Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 16.12.1993, Az.: 1 U 15/93

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
16.12.1993
Aktenzeichen
1 U 15/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 24467
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1993:1216.1U15.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch die Richter am Oberlandesgericht . und . auf die mündliche Verhandlung vom 11.11.1993

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts . vom 3. Februar 1993 wird zurückgewiesen, soweit der Hauptantrag betroffen ist.

  2. 2.

    Auf den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, 73.800,-; DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2.12.1991 zu Gunsten der ungeteilten Erbengemeinschaft nach dem am 1.12.1976 in . verstorbenen . zu hinterlegen.

  3. 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

  4. 4.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 81.000,-; DM abwenden, sofern nicht die Kläger in derselben Höhe Sicherheit leisten.

  5. 5.

    Streitwert in der Berufungsinstanz und Beschwer der Beklagten: 73.800,-; DM.

    Beschwer der Kläger 36.900,-; DM.

Tatbestand:

1

Die Kläger sind Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft. Bestandteil des Nachlasses ist u. a. ein in . belegenes Hausgrundstück, das von den Beklagten gepachtet wurde. Im vorliegenden Rechtsstreit machen die Kläger rückständigen Pachtzins gehend, wobei sie zunächst Zahlung des auf sie entfallenden Anteils an sich selbst -; nicht an die Erbengemeinschaft zur gesamten Hand -; verlangt haben. -;

2

Die Beklagten haben mit schriftlichem Vertrag vom 15.3.1981, auf den wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 10 -; 14 d.A.), einen als "Öffentliches Haus" bezeichneten bordellähnlichen Betrieb gepachtet. Der am 1. eines jeden Monats im voraus zu entrichtende Pachtzins beträgt insgesamt 4.100,-; DM, wovon jeweils 2.050,-; DM an eine Frau . und einen Herrn . zu zahlen waren.

3

Ursprüngliche Eigentümer des Grundstücks waren zu je 1/2 die vorbezeichnete Frau . und ein Herr . der am 1.12.1976 verstarb und nach Maßgabe des Erbscheins des Amtsgerichts . vom 29.8.1978 (31 VI 310/87) von seiner Ehefrau . sowie den Kindern . und . und . geborene . beert wurde (Bl. 15 d. A.) . verstarb am 8.10.1981 und wurde von ihren vorgenannten Kindern beerbt, die dadurch mit jeweils 1/3 an dem Nachlaß beteiligt waren. Verstorben ist inzwischen auch . die von ihren Kindern .(Kläger zu 1) und . beerbt wurde. Der ebenfalls verstorbene . ist beerbt worden von seiner Ehefrau . und den Kindern . und . die alle im Raum . leben (sog. .)

4

Interessenvertreter und Bevollmächtigter der Erbengemeinschaft nach . war zunächst . der gemeinsam mit Frau . das in Rede stehende Grundstück an die Beklagten verpachtete. Er war u. a. auch Empfänger des an die Erbengemeinschaft zu zahlenden Pachtzinses (2.050,-; DM monatlich), den er an die Mitglieder im Verhältnis ihrer Anteile aufteilte. Nach dem Tod von . war die Erbengemeinschaft praktisch nicht mehr handlungsfähig. Es bildeten sich drei verschiedene Gruppierungen, zu denen die beiden Kläger einerseits, . (vertreten durch ihren Pfleger .) andererseits sowie sie . gehörten.

5

Nachdem es etwa seit 1988 zu Pachtzinsrückständen kam, verfolgte . -; unabhängig von der gesamthänderischen Bindung innerhalb der Erbengemeinschaft -; die ihr vermeintlich zustehenden Pachtzinsansprüche selbständig gegenüber den Beklagten. Entsprechenden Klagen hat das Amtsgericht . stattgegeben.

6

Der Kläger zu 1. hat zunächst -; auch im Auftrag der . -; Rückstände auf Pachtzins aus dem Jahr 1988 in Höhe von insgesamt 8.200,-; DM vor dem Landgericht . (5 O 166/91) erfolgreich geltend gemacht, wobei er aber Zahlung an alle Miterben begehrte.

