Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 12.12.1977, Az.: Ss 141/77

Strafklageverbrauch durch Strafbefehl; Tat im prozessualen Sinn - sogenannte Tatidentität; Verbindung mehrerer Fälle des unerlaubten Führens von Schusswaffen zu einer Einheit; Bloßer unerlaubter Besitz von Schusswaffen; Zugriffsbereitschaft einer im Handschuhfach des Pkw liegenden Schusswaffe

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
12.12.1977
Aktenzeichen
Ss 141/77
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1977, 11961
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1977:1212.SS141.77.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG ... - 01.09.1977 - AZ: 16 Js 05578/77 Ns

Verfahrensgegenstand

Vergehen gegen das Waffengesetz

Prozessführer

Kaufmann ..., geboren am ..., wohnhaft in ...,

Redaktioneller Leitsatz

Mehrere Tathandlungen des Führens von Schusswaffen ohne Waffenschein (§ 53 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b Waffengesetz (WaffG)) werden nicht dadurch zu einer einheitlichen und nicht aufspaltbaren Lebensvorgang i.S.d. § 264 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) verbunden, dass der Täter im gleichen Zeitraum in seiner Wohnung, seinen Geschäftsräumen oder seinem befriedeten Besitztum die tatsächliche Gewalt über Schusswaffen ohne Waffenbesitzkarte ausübt (§ 53 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a WaffG), da aufgrund der Spezialität § 53 Abs. 3 Nr. 1 a WaffG hinter § 53 Abs. 3 Nr. 1 b WaffG zurücktritt, so dass, wenn ein Täter, der keinen Waffenschein und keine Waffenbesitzkarte hat, mit einer Schusswaffe seine Wohnung, Geschäftsräume oder sein befriedetes Besitztum verlässt und dabei in diesen Örtlichkeiten weitere Schusswaffen zurücklässt, das Führen der Schusswaffe ohne Waffenschein als ein selbständiger und getrennt aburteilbarer Lebensvorgang erscheint.

In der Strafsache
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
in der Sitzung vom 12. Dezember 1977
durch
den Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzenden,
die Richter am Oberlandesgericht ... und ... als beisitzende Richter,
der Staatsanwalt ... als Beamter der Staatsanwaltschaft,
der Justizangestellte ... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts ... vom 1. September 1977 insoweit geändert, daß

  1. 1.)

    der Angeklagte von dem Anklagevorwurf hinsichtlich der Pistole Walter freigesprochen wird.

  2. 2.)

    der Angeklagte des vorsätzlichen Führens einer Schußwaffe ohne Waffenschein schuldig ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Soweit der Angeklagte freigesprochen ist, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. Im übrigen hat der Angeklagte die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Gründe

1

Das Amtsgericht ... hatte den Angeklagten am 17.5.1977 wegen tateinheitlichen Ausübens der tatsächlichen Gewalt über zwei Schußwaffen ohne Waffenbesitzkarte - eine Pistole Walter 9 mm und einen Revolver Astra 9 mm - in Tateinheit mit Führen des Revolvers Astra ohne Waffenschein - §§ 53 Abs. 3 Nr. 1 a und b WaffG, 52 StGB - zu Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,- DM verurteilt und die beiden Schußwaffen eingezogen. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht ... am 1.9.1977 das amtsgerichtliche Urteil geändert, den Angeklagten wegen fahrlässigen Führens des Revolvers Astra ohne Waffenschein - § 53 Abs. 3 Nr. 1 b und Abs. 4 WaffG - zu Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15,- DM verurteilt und die Schußwaffe eingezogen. Der Angeklagte hat hiergegen Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

2

Die Revision ist zulässig. Sie führt lediglich zu den aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Änderungen des Schuldanspruchs und bleibt im übrigen ohne Erfolg.

3

I.

