Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.08.2023, Az.: 4 St 1/23

Verurteilung des Angeklagten mit pakistanischer Staatsangehörigkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.08.2023
Aktenzeichen
4 St 1/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 53439
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Redaktioneller Leitsatz

Der "Islamische Staat" (IS) stellt eine auf die Begehung von Mord, Totschlag und Kriegsverbrechen gerichtete terroristische Vereinigung im Ausland i.S.d. §§ 129a, 129b StGB dar. Ziel der Vereinigung ist spätestens die Errichtung eines "Gottesstaates" unter Geltung der Scharia im Gebiet des heutigen Irak und der historischen Region "ash-Sham", der heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina, durch die gewaltsame Beseitigung der bestehenden staatlichen Strukturen. Die Tötung Andersgläubiger und Gegner ist hierbei eine Strategieform des IS. Werden die Tathandlungen der Angeklagten in der BRD verübt, ist nach § 3 StGB i.V.m. § 129b Abs. 1 S. 2 StGB deutsches Strafrecht anzuwenden.

In der Strafsache
gegen 1. A. N.,
geboren am ...,
zuletzt wohnhaft: ...,
zurzeit in der JVA C.,
2. M. A. S.,
geboren am ...,
zuletzt wohnhaft: ...
zurzeit in der JVA S.,
wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a.
hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle aufgrund der vom 23. März 2023 bis zum 23. August 2023 dauernden Hauptverhandlung, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht XXX
- als Vorsitzender -
Richter am Oberlandesgericht XXX
Richter am Oberlandesgericht XXX
Richter am Oberlandesgericht XXX
Richterin am Oberlandesgericht XXX
- als beisitzende Richter -
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof XXX
Richter am Amtsgericht XXX
Richter am Landgericht XXX
- als Vertreter des Generalbundesanwalts -
Rechtsanwalt Dr. E. aus B.
Rechtsanwalt A. aus F.
- als Verteidiger des Angeklagten N. -
Rechtsanwalt K. aus C.
Rechtsanwalt N. aus H.
- als Verteidiger des Angeklagten A. S. -
Justizobersekretärin XXX
Justizsekretärin XXX
Justizsekretärin XXX
- als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle -
am 23. August 2023 für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte A. N. wird wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland und wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von

sechs Jahren

verurteilt.

Der Angeklagte M. A. S. wird wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von

vier Jahren

verurteilt.

Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Dem Urteil liegt keine Verständigung nach § 257c StPO zugrunde.

A. Feststellungen

I. Persönliche Verhältnisse der Angeklagten

1. Der Angeklagte N.

Der Angeklagte N. schloss in Pakistan ein Maschinenbaustudium erfolgreich ab und arbeitete bis März 1987 als technischer Zeichner und Maschinenbauingenieur in L. Im April 1987 reiste er nach Deutschland aus, wo er zunächst ein Sprachkolleg besuchte, um die deutsche Sprache zu lernen. Er arbeitete im Anschluss zunächst als Montage- und Hilfsarbeiter in W. und später als Maschinenkonstrukteur u.a. für J. D. in M. Ab 1994 war er für verschiedene Leiharbeitsfirmen tätig und nahm ein Studium der Nachrichtentechnik auf, das er allerdings nicht abschloss. 2001 fand er eine Stelle als technischer Zeichner. Parallel dazu handelte er ab 2002 als Selbstständiger mit Halbedelsteinen, die er aus Pakistan importierte. Zudem war er in zwei Moscheen in K. als Vorbeter aktiv und erteilte auch Koranunterricht.

Nur ein gutes halbes Jahr nach der Einreise in Deutschland heiratete er im November 1987 K. K., die ihren Anfang 1987 geborenen Sohn Y. mit in die Ehe brachte und 1989 zum islamischen Glauben konvertierte. Aus der Ehe gingen die gemeinsamen Kinder A. (geboren 1993), I. M. (geboren 1996) und S. L. (geboren 2004) hervor. 1992 erhielt der Angeklagte die deutsche Staatsangehörigkeit. Zeitweilig lebte die Familie auch in Pakistan.

Der Angeklagte N. ist sunnitischer Muslim. Er vertritt eine radikale wahhabitisch-salafistische Glaubensauslegung. Schon in seiner Jugend- und Studienzeit in Pakistan war er Mitglied der Jugendorganisation der "Jamaat-e-Islami", einer in Pakistan einflussreichen religiösen Partei mit islamisch-konservativer Ausrichtung. In Deutschland suchte er Kontakt zu arabischen Muslimen in der Moschee des Islamischen Zentrums F. Überzeugt von der dortigen Ideologie gab der Angeklagte das Rauchen auf, hörte keine nichtreligiöse Musik mehr und ließ sich einen Bart wachsen. Er begriff den Jihad als allumfassenden Einsatz für die Sache Gottes in allen Lebensbereichen, einschließlich des gewaltsamen Kampfes gegen "Ungläubige". Informationen zur Auslegung des Korans und zu Inhalt und Mitteln des gewaltsamen Jihads bezog er insbesondere über schriftlich verfasste Abhandlungen und elektronische Datenträger, die er teils aus Pakistan mitbrachte. Er legte sich in den Jahren 2001-2007 einen großen Fundus an Terrorhandbüchern und Jihad-Enzyklopädien an, in denen es um detaillierte Anleitungen zur Herstellung von Sprengstoffen, die Funktionsweise, Handhabung und Konstruktion von Kriegswaffen und taktische Schulungen zur Vorbereitung und Durchführung von Attentaten etc. ging. Über islamistische Internetforen lud er zwischen September 2004 und Dezember 2006 hunderte von Videodateien mit jihadistischer Propaganda herunter. Seine Kinder erzog er streng im Glauben, damit diese gute Muslime würden und führte ihnen Gewalt- und Hinrichtungsvideos vor, damit der islamistische Funke auf sie überspringe und sie damit auch Jihadisten würden. Seinen Stiefsohn Y. schickte er im Alter von 14 Jahren in L. auf eine Koranschule mit wahhabitischer Ausrichtung und beließ ihn dort auch, als die übrige Familie nach Deutschland zurückkehrte. Die Anschläge vom 11. September 2001 kommentierte er mit Zustimmung und bejubelte auch spätere Terroranschläge islamistischer Organisationen.

Bereits 1991 hatte er sich in K./Afghanistan militärisch ausbilden lassen. Später beteiligte er sich am bewaffneten Kampf muslimischer Einheiten im Jugoslawienkrieg. Von 1999 bis 2003 sammelte der Angeklagte N. Spendengelder für die insbesondere in Pakistan aktive islamistische Terrororganisation L.-e T. und schloss sich dieser an. 2001 vermittelte er den Ausbildungslagern der Organisation zwei Rekruten. Er übernahm die Funktion des Emirs der Organisation in Europa und beschaffte für diese auch militärische Ausrüstungsgegenstände.

Als der Angeklagte 2003 erfuhr, dass die Organisation entgegen seiner Annahme Al Qaida nicht mehr unterstützte, trat er aus der Organisation aus, brach alle Kontakte zu ihren Führungskräften ab und unterwarf sich stattdessen der Befehlsstruktur von Al Qaida. Für diese sammelte er in Deutschland Spenden und beschaffte Ausrüstungsgegenstände militärischer Art, die er bei seinen regelmäßigen Pakistanreisen an dort tätige Verantwortliche der Vereinigung übergab. Zudem bemühte er sich um die Rekrutierung geeigneter Kämpfer für den Jihad. 2007 ließ er sich in der Herstellung von Sprengstoff in einem Trainingscamp im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet ausbilden. Wegen dieser Aktivitäten wurde er am 14. Februar 2008 wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland (Al Qaida) u. a. festgenommen und mit Urteil des OLG Koblenz vom 13. Juli 2009 zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

Diese Strafe verbüßte der Angeklagte bis zum 31. Juli 2015 vollständig, so dass im Anschluss Führungsaufsicht eintrat. Nach der Haftentlassung zog der Angeklagte in die Wohnung seiner Frau und der gemeinsamen Kinder in G. Teilweise war er nach der Haftentlassung erneut im Edelsteinhandel tätig, da er noch über Halbedelsteine aus der Zeit vor seiner Inhaftierung verfügte. Im Wesentlichen lebte er jedoch von Sozialleistungen.

