Landgericht Stade
Urt. v. 27.08.1990, Az.: 6 O 466/89 ER

Versicherungsschutz aus einer Kraftfahrthaftpflichtversicherung nach Kündigung des Versicherungsverhältnisses des ursprünglichen Eigentümers und anschließender Weiterveräußerung des Fahrzeuges bei Nichtanzeige des Eigentumswechsels; Anspruch der Bundeswehr gegen den Kraftfahrthaftpflichtversicherer auf Ersatz von Beerdigungs-, Beihilfe-, Transport- und Heilbehandlungskosten aus übergegangenem Recht; Leistungsfreiheit des Kraftfahrthaftpflichtversicherers bei Überlassung des Fahrzeugs durch den Halter an einen führerscheinlosen Fahrer; Auswirkung einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses des ursprünglichen Eigentümers wegen Nichtzahlung der Erstprämie auf den Zweiterwerber ohne Mitteilung an die Zulassungsstelle; Direktanspruch des Unfallfahrers gegen die Kraftfahrthaftpflichtversicherung des betroffenen Halters

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
27.08.1990
Aktenzeichen
6 O 466/89 ER
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 15114
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGSTADE:1990:0827.6O466.89ER.0A

Verfahrensgegenstand

Forderung

In dem Rechtsstreit
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Stade
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.160,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Am 18.05.1987 kam es in 2167 Himmelpforten zu einem Verkehrsunfall. Der Soldat ... befuhr mit dem Pkw des Soldaten ... der sich bei dieser Fahrt auf dem Beifahrersitz befand, die B 73 aus Richtung Cuxhaven kommend und geriet am Ortseingang Himmelpforten ohne Drittverschulden von der Fahrbahn ab, wobei sich das Fahrzeug überschlug. Der Fahrer ... wurde schwer verletzt, der Beifahrer und Halter ... verstarb an der Unfallstelle. ... der keine gültige Fahrerlaubnis besaß, wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts (Schöffengericht) Stade vom 05.01.1988 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt (31 Ls 9 Js 7714/87).

2

Die Klägerin wandte für die Soldaten ... und ... Beerdigungs-, Beihilfe-, Transport- und Heilbehandlungskosten auf, deren hälftige Erstattung sie von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des verunfallten Fahrzeugs begehrt.

3

Das Fahrzeug (Opel Ascona, amtl. Kennzeichen ...) war auf eine Frau ... zugelassen. Diese hatte unter dem 16.09.1986 bei der Beklagten den Antrag auf Abschluß einer Kraftfahrthaftpflichtversicherung gestellt, Versicherungsbeginn sollte der 05.09.1986 sein. Nachdem die Erstprämie von 584,60 DM von Frau ... nicht gezahlt worden war, forderte die Beklagte sie mit Einschreiben vom 17.03.1987 zur Zahlung innerhalb von 2 Wochen auf und kündigte das Versicherungsverhältnis unter Hinweis auf die Folgen nicht rechtzeitiger Zahlung gleichzeitig gemäß § 39 Zf. 3 VVG zum Ablauf der Zahlungsfrist. Ohne die Erstprämie zu zahlen, verkaufte Frau ... das Fahrzeug spätestens zum 08.04.1987 an einen Herrn .... Dieser veräußerte es unmittelbar vor Antritt der Unglücksfahrt an den Soldaten ....