Der Senat hatte im Rahmen der von Amts wegen zu beachtenden Prozeßvoraussetzungen vorab zu prüfen, ob die Strafklage durch den Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 19.11.1976 - Ca 273/76 - gegen den Angeklagten, der ihm am 23.11.1976 zugestellt worden und seit dem 1.12.1976 rechtskräftig ist, nach Art. 103 Abs. 3 GG verbraucht worden ist. Durch den Strafbefehl ist der Angeklagte dafür bestraft worden, daß er am 31.8.1976 vor einer Gaststätte mit einer Pistole Derringer 6 mm, für die er keine Waffenbesitzkarte und keinen Waffenschein hatte, andere mit der Begebung eines Verbrechens bedrohte. Dies ist in dem Strafbefehl als Ausüben der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe ohne Waffenbesitzkarte, Führen der Schußwaffe ohne Waffenschein und Bedrohung in Tateinheit - §§ 53 Abs. 3 Nr. 1 a und b WaffG, 241, 52 StGB - gewertet worden. In jenem Strafverfahren hätte die strafrechtlich relevante Verhaltensweise des Angeklagten, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist und sich auf den Zeitraum vom 1.7. bis 12.11.1976 erstreckt, mit abgeurteilt worden können. Die Strafklage ist durch den Strafbefehl vom 19.11.1976 jedoch nicht verbraucht worden, wie sich aus folgendem ergibt: Die Strafklage wäre verbraucht, wenn die strafrechtlich bedeutsamen Geschehnisse des durch den Strafbefehl vom 19.11.1976 rechtskräftig abgeschlossen und das vorliegende Strafverfahren eine Tat im prozessualen Sinn - § 264 Abs. 1 StPO - darstellen würden. Eine solche sog. Tatidentität ist gegeben, wenn mehrere Beschuldigungen durch einen engen sachlichen Zusammenhang derartig innerlich miteinander verknüpft sind, daß ihre getrennte Aburteilung in verschiedenen erstinstanzlichen Verfahren als eine unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorganges empfunden werden müßte. Die innere Verknüpfung der mehreren Beschuldigungen muß sich unmittelbar aus den ihnen zugrunde liegenden Handlungen und Ereignissen unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung ergeben. Ein Gesamtplan des Täters, der die mehreren Beschuldigungen umfaßt, und Umstände, die lediglich dem besseren Verständnis einer Beschuldigung oder zum Nachweis der Täterschaft bei anderen Taten dienen, können eine solche innere Verknüpfung nicht herstellen (vgl. BGHSt 13, 21 [26] [BGH 24.02.1959 - 1 StR 29/59], 23, [145]; 24, 185 [187]). Ein derartiger enger und unmittelbarer sachlicher Zusammenhang besteht zwischen den zu betrachtenden Vorgängen des rechtskräftig abgeschlossenen und des vorliegenden Strafverfahrens nicht. Das ergibt sich aus folgendem:

4

Den beiden Strafbestimmungen in § 53 Abs. 3 Nr. 1 a und b WaffG ist gemeinsam die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe, wie sich unter Heranziehung der Legaldefinition des Begriffs des Waffenführens in § 4 Abs. 4 WaffG ergibt. Denn danach führt eine Waffe im Sinne des Waffengesetzes, wer die tatsächliche Gewalt über sie außerhalb seiner Wohnung, Geschäftsräume oder seines befriedeten Besitztums ausübt. Die Abgrenzung zwischen beiden Strafbeständen liegt somit allein in dem tatsächlichen Merkmal, ob die tatsächliche Gewalt über die Schußwaffe innerhalb - § 53 Abs. 3 Nr. 1 a WaffG - oder außerhalb - § 53 Abs. 3 Nr. 1 b WaffG - der Wohnung, Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums des Täters von diesem unerlaubt ausgeübt wird. Beide Strafgesetze haben hiernach denselben Tatbestand zur Grundlage und unterscheiden sich nur dadurch, daß das Tatbestandsmerkmal des Tatortes in § 53 Abs. 3 Nr. 1 b WaffG enger begrenzt wird. Sachlich-rechtlich ist daher zwischen beiden Gesetzen Gesetzeseinheit, nämlich Spezialität gegeben. Übt der täter unerlaubt die tatsächliche Gewalt über eine Schußwaffe außerhalb seiner Wohnung, Geschäftsräume oder seines befriedeten Besitztums aus, so wird das umfassendere Strafgesetz des unerlaubten Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe - § 53 Abs. 3 Nr. 1 a WaffG - durch das spezielle Strafgesetz des unerlaubten Führens einer Schußwaffe - § 53 Abs. 3 Nr. 1 b WaffG - verdrängt (vgl. hierzu R[xxxxx]t 60, 117, [122]; Schönke-Schröder, 19. Aufl. 1977, Rdn. 110 Vbm. zu §§ 52 ff StGB).

