Arbeitsgericht Osnabrück
Beschl. v. 08.06.1995, Az.: 1 BV 12/94

Zulässigkeit des Antrages des Betriebsrates auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer bestimmten Maßnahme des Arbeitgebers wegen Nichtbeachtung des Beteiligungsrechtes des Betriebsrates ; Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) anlässlich der Anrechnung von Tarifvergütungserhöhungen auf das betriebliche Zulagensystem

Bibliographie

Gericht
ArbG Osnabrück
Datum
08.06.1995
Aktenzeichen
1 BV 12/94
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 31351
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGOSN:1995:0608.1BV12.94.0A

Gründe

1

I.

Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin bestehende Betriebsrat. Die Antragsgegnerin hat in streitigem Umfang die Erhöhung der Vergütungstarife zum 01.06.1993 auf das betriebliche Zulagensystem angerechnet. Mit dem am 11.08.1994 bei Gericht eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller die Feststellung, daß diese Anrechnung mitbestimmungspflichtig war und demgemäß rechtsunwirksam ist.

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Der Antragsteller trägt vor:

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Bei den Stundenlöhnern im gewerblichen Bereich sei die Tarifvergütungserhöhung nur auf die übertariflichen Zulagen, aber nicht auf die außertariflichen Zulagen angerechnet worden. Dies sei willkürlich und mitbestimmungspflichtig. Bei den Leistungslöhnern im gewerblichen Bereich sei eine Anrechnung erfolgt. Dies sei mitbestimmungspflichtig und damit rechtswidrig. Zudem habe die Antragsgegnerin bei den Angestellten das Vergütungssystem unter Anrechnung der Tarifvergütungserhöhung umgestellt. Auch dies sei mitbestimmungspflichtig und damit rechtswidrig.

4

Der Antragsteller stellt deshalb den Antrag,

festzustellen, daß die Anrechnung der Tarifvergütungserhöhung zum 01.06.1993 auf außer- und übertarifliche Zulagen im Betrieb der Beteiligten zu 2) rechtsunwirksam ist.

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Die Antragsgegnerin beantragt

Abweisung des Antrages.

6

Die Antragsgegnerin trägt vor:

7

Bei Arbeitern und Angestellten sei die Tarifvergütungserhöhung, soweit zulässig, auf das übertarifliche bzw. außertarifliche Zulagensystem angerechnet worden.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

9

II.

Der Antrag ist unbegründet.

10

Es ist bereits darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes der Feststellungsantrag des Betriebsrates, eine bestimmte Maßnahme des Arbeitgebers sei wegen Nichtbeachtung des Beteiligungsrechtes des Betriebsrates rechtsunwirksam, unzulässig ist, weil der Betriebsrat mögliche Rechtsfolgen einer Verletzung des Beteiligungsrechtes auf der Individualvertragsebene nicht klären lassen kann.

11

Insbesondere ist der Antrag des Antragstellers aber deshalb unbegründet, weil er ein Globalantrag ist und, zumindestens teilweise, die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anrechnung ohne Beteiligung des Antragstellers erfolgen konnte.

12

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend Großer Senat v. 03.12.1991, AZ: GS 1/90) wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG anläßlich der Anrechnung von Tarifvergütungserhöhungen auf das betriebliche Zulagensystem nicht verletzt, wenn die Tariflohnerhöhung vollständig oder ein bestimmen Prozentsatz der Tarifvergütungserhöhung vollständig auf das betriebliche übertarifliche Zulagensystem angerechnet wird.

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Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß die Antragsgegnerin bei den Stundenlöhnern im gewerblichen Bereich die Tariflohnerhöhung nur bei den übertariflichen Zulagen in Anrechnung gebracht hat. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, denn dem Arbeitgeber ist es nicht ohne weiteres gestattet, eine Verrechnung vorzunehmen, wenn es sich um eine Zulage handelt, die mit einer besonderen Zwecksetzung verbunden ist (vgl. etwa BAG v. 27.10.1992 - 1 ABR 17/92 - u. v. 23.03.1993 - 1 AZR 520/92 -).

14

Zumindestens dieser Teil der Anrechnung der Tariflohnerhöhung ist deshalb rechtmäßig erfolgt. Insoweit bestand ein Beteiligungsrecht des Antragstellers nicht.

15

Es kann dahingestellt bleiben, ob bei Leistungslöhnern im gewerblichen Bereich oder bei den Angestellten. Beteiligungsrechte des Antragstellers bestanden. Der Antragsteller hat einen Globalantrag gestellt, worauf noch einmal im Kammertermin hingewiesen wurde. Wird im Beschlußverfahren ein Globalantrag gestellt, der so gefaßt ist, daß er Fallgestaltungen umfaßt, in denen der Arbeitgeber eine Maßnahme mitbestimmungsfrei durchführen durfte, ist der Globalantrag nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts insgesamt unbegründet (vgl. etwa BAG v. 06.12.1994 - 1 ABR 30/94 -). Im vorliegenden Fall konnte die Antragsgegnerin, zumindestens teilweise, die Tarifvergütungserhöhung mitbestimmungsfrei anrechnen.

16

Deshalb ist der Antrag des Antragstellers insgesamt unbegründet.

Nißen