4

Der Eigentumswechsel von Frau ... auf ... wurde der Beklagten als Haftpflichtversicherer bis zum Unfall nicht angezeigt. Mit Schreiben vom 21.05.1987 (Bl. 57 d. A.) teilten die Anwälte der Frau ... der Beklagten mit, das auf den Namen ihrer Mandantin (Frau ...) zugelassene Fahrzeug, das diese am 08.04.1987 an ... und das dieser wiederum kurz vor dem Unfall an ... verkauft habe, sei am 18.05.1987 in einen Unfall verwickelt worden. Die Beklagte teilte den genannten Anwälten darauf mit Schreiben vom 03.06.1987 (Bl. 59 d. A.) mit, daß sie für das Fahrzeug keinen Versicherungsschutz gewähre, weil die Erstprämie nicht bezahlt und die Veräußerung des Fahrzeugs an ... nicht unverzüglich angezeigt worden sei. Mit Schreiben vom 12.06.1987 an die Anwälte der Frau ... und vom 11.06.1987 an ... (Bl. 60/61 d. A.) kündigte die Beklagte das Versicherungsverhältnis - im Falle ... für den Fall, daß ein solches bestanden haben sollte - aus den vorgenannten Gründen fristlos. In dem Schreiben an die Anwälte heißt es u.a., daß die Anzeige nach § 29 c (gemeint ist offensichtlich die entsprechende Vorschrift der Straßenverkehrszulassungsordnung) am 06.04.1987 erfolgt sei.

5

Die Klägerin trägt vor:

6

Sie habe für den Soldaten ... Beihilfen/Zuwendungen im Todesfall, Überführungs- und Beerdigungskosten von insgesamt 4.482,46 DM auf gewandt. Bei dem Soldaten ... beliefen sich ihre Aufwendungen für Krankentransport, Arztkosten, stationäre Heilbehandlung im Krankenhaus Stade vom 18.5.-19.06.1987 und ambulante Behandlung im Sanitätsbereich der Bundeswehr vom 1.7.-19.09.1987 sowie an Wehrsold für die Zeit vom 18.5.-30.07.1987 auf insgesamt 11.421,18 DM, worauf sie sich erspartes Verpflegungsgeld von 10,00 DM pro Tag (für 33 Tage insgesamt 330,00 DM) anrechnen lassen wolle. (Zunächst hatte die Klägerin nur 5,00 DM pro Tag in Ansatz gebracht, diesen Betrag aber mit Schriftsatz vom 15.03.1990 (Bl. 41 d, A.) um 5,00 DM pro Tag erhöht und die Klage in Höhe von 165,00 DM zurückgenommen).

7

Wegen der Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf die Seiten 3 und 4 der Klagschrift (Bl. 3/4 d. A.) verwiesen.

8

Von ihren Gesamtaufwendungen mache sie aus übergegangenem Recht (§§ 823 BGB, 3 Nr. 1 S. 1 PflichtVersG, 30 Abs. 3 SoldatenG i.V.m. § 87 a BBG) 50 % gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer geltend und zwar aus folgenden Gründen:

9

Für den durch den Unfall entstandenen Personenschaden hafte jeder der beiden Beteiligten zu 50 %. Dem Soldaten ... sei vorzuwerfen, daß er ohne Fahrerlaubnis die Führung des Fahrzeugs übernommen habe und durch seine Unerfahrenheit im Straßenverkehr von der Fahrbahn abgekommen sei. Den dabei getöteten Halter ... treffe insofern ein Mitverschulden, als er sein Fahrzeug einem Fahrer anvertraut habe, der keine Fahrerlaubnis besaß, was ihm bei zumutbarer Aufmerksamkeit wohl nicht hätte entgehen dürfen. Beide Unfallbeteiligten hätten einen auf sie - Klägerin - übergegangenen Direktanspruch gegen die beklagte Versicherung, der nicht unter den Risikoausschluß des § 11 Nr. 2 AKB falle. Aus einer Obliegenheitsverletzung des ... die darin gesehen werden könne, daß er das Fahrzeug einem führerscheinlosen Fahrer überlassen habe, könne die Beklagte keine Leistungsfreiheit ableiten, weil sie das Versicherungsverhältnis - insoweit unstreitig - nicht innerhalb eines Monats nach Erlangung der Kenntnis von der Verletzung gekündigt habe.

10

Auch auf die von der Beklagten gegenüber der Vorbesitzerin ... ausgesprochene Kündigung des Versicherungsverhältnisses wegen Nichtzahlung der Erstprämie könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, weil sie diesen Umstand der Zulassungsstelle nicht mitgeteilt habe (§ 3 Nr. 5 PflichtVersG).