5

Wird bei natürlicher Betrachtungsweise gewürdigt, ob mehrere Tathandlungen des Führens von Schußwaffen ohne Waffenschein dadurch zu einer einheitlichen und nicht aufspaltbaren Lebensvorgang im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO verbunden werden, daß der Täter im gleichen Zeitraum in seiner Wohnung, seinen Geschäftsräumen oder seinem befriedeten Besitztum die tatsächliche Gewalt über Schußwaffen ohne Waffenbesitzkarte ausübt, so muß diese Frage verneint werden. Verläßt ein Täter, der keinen Waffenschein und keine Waffenbesitzkarte hat, mit einer Schußwaffe seine Wohnung, Geschäftsräume oder sein befriedetes Besitztum - § 53 Abs. 3 Nr. 1 b WaffG - und läßt er dabei in diesen Örtlichkeiten weitere Schußwaffen zurück - § 53 Abs. 3 Nr. 1 a WaffG -, so erscheint das Führen der Schußwaffe ohne Waffenschein als ein selbständiger und getrennt aburteilbarer Lebensvorgang. Der bloße unerlaubte Besitz von Schußwaffen kann mehrere Fälle des unerlaubten Führens von Schußwaffen nicht zu einer Einheit im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO verbinden, da aufgrund der Spezialität § 53 Abs. 3 Nr. 1 a WaffG hinter § 53 Abs. 3 Nr. 1 b WaffG zurücktritt.

6

II.

Sie Sachrüge hat nur die aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Änderungen des angefochtenen Urteils zur Folge und dringt im übrigen nicht durch.

7

1.)

Der Schuldanspruch des Strafkammerurteils hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Er wird von den Feststellungen getragen (UA S. 2 ff). Diese enthalten keine Widersprüche und verstoßen weder gegen die Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze. Sie sind deshalb revisionsrechtlich bindend.

8

Zutreffend hat die Strafkammer ein § 53 Abs. 3 Nr. 1 b WaffG unterfallendes Führen einer Schußwaffe darin erblickt, daß der Angeklagte am 2.11.1976 mit einem PKW, in dessen unverschlossenes Handschuhfach er seinen Revolver Astra gelegt hatte, von seiner Wohnung nach Hannover fuhr, um die Waffe dort zu verkaufen (UA S. 3 ff). Eine Ausnahme von der Waffenscheinspflicht nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 c WaffG hat die Strafkammer ohne Rechtsirrtum bereits deshalb nicht für gegeben erachtet, weil der Revolver während der Kraftwagenfahrt zugriffsbereit war (UA S. 3, 5). Zugriffsbereit im Sinne des § 35 Abs. 4 Nr. 2 c WaffG ist eine Schußwaffe anerkanntermaßen dann, wenn sie mit wenigen schnellen Handgriffen in Anschlag gebracht werden kann. Dieses Merkmal ist erfüllt, wenn die Schußwaffe in einem Halfter oder einer Tasche, wie sie bei Polizei oder Militär gebräuchlich ist, getragen oder in dem nicht verschlossenen Handschuhfach eines Kraftwagens mitgeführt wird (vgl. Potrykus in Erbe, Strafrechtliche Nebengesetze, Anm. zu § 35 Abs. 4 Nr. 2 c WaffG; Apel, Waffenrecht, 2. Aufl. 1977, Anm. 6 d zu § 35 WaffG). Für diese Beurteilung ist es entgegen der Ansicht der Revision ohne Bedeutung, ob das Handschuhfach abschließbar ist oder nicht. Kann es nicht abgeschlossen werden, so darf darin eben keine Schußwaffe befördert werden, wenn der Straftatbestand des § 53 Abs. 3 Nr. 1 b WaffG nicht verwirklicht werden soll. Es stellt den rechtlichen Bestand des Strafkammerurteils auch nicht in Frage, das die Strafkammer keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob der Revolver während der Kraftwagenfahrt in dem unverschlossenen Handschuhfach schußbereit war. Wie der Senat schon in seinem Urteil vom 24.3.1975 - Sa 27/76 - entschieden hat, tritt bei einer Schußwaffenbeförderung eine Befreiung von der Waffenscheinpflicht nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 c WaffG nur dann ein, wenn

  1. a)

    es sich lediglich um eine Beförderung zwischen Orten handelt, an denen die Schuwaffe ohne Waffenschein geführt werden darf, und

  2. b)

    die Schußwaffe bei der Beförderung nicht schußbereit und nicht zugriffbereit ist.