Trotz Verurteilung und achtjähriger Haft blieb der Angeklagte N. dem islamistisch-jihadistischen Gedankengut verhaftet. Allerdings wandte sich der Angeklagte von Al Qaida ab und sympathisierte zunehmend mit der Ideologie des sog. Islamischen Staates (im Folgenden: IS), der während seiner Haftzeit erstarkt war und sich zur durchschlagskräftigsten islamistisch-jihadistischen Vereinigung entwickelt hatte. Der jihadistische Islamismus spielte auch fortan die zentrale Rolle im Leben des Angeklagten N., der anders als früher jetzt aber kaum noch Moscheen aufsuchte, sondern seine Informationen vorwiegend aus dem Internet bezog und in den sozialen Medien aktiv war. Er sah es als seine Verpflichtung als gläubiger Muslim an, sich selbst dem sog. Islamischen Staat anzuschließen oder aber wenigstens diesen von Deutschland aus zu unterstützen.

Bereits im Februar 2017 versuchte der Angeklagte N. auf dem Landweg nach Syrien zu gelangen, um sich dem IS anzuschließen. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch, weil er am 19. Februar 2017 an der ungarisch-rumänischen Grenze kontrolliert und an der Weiterreise gehindert wurde. Spätestens ab Frühjahr 2021 betrieb der Angeklagte verschiedene Telegram-Kanäle und -Gruppen mit Propaganda für den IS. In großem Umfang übersetzte er dafür arabische Verlautbarungen des IS oder über diesen in die deutsche Sprache.

Der Angeklagte trat in den letzten Jahren auch unter den Namen a.-K., A. M. und A. S. auf, wobei die Schreibweisen leicht variieren.

Strafrechtlich ist der Angeklagte nicht nur mit der bereits erwähnten Verurteilung durch das OLG Koblenz in Erscheinung getreten. Vielmehr erkannte das Amtsgericht Germersheim mit Strafbefehl vom 22. März 2021 gegen den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen auf eine Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 €, die nach zwischenzeitlicher Zahlung vollständig vollstreckt ist. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er seine Ehefrau und die gemeinsame seinerzeit 16-jährige Tochter S. L. anlässlich eines Streites über die Handynutzung jeweils ins Gesicht geschlagen hatte, so dass seine Tochter u.a. eine Nasenbeinfraktur erlitten hatte.

Der Angeklagte N. wurde in vorliegender Sache am 13. Juni 2022 aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 1. Juni 2022 festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft. Am 10. November 2022 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Haftbefehl vom 1. Juni 2022 aufgehoben und einen neuen Haftbefehl gegen den Angeklagten N. erlassen. Dieser ist aufrechterhalten worden mit Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. Februar 2023 und dieses Senats vom 28. Februar 2023.

2. Der Angeklagte A. S.

Der Angeklagte A. S. ist staatenlos mit palästinensischer Volkszugehörigkeit. Er wuchs zusammen mit seinem Zwillingsbruder A.in L./Syrien in einem überwiegend von Palästinensern bewohnten Stadtviertel auf. Nach Erlangung des Abschlusses auf einer Sekundarschule begann er eine Fachhochschulausbildung zum Arzthelfer, die er aufgrund der Flucht der Familie nach Deutschland im September 2015 abbrach. In Deutschland wurde dem Angeklagten A. S. mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 8. Dezember 2015 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ihm wurde daraufhin eine Aufenthaltserlaubnis mit Gültigkeit bis zum 1. Februar 2019 erteilt. Mit Bescheid vom 8. Januar 2019 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die dem Angeklagten A. S. zuerkannte Flüchtlingseigenschaft, versagte den subsidiären Schutzstatus und stellte ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Syriens fest. Gegen den Widerruf und die Ablehnung des Schutzstatus hat der Angeklagte A. S. Klage erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist. Seit dem 3. Juli 2019 liegt zudem ein rechtskräftiger Ausweisungsbescheid für den Angeklagten A. S. vor.

Obwohl der Angeklagte A. S. in Syrien als sunnitischer Muslim mit eher gemäßigten religiösen Vorstellungen aufgewachsen war, begann er sich in Deutschland schon bald nach seiner Einreise zu radikalisieren. Wie auch sein Zwillingsbruder A. sah er die Palästinenser, den Islam und die islamische Bevölkerung von einer weltweiten Verschwörung der westlichen Staaten, insbesondere der USA, bedroht. Diese waren aus seiner Sicht auch verantwortlich für das Leid der Muslime im Bürgerkriegsgebiet in Syrien wie auch für das Leid der Palästinenser. Vor diesem ideologischen Hintergrund und zunehmender Nutzung von IS-nahen Quellen im Internet begeisterten sich der Angeklagte und sein Zwillings-Bruder zunehmend für die Organisation "Islamischer Staat" und deren Aktionen und Ziele, weil sie glaubten, dass sich der IS als einzige Organisation für die Interessen der Muslime, insbesondere auch der Palästinenser, einsetze. Schließlich betrieb der Angeklagte A. S. von Juni 2017 an den öffentlich einsehbaren Telegram-Kanal "D. A.". In der Kanalbeschreibung war die Flagge des IS zu sehen und der Angeklagte A. S. bezeichnete sich als Unterstützer des Islamischen Staates. In diesem Kanal wurde IS-Propaganda verbreitet und u.a. ein Bild eingestellt, auf dem mit Explosionen in P.s gedroht wurde. Dieser Kanal wurde Mitte November 2017 geschlossen. Deshalb errichtete der Angeklagte Mitte November 2017 den privaten Telegram-Kanal "D.-p." sowie die beiden öffentlichen Kanäle "A." und "#A.". Diese betrieb er bis zu seiner Festnahme am 12. Dezember 2017. Auch in diese Kanäle hatte er selbst produzierte Collagen eingestellt, um Propaganda für den IS zu betreiben und Mitglieder oder Unterstützer für die Organisation zu werben. Er wurde deshalb vom Oberlandesgericht Celle am 3. Dezember 2018 wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe wurde mit Beschluss vom 6. August 2019 die Vollstreckung der Reststrafe für die Dauer von vier Jahren zur Bewährung ausgesetzt.

Während der Angeklagte A. S., der auch den Namen "A. O." oder "U." verwandte. in den ersten drei Jahren seines Aufenthalts in Deutschland von Sozialleistungen gelebt hatte, ging er nach seiner Haftentlassung am 10. August 2019 verschiedenen Erwerbstätigkeiten nach und verhielt sich nach außen hin angepasst und unauffällig. Eine Elektrikerlehre brach er nach ca. einem Jahr ab und übte in der Folgezeit Tätigkeiten für verschiedene Zeitarbeitsfirmen aus. Sowohl seinem Bewährungshelfer als auch den Mitarbeitern des "V. P. N." (VPN) vermittelte er den Eindruck, sich von radikalen jihadistischen Ideologien abgewandt und liberalen Ansichten gegenüber geöffnet zu haben. Tatsächlich bestanden die jihadistischen Überzeugungen des Angeklagten A. S. und seine bejahende Einstellung gegenüber dem IS jedoch fort. Er pflegte Kontakt zur salafistisch-islamistischen Szene S. und H., suchte weiterhin im Internet entsprechende Webseiten und Kanäle auf und knüpfte Kontakte zu Gleichgesinnten über das Internet. So kam auch ein Kontakt zu L. B. und über diesen spätestens Anfang 2021 auch zum Angeklagten N. zustande.

Strafrechtlich ist der Angeklagte A. S. außer mit der erwähnten Verurteilung durch das Oberlandesgericht Celle bislang in Deutschland nicht in Erscheinung getreten.

Der Angeklagte A. S. wurde in vorliegender Sache am 5. Oktober 2022 aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. September 2022 festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft, deren Fortdauer zuletzt mit Senatsbeschluss vom 28. Februar 2023 angeordnet worden ist.