11

Schließlich hindere auch § 87 a BBG die Durchsetzung der Klagansprüche nicht, weil eine Regreßpflicht gegen die Soldaten ... und ... gemäß § 3 Nr. 9 S. 2 PflichtVersG nicht in Betracht komme.

12

Da die unfallbedingten Aufwendungen für die beiden Soldaten bzw. die Erben des verstorbenen noch nicht feststünden, rechtfertige sich der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum teilweisen Ersatz des Zukunftsschadens.

13

Ihren Zinsanspruch stützt die Klägerin hinsichtlich des Beginns der Zinspflicht auf die Ablehnung der Einstandspflicht durch die Beklagte und hinsichtlich der Zinshöhe auf die diesbezüglichen Erlasse des Bundesministers der Verteidigung.

14

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.704,32 DM nebst 6,75 % Zinsen vom 16.14.1989 bis 17.09.1989 sowie 7 % Zinsen seit dem 18.09.1989 zu zahlen;

  2. 2.

    festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 50 % ihrer zukünftigen Aufwendungen für den Soldaten ... und die Erben des Soldaten ... aus dem Verkehrsunfall vom 18.05.1987 gegen 1.25 Uhr auf der B 73 in Himmelpforten in Höhe km 14,1 zu erstatten.

15

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Sie hält sich aus verschiedenen Gründen nicht für eintrittspflichtig. Soweit es übergegangene Ansprüche des Soldaten ... betrifft, vertritt sie die Ansicht, dieser sei zwar gemäß § 10 II c AKB "mitversicherte Person", indes könne er als Fahrer eigene Ansprüche aus dem Kraftfahrthaftpflichtversicherungsvertrag nicht gegen "seinen Versicherer" geltend machen. Das ergebe sich aus § 11 Abs. 2 AKB, in dem dort genannten Personenkreis, für dessen Personenschäden der Haftungsausschluß nicht gelte, sei der Fahrer des in einen Unfall verwickelten Fahrzeugs nicht genannt.

17

Im übrigen treffe den Fahrer ... im Verhältnis zu dem Getöteten das alleinige verschulden an dem Unfall, so daß auch aus diesem Grunde eine Haftung für die der Klägerin entstandenen Aufwendungen für ... ausscheide. ... selbst wiederum sei im Verhältnis zu ... zu 100 % schuldig, weil er die Führung seines Fahrzeugs dem ... überlassen habe, von dem er gewußt habe, daß er keine Fahrerlaubnis besaß, über keinerlei Fahrpraxis verfügte und zu riskantem Fahren neigte. Er habe deshalb die durch die Überlassung des Fahrzeugs begründete Gefahr bewußt in Kauf genommen, so daß ihm auch aus haftungsrechtlichen Gründen kein Schadensersatzanspruch gegen sie - Beklagte - zugestanden habe.

18

Überdies sei sie leistungsfrei, weil die Benutzung des Fahrzeugs durch den führerscheinlosen ... eine Obliegenheitsverletzung i.S. von § 2 Nr. 2 c AKB darstelle, eine Kündigung des Versicherungsverhältnisses sei dann nicht notwendig, wenn die Obliegenheitsverletzung - wie hier - u.a. durch den Fahrer begangen worden sei, der nicht zu den Beteiligten des Versicherungsvertrages gehöre.