9

Sollte Potrykus seine Kommentierung zu § 35 Abs. 4 Nr. 2 c WaffG: "... Wer dagegen eine Pistole ohne Magazin und ohne Munition von einem Ort an einen anderen verbringt, erfüllt die Voraussetzungen von Buchstabe c. ...", dahin verstanden wissen, daß bei einem Schußwaffentransport im Sinne des § 35 Abs. 4 Nr. 2 b WaffG die Waffenscheinpflicht zufolge Nr. 2 c dieser Vorschrift bereits dann entfällt, wenn die Schußwaffe entweder nicht schußbereit oder nicht zugriffbereit ist, so könnte der Senat des angesichts des klaren und eindeutigen und deshalb nicht auslegungsfähigen Wortlauts des Gesetzes nicht folgen. Daß der Angeklagte im vorliegenden Fall zum Transport des Revolvers Astra nach ... einen Waffenschein benötigte, hat die Strafkammer aber nicht nur mit der Zugriffsbereitschaft der Schußwaffe während des Transportes begründet. Sie hat nach dem Zusammenhang der Urteilsdarlegung vielmehr weiterhin ausgeschlossen, daß der Angeklagte den Revolver, den er sich "schwarz" besorgt hatte, an einen Ort in ... zum Verkauf bringen wollte, an dem er ihn nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 b WaffG ohne Waffenschein führen durfte (UA S. 2, 3 ff).

10

Rechtlich bedenkensfrei hat die Strafkammer auch darin einen Teil des Dauerdelikts des Führens einer Schußwaffe ohne Waffenschein gesehen, daß der Angeklagte am 2.11.1976, als er den fahruntüchtig gewordenen PKW auf dem Gelände der Firma ... in ... abstellte, den Revolver im Handschuhfach in einem Autoatlas versteckte und in dem verschlossenen PKW zurückließ. Dies enthält die Feststellung, daß die Vertretungsberechtigten der Firma ... nicht wußten, daß sich in dem auf ihrem Gelände abgestellten PKW ein Revolver befand (UA S. 3, 5 ff). Das bedeutet nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 b WaffG, daß der Angeklagte den Revolver auf dem Firmengelände nicht führen durfte. Dadurch, daß der Angeklagte den Revolver unter den festgestellten Umständen in dem untergestellten PKW zurückließ, hat er die Schußwaffe weiterhin geführt, d.h. nach § 4 Abs. 4 WaffG, die tatsächliche Gewalt über sie ausgeübt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der den Merkmalen des Erwerbens, des Führens und des Überlassens einer Waffe durch § 4 WaffG zugrunde gelegte Begriff der tatsächlichen Gewalt ist nicht gesetzlich bestimmt. Nach der Rechtsprechung sind zur Begriffserläuterung jedenfalls die Rechtsgrundsätze heranzuziehen, die in §§ 854 Abs. 1, 856 Abs. 1 BGB für den Besitz aufgestellt worden sind (vgl. BGBSt 26, 12 [16 ff]; BGH MDR 1977, 513; BayObLG NJW 1977, 1737; OLG Stuttgart OLGSt Bl 1 zu § 4 WaffG). Danach wird der Besitz durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben. Der Besitz endigt dadurch, daß der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte dadurch, daß er am 2.11.1976 den Revolver in dem bei der Firma ... abgestellten PKW zurückließ, die tatsächliche Gewalt über die Schußwaffe nicht aufgegeben (UA S. 3, 5 ff). Aufgabe der tatsächlichen Gewalt erfordert ein darauf äußerlich erkennbar gerichtetes Verhalten und den Aufgabewillen des Besitzers (vgl. Palandt, 3[xxxxx] Aufl. 1977, Anm. 2 zu § 856 BGB m.w. Nachw.). An beiden Voraussetzungen ermangelt es hier. Der Angeklagte hat vielmehr dadurch, daß er den Revolver im Handschuhfach in einem Autoatlas versteckte, den PKW abschloß und die Vertretungsberechtigten der Firma ... vom Vorhandensein der Schußwaffe in dem untergestellten PKW nicht unterrichtete, den Fortbestand seines Herrschaftswillens dokumentiert und seine Herrschaftsmöglichkeit gesichert (UA S. 3, 5 ff). Zudem hatten die Vertretungsberechtigten der Firma ... nicht den Willen, die tatsächliche Gewalt über den Revolver zu erlangen, da sie von dessen Vorhandensein in dem bei ihnen untergestellten PKW nichts wußten. Deshalb fehlte ihnen der spezielle Besitzwille. Ihr genereller Besitzwille bei Entgegennahme des PKW erstreckte sich nach dem Urteilszusammenhang nur auf solche Sachen, die sich üblicherweise in einem untergestellten PKW befinden, nicht hingegen auf Sachen, die mit der Führung eines Kraftfahrzeuges in keinem Zusammenhang stehen (UA S. 3, 5 ff). Ihre ihnen unbewußte Möglichkeit, auf den Revolver einzuwirken, genügt zum Erwerb der tatsächlichen Gewalt nicht (vgl. OLG Stuttgart OLGSt Bl 1 zu § 4 WaffG). Die tatsächliche Gewalt des Angeklagten über den Revolver hat erst geendigt, als dieser gestohlen wurde. Dies bemerkte der Angeklagte am 12.11.1976 (UA S. 6).