7

Der Beklagte zu 1. ist an dem Erwerb des Pachtobjektes interessiert. Zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt hat er die ideelle Miteigentumshälfte der eingangs erwähnten Frau . erworben und ist dementsprechend auch im Grundbuch eingetragen (Bl. 17 d.A.). Mit notariellem Vertrag vom 22.5.1991 (Bl. 20 ff d.A.) hat er darüber hinaus den von der . gehaltenen Erbanteil erworben, so daß er -; bei angenommener Wirksamkeit jenes Vertrages -; über insgesamt 4/6 Anteil an dem Grundstück verfügt. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang weiterhin, daß sich die restlichen Anteile wie folgt verteilen: Kläger zu 1. 1/12, Kläger zu 2. 1/6, . 1/12. Die Kläger sind z.Zt. nicht bereit, ihre Anteile an den Beklagten zu veräußern.

8

Vorliegend haben die Kläger für die Zeit von Januar 1989 bis Dezember 1991 einen monatlichen Pachtzins in Höhe von insgesamt 1.025,-; DM eingeklagt. In diesem Zusammenhang haben sie vorgetragen: Zwischen den Miterben gebe es eine Vereinbarung, wonach jeder den auf ihn entfallenden Pachtzins selbst gehend machen könne. Dementsprechend könnten auch sie unmittelbar Zahlung an sich verlangen.

9

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gläubiger zur gesamten Hand 36.900,-; DM nebst 4 % Zinsen nach Maßgabe des Antrages aus der Klageschrift (Bl 2, 3 d.A.) zu zahlen.

10

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Sie haben die Aktivlegitimation der Kläger gerügt und bestritten, daß es eine entsprechende Vereinbarung der Miterben untereinander gegeben habe. Pachtzahlungen an die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft seien vielmehr nur aufgrund von Einzelabsprachen erfolgt, die sie mit den Betreffenden vorgenommen hatten. Im übrigen sei das Pachtverhältnis nach Maßgabe von § 2 des schriftlichen Vertrages bereits zum 1.10.1988 erloschen gewesen, nachdem sie sich im Februar jenes Jahres mit Frau . nicht über eine Neufestsetzung des Pachtzinses hätten einigen können. Im übrigen hätten sie das Vertragsverhältnis auch gegenüber dem Pfleger vom . zum 31.3.1991 gekündigt. Schließlich habe das Pachtobjekt den Klägern anteilig im Umfang von 25 % zur Verfügung gestanden, da die Räume im oberen Dachgeschoß leer gewesen seien.

12

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 3.2.1993 abgewiesen und darauf abgestellt, daß die Kläger nicht berechtigt seien, Zahlung anteiliger Pachtzinsforderungen, die zum Nachlaß gehörten, an sich selbst zu verlangen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Urteilsbegründung Bezug genommen.

13

Gegen die am 17.2.1993 zugestellte Entscheidung haben die Kläger am 16.3.1993 Berufung eingelegt, die sie am 17.5.1993 nach entsprechender Fristverlängerung begründet haben.

14

Mit ihrem Rechtsmittel verfolgen die Kläger in erster Linie ihr erstinstanzliches Vorbringen weiter und tragen vor

15

Das Landgericht habe die Sach- und Rechtslage nicht richtig gewürdigt. Der Nachlaß bestehe ausschließlich aus dem Teileigentum an dem Grundstück in der . sowie aus den auf die Erbengemeinschaft entfallenden Pachtansprüchen. Auch bei einem solchen Sachverhalt müsse es zulässig sein, daß ein Miterbe Leistung an sich selbst verlangen könne. Soweit das angefochtene Urteil eine entsprechende Vereinbarung der Miterben vermisse, werde dies den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Alle Miterben hätten durch Einzelabsprachen mit den Beklagten zum Ausdruck gebracht, daß sie es für richtig hielten, wenn jeder über seinen wirtschaftlichen Anteil an der Pachtzinsforderung selbst und ohne Umwege über die Erbengemeinschaft verfuge. Darin Hege zumindest eine stillschweigende oder konkludente Ermächtigung untereinander.

