Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 05.02.2015, Az.: 6 B 13190/14
Abschiebung; Ungarn; Rechtsschutz; Rücküberstellung; systemische Mängel
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 05.02.2015
- Aktenzeichen
- 6 B 13190/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 44987
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 27a AsylVfG
- § 34a AsylVfG
- Art 3 Abs 2 EUV 604/2013
- Art 18 EUV 604/2013
- Art 3 MRK
- Art 4 EUGrdRCh
- § 80 Abs 5 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Angesichts der vielfach geäußerten ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Rücküberstellungen nach Ungarn ist es im Rahmen der Abwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und im Hauptsacheverfahren den entscheidenden Tatsachenfragen zur gegenwärtigen Rechts- und Aufnahmepraxis in Ungarn nachzugehen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge am D. 1987 in Mosul (Provinz Ninive, Irak) geboren und irakischer Staatsangehöriger mit arabischer Volkszugehörigkeit. Er stellte am 27. Oktober 2014 bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) in Friedland einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter. Bei der dabei durchgeführten Befragung gab der Antragsteller an, dass er den Irak am 29. oder 30. Juli 2014 legal mit dem Bus verlassen habe. Von der Türkei sei er auf dem Seeweg nach Griechenland gekommen und von dort auf dem Landweg über Mazedonien, Kosovo und Serbien nach Ungarn gelangt. Dort habe ihn die Polizei aufgegriffen und drei Tage lang in Haft festgehalten. Von dort sei er im PKW nach Deutschland gelangt, wo er am 4. Oktober 2014 angekommen sei. Auf Befragen gab er ferner an, dass man ihm in Ungarn Fingerabdrücke abgenommen und ihn unmenschlich behandelt habe.
Im Anschluss an die Asylantragstellung stellte das Bundesamt aufgrund eines Abgleichs der Fingerabdruckdaten in der EURODAC-Datenbank einen Eintrag des Antragstellers durch ungarische Behörden fest. Auf das entsprechende Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin teilte das ungarische Büro für Einwanderung und Staatsangehörigkeit (OIN) dem Bundesamt am 10. November 2014 unter Anerkennung der nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 (Dublin III VO) begründeten Zuständigkeit mit, dass Ungarn den dort als den syrischen Staatsangehörigen E. F. erfassten Antragsteller wiederaufnehmen werde.
Das Bundesamt stellte daraufhin mit Bescheid vom 12. November 2014 die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) fest, weil Ungarn gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) der Dublin III VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Zugleich ordnete das Bundesamt die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn an.
Der Antragsteller hat am 24. November 2014 im Verfahren 6 A 13189/14 Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes erhoben. Mit dem im vorliegenden Verfahren zeitgleich gestellten Antrag beansprucht er vorläufigen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehung der Abschiebungsanordnung. Zur Antragsbegründung vertritt der Antragsteller die Auffassung, die Antragsgegnerin habe das Asylverfahren fortzusetzen, weil das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn an systemischen Schwachstellen litten, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung mit sich brächten. Insoweit nimmt der Antragsteller auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 23. September 2014 Bezug. Er trägt vor, dass auch er eine unmenschliche Behandlung durch die ungarische Polizei erlitten habe. Bei seiner Entdeckung durch die Polizei seien Hunde auf ihn gehetzt worden. Man habe ihn in Handschellen zur Polizeiwache gebracht und dort fünf Stunden warten lassen. Nachdem er zu einer anderen Wache gebracht worden sei, habe er aus Angst, in Ungarn bleiben zu müssen, falsche Angaben zur Person gemacht. Auf der Wache habe man ihm alle Kleidungsstücke und seine persönliche Habe abgenommen und ihn nackt durchsucht. Dann habe er sich ein kleines, kaltes und sehr dreckiges Zimmer mit 70 weiteren Flüchtlingen teilen müssen. Es habe nichts zu essen und nur Wasser aus der Toilette gegeben. Sein eigenes, in einer Tasche mitgebrachtes Essen habe ein Polizist gegessen. Die Fingerabdrücke habe man ihm abgenommen, ohne ihm den Zweck zu erklären. Nach zwei Tagen habe man ihn unter Rückgabe seiner Habe entlassen und in ein Lager geschickt.