11

Zur inneren Tatseite hat die Strafkammer zumindest Fahrlässigkeit des Angeklagten angenommen. Sie ist dabei zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, daß er sein Gewissen nicht genügend geprüft habe, ob er zum Transport der Schußwaffe nach ... zum Verkauf und zu ihrer Aufbewahrung in dem verschlossenen untergestellten PKW einen Waffenschein benötige (UA S. 5). Ein - vermeidbarer - Verbotsirrtum nach § 17 StGB, den die Strafkammer nach ihren Urteilswendungen für gegeben erachtet hat, schließt jedoch den Vorsatz nicht aus (vgl. BVerfG NJW 1976, 413; BGHSt 2, 1975 und [205]). Die Merkmale des Vorsatzes sind von der Strafkammer festgestellt worden (UA S. 5). Der Senat konnte daher den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin berichtigen, daß dem Angeklagten Vorsatz zur Last fällt.

12

2.)

Der Strafausspruch des angefochtenen Urteils läßt keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler erkennen (UA S. 5 ff). Die Schuldspruchberichtigung auf Vorsatz macht keine Aufhebung und Zurückverweisung in Strafausspruch erforderlich. Der Angeklagte ist dadurch, daß die Strafe dem gegenüber §§ 53 Abs. 3 WaffG, 17 S. 2, 43 Abs. 1 Nr. 2 StGB milderen Strafrahmen des § 53 Abs. 3 und 4 WaffG entnommen worden ist, nicht beschwert. Die Zumessungserwägung der Strafkammer, erschwerend sei zu werten, daß der Angeklagte aus der vorangegangenen Strafverfahren wegen der Waffe Derringer nicht gelernt habe, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (UA S. 6). Die Strafkammer hat damit lediglich berücksichtigt, daß der Angeklagte nach seiner eigenen Einlassung durch seine Anhörung im Verfahren Cs 273/76 des Amtsgerichts ... vor Begehung der Dauerstraftat des vorliegenden Verfahrens erfahren hatte, daß das Führen von Schußwaffen ohne Waffenschein verboten ist (UA S. 5).

13

3.)

Vom Vorwurf, ohne Waffenbesitzkarte die tatsächliche Gewalt über die - im Wege der Erbfolge erlangte und daher nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 WaffG nicht waffenbesitzkartenpflichtige - Pistole Walter 9 mm Parabellum ohne Waffenbesitzkarte ausgeübt zu haben, den die Strafkammer - aus anderen Gründen - für unberechtigt gehalten hat, mußte der Angeklagte in Abänderung des Schuldspruchs des Strafkammerurteils ausdrücklich freigesprochen werden. Denn die Annahme in dem vom Amtsgericht ... am 7.4.1977 erlassenen Strafbefehl, es bestehe Tateinheit mit dem Führen des Revolvers Astra ohne Waffenschein, ist nach den Urteilsdarlegungen zu I. von vornherein verfehlt (UA S. 2 ff; vgl. BayObLG NJW 1960, 2014 m.w.Nachw.).

14

Danach mußte der Senat in der geschehenen Weise entscheiden. Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen in den beiden ersten Instanzen folgt aus §§ 465 Abs. 1, 467 Abs. 1 StPO. Die Kosten des Revisionsverfahrens muß der Angeklagte nach § 473 Abs. 1 StPO tragen, da sein Rechtsmittel im Ergebnis ohne Erfolg geblieben ist.