16

§ 2039 BGB gelte im übrigen nicht nur zu Lasten des Erbschaftsgläubigers, sondern auch zu Lasten des Erbschaftsschuldners. Dieser dürfe nur an die Erbengemeinschaft als Ganzes leisten, was auch dann gelte, wenn er selbst Miterbe sei. Vor diesem Hintergrund sei die notarielle Vereinbarung vom 22.5.1991 mit der Erbengemeinschaft nach . unwirksam; Entsprechendes gelte auch, soweit der Pfleger für . Vereinbarung über die Abgeltung von Pachtzinsen getroffen habe. Allerdings erscheine die Anwendung des § 2039 BGB in diesen Fällen letztlich als sinnloser Formalismus, weil die Beteiligungsverhältnisse der Erben klar und unstreitig seien und die Pachtzinsforderungen -; abgesehen von dem Eigentumsrecht an dem Grundstück -; zur Zeit den einzigen liquidierbaren Nachlaßgegenstand darstellten. Auch von daher erscheine es sinnvoll, daß die Zahlungen nicht nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung, sondern direkt gefordert werden könnten.

17

Folge man dem jedoch nicht, bedeute dies, daß die Beklagten -; unter Außerachtlassung jeglicher Einzelabsprachen mit den übrigen Erben -; verpflichtet seien, die gesamte Pacht nachzuzahlen, und zwar für den Zeitraum, in dem sie nicht mehr an den ursprünglich bevollmächtigten . gezahlt hätten. Die etwaige Abweisung der Zahlungsklage müsse daher zur Konsequenz haben, daß der doppelte Betrag, nämlich die gesamte an die Erbengemeinschaft geschuldete Pacht, zu deren Gunsten hinterlegt werde.

18

Unstreitig haben die Kläger auf der Grundlage einer als "Teil-Erbauseinandersetzungsvertrag" überschriebenen Vereinbarung aus dem Jahre 1993 weitere anteilige Pachtzinsen von 13.068,75 DM von einem Konto bei der Volksbank . erhalten (vgl. Bl. 148 bis 151 d.A.).

19

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie zur gesamten Hand 36.900,-; DM nebst Zinsen gemäß Antrag erster Instanz zu verurteilen, wobei der Rechtsstreit in Höhe von 13.068,75 DM für erledigt erklärt wird.

20

Hilfeweise beantragen die Kläger weiter,

21

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 73.800,-; DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2.12.1991 zu Gunsten der ungeteilten Erbengemeinschaft nach dem am 1.12.1976 verstorbenen . zu hinterlegen.

22

Die Beklagten widersprechen einer Teilerledigung und beantragen im übrigen,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und machen geltend:

25

Es werde bestritten, daß das fragliche Grundstuck alleiniger Nachlaßgegenstand gewesen sei. Im übrigen Hege eine Ermächtigung der übrigen Miterben dahin, daß die Kläger Zahlung an sich selbst beanspruchen könnten, nicht vor. Einzelabsprachen habe es gegeben, daraus könne aber nicht entnommen werden, daß sämtliche Miterben ihr Einverständnis mit dem Vorgehen der Kläger gegeben hätten.

26

Zu bedenken sei im übrigen, daß es von Anfang an eine Trennung der Pachtzahlungen an Frau . und an die Erbengemeinschaft nach . gegeben habe. Schon deswegen sei es den Klägern verwehrt, die Zahlung der gesamten Pacht im Namen aller Mitglieder der Erbengemeinschaft zur Hinterlegung zu verlangen. Im übrigen sei die spätere Erbengemeinschaft nach . durch den notariellen Vertrag vom 22.5.1991 auch hinsichtlich etwaiger Pachtzinsforderungen abgefunden.

27

Der Pachtvertrag sei zudem erloschen. An der Rückgabe des Objektes seien sie wegen der Handlungsunfähigkeit der Erbengemeinschaft gehindert gewesen. Aus diesem Grund habe letztlich insgesamt auch keine wirksame Kündigung ausgesprochen werden können. Wenn weiter von dem Bestehen des Vertragsverhältnisses ausgegangen werde, müsse bedacht werden, daß die Einnahmen aus dem Haus zunehmend zurückgegangen seien. Insofern sei eine Anpassung des Pachtzinses über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage erforderlich.-;

28

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

29

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Auf den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag waren die Beklagten jedoch zur Hinterlegung des der Erbengemeinschaft nach . geschuldeten Pachtzinses für den in Rede stehenden Zeitraum von Januar 1989 bis Dezember 1991 zu verurteilen. -;

30

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt im wesentlichen davon ab, ob der am 15.3.1981 geschlossene Pachtvertrag noch Bestand hat und, falls dies der Fall sein sollte, ob die Kläger Zahlung des ihnen zustehenden Anteils an sich selbst verlangen können.