19

Sodann sei das Versicherungsverhältnis zur Zeit des Unfalls "krank" gewesen, weil zum einen die Vorbesitzer ... und ... den Eigentumswechsel weder ihr - Beklagten - noch der zuständigen Stelle angezeigt hätten und weil zum anderen Frau ... die Erstprämie nicht gezahlt habe, was Anlaß für die fristlose Kündigung des Versicherungsverhältnisses gewesen sei. Dieses "kranke" Versicherungsverhältnis schlage auch gegenüber dem Nachfolgehalter oder dessen Erben durch, denn ein durch verschulden des Fahrers verletzter Halter könne nur dann Ersatz seines Personenschadens verlangen, wenn sein Versicherungsverhältnis ungestört sei, Ansprüchen eines solchen Halters stehe der Einwand der unzuläassigen Rechtsausübung entgegen, weil der Versicherer das, was er auf der einen Seite zu verauslagen habe, aufgrund des gestörten Versicherungsverhältnisses gemäß § 3 Nr. 9 S. 2 PflichtVersG sofort wieder von dem Beschädigten zurückverlangen könne. Deshalb spiele es auch keine Rolle, ob die Versicherungsschutzversagung dem Betroffenen zugestellt worden sei oder nicht, ausschlaggebend sei allein die objektiv feststehende Leistungsfreiheit. Schließlich sei sie gemäß § 71 VVG leistungsfrei, weil ihr die Veräußerung des Fahrzeugs von Frau ... an ... nicht unverzüglich mitgeteilt worden sei.

20

Gegenüber etwaigen Ansprüchen bezüglich des getöteten ... rechne sie vorsorglich mit ihrem geschäftsplanmäßig auf 5.000,00 DM festgelegten Regreßanspruch gegen den Fahrer Schinkel auf. Vorsorglich bestreite sie den Klaganspruch auch der Höhe nach.

21

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage ist nicht begründet.

23

Die Klägerin kann von der Beklagten Ersatz ihrer Aufwendungen für die Soldaten ... und ... bzw. dessen Erben nicht verlangen, weil die Beklagte ihr gegenüber leistungsfrei ist. Demgemäß gehen Zahlungs- und Feststellungsantrag ins Leere.

24

I.

1.

Die Ersatzansprüche der Klägerin, soweit sie den Fahrer ... betreffen, scheitern allerdings noch nicht - wie die Beklagte meint - daran, daß es diesem verwehrt sei, direkt gegen den Haftpflichtversicherer vorzugehen. Als Fahrer gehörte ... zu den mitversicherten Personen (§ 10 Abs. 2 c AKB). In dieser Eigenschaft hatte er ebenso wie der Halter gemäß § 3 Nr. 1 PflichtVersG einen Direktanspruch gegen den Versicherer, soweit der bei ihm entstandene Personenschaden auf ein verschulden des mitversicherten Halters zurückzuführen war (vgl. Prölss/Martin, WG, 24. Aufl., § 3 Nr. 1, 2 PflichtVersG, Anm. 1). Der von der Beklagten aus § 11 Nr. 2 AKB gezogenen Schlußfolgerung, der Direktanspruch des Fahrers sei ausgeschlossen, weil dieser in § 11 Nr. 2 AKB nicht aufgeführt sei, vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Diese Vorschrift schließt Haftpflichtansprüche wegen Sach- oder Vermögensschäden (die hier maßgeblichen Personenschäden sind ausgenommen) gegen mitversicherte Personen wie etwa den Fahrer lediglich für den Versicherungsnehmer, Halter oder Eigentümer aus. Das gilt aber nicht umgekehrt (vgl. Prölss/Martin a.a.O., § 11 AKB, Anm. 3, am Anfang).

25

2.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits spielt es auch keine Rolle, wie die Haftungsanteile des Fahrers ... und des Halters ... im Innenverhältnis zu bewerten sind. Es mag durchaus sein, daß das verschulden des einen oder anderen im Innenverhältnis derart überwiegt, daß er von dem anderen keinen Ersatz verlangen kann, mit der Folge, daß auch die Beklagte insoweit nicht eintrittspflichtig wäre. Indessen erübrigen sich Überlegungen hierzu, weil die Leistungsfreiheit der Beklagten bereits aus einem anderen, unter Ziff. II der Entscheidungsgründe näher dazulegenden Gesichtspunkt, herzuleiten ist.

26

3.