Der Antragsteller beantragt,
ihm unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. November 2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (C.) verwiesen.
II.
Dem Antragsteller ist gemäß § 114 Satz 1 ZPO (in Verbindung mit § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen, denn er erfüllt die persönlichen und wirtschaftlichen Hilfevoraussetzungen und der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bietet aus den nachfolgenden Gründen hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der nach den §§ 80 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 3 VwGO, 75 Satz 1 und 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG zulässige Rechtsschutzantrag ist begründet.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ordnet das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 4 AsylVfG die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die vom Bundesamt nach § 34a Abs. 1 AsylVfG verfügte Abschiebungsanordnung an, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts bestehen. Das ist vorliegend der Fall. Nach dem gegenwärtigen Sachstand (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn. Sie erfordern eine eingehendere Prüfung der Sach- und Rechtslage nach Auswertung zusätzlicher Erkenntnisquellen im Hauptsacheverfahren. Unter diesen Voraussetzungen geht das Interesse des Antragstellers, vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vom Vollzug der Abschiebung verschont zu bleiben, dem öffentlichen Vollzugsinteresse vor.
Zunächst geht die Antragsgegnerin im Bescheid vom 12. November 2014 zutreffend davon aus, dass der am 27. Oktober 2014 bei dem Bundesamt gestellte Asylantrag des Antragstellers gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig sein kann, weil der Antragsteller sein Asylbegehren erstmalig in Ungarn gestellt hat und Ungarn deshalb auf Grund der generellen Regelung in Art. 13 Abs. 1 und 18 Abs. 2 Buchst. b) der Verordnung (EU) Nr. 605/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 - Dublin III VO - (ABl. EU L 180/31) für die Prüfung des dort erstmalig gestellten Asylbegehrens sachlich zuständig wäre. Das gilt allerdings nicht, wenn der besondere Tatbestand des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III VO erfüllt ist. Danach hat die Antragsgegnerin das Verfahren zu Prüfung eines nach Maßgabe der in Kapitel III der Verordnung vorgesehenen Kriterien zuständigen (anderen) Mitgliedstaats fortzusetzen, wenn es sich als unmöglich erweist, den Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta (GR-Charta) mit sich bringen. Wenn die weitere Prüfung in diesem Fall nicht die Feststellung eines anderen Mitgliedstaates ergibt, wird der die Zuständigkeit prüfende Staat der zuständige Staat. Das wäre im vorliegenden Fall die Bundesrepublik Deutschland.
Die Regelung des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III VO ist als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot zu verstehen. Sie schließt damit die rechtliche Möglichkeit einer auf § 34a Abs. 1 AsylVfG gestützten Abschiebung in den Staat, in welchem Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen systemische Schwachstellen aufweisen, aus. Allerdings kann der Asylbewerber gegen seine Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nur den generell geltenden Einwand systemischer Mängel erheben. Es kommt nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob der Antragsteller diese bereits selbst erlitten hat (BVerwG, Beschl. vom 06.06.2014 - 10 B 35/14 -, NVwZ 2014 S. 1677 ff.).
Die Frage, ob gegenwärtig systemische Mängel in Bezug auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Ungarn anzunehmen sind, ist in der Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichte umstritten. Eine Vielzahl von Gerichten nimmt ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit von auf § 34a Abs. 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnungen an, weil sie auf der Grundlage der greifbaren Erkenntnismittel deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen von systemischen Schwachstellen entweder des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Ungarn und damit im Zusammenhang die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta (GR-Charta) sehen (so z. B. VG Hannover, Beschl. vom 09.01.2015 - 15 B 39/15 - und vom 15.01.2015 - 10 B 13640/14 -; VG Berlin, Beschl. vom 15.01.2015 - 23 L 899.14 A -; VG Köln, Beschl. vom 19.12.2014 - 20 L 2345/14.A -;VG Magdeburg, Beschl. vom 11.12. 2014 - 9 B 449/14 -, juris; VG München, Beschl. vom 31.10.2014 - M 16 S 14.50535 -; VG Kassel, Beschluss vom 04.08.2014 - 5 L 1304/14.KS.A -, juris.