31

1. Das Pachtverhältnis besteht fort, auch wenn der Beklagte zu 1. inzwischen durch Erwerb von (ideellen) Mit-Eigentumsanteilen an dem Grundstück selbst Mit-Verpächter geworden ist. Über eine Beendigung der vertraglichen Beziehungen sind Regelungen in § 2 und § 3 des Pachtvertrages vorgesehen, deren Voraussetzungen aber nicht erfüllt sind.

32

a) In § 2 heißt es u. a. wie folgt:

33

"Die Vertragsparteien vereinbaren, daß die Höhe des Pachtzinses jeweils nach nach Ablauf von 2 (zwei) Jahren neu, erstmals am 01. April 1983 festgesetzt wird.

34

Kommt innerhalb von 6 (sechs) Monaten nach dem jeweiligen 01. April keine Einigung zustande, so erlischt der Vertrag nach Ablauf weiterer 6 (sechs) Monate ohne jede schriftliche Kündigung.

35

Die Verpächter können auf eine Neufestsetzung des Pachtzinses von Mal zu Mal verzichten.

36

Ein Verzicht kann durch die schriftliche Erklärung aller Verpächter oder durch Nichtwahrnehmung des vorgesehenen Termins erfolgen."

37

Dabei steht außer Frage, daß unter dem Begriff der "Neufestsetzung" des Pachtzinses sowohl eine Erhöhung als auch eine Reduzierung verstanden werden kann. Um sich auf eine Beendigung des Vertrages wegen Nichteinigung über den neuen Pachtzins berufen zu können, hätten die Beklagten darlegen und ggf. beweisen müssen, daß es innerhalb von 6 Monaten nach dem jeweiligen 1. April der Jahre 1983, 1985, 1987, 1989, 1991 oder 1993 mit sämtlichen Verpächtern überhaupt zu Einigungsversuchen, darauf abzielenden Gesprächen oder Schriftwechsel gekommen ist. Daran fehlt es bereits, wie die Beklagten letztlich selbst zugestehen.

38

b) Nach § 3 ist zunächst eine Vertragsdauer vom 1.4.1981 -; 31.3.1991 vereinbart worden. Die Bestimmung hat darüber hinaus folgenden Wortlaut:

39

"Das Vertragsverhältnis verlängert sich automatisch um jeweils 2 (zwei) Jahre, wenn es nicht 3 (drei) Monate vor Ablauf von einem der Vertragspartner gekündigt wird.

40

Im Falle des Ablebens einer der Verpächter treten seine Erben an seine Stelle. Mit dem Tod einer der Pächter treten seine Erben in das Vertragsverhältnis ein.

41

Bleiben die Pächter der Zahlung eines monatlichen Pachtzinses ganz oder teilweise im Rückstand, so Hegt es bei den Verpächtern, ob sie das Pachtverhältnis mit monatlicher Kündigungsfrist, zu dem auf den Ablauf der Kündigungsfrist folgenden Monatsersten vorzeitig kündigen wollen.

42

Abweichend von den vorstehenden Bestimmungen kam jeder Vertragsteil das Pachtverhältnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, z. B. einer schuldhaften Verletzung der Vertragspflichten, vorzeitig mit monatlicher Kündigungsfrist zu dem auf den Ablauf der Kündigungsfrist folgenden Monatsersten kündigen.

43

Der Verpächter oder die Pächter können nur gemeinschaftlich kündigen.

44

Die Kündigung bedarf der Schriftform und muß ausreichend begründet werden."

45

Auch unter Berücksichtigung dieser Vorschrift kann nicht von einer Beendigung des Pachtverhältnisses ausgegangen werden, vielmehr hat es sich über den ursprünglich vereinbarten Zeitraum hinaus stillschweigend verlängert, weil die Beklagten nicht wirksam gekündigt haben.

46

Insoweit sehen die vertraglichen Regelungen selbst vor, daß die Verpächter oder die Pächter nur gemeinschaftlich kündigen können, was bedeutet, daß eine Kündigung nur unter Beteiligung aller Vertragsparteien erfolgen kann, wobei zudem vorgesehen ist, daß im Falle des Ablebens einer der Verpächter seine Erben an seine Stelle treten.