II. Feststellungen zur Sache

1. Die Vereinigung "Islamischer Staat" (IS)

Die Vereinigung "Islamischer Staat" (arabisch: Al-Dawla al-Islamiya) ist eine jihadistische Organisation von Sunniten mit militant-fundamentalistischer islamistischer Ausrichtung, die ursprünglich die Errichtung eines auf ihrer Ideologie gründenden Gottesstaates unter der Geltung der Scharia im Gebiet des heutigen Iraks und der historischen Region "ash-Sham" - der heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - angestrebt hatte. Nachdem anfangs die Zielrichtung darauf begrenzt war, die schiitisch dominierte Regierung des Irak sowie das Regime des syrischen Präsidenten Assad zu stürzen, wurde spätestens mit Ausrufung des Kalifats am 29. Juni 2014 diese räumliche Selbstbeschränkung aufgegeben. Es wurde nunmehr ein von der Vorstellung "islamischer Herrschaft" geleiteter weltumspannender Führungs- und Herrschaftsauftrag ohne nationale Grenzen in Bezug auf das gesamte "Haus des Islam" verfolgt.

Diese Ausweitung des Macht- und Herrschaftsanspruchs war u. a. provoziert durch die militärischen Erfolge des IS, dem es im Jahr 2014 gelungen war, etwa ein Drittel des irakischen Staatsterritoriums zu besetzen sowie weite Gebiete im Norden Syriens gewaltsam zu vereinnahmen, bevor die Vereinigung seit Januar 2015 von der irakischen Armee mit Unterstützung der USA und von kurdischen Kämpfern schrittweise zurückgeschlagen wurde.

Im Oktober 2016 begann die Rückeroberung M. durch irakische Truppen, die Anfang Juni 2017 abgeschlossen war. Im Herbst 2017 wurde der IS aus seiner letzten nordirakischen Hochburg verdrängt; im Oktober 2017 befreiten von den USA unterstützte kurdische Verbände R. vom IS. Im Frühjahr 2019 verlor der IS auch die von ihm zuletzt noch kontrollierten Gebiete im Norden und Osten Syriens; als letztes fiel B.

An der Spitze der Organisation des IS stand seit 2010 als "Befehlshaber der Gläubigen" unangefochten Abu Bakr al-Baghdadi, der zunächst zum Emir der Gläubigen ernannt worden war und seit der durch ihn erfolgten Ausrufung des Kalifats im Juni 2014 der Gruppierung als Kalif vorstand. Diesem hatten nach der IS-Doktrin die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten. Nach dem Tod al-Baghdadis im Oktober 2019 wurde Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi zu dessen Nachfolger ernannt, der bei einer US-Militäraktion am 3. Februar 2022 ebenfalls ums Leben kam. Seine Nachfolge trat Abu al-Hasan al-Hashimi al-Qurashi an. Dieser wurde im Oktober 2022 getötet und Abu al-Husain al-Hashemi al-Qurashi als Nachfolger bestimmt.

Dem Kalifen unterstanden in den Hochzeiten des IS ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche. Zur Führungsebene gehörten außerdem Gerichte, die über die Einhaltung der Regeln der Scharia wachten. Wichtiges (beratendes) Gremium war der sogenannte Schura-Rat, dem mehrere Komitees unterstanden, deren Zuständigkeiten unter anderem Religionsangelegenheiten, Militär, Sicherheit und Finanzen umfassten.

Zu den Zeiten territorialer Macht wurden auf Provinzebene Gouverneure - zumeist zugleich auch Feldkommandeure - ernannt, die jeweils Stellvertretern des Kalifen für Syrien und Irak unterstanden. Die Gouverneure wiederum beaufsichtigten lokale Komitees und Räte, die die Verwaltung der einzelnen Provinzen sicherstellen sollten. Auf der untersten Stufe der Hierarchie standen mehrere Tausend Kämpfer des IS, die sich - wie auch alle anderen im Herrschaftsgebiet des IS in die Organisation eingegliederten Personen - dem Willen der IS-Führung bedingungslos unterzuordnen und dafür einen Treueeid auf den Führer zu schwören hatten. Sie waren dem "Kriegsminister" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten, sog. Katibas, mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.

Freiwillige aus dem Ausland, auch aus Deutschland und anderen europäischen Staaten, stellten seinerzeit einen nicht unerheblichen Anteil der Kämpfer. Sie wurden regelmäßig nach Durchlaufen eines religiösen und militärischen Ausbildungslagers ("Muaskar") als einfache Milizionäre in die Kampfgruppen integriert. Die große Anzahl ausländischer Kämpfer in Syrien war vor allem dadurch bedingt, dass Freiwillige verhältnismäßig einfach in die Türkei reisen und von dort über die offiziellen Grenzübergänge oder illegal mit Hilfe von Schleusern nach Syrien gelangen konnten.

Die Organisation wurde äußerst autoritär geführt und reagierte auf Widerstände und Kritik mit brutaler Gewalt. Hierzu richtete der IS einen Geheimdienst ein. Unter der Führung al-Baghdadis kam es immer wieder zu sogenannten Säuberungsaktionen, denen mehrere interne Gegner zum Opfer fielen. Aber auch mit dem IS verfeindete Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen fielen Verhaftung, Folter und Hinrichtung zum Opfer.

In der Hochzeit des IS bediente sich dieser zur Verwirklichung seines selbst angemaßten Herrschaftsanspruchs u.a. Instrumenten moderner Nationalstaaten zwecks Unterwerfung und vollkommener Kontrolle von Individuen sowie Beschränkung von deren Freiheitsrechten. Individuen, die sich den Ansprüchen und Zielen der Organisation entgegensetzen, wurden kategorisch als Feinde des Islam und ihre Einschüchterung durch Gewaltakte oder gar Tötung als legitimes Mittel des Kampfes angesehen. Der IS nahm zivile Opfer bei seinem fortgesetzten Kampf für die Verwirklichung seiner Ziele bewusst in Kauf.

In den vom IS kontrollierten Gebieten schuf er machterhaltende Werkzeuge zur Kontrolle der lokalen Bevölkerungsgruppen und verbreitete seine Ideologie mit den Mitteln der Propaganda. Dazu verwendete er nachhaltig die Medien - für überregionale Verbreitung vor allem mittels des Radiosenders a.-B. und in Form moderner Kommunikationstechnologien -, das Bildungssystem und die vor Ort herrschende zentrale Gesetzgebung. Die Organisation finanzierte sich vor allem durch erkämpfte Kriegsbeute, den Verkauf von Erdöl und Erdgas, die Erhebung von lokalen Steuern, Schutzgeldern Andersgläubiger und Zöllen, durch Lösegelder entführter Ausländer sowie durch Spenden aus dem Ausland.

Das Ziel der Schaffung eines islamischen "Kalifats" versuchte der IS dadurch zu erreichen, zunächst durch terroristische Anschläge und militärische Operationen den irakischen und syrischen Staat zu schwächen, um schließlich mit Waffengewalt die Macht in beiden Staaten an sich zu reißen und zur einzigen legitimen Vertretung der Sunniten zu werden. Während zu Beginn der Aktivitäten des IS eine Destabilisierung des irakischen Staates mit kleineren Anschlägen - vornehmlich durch von Selbstmordattentätern gezündete Autobomben - und geringeren Opferzahlen gegen Angehörige der irakischen Regierung, der Sicherheitskräfte und der schiitischen Zivilbevölkerung realisiert wurde, vermochte die Organisation seit dem Jahr 2009 im Irak und Syrien Anschläge mit deutlich höheren Opferzahlen zu bewerkstelligen. Neben militärischen Operationen und Attentaten im eigentlichen Operationsgebiet im Irak und in Syrien verübte der IS immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und auch Anschläge außerhalb seines Machtbereichs. So hat er für Anschläge in Europa, etwa in P., B., N. und B. die Verantwortung übernommen. Bei der schwersten dieser Terroraktionen in P. am 13. November 2015 führten neun IS-Mitglieder an fünf verschiedenen Orten Anschläge durch, bei denen insgesamt 130 Menschen getötet und 352 verletzt wurden.