In dieser Situation gebietet es die für die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und mit den Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung im Hauptsacheverfahren den entscheidenden Tatsachenfragen zur gegenwärtigen Rechts- und Aufnahmepraxis in Ungarn nachzugehen (ebenso: Sächsisches OVG, Beschluss vom 24.07.2014 - A 1 B 131/14 -; juris). Die teilweise noch nicht aufgeklärten Tatsachenfragen zur generellen Praxis der in Ungarn vorgeschriebenen Asylhaft lassen sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht mit ausreichender Sicherheit abschließend beantworten.
Zwar kann mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - EGMR - (Urt. vom 03.07.2014, - Bsw 71932/12 - Mohammadi gegen Österreich; zitiert nach: Österreichisches Bundeskanzleramt - Rechtsinformationssystem, Langtext) davon ausgegangen werden, dass Asylantragsteller bei einer Überstellung nach Ungarn dort entweder ihr Asylbegehren fortsetzen können oder jedenfalls die Möglichkeit haben, einen Folgeantrag zu stellen (s. hierzu: Hungarian Helsinki Committee - HHC -, vom 29.05.2014 "Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary"), was auch für Personen wie den Antragsteller gelten dürfte, dessen Asylverfahren nach der Mitteilung des OIN aufgrund seines Verschwindens (aus Ungarn) am 28. Oktober 2014 beendet worden ist. Dass aber die weiteren in Ungarn vollzogenen Rechtsänderungen in Bezug auf die "Asylhaft" in Ungarn nunmehr die Annahme systemischer Mängel im Aufnahmeverfahren entkräften könnten, lässt sich nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen.
Nachdem der UNHCR zunächst in seinem Bericht "Ungarn als Asylland" vom April 2012 festgestellt hatte, dass die in Ungarn vorhandenen Aufnahmebedingungen und Dienstleistungen weiterhin nicht den internationalen und EU-Standards betreffend die Aufnahme von Asylsuchenden entsprachen (s. 13 ff. des Berichts), ferner die häufige Inhaftierung von Asylsuchende in Ungarn den Zugang zum Flüchtlingsschutz im Einklang mit internationalen und EU-Standards erschwerte und sich der Zugang zum Anerkennungsverfahren für Personen, die im Rahmen von Dublin-II-Überstellungen nach Ungarn zurückgebracht wurden, als problematisch erwies, haben sich für den betroffenen Personenkreis zwar einige Verbesserungen in rechtlicher Hinsicht ergeben. So wurde im Jahr 2013 die viel kritisierte Haftpraxis beendet und neue, speziell auf Asylbewerber bezogene Haftgründe eingeführt. Zwar ist die sog. Asylhaft rechtlich nicht mehr mit der Internierungshaft identisch. Dennoch sind die Auswirkungen als auch die systemischen Mängel der beiden Haftarten sehr ähnlich (Hungarian Helsinki Committee - HHC - vom 29.05.2014 "Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary"). Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes ist die Asylhaft seit dem 1. Juli 2013 in 3.137 Fällen angeordnet worden, wobei anzunehmen ist, dass diese Erkenntnisse auf offiziellen Mitteilungen des OIN beruhen. Tatsächlich bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Asylhaft nicht ausnahmsweise, sondern in einer Vielzahl von Fällen und systematisch verhängt wird. Nach den aktuellen Erkenntnissen des HCC (a. a. O.) soll dies Anfang April 2014 in 42% der erwachsenen männlichen Erstantragsteller der Fall gewesen sein, eine deutliche Steigerung gegenüber dem Monat März 2014 (34 %), was vom HCC als alarmierendes Zeichen angesehen wird. Bei der Anordnung der Asylhaft durch das OIN wird gewöhnlich schematisch ohne Berücksichtigung individueller Besonderheiten bei den betroffenen Personen entschieden (HCC, a. a. O.). Ob und in welcher Zahl die 987 Antragsteller, die im Wege der Wiederaufnahme nach der Dublin III VO nach Ungarn zurückgelangten) von der Asylhaft betroffen waren, ist nicht bekannt, weil hierüber in Ungarn keine Statistik geführt wird (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 19.11.2014 an das VG Düsseldorf; UNHCR, Auskunft vom 09.05.2014 an das VG Düsseldorf).