Auch die Obliegenheitsverletzung des Halters ... die gemäß § 2 Abs. 2 c AKB darin zu sehen ist, daß er das Fahrzeug einem nicht mit einer gültigen Fahrerlaubnis ausgestatteten Fahrer überließ, führt noch nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten, Denn unstreitig hat die Beklagte diese Obliegenheitsverletzung nicht zum Anlaß einer fristlosen Kündigung des Versicherungsverhältnisses genommen. Das war aber erforderlich, wenn die Beklagte aus der Obliegenheitsverletzung ein Leistungsverweigerungsrecht herleiten wollte (§ 6 Abs. 1 S. 3 VVG). Aus dem Kündigungsrecht wird in diesem Falle praktisch eine Kündigungspflicht (vgl. Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 14. Aufl., § 2 AKB, Rz. 68).

27

4.

Schließlich bedarf es zur Begründung der Klagabweisung auch keiner eingehenden Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Beklagte leistungsfrei dadurch geworden ist, daß sie das Versicherungsverhältnis zu der Vorbesitzerin ... wegen Nichtzahlung der Erstprämie mit Einschreiben vom 17.03.1987 gekündigt hat. Diese Kündigung hätte - nur soviel sei hierzu gesagt - die Leistungsfreiheit der Beklagten möglicherweise dann nicht zur Folge gehabt, wenn die Beklagte diesem Umstand nicht - wie es die Klägerin behauptet - der hierfür zuständigen Zulassungsstelle mitgeteilt hätte (§ 3 Nr. 5 PflichtVersG). In ihrem Schreiben vom 12.06.1987 an die Anwälte der Frau ... (Bl. 60 d. A.) erklärt die Beklagte u.a., die Anzeige an die Zulassungsstelle sei am 06.04.1987 erfolgt. Wäre das zutreffend, wofür die insoweit beweispflichtige Beklagte indessen keinen Beweis angetreten hat, dann wäre sie allerdings schon aufgrund der Nichtzahlung der Erstprämie leistungsfrei, weil sich der Unfall später als einen Monat nach dieser Anzeige ereignet hat (§ 3 Nr. 5 PflichtVersG). Indessen erübrigt sich eine weitere Aufklärung dieses Punktes ebenso wie Überlegungen zu dem von der Beklagten angeführten Gesichtspunkt überflüssig sind, der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung habe die Mitteilung der Versicherungsschutzversagung entbehrlich gemacht. Denn die Leistungsfreiheit der Beklagten ergibt sich aus der Verletzung der Anzeigepflicht bei der Veräußerung des Fahrzeugs von Frau ... an den Vorbesitzer Jahns.

28

II.

Gemäß § 71 VVG war die Veräußerung des Fahrzeugs der Beklagten unverzüglich mitzuteilen, wird die Anzeige weder von dem Erwerber noch von dem Veräußerer unverzüglich gemacht, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen (§ 71 Abs. 1 S. 2 VVG). So liegt der Fall hier.

29

Die Mitteilung, daß das Fahrzeug am 08.04.1987 von Frau ... an ... verkauft worden war, hat die Beklagte erst durch das Schreiben der Anwälte der Frau ... vom 21.05.1987, also mehr als 6 Wochen nach dem Eigentumswechsel erhalten. Das war nicht mehr "unverzüglich", d.h., nach der insoweit allgemeinen gültigen Regel des § 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern. Eine Frist von 2 Wochen erfüllte hier auf keinen Fall mehr das Erfordernis der Unverzüglichkeit, vielmehr hätte die Anzeige der Beklagten deutlich vor Ablauf dieser Frist zugänglich gemacht werden müssen. Demgemäß war die von dem fiktiven Zugang einer "unverzüglich" gemachten Anzeige laufende Monatsfrist, innerhalb der die Beklagte noch in der Haftung stand, am Unfalltage, nämlich dem 18.05.1987 bereits abgelaufen. Daher war die Beklagte an diesem Tage leistungsfrei.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 13.08.1990 angeregte Kostenüberbürdung auf die Beklagte, weil diese erst im Verlauf des Rechtsstreits die für die Leistungsfreiheit nach § 71 VVG maßgeblichen Informationen erteilt habe, kam nicht in Betracht, weil die Klägerin auch danach noch an ihrem ursprünglichen Klagantrag festgehalten hat.

31

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Zf. 11, 711 ZPO.