Bereits ab November 2014 hat der IS damit begonnen, Ableger oder Untergliederungen zu gründen, um den Druck von der Zentrale abzulenken. Anders als bei der terroristischen Vereinigung Al Qaida, deren Ablegerorganisationen eigenständige Organisationen darstellen, sind die Ableger des IS eng an die zentrale Führung angebunden und werden daher auch Provinzen des IS genannt. Hierzu zählt neben einer Vielzahl von in Afrika aktiven Untergliederungen auch IS-Khorasan (IS-K), der das räumliche Gebiet in Zentralasien mit Teilen von Iran, Afghanistan und Pakistan für sich beansprucht und dabei gegen die Taliban, die US-Regierung und die Regierungen in diesen Gegenden vorgeht. Ziel ist die Destabilisierung des afghanischen Staates. Nach dem Abzug der amerikanischen Truppen ist eine Stärkung des IS in dieser Gegend eingetreten. 2019 hat der IS einen Ableger in Pakistan gegründet, der eng an IS-K angebunden ist. Damit wird versucht, die pakistanischen Taliban als wichtigste Kraft gegen den pakistanischen Staat abzulösen. Folgerichtig fanden am 4. März und 8. März 2022 verheerende Anschläge auf schiitische Moscheen in P. und S. statt, bei denen zahlreiche Menschen ihr Leben verloren.

Heute hat der IS sein gesamtes ehemaliges territoriales Herrschaftsgebiet in Syrien und im Irak verloren, ohne dass aber die Vereinigung als solche insgesamt zerschlagen worden wäre. Der IS verfügt weiterhin über eine organisatorische Basis im Irak, jedenfalls deutlich über tausend - derzeit im Untergrund agierende - Kämpfer und setzt seinen bewaffneten Kampf fort. Seine Öffentlichkeitsarbeit ist mit dem Verlust der physischen Infrastruktur und der Tötung von Personen, die für die Organisation als Propagandisten tätig waren, ebenfalls zurückgegangen. Gleichwohl versucht der IS, eine breite Produktpalette zu bewahren und die Öffentlichkeitsarbeit so stark wie möglich zu zentralisieren. Von Bedeutung sind insbesondere die offizielle Nachrichtenagentur A., die u. a. Bekenntnisse des IS zu Anschlägen veröffentlicht, und die Online-Zeitschrift "A. N.", die über verschiedene Medienstellen u.a. die "I. F." (https://i3iam.co/) in verschiedenen Sprachen veröffentlicht wird. Zudem setzt der IS auf die Unterstützung im Internet tätiger IS-Anhänger, die eigeninitiativ über die sozialen Medien Propaganda verbreiten. Bereits 2015 hat der IS publiziert, dass der Kampf im Internet durch die "Munasirun" (Unterstützer) dem Kampf der "Mujahidin" (Kämpfern) auf dem Schlachtfeld gleichwertig sei. 2018 rief er mittels des Videos "Inside the Khilafa - Teil 8" dazu auf, die Propaganda des IS zu verbreiten, Accounts aufzumachen und den IS an der digitalen Front zu unterstützen. Dem anonym geleisteten Treueeid im Internet wurde dadurch derselbe Stellenwert zugesprochen wie dem Treueeid im IS-Gebiet.

2. Die Taten der Angeklagten

a) Ausreise des Angeklagten N. am 14. September 2020 mit dem Ziel des Anschlusses an den IS in Syrien (Fall 1 der Anklage)

Am 13. September 2020 kam es zu dem bereits erwähnten körperlichen Übergriff des Angeklagten N. auf seine Ehefrau und die gemeinsame Tochter S., die den Erlass eines Strafbefehls wegen Köperverletzung nach sich zog. Die am Tattag herbeigerufene Polizei erließ eine Gewaltschutzanordnung und verwies den Angeklagten aus der Familienwohnung. Vor dem Hintergrund seines rigiden islamistischen Weltbildes empfand der Angeklagte N. dies als nicht akzeptable Kränkung und nahm den Vorfall zum Anlass, erneut den Versuch zu unternehmen, nach Syrien zu gelangen, um sich dort dem IS anzuschließen und nach militärischer Unterweisung an Kampfhandlungen teilzunehmen.

Er begab sich nach F. a. M., wo es ihm an diesem Sonntag aber nicht mehr gelang, ein Flugticket in die Türkei zu kaufen. Deshalb kaufte er am nächsten Morgen in einem Reisebüro ein Flugticket nach I. Noch am selben Tag, dem 14. September 2020, flog er von F. a. M. nach I. Von dort unternahm er eine 19-stündige Busreise Richtung türkisch-syrische Grenze nach G.

In G. versuchte der Angeklagte, Kontakt zu IS-Mitgliedern zu bekommen, um von diesen Unterstützung für den Grenzübertritt von der Türkei nach Syrien und den Anschluss an den IS zu erhalten. Tatsächlich gelang es dem Angeklagten Kontakte zu mutmaßlichen IS-Mitgliedern oder -Unterstützern zu knüpfen, darunter Glaubensschwestern, die ein Safehouse im Grenzgebiet betrieben, und einer Person namens "T.", mit der der Angeklagte später bei Übersetzungsarbeiten im Interesse des IS zusammenarbeitete (s. unten c). Einer dieser Kontakte unterbreitete dem Angeklagten den Vorschlag, unter Verschleierung seiner Affinität zum IS sich vorgeblich der seinerzeit dort vorherrschenden Al-Qaida-nahen Gruppierung "Hai`at Tahrir Al-Sham" anzuschließen. Im Hinblick auf die Al-Qaida-Vergangenheit des Angeklagten, die im Internet ohne Weiteres nachvollziehbar sei, hielt der Kontakt ein solches Vorgehen für praktikabel. Bei sich bietender Gelegenheit könne der Angeklagte N. von "Hai`at Tahrir Al-Sham" zum IS wechseln. Andere Kontakte rieten dem Angeklagten N. unter dem Hinweis ab, ihm drohe bei einem solchen Vorgehen Verhaftung und Folter. Der Angeklagte N. gewann schließlich den Eindruck, dass seine Kontakte ihm nicht vertrauten, und sah keine realisierbare Möglichkeit, unter den gegebenen Umständen mit vertretbarem Risiko zum IS zu gelangen und sich diesem anzuschließen. Er gab deshalb sein Vorhaben auf und flog letztlich am 28. Oktober 2020 nach Deutschland zurück, weil ein früherer Rückflug infolge einer Corona-Erkrankung und behördlich angeordneter Quarantäne nicht möglich war.

b) Ausreise des Angeklagten N. nach Pakistan am 4. Juli 2021 mit dem Ziel des Anschlusses an den IS dort (Fall 2 der Anklage)

Den Plan, seiner jihadistischen Ideologie folgend nach militärischer Unterweisung auch an Kampfhandlungen gegenüber "Ungläubigen" teilzunehmen, gab der Angeklagte N. trotz des Fehlschlags nicht auf. Als es im Frühjahr 2021 wegen einer Erbauseinandersetzung mit seinen Geschwistern in Pakistan Regelungsbedarf gab, entschloss sich der Angeklagte N., diesen Anlass zu nutzen, um sich nunmehr in Pakistan operierenden Einheiten des IS anzuschließen. Er buchte für den 18. Mai 2021 einen Flug nach L., der jedoch kurzfristig gestrichen wurde. Der Angeklagte N. disponierte daraufhin um und flog am 4. Juli 2021 von F. a. M. nach M. in Pakistan.