Allerdings ist in tatsächlicher Hinsicht zu vermuten, dass auch "Dublin III-Rückkehrer" in zahlreichen Fällen inhaftiert werden (EGMR, Urt. vom 03.07.2014, a. a. O.), denn die Tatbestände der bis zu sechs Monate zulässigen Haft sind ungewöhnlich offen gehalten. So reichen zum Beispiel die Notwendigkeit einer Identitäts- oder Staatsangehörigkeitsfeststellung, das sich der Feststellung Entziehen oder das "anderweitige Behindern" des Asylverfahrens sowie der Versuch, dieses zu verzögern oder zu vereiteln aus, um einen Haftgrund anzunehmen (Auswärtiges Amt, a. a. O.). Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass "Dublin III-Rückkehrer", wenn sie als Folgeantragsteller behandelt werden, in Einwanderungshaft genommen werden (UNHCR, Auskunft vom 09.05.2014 an das VG Düsseldorf).
Die Haftbedingungen werden von dem UNHCR in Bezug auf die menschliche Behandlung (Art. 4 Gr-Charta) der Asylsuchenden weiterhin als kritisch betrachtet. So folgt aus dessen Auskunft an das VG Düsseldorf vom 9. Mai 2014, dass es Mängel in der medizinischen Versorgung und ärztlichen Betreuung gebe und dass teilweise der hygienische Mindeststandard nicht gewährleistet sei. Asylbewerber würden systematisch wie Angeklagte in Strafverfahren zu Terminen außerhalb der Einrichtung gefesselt und in Handschellen aus- und vorgeführt. Trotz Verbesserungen, insbesondere bei der Einwanderungshaft, sei die grobe Behandlung der Inhaftierten durch das Wachpersonal weiterhin problematisch, Missbrauch und Quälereien von Asylsuchenden seien nicht ungewöhnlich. Der Nährwert der Mahlzeiten werde nicht kontrolliert, die meisten Inhaftierten beklagten sich über Hunger und Gewichtsverlust.
Effektive Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Anordnung der Asylhaft bestehen nicht (EGMR, a. a. O.). Ein Rechtsbehelf steht nicht zur Verfügung, vielmehr kann gegen die Entscheidung nur eine Gegenvorstellung erhoben werden, wobei das Gesetz nichts zu ihrem Zeitrahmen oder Adressaten hergibt (UNHCR, Auskunft vom 09.05.2014 an das VG Düsseldorf). Dennoch zieht der EGMR den Schluss, dass die Behandlung von Asylsuchenden in Ungarn nicht gegen Art. 3 EMRK verstößt. Er stützt dies allerdings allein darauf, dass das ungarische Recht jetzt Alternativen zur früheren Praxis der flächendeckenden Inhaftierung von Asylsuchenden vorsieht, dass die maximale Haftdauer nun auf sechs Monate begrenzt ist, dass bei den Haftbedingungen Verbesserungen stattgefunden zu haben scheinen und dass der UNHCR bisher nicht die Position vertreten hat, dass von der Übermittlung von Asylsuchenden nach Ungarn Dublin III-VO abgesehen werden muss. Die mit dieser Begründung versehene Schlussfolgerung ist für das Verwaltungsgericht nach den zitierten neueren Erkenntnissen des UNHCR nicht ohne weiteres nachvollziehbar; sie kann daher die Zweifel an der Einhaltung des Art. 4 Gr-Charta für Asylsuchende in Ungarn im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz nicht ausräumen.