47

Diese Regelung entspricht der allgemeinen Rechtslage bei Miet- und Pachtverträgen. Es ist anerkannt, daß mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit solcher Verträge bei einer Mehrheit von Verpachtern und Pächtern die Kündigung nur einheitlich gegenüber allen und nur gemeinschaftlich von allen erfolgen kann (MK-Voelskow, BGB, 2. Aufl., Rdnr. 24 zu § 564; Palandt-Putzo, BGB, 52. Aufl., Rdnr. 13 zu § 564 und Rdnr. 3 zu § 594 a).

48

Die danach erforderlichen Kündigungen gegenüber sämtlichen Mitgliedern der Erbengemeinschaft sind unstreitig nicht erfolgt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß die Erbengemeinschaft, wie die Beklagten geltend machen, handlungsunfähig gewesen sein mag. Auch wenn insofern auf Verpächterseite möglicherweise keine einheitliche Beschlußfassung möglich gewesen sein sollte, vermag der Senat nicht zu erkennen, inwiefern die Beklagten gehindert waren, eine etwaige Kündigung des Pachtverhältnisses gegenüber jedem Mitglied der Erbengemeinschaft auszusprechen. Dabei ist unerheblich, daß der Beklagte zu 1. durch den Erwerb von Grundstücksanteilen in die Rolle des Verpächters gekommen ist. Auch wenn er über die Mehrheit der Anteile verfugen mag, würde dies nicht dazu berechtigen, die übrigen Verpächter gleichsam im Wege einer Mehrheitsentscheidung von ihrer Verpächterstellung und den damit verbundenen Rechten zu verdrängen.

49

Im übrigen zeigt sich daran, daß die Beklagten das Pachtobjekt nicht geräumt haben und den Pachtzins -; wenn auch reduziert -; weitergezahlt haben, daß sie selbst nicht von einer wirksamen Beendigung der vertraglichen Beziehungen ausgegangen sind. Der pauschale Hinweis, sie hätten die Mitglieder der Erbengemeinschaft aufgefordert, die auf ihren Anteil entfallenden Räume zu übernehmen, ist nicht näher belegt; zudem kann es solche Räumlichkeiten in rechtlicher Hinsicht nicht geben, weil den Mitgliedern der Erbengemeinschaft ein ideeller Anteil an dem Gesamtobjekt zusteht, der sich nicht auf einzelne Räumlichkeiten erstreckt.

50

c) Im Hinblick auf den Fortbestand des Pachtvertrages sind die Beklagten verpflichtet, den auf . entfallenden Pachtzins von 2.050,-; DM monatlich an die Erbengemeinschaft zu zahlen. Eine Herabsetzung des Pachtzinses nach den Grundsätzen über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt nicht in Betracht. Voraussetzung dafür wäre zumindest, daß die Umstände, die ursprünglich zur Festsetzung des Pachtzinses geführt haben und die sich nach dem Vorbringen der Beklagten inzwischen grundlegend verändert haben sollen, konkret dargelegt würden. Hieran fehlt es. Die pauschale Behauptung, daß die Erträge um 50 % zurückgegangen seien und daß Zimmer leerstünden, reicht nicht aus, um eine Korrektur des Vertrages zu Gunsten der Beklagten vorzunehmen. Insbesondere ist nicht erkennbar, inwiefern sich die vertragliche Risikoverteilung zu Lasten der Beklagten in einem Ausmaß verschoben haben soll, das mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht mehr in Einklang zu bringen ist (vgl. hierzu noch Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 126 ff zu § 242).

51

d) Grundsätzlich stehen der Erbengemeinschaft daher ungeschmälerte Pachtzinsforderungen für die Zeit von Januar 1989 bis Dezember 1991 in Höhe von insgesamt 73.800,-; DM (36 × 2.050,-; DM) zu, die Bestandteil des gemeinschaftlichen Vermögens aller Erben geworden sind (§ 2032 Abs. 1 BGB).

52

Daß die . (Erbengemeinschaft nach .) den von ihr gehaltenen Erbanteil durch notariellen Vertrag vom 22.5.1991 an den Beklagten zu 1. veräußert hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil an deren Stelle nunmehr der Beklagte zu 1. getreten ist und -; wie alle anderen Miterben -; der gesamthänderischen Bindung unterliegt. Die Vereinbarung, daß mit Zahlung des Kaufpreises keine wechselseitigen Ansprüche mehr aus dem "Mietvertrag" mit dem Beklagten hinsichtlich des Grundstücks in der . bestehen, kann nicht die Rechtsbeziehungen der gesamthänderisch gebundenen Erbengemeinschaft gegenüber den Beklagten berühren, denn die Mitglieder der . waren nicht berechtigt, für die Erbengemeinschaft als Ganzes aufzutreten.

