Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 16.10.2001, Az.: HEs 62/01

6 Monate; Beschleunigungsgebot; Haftprüfung; Hauptverfahrenseröffnung; Hauptverhandlungsbeginn; Straftat; Terminierung; Untersuchungshaftfortdauer; verfahrensangemessene Frist; Verfahrensverzögerung; Vielzahl; wichtiger Grund

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
16.10.2001
Aktenzeichen
HEs 62/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 40492
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 13.09.2001 - AZ: 807 Js 119/01
AG - 05.01.2001 - AZ: 5 Gs 2/01 - 807 Js 119/01

Tenor:

1. Die Fortdauer der Untersuchungshaft wird angeordnet.

2. Die weitere Haftprüfung wird für die Zeit von drei Monaten dem Gericht übertragen, dem sie nach den allgemeinen Vorschriften zusteht.

Gründe

1

Der Angeklagte befand sich zunächst aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Osnabrück vom 05. Januar 2001 - 5 Gs 2/01 - vom 03.01. bis 21.08.2001 im Niedersächsischen Landeskrankenhaus O. in einstweiliger Unterbringung gemäß § 126 a Abs. 1 StPO. Nach seiner Entlassung aus dem Landeskrankenhaus wurde er am 17. September 2001 aufgrund des Haftbefehls des Landgerichts - große Strafkammer - Osnabrück vom 13. September 2001 vorläufig festgenommen. Er befindet sich seit dem 17. September 2001 in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat gegen ihn am 19. Juni 2001 bei der großen Strafkammer des Landgerichts Osnabrück Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter räuberischer Erpressung sowie versuchter schwerer Brandstiftung erhoben. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 28. September 2001 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Strafkammer hat bislang noch keinen Termin zur Hauptverhandlung bestimmt.

2

Das Landgericht hält die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich. Es hat die Akten dem Oberlandesgericht zur Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO vorlegen lassen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Fortdauer der Untersuchungshaft beantragt. Der Angeklagte und sein Verteidiger haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten.

3

Die Fortdauer der Untersuchungshaft war anzuordnen.

I.

4

Die besondere Haftprüfung gemäß §§ 121, 122 StPO durch das OLG ist erforderlich, weil die Zeit der einstweiligen Unterbringung vom 03.01. bis 21.08.2001 der Untersuchungshaft hinzuzurechnen ist. Die regelmäßige Höchstdauer der Untersuchungshaft von sechs Monaten war deshalb bereits überschritten. Das Erfordernis der Zusammenrechnung ergibt sich aus dem Zweck der besonderen Haftprüfung, zu gewährleisten, daß das aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 GG sich ergebende und in Artikel 5 Absatz 3 Satz 2 MRK konkretisierte Beschleunigungsgebot beachtet wird (vgl. BT-Dr IV/178). Dieses Beschleunigungsgebot gilt gleichermaßen für die einstweilige Unterbringung und die Untersuchungshaft. Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Zusammenrechnung ist allein der Freiheitsentzug wegen derselben Tat. Das ist hier der Fall. Wegen der Taten, die Gegenstand des Unterbringungsbefehls waren, ist Anklage erhoben worden. Das Beschleunigungsgebot, nämlich den Schwebezustand des Freiheitsentzuges ohne rechtskräftiges Urteil in angemessener Zeit zu beenden, erfordert es, den nach § 126 a StPO aufgrund derselben Tat angeordneten Freiheitsentzug bei der Errechnung der 6-Monatsgrenze des § 121 Abs. 1 StPO mit zu berechnen (vgl. insoweit OLG Celle NStZ 1991, 248 [OLG Celle 04.01.1991 - HEs 78/90] m.w.N.).

II.

5

Der Angeklagte ist nach dem bisherigen Ermittlungsstand der ihm im Haftbefehl zur Last gelegten Taten aufgrund der in der Anklageschrift aufgeführten Beweismittel dringend verdächtig. Gegen den Angeklagten besteht der Haftgrund der Wiederholungsgefahr. Zutreffend hat das Landgericht in dem Haftbefehl die mangelnde Therapiewilligkeit des Angeklagten hervorgehoben.

6

Die Fortdauer der Untersuchungshaft wird durch wichtige Gründe gerechtfertigt, die bislang den Erlaß eines Urteils noch nicht zugelassen haben (§ 121 Abs. 1 StPO). Das Ermittlungsverfahren ist von der Polizei und der Staatsanwaltschaft auch unter Beachtung der lückenlosen und sorgfältigen Sachaufklärung mit der gebotenen Eile gefördert worden. Nach Erlaß des Haftbefehls vom 13. September 2001 hat die Strafkammer die Anklage mit Beschluß vom 28. September 2001 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Gleichzeitig hat sie in diesem Termin festgestellt, daß als frühestmöglicher Hauptverhandlungstermin der 28. November 2001 in Frage komme. Alle denkbaren außerordentlichen Sitzungstage der Strafkammer sind alle mit anderen Hauptverhandlungen belegt. Nach Auffassung des Senats stellt der Beginn der Hauptverhandlung am 28. November 2001 noch eine Erledigung dieser Sache binnen verfahrensangemessener Frist dar. Der Senat geht jedoch davon aus, daß mit Rücksicht auf das Beschleunigungsgebot dieser Hauptverhandlungstermin unverzüglich anzuberaumen sein wird.

7

Die Haftfortdauer steht in Anbetracht der Vielzahl der angeklagten Straftaten weiterhin nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§§ 112 Abs. 1 Satz 1, 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

8

Die Übertragung der Haftzuständigkeit beruht auf § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO.