergesetzt.
Auf der Grundlage des ab 1. Juli 1986 erhöhten Regelsatzes für den Haushaltsvorstand/Alleinstehenden hat das Verwaltungsgericht auch den Barbetrag für die Zeit vom 1. Juli 1986 bis zum 2. September 1986 zutreffend errechnet.
Die kostenrechtlichen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2, 167 VwGO iVm den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat läßt nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Revision zu, da die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, ob ein alleinstehender Asylbewerber, der in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht ist und verpflegt wird, bei der Festsetzung der sonstigen, nach Regelsätzen bemessenen Hilfe zum Lebensunterhalt als Haushaltsvorstand/Alleinstehender oder Haushaltsangehöriger anzusehen ist.
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Jacobi hat Urlaub und ist daher verhindert zu unterschreiben.
Klay
Klay
Munk