53

2. Die Kläger können hinsichtlich des auf sie entfallenden Pachtzinsanteils nicht Leistung an sich selbst verlangen. Als maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die Vorschriften der §§ 2038, 2039 BGB zu berücksichtigen.

54

a) Nach § 2038 Abs. 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Wie sich aus Abs. 2 dieser Bestimmung ergibt, erfolgt eine Teilung der Früchte, zu denen auch Pachtzinsen gehören (vgl. § 99 Abs. 3 BGB), erst bei der Auseinandersetzung, es sei denn, die Auseinandersetzung ist auf längere Zeit als 1 Jahr ausgeschlossen; in diesem Fall kann jeder Miterbe am Ende eines jeden Jahres die Teilung des Reinertrages verlangen.

55

Schon daraus folgt, daß die individuelle Geltendmachung von anteiligen Pachtzinsen nicht zulässig ist, weil diese zunächst Bestandteil des gesamthänderisch gebundenen Nachlaßvermögens werden. Deren Aufteilung ist grundsätzlich bis zur Auseinandersetzung (§§ 2042 ff. BGB) aufgeschoben, womit der Gefahr vorgebeugt werden soll, daß ein Miterbe vorzeitig etwas erhält, auf das er bei Berücksichtigung von sonstigen Verbindlichkeiten und Ausgleichsansprüchen keinen Anspruch hätte. Eine vorzeitige Verteilung der Erträge kann auch nicht im Wege einer Teilauseinandersetzung verlangt werden (vgl. Soergel-Wolf; BGB, 12. Aufl., Rdnr. 28 zu § 2038 m.w.N.). Gemäß § 2038 Abs. 2 Satz 3 BGB kann zwar jeder Miterbe am Ende eines Jahres die Teilung des Reinertrages verlangen, wenn die Auseinandersetzung auf langer als 1 Jahr ausgeschlossen ist. Schon diese letztgenannte Voraussetzung vermag der Senat aber dem Vorbringen der Kläger nicht zu entnehmen; es ist nichts dafür vorgetragen worden, aus welchen Gründen die Auseinandersetzung nicht bereits hätte durchgeführt werden können. Im übrigen verlangen die Kläger nicht die Teilung des Reinertrages eines Jahres, wobei es ohnehin an einer dementsprechenden Entschließung aller Miterben fehlt

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b) Nach der auch vom Landgericht näher erörterten Vorschrift des § 2039 BGB kann der Nachlaßschuldner nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten, und jeder Miterbe kann grundsätzlich nur die Leistung an alle Erben fordern, Leistung an sich selbst kann ein Miterbe ausnahmsweise dann verlangen, wenn ihn die anderen Miterben hierzu ermächtigt haben oder wenn damit in Höhe seiner Erbteilsquote eine vorweggenommene Teilauseinandersetzung verbunden wird (MK-Dütz, a.a.O., Rdnr. 16 zu § 2039 m.w.N.).

57

Wie die Kläger selbst zugestehen, liegt eine Ermächtigung der übrigen Miterben für die klageweise Durchsetzung ihres Individualanspruchs nicht vor. Sie wollen dies nur aus dem Umstand herleiten, daß die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft ihre eigenen Ansprüche gegenüber den Beklagten separat verfolgen und sieh aus dieser Vorgehensweise mittelbar eine Übereinkunft in dem Sinne ableiten lasse, daß sie sich hierzu gegenseitig ermächtigt hätten.

58

Dem vermag der Senat nicht beizutreten. § 2039 BGB dient der Rechtsklarheit in bezug auf den Nachlaß, die Bestimmung verfolgt den Schutz der Erben und der Nachlaßschuldner gleichermaßen. Eine Ausnahme von den dort niedergelegten Grundsätzen über die Durchsetzung von Nachlaßforderungen kann daher nur zugelassen werden, wenn hierdurch die Auseinandersetzung über den Nachlaß nicht wesentlich erschwert und die Belange der Erbengemeinschaft insgesamt nicht beeinträchtigt werden (vgl. BGH MDR 1963, 578 m.w.N.). Soweit ersichtlich, hat die Rechtsprechung Ausnahmen dann zugelassen, wenn die durchzusetzende Forderung eindeutig feststand, sonstiges Nachlaßvermögen oder sonstige Nachlaßverbindlichkeiten nicht existierten oder jedenfalls dem Umfang nach eindeutig waren (BGH a.a.O.; RG bei WarnR 1913 Nr. 236). In solchen Fällen mag es als sinnloser Formalismus angesehen werden, wenn ein Erbe gezwungen sein sollte, zunächst gem. § 2039 Satz 2 BGB auf Hinterlegung zu klagen, damit demnächst der hinterlegte Betrag unter die Erben verteilt werden könne.