In Pakistan kam der Angeklagte N. bei Familienangehörigen unter, bei denen er mehrere Monate verblieb. Er versuchte, seine Verbindungen aus den Zeiten seiner Aktivitäten für Al-Qaida zu nutzen, um Kontakt zu in Pakistan operierenden IS-Einheiten zu bekommen. Die Familien seiner früheren Mitstreiter bei Al-Qaida versagten dem Angeklagten indes ihre Unterstützung. Auch sonst gelang es dem Angeklagten N. nicht, Zugang zum IS in Pakistan zu bekommen.

c) Eingliederung der Angeklagten in den IS - Mitgliedschaft (Fall 3 der Anklage)

Nach seiner Haftentlassung im Sommer 2015 war der Angeklagte N. weitgehend ohne persönliche Kontakte in der salafistischen Szene. Dies änderte sich, als er 2019 auf einer Demonstration in M. Gleichgesinnte kennenlernte, über die er auch Kontakt zu den in der Schweiz lebenden C. I. und L. B. (Kunya: A. Z. a.-R., teilweise abweichende Schreibweisen) bekam, die beide ebenfalls IS-Anhänger waren und deutlich jünger als der Angeklagte N. sind. Im April 2021 besuchte der Angeklagte N. zunächst C. I. in O. und anschließend L. B. in W. Bindeglied zwischen ihnen war die Anhängerschaft zum IS. So waren wesentlicher Inhalt der Gespräche zwischen Imeri und dem Angeklagten während seines Aufenthalts dort u. a. mögliche Ausreisen zum IS oder auch Sprengstoffanschläge, wovon die Strafverfolgungsbehörden durch eine Wohnraumüberwachungsmaßnahme Kenntnis erlangten. Noch vor der Ausreise nach Pakistan hatte L. B. zudem den Angeklagten N. und den Mitangeklagten A. S. miteinander jedenfalls über die sozialen Medien bekanntgemacht.

Spätestens ab dem Frühjahr 2021 administrierte der Angeklagte N. verschiedene Telegram-Kanäle und -Gruppen, in denen Propagandaprodukte des IS in die deutsche Sprache übersetzt und verbreitet wurden. Unter Nutzung des Google-Übersetzers und DeepL stellte der Angeklagte N. Verlautbarungen, die den IS befürworteten, Meldungen über militärische Erfolge in verschiedenen Provinzen des IS sowie ins Deutsche übersetzte Veröffentlichungen der IS-Medienstelle A. und des IS-Magazins A.-N. in seine Telegram-Kanäle ein.

Während seines Pakistanaufenthalts ab Sommer kommunizierte der Angeklagte N. weiter mit L. B. Dieser plante im Herbst 2021 konkret, über die Türkei nach Syrien zum IS auszureisen. Der Zeuge B. erzählte dem Angeklagten N. von seinem Vorhaben, wobei er darauf hinwies, dass der Mitangeklagte A. S., der - was auch der Angeklagte N. wusste - über direkte Kontakte in den IS verfügte und dort bekannt war, in die Planungen involviert war. Der Angeklagte N. sah aufgrund der Unterstützung durch den Mitangeklagten A. S. auch für sich die realistische Chance, auf diesem Weg endlich zum IS zu gelangen. Unter Aufgabe seines Vorhabens, sich dem IS in Pakistan anzuschließen, entschloss er sich, sich seinerseits wiederum über die Türkei auf den Weg nach Syrien zu begeben, um sich doch dort mit Hilfe des Mitangeklagten A. S. dem IS anzuschließen.

Der Angeklagte A. S., der bereits zu diesem Zeitpunkt sich in die Organisation des IS eingegliedert hatte, stellte einen Kontakt zu einem IS-Mitglied in Syrien her, das für die Ausstellung der für den Anschluss an den IS erforderlichen "Taskiya", einer Art Leumundszeugnis, dass die bezeichnete Person die richtige IS-konforme Einstellung ("Aqida") hat und verlässlich ist, kompetent und zuständig war. Im Herbst 2021, jedenfalls einige Zeit vor dem 7. Dezember 2021, führte zunächst L. B. ein Gespräch per Telefon mit dem potentiellen Taskiya-Geber. An diesem Gespräch wirkte der Angeklagte A. S. u. a. als Übersetzer mit. Auch verwendete sich der Angeklagte A. S. in diesem Gespräch für den Zeugen B., der bei dieser Gelegenheit einer intensiven Befragung unterzogen wurde.

Der Zeuge B. und der Angeklagte A. S. verwandten sich bei dieser Befragung zudem für den Angeklagten N. Dies hatte zur Folge, dass bei dem zeitlich nachfolgenden "Taskiya-Gespräch" des Angeklagten N. an diesen kaum noch Fragen von dem Gesprächspartner beim IS gestellt wurden. Sowohl der Zeuge B. als auch der Angeklagte N. erhielten nach diesen Gesprächen die gewünschte "Taskiya" und damit das "O.K." für die Einreise zum IS.

Darauf flog L. B. am 7. Dezember 2021 nach Istanbul, wo ihm allerdings die Einreise verwehrt wurde, so dass er wieder in die Schweiz zurückkehren musste. Der Angeklagte N. flog am 20. Januar 2022 von Pakistan nach I. Sein Vorhaben, von der Türkei aus nach Syrien zu gelangen, scheiterte jedoch ebenfalls daran, dass ihm die türkischen Behörden die Einreise verweigerten und ihn vor die Wahl stellten, sich nach Pakistan oder nach Deutschland zu begeben. Der Angeklagte N. flog daraufhin unverrichteter Dinge am 21. Januar 2022 zurück nach Deutschland.

Bereits am nächsten Tag, dem 22. Januar 2022, fuhr der Angeklagte N. zu L. B. nach W., um in dessen Wohnung mit diesem und dessen Freund D. C. (Kunya: A. I.) wie bereits vor den gescheiterten Anschlussbemühungen arabischsprachige Texte, Videos und Audiobotschaften offizieller oder dem IS nahestehender Medienstellen zu übersetzen und auf von ihnen betriebenen Telegramkanälen zu veröffentlichen. Schwerpunktmäßig befassten sich N. und B. mit der Übersetzung aktueller Artikel aus dem wöchentlich erscheinenden IS-Magazin A.-N.. Bei ihrer Arbeit bezogen sie neben "T.", einem der Kontakte des Angeklagten N. von der Türkeireise im September/Oktober 2020, insbesondere auch den Angeklagten A. S. in ihre Arbeit ein.

So wandten sich der Angeklagte N. und der Zeuge B. am 23. Januar 2022 aufgrund von Schwierigkeiten bei der Untertitelung einer Videosequenz über die Erstürmung des G.-Gefängnisses in H. durch den IS an den Angeklagten A. S., der in der Folge in mehreren Sprachnachrichten die Bedeutung einzelner arabischer Begriffe erklärte.

Am 27. Januar 2022 baten N. und B. den Angeklagten A. S. um Hilfe bei der Übersetzung einer Audiodatei zum selben Thema. Der Angeklagte A. S. kam der Bitte nach, indem er mittels Sprachnachrichten Vorschläge machte, Erläuterungen gab und die vom Angeklagten N. überarbeitete Tonaufnahme auf Fehler überprüfte, bevor sie von B. und dem Angeklagten N. im Telegram-Kanal "News I." veröffentlicht wurde.

Am 11. März 2022 teilte der Angeklagte N., der zwischenzeitlich aus der Schweiz nach Deutschland zurückgekehrt war, dem Mitangeklagten A. S. per Chat mit, dass er einen neuen Telegram-Kanal eröffnen wolle. Der Angeklagte A. S. sagte sofort seine Hilfe zu und versandte wenig später zwei Nachrichten mit einer Rufnummer sowie einem fünfstelligen Bestätigungscode an den Angeklagten N., der die erhaltenen Daten zur Einrichtung des neuen Kanals "T._S." nutzte. Als erste Nachricht stellte der Angeklagte N. in diesen Kanal den Treueeid auf den tags zuvor zum Kalif ernannten A. a.-H.n a-H. a.-Q. ein.

Daneben bestärkte der Angeklagte A. S. den Angeklagten N. auch in allgemeiner Form in seinen Propagandatätigkeiten, indem er entsprechende Aktivitäten lobte und ihre Bedeutung betonte. So bezeichnete er am 12. März 2022 die "Übersetzung der Flugblätter aus den Kanälen der Brüder" durch den Angeklagten N. als "sehr gut und wunderbar".