59

So liegt der Sachverhalt hier aber nicht. Im Hinblick darauf daß die Beklagten immer wieder Teilleistungen an die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft erbracht haben, erscheint keineswegs gesichert, in welchem Umfang die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft hinsichtlich der ihnen zustehenden Anteile befriedigt worden sind. Deutlich wird dies insbesondere auch an dem in der Berufungsinstanz vorgelegten "Teil-Erbauseinandersetzungsvertrag" vom Juli 1993, bei dem es um die Aufteilung der Beträge ging, welche von den Beklagten auf ein Konto bei der Volksbank . eingezahlt worden sind.

60

Hinzu kommt folgendes: Die Kläger haben während des Rechtsstreits durchgängig vorgetragen, daß der von der Erbengemeinschaft gehaltene Anteil an dem verpachteten Grundstück den alleinigen Nachlaßgegenstand bilde, was sich aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als unzutreffend herausgestellt hat. Der Kläger zu 1. hat auf Befragen zugestanden, daß zu dem Nachlaß mindestens noch zwei weitere Grundstücke gehören, über die ebenfalls noch keine Auseinandersetzung stattgefunden habe. Da der Nachlaß insofern unteilbar ist, kann derzeit in keiner Weise überblickt werden, welche Ansprüche den Erben unter Abzug etwaiger Verbindlichkeiten und bestehenden Ausgleichsforderungen untereinander letztlich zustehen. Die Klärung solcher Fragen kann abschließend nur im Rahmen der vorzunehmenden Auseinandersetzung erfolgen. Diesbezüglich ist nach dem derzeitigen Sachstand keine Klarheit zu erzielen, so daß es hinsichtlich der in Rede stehenden Pachtzinsforderungen bei der gesetzlichen Regel des § 2039 BGB verbleiben muß, was zur Folge hat, daß die Berufung der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen war. Zu den bestehenden rechtlichen Unklarheiten trägt weiter bei, daß nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung des Senats auch zweifelhaft erscheint, ob der mit notariellem Vertrag vom 22.5.1991 getätigte Erbschaftskauf überhaupt wirksam ist mit der Folge, daß eine Berechnung der einzelnen Forderungen der Erben um so weniger möglich erscheint.

61

Allerdings mußten die Beklagten auf den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfeantrag der Kläger zur Hinterlegung des gesamten, der Erbengemeinschaft geschuldeten Pachtzinses für den streitbefangenen Zeitraum verurteilt werden (§ 2039 Satz 2 BGB). Insoweit handelt es sich auch nicht um eine Klagänderung, sondern um eine bis zum rechtskräftigen Abschluß des Prozesses zulässige Klageerweiterung (vgl. hierzu RG JW 1926, 107 und BGH NJW 1957, 543).

62

Bei alledem verkennt der Senat nicht, daß die Beklagten auf die streitbefangenen Pachtzinsforderungen bereits Leistungen an einzelne Erben erbracht haben. Derartige Zahlungen werden anzurechnen sein, wenn es darum geht, festzustellen, in welchem Umfang tatsächlich noch Nachlaßforderungen bestehen. Zu berücksichtigen sein wird dann auch, daß der Beklagte zu 1. selbst Mitglied der Erbengemeinschaft geworden ist. Dies ändert aber nichts daran, daß die erbrachten Teilzahlungen nicht in den gesamthänderisch gebundenen Nachlaß gelangt sind und dementsprechend auch nicht bei Bemessung der Höhe des zu hinterlegenden Betrages beachtet werden können.

63

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 97, 546 Abs. 2 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Bei Festsetzung des Streitwertes wurde § 19 Abs. 4 GKG berücksichtigt. Hinsichtlich der Kostenentscheidung ist auf BGH NJW 1957, 543 und Zöller, ZPO, 18. Aufl., Rn. 8 zu § 92 hinzuweisen.