Der Angeklagte A. S. war zu dieser Zeit bereits fest in die vom IS kontrollierte Medienarbeit eingebunden. Er war u.a. Mitglied einer Telegram-Chatgruppe (im Folgenden "Diskussions- und Austauschgruppe"), die von mehreren IS-Mitgliedern administriert wurde, die dem Medienrat des IS angehörten und ca. 50 Mitglieder umfasste. Die Gruppe diente insbesondere der Koordination, Steuerung und Kontrolle der Verbreitung aktueller Publikationen und Dokumente des IS. Der Angeklagte A. S. gehörte dabei zu den anerkannten Mitgliedern der Gruppe und nahm dort unter der Kunya "A. O." eine herausgehobene Stellung ein, indem er sich regelmäßig am Nachrichtenaustausch beteiligte, Bots zum Herunterladen von Videos zur Verfügung stellte und anderen Chat-Teilnehmern Ratschläge und Hilfe in organisationsbezogenen Angelegenheiten gab. Dabei ordnete er sich selbst den mit Administratorenrechten ausgestatteten Mitgliedern M. A.-S., A. B. und A. A., die bestimmenden Einfluss auf den Nachrichtenaustausch nahmen, unter.

Durch seine Zusammenarbeit mit dem Angeklagten N. sowie den Zeugen B. und C. hatte der Angeklagte A. S. Einblick in deren ideologische Haltung und Engagement für den IS gewonnen und hielt diese deshalb für geeignet, direkt in die quasioffizielle Medienarbeit des IS eingebunden zu werden, um sich ihre Fähigkeiten in der Übersetzung arabischer Texte für die Vereinigung nutzbar zu machen. Deshalb bot er dem Angeklagten N. in einem Telegram-Chat vom 12. März 2022 an, diesen der "Diskussions- und Austauschgruppe" hinzuzufügen, nachdem er dem Zeugen B. bereits einige Tage zuvor den Zugang ermöglicht hatte. Der Angeklagte N. nahm dies bereitwillig und erfreut an. Der Angeklagte A. S. erklärte dem Angeklagten N., dieser solle bei Eintritt in die Gruppe angeben, dass er Nachrichten in die deutsche Sprache übertragen habe. Der Angeklagte N. erhielt noch am selben Tag durch den Angeklagten A. S. einen Einladungslink und trat der Gruppe bei, nachdem der Angeklagte A. S. den Angeklagten N. den maßgeblichen Personen innerhalb der Gruppe als Übersetzer in die deutsche Sprache empfohlen hatte.

Der Angeklagte N. wurde bereits am 20. März 2022 von einer ebenfalls der "Diskussions- und Austauschgruppe" angehörenden Person, die sich A. A. nannte, kontaktiert. Diese fragte N., ob er bereit sei, "offizielle Nachrichten" ins Deutsche zu übersetzen und sich dazu "zu verpflichten," wobei Disziplin, Energie und Hingabe an Gott verlangt werde. Der Angeklagte willigte mit den Worten, "natürlich, das ist eine Pflicht", ein. Dabei ging er - zutreffend - davon aus, dass die angefragte Übersetzungsarbeit unmittelbar im Auftrag des IS erfolgen sollte.

A. A. erklärte dem Angeklagten unter Übermittlung des zugehörigen Links, dass die Übersetzungen auf der Webseite der I. F. veröffentlicht werden sollten. Die Einzelheiten sollte der Angeklagte mit einem A. W. klären, dessen Account ihm von A. A. übermittelt wurde. Spätestens mit seiner Zusage gliederte sich der Angeklagte N. in Kenntnis der Zugehörigkeit der I. F. zum IS in diesen ein.

Bei A. W., einem der Verantwortlichen der Webseite I. F., meldete sich der Angeklagte N. am 21. März 2022 über Telegram, stellte sich vor und besprach mit ihm die weitere Vorgehensweise. In der Folgezeit übersetzte der Angeklagte N. nach den Vorgaben des A. W. ihm von diesem zugeleitete Meldungen der IS-Nachrichtenagentur A., Fotoberichte aus IS-Provinzen, Texte von Grafiken aus dem A.-N.-Magazin, Titel von Videos oder auch Artikel aus A.-N.. Die Übersetzungen versandte der Angeklagte mittels des hierfür extra eingerichteten Telegram-Kanals "Eisen Nachrichten" an A. W., den er als seinen Vorgesetzten (Emir) ansah. Insgesamt leitete der Angeklagte N. bis zum 12. April 2022 143 von ihm gefertigte Übersetzungen in die deutsche Sprache an A. W. weiter, die dieser jeweils umgehend ohne weitere Überprüfung auf der Webseite der I. F. einstellte. Vor dem Eintritt des Angeklagten N. gab es keine deutschsprachigen Beiträge auf der Webseite der I. F.

Den Mitangeklagten A. S. hatte der Angeklagte N. umgehend bereits am 20. März 2022 per Telegramchat informiert, dass er offiziell mit der Übersetzung von Nachrichten beauftragt worden sei. Dieser erwiderte mit einer Nachricht vom 23. März 2022 lobend, N. habe den IS "gegen die ausländischen Medien verteidigt." Zudem unterstützte der Mitangeklagte A. S. den Angeklagten N. auch weiterhin in seiner Übersetzungstätigkeit. So leitete er auf N. Bitte die deutsche Übersetzung des arabischen Textes einer Infografik aus der 113. Ausgabe des A.-N.-Magazins an einen sog. Designer zwecks Erstellung der deutschsprachigen Grafik weiter, um diese nach Fertigstellung durch den Designer dem Angeklagten N. zu übermitteln.

Im Hinblick auf Bedeutung und Umfang der Arbeit hatte der Angeklagte N. zudem mit B., C. und "T." unter dem Namen "A.-H." am 21. März 2022 eine Medienstelle gegründet und in Absprache mit A. W. dafür ein Logo entwickelt, das nach Farbe und Stil auf einen IS-Bezug hindeutete.

Innerhalb von A.-H. kam es bald zu Streitigkeiten über die Übersetzungstätigkeiten, die darin kulminierten, dass A.-H. bereits vier Tage nach Gründung die Arbeit wieder einstellte und B. und "T." sich bei dem höherrangigen IS-Mitglied und Administrator der Diskussions- und Austauschgruppe M. A.-S. über den Angeklagten N. wegen der Mangelhaftigkeit seiner Übersetzungen beschwerten. Dies führte zur Einrichtung einer Telegramgruppe, die auf Anweisung von M. A.-S. durch T. zur Beilegung bzw. Entscheidung des Streits eingerichtet wurde. In diese Gruppe wurde auch der Angeklagte A. S. frühzeitig mit einbezogen, der sich bereits im Vorfeld um eine Streitschlichtung bemüht hatte und dem von dem gewissermaßen die Vorermittlungen führenden A. B. eine maßgebliche Rolle als Zeuge und Ratgeber zugewiesen wurde. Auf Anordnung von A. B. bezog der Angeklagte A. S. am 12. April 2022 zu dem Streit Stellung und forderte den Angeklagten N. dazu auf, dass dieser sich der anstehenden Entscheidung, gleich wie sie ausfalle, unterwerfen soll. Der Angeklagte N. quittierte dies u. a. mit den Worten: "Ich schwöre, dass du mich mit deinen Worten glücklich gemacht hast. Ich bin dazu verpflichtet dir zu gehorchen und deinen Befehlen zu folgen."

Weil eine gütliche Einigung unter den Beteiligten nicht möglich war, entschied A. B. am 12. April 2022 vorläufig, dass der Angeklagte N. keine von ihm übersetzten Publikationen mehr veröffentlichen lassen dürfe, bis Bruder A. A. in dieser Angelegenheit eine abschließende Entscheidung treffe. Der Angeklagte N. akzeptierte die Entscheidung und stellte seine Tätigkeit für die I. F. vorerst ein. Weitere deutsche Übersetzungen von IS-Propaganda wurden von da an auf der Seite der I. F. bis zum 5. Mai 2023 nicht mehr eingestellt.

Der Angeklagte N. zog sich in der Folge allerdings keineswegs zurück. Zwar veröffentlichte er keine Texte mehr, er übersetzte aber weiterhin gewissermaßen auf Vorrat ihm interessant und wichtig erscheinende IS-Publikationen, um diese nach der von ihm erwarteten Aufhebung des Übersetzungsverbots umgehend veröffentlichen zu können. Auch blieb er in der Diskussions- und Austauschgruppe, beteiligte sich dort an Diskussionen oder stellte Beiträge ein, hielt Kontakte zu einzelnen Gruppenmitgliedern und erklärte sich - wie auch der Angeklagte A. S. - umgehend zur Eingliederung bereit, als A. B. in der Diskussions- und Austauschgruppe am 12. Juni 2022 die Aufteilung besonders vertrauenswürdiger Mitglieder in Brigaden ankündigte. Der Angeklagte A. S. wurde daraufhin der Kompanie "A.-B." unter Leitung des Emirs "A. A.l-Y." zugeordnet. Eine abschließende Entscheidung über den Angeklagten N. erfolgte bis zu dessen Festnahme nicht mehr.

Neben seiner Betätigung in den propagandistischen Strukturen des IS war der Angeklagte A. S. auch auf finanziellem Gebiet für den IS tätig, indem er sich mit der Sammlung von Spendengeldern und dem Transfer von Geldern ins Kerngebiet der Vereinigung befasste. Auch wenn der Senat Feststellungen zu konkreten Transaktionen nicht treffen konnte, steht doch fest, dass der Angeklagte zeitweilig mit L. B. einen Telegramkanal zum Zweck der Spendensammlung für den IS betrieb.

Ab März 2022 plante der Angeklagte A. S. zudem mit den Zeugen C. und B. eine gemeinsame Ausreise zum IS nach Syrien, um dort als Kämpfer aktiv zu werden. Dazu hatte er bereits im März Kontakt zu einem IS-Mitglied vor Ort in Syrien aufgenommen. Zudem hatte er dafür gesorgt, dass im Frühjahr beim IS in Syrien die Erteilung der "Taskiya" für sie vorbereitet wurde. Die Ausreisepläne zerschlugen sich indes infolge der Festnahme von L. B. und D. C. durch die Schweizer Behörden am 13. Juni 2022.

Nach deren und N. Festnahme stellte der Angeklagte A. S. seine organisationsbezogenen Aktivitäten zunächst ein und war auch in der Diskussions- und Austauschgruppe nicht mehr aktiv. Am 12. September 2022 nahm der Angeklagte A. S. wieder Kontakt zu den Mitgliedern im Medienapparat des IS auf, ließ sich auf seine Initiative hin in die Nachfolge-Chatgruppe der Diskussions- und Austauschgruppe von A. B. am 14. September 2022 aufnehmen und beteiligte sich bis zum 5. Oktober 2022 mit 92 Beiträgen an der dortigen Kommunikation. Er rief u. a. zu D.-Angriffen auf eine gegnerische Facebook-Seite auf und stellte Verhaltensregeln des IS für die Medienarbeit zur Diskussion. Daneben war er Mitglied in einer weiteren Telegram-Gruppe, in die A. B. und A. A. täglich ab dem 10. September 2022 IS-Propaganda einstellten und vorgaben, wie die von den Gruppenmitgliedern vorzunehmenden Veröffentlichungen auszusehen hatten. In dieser Zeit beschäftigte sich der Angeklagte A. S. vorwiegend mit Designertätigkeiten, wobei er sich in Austausch mit anderen ideologisch gleichgesinnten Personen aus dem Medienapparat befand. In die Telegram-Gruppe stellte er eine selbstgefertigte Collage ein, auf der eine amerikanische Hand, die die Taliban als Marionetten führt, zu erkennen ist.

Zudem verfolgte der Angeklagte A. S. seine Ausreisepläne nach Syrien weiter.

B. Beweiswürdigung

I. Einlassungen der Angeklagten

1. Einlassung des Angeklagten N.

Der Angeklagte N. hat die objektiven Geschehensabläufe, wie sie unter A. II. 2.) festgestellt sind, im Wesentlichen eingeräumt. Insbesondere hat er eingestanden, am 14. September 2020 von F. a. M. nach I. geflogen und von dort mit dem Bus nach G. gefahren zu sein, wo er auch Kontakt zu Glaubensschwestern gehabt habe, die ihm angeboten hätten, ihn auf dem Weg zum IS zu unterstützen. Ebenso hat der Angeklagte N. eingeräumt, am 4. Juli 2021 nach Pakistan geflogen zu sein und- wie aus Akten und Anklage ersichtlich Übersetzungen arabischsprachiger Texte, Audios und Videos mit IS-Bezug in die deutsche Sprache vorgenommen und sie anschließend auf Telegram-Kanälen veröffentlicht oder an A. W. zur Veröffentlichung auf der Webseite der "I. F." weitergeleitet zu haben.

Der Angeklagte N. hat allerdings bestritten, dass die Reisen in die Türkei oder nach Pakistan mit dem Ziel des Anschlusses an den IS erfolgt seien. Vielmehr sei er 2020, nachdem er von der Polizei aus der Familienwohnung verwiesen worden sei, in die Türkei geflogen, um sich dort niederzulassen und bei seinem Bekannten M. C. in dessen Unternehmen zu arbeiten, was dieser ihm bereits Ende 2016/Anfang 2017 angeboten hätte. Als M. C. sich an dem Angebot nicht habe festhalten lassen wollen, habe er sich auf Anraten seines Sohnes auf eine Sight-Seeing-Tour durch die Türkei begeben und sei so nach G. gefahren, das für seine Baklava berühmt sei. Soweit er mit von ihm in der Hauptverhandlung zunächst bestätigter Verteidigererklärung angegeben habe, in der Türkei den Entschluss gefasst zu haben, nach Syrien weiterzureisen, treffe dies nicht zu. Dies habe er zu keiner Zeit vorgehabt, auch habe er sich nie dem IS anschließen wollen. Im Gegenteil habe er das Angebot von Glaubensschwestern vor Ort abgelehnt, ihn beim Grenzübertritt nach Syrien und zum IS zu unterstützen.

Grund für die Pakistanreise sei die Regelung einer Erbangelegenheit mit seinen Brüdern gewesen. Allerdings habe er nach der bei ihm erfolgten Wohnungsdurchsuchung in Deutschland auch keine Zukunft mehr für sich gesehen und deshalb vorgehabt, dauerhaft in Pakistan zu bleiben, um dort zu leben. Er habe sich vorgestellt, in einer Koranschule zu unterrichten.

Soweit sich aus den aufgenommenen Gesprächen aus der Wohnraumüberwachung bei L. B. und C. I. scheinbar etwas anderes ergebe, stelle er diese Gespräche zwar nicht in Abrede. Es handele sich insoweit aber um bloßes, nicht ernst gemeintes Palaver, dem keine Bedeutung beizumessen sei.

Was seine Übersetzungstätigkeiten und die Veröffentlichungen angehe, sei es ihm um Informationen für die Gläubigen gegangen. Er habe wohl aus Sympathie für den IS gehandelt, er habe aber weder geglaubt oder gar gewusst, dass es sich bei A. W., A. A., M. A.-S., A. B. oder A. A. um IS-Mitglieder gehandelt habe, noch sei er davon ausgegangen, dass die I. F. eine offizielle IS-Seite oder -Medienstelle sei. Er selbst sei jedenfalls nie IS-Mitglied geworden, habe auch niemals einen Treueeid abgelegt oder sei danach gefragt worden.

2. Einlassung des Angeklagten A. S.

Der Angeklagte A. S. hat mit einer von ihm bestätigten Verteidigererklärung eingeräumt, über L. B. einen Telegram-Kontakt zum Mitangeklagten N. bekommen zu haben. Mit diesem habe ihn eine islamistische Grundeinstellung sowie Sympathie für den IS und dessen Ideologie verbunden. Der Angeklagte A. S. hat ferner eingestanden, aktives Mitglied der "Diskussions- und Austauschgruppe" gewesen zu sein und den Angeklagten N. in diese Gruppe eingeladen zu haben. Er habe in der Gruppe aber keine herausgehobene Stellung innegehabt und nahezu niemand persönlich gekannt. Allerdings habe er sich auch an der Kommunikation in der nach der gegen N. erhobenen Beschwerde gegründeten "Schlichtungsgruppe" beteiligt.

Soweit ihm vorgeworfen werde, als Designer in die Propagandaarbeit eingebunden gewesen zu sein, treffe dies dagegen nicht zu. Er habe lediglich einmal eine Grafik, nämlich ein Bild mit einer amerikanischen Hand und Taliban als Puppen an Marionettenfäden selbst erstellt; im Übrigen habe er höchstens mal ein zugesandtes Bild weitergeleitet. Es träfe auch nicht zu, dass er sich auf finanziellem Gebiet für den IS betätigt habe.

Mit dem Gedanken, nach Syrien auszureisen, habe er sich befasst, weil er befürchtete, im Falle einer Abschiebung dem Assad-Regime in die Hände zu fallen. Er habe aber nie vorgehabt, sich dem bewaffneten Kampf in Syrien anzuschließen.

In seinem letzten Wort hat der Angeklagte A. S. ergänzend ausgeführt, sich in der Gruppe zurückgehalten zu haben. Ihm sei es nur darum gegangen, Informationen zu erhalten. Soweit er durch sein Verhalten in der Gruppe die rote Linie zur Strafbarkeit überschritten habe, entschuldige er sich.

II. Feststellungen zu den angeklagten Taten

Die Einlassung des Angeklagten N. zu den Ausreisen in die Türkei im September 2020 (Fall 1 der Anklage) und nach Pakistan im Juli 2021 (Fall 2 der Anklage) ist, soweit sie im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen steht, insbesondere widerlegt durch die Inhalte der Aufzeichnungen aus den Wohnraumüberwachungen bei C. I. und L. B.

1. Ausreise des Angeklagten N. in die Türkei im September 2020

Der Angeklagte N. hat - wie dargelegt - eingeräumt, am 14. September 2020 von F. nach I. geflogen zu sein, sich im Anschluss per Bus nach G. begeben zu haben und dort auch in Kontakt zu Glaubensschwestern gekommen zu sein, die ihm Unterstützung für die Einreise nach Syrien und den Anschluss an den IS angeboten hätten. Der Senat hatte keine Bedenken, diese Einlassung seinen Feststellungen zugrunde zu legen, weil sie in Einklang mit Erkenntnissen aus anderen Beweiserhebungen steht.

So ergibt sich aus dem verlesenen Vermerk der Kriminalkommissarin L., BKA, vom 17. März 2022, dass der Angeklagte N. am 14. September 2020 auf dem Flughafen F. vor seinem Abflug nach I. von der Bundespolizei kontrolliert worden ist. Die Busfahrt von Is. nach G. bzw. N. Aufenthalt in G. waren Gegenstand mehrerer Gespräche zwischen dem Angeklagten N. und B. und C. So hat der Angeklagte N. in einem in der Nacht zum 24. Januar 2022 (Track 4018 Wohnraumüberwachung B.) geführten Gespräch erklärt, dass er in G. gewesen sei, als ihn sein Sohn I. am Telefon informiert habe, dass er in Deutschland von der Polizei gesucht werde. In einem zwei Tage später geführten Gespräch (Track 4463 Wohnraumüberwachung B.) hat der Angeklagte ausdrücklich die Busfahrt angesprochen und ausgeführt, dass er bei Abfahrt des Busses nicht gewusst habe, dass diese achtzehn oder neunzehn Stunden dauern würde.

Die vorgenannten Gesprächsbeiträge konnten dem Angeklagten N. - wie auch die übrigen im Rahmen der Beweiswürdigung in Bezug genommenen Beiträge - zweifelsfrei zugeordnet werden. Beide Tonaufnahmen mit den vorgenannten Gesprächsbeiträgen sind in der Hauptverhandlung durch Abspielen in Augenschein genommen worden. Aufgrund von Stimmfarbe, Sprechweise und Akzent war gerade die Stimme des Angeklagten N., der sich auch in der Hauptverhandlung umfänglich erklärt und eingelassen hat, vom Senat unschwer und mit Sicherheit zu erkennen. Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch keine Zweifel an den von der Polizei im Rahmen der Verschriftungen der Tonaufzeichnungen vorgenommenen Stimmenzuordnungen, zumal der Angeklagte N. selbst nicht nur pauschal eingeräumt hat, die ihm zugeschriebenen Äußerungen aus den Wohnraumüberwachungsmaßnahmen bei B. und I. getätigt zu haben, sondern auch eine Vielzahl von in die Hauptverhandlung eingeführten ihm zugeschriebenen Äußerungen ausdrücklich bestätigt, indes in keinem Fall eine fehlerhafte Zuordnung moniert hat.

In dem letztgenannten Gespräch berichtet der Angeklagte N. C. und B. zudem, dass ihm eine "Schwester" Hilfe zugesagt habe, um zum IS zu gelangen. Sie habe vorgeschlagen, dass er nach I. gehen und dort erstmal als "Amni", also als Spion, arbeiten solle. Er hätte sich als Al-Qaida-Anhänger ausgeben sollen, weil an dieser Angabe selbst im Falle einer Google-Recherche keine Zweifel aufgetreten wären. Im weiteren Gesprächsverlauf erzählt N., dass er über eine Schwester aus S. eine Unterkunft bei zwei Schwestern in der Nähe seines Hotels angeboten bekommen habe, als er aus Furcht vor der Polizei sein Hotel habe verlassen wollen.

Dieser Gesprächsinhalt steht auch im Widerspruch zur Einlassung des Angeklagten, er habe zu keinem Zeitpunkt vorgehabt, nach Syrien und gar zum IS zu gehen. Der Senat folgt auch nicht der vom Angeklagten insoweit angebotenen Erklärung, seine bei den Aufenthalten in der Schweiz in den Wohnungen I. und B. erfolgten Äußerungen seien nicht ernst zu nehmen, es handele sich im Wesentlichen um dummes Geschwätz. Gegen eine solche Interpretation sprechen nämlich bereits der Detailreichtum der Darstellung des Angeklagten N. in den Gesprächen, die Verknüpfung verschiedener Handlungsstränge, die Darstellung von Planänderungen und Verwicklungen, die Wiederholung identischer Angaben in verschiedenen Gesprächen und die Übereinstimmung mit aus anderen Quellen bekannten Fakten. Dies zeigt sich geradezu exemplarisch in diesem Gespräch vom 26. Januar 2022 (Track 4463 Wohnraumüberwachung B.).

Denn in diesem Gespräch berichtet der Angeklagte von seinem Türkeiaufenthalt im Jahr 2020. Auf die Frage, warum er nicht dort bzw. in Syrien geblieben sei, antwortet der Angeklagte, "die Brüder haben kein Vertrauen gehabt." Auch "T." habe ihm damals nicht vertraut, das habe dieser erst später getan. Auf Nachfrage erläutert der Angeklagte N., er habe T. damals kaum und nur über eine Schwester gekannt. Diese habe den Vorschlag gemacht, sich als Al-Qaida-Anhänger auszugeben und sich nach I. zu begeben. Den Plan habe er, N., einem Bruder in Syrien geschrieben. Dieser habe ihm strikt davon abgeraten und gemeint, ihm drohe Gefängnis und Folter. Auf Nachfrage B., wie denn T. ins Spiel gekommen sei, berichtet der Angeklagte N., dass ihn sein Sohn seinerzeit telefonisch informiert habe, dass die Polizei bei ihm zu Hause (in Deutschland) gewesen sei und er vermute, dass die Polizei ihn, den Angeklagten, jetzt auch in der Türkei suchen werde. Er sei da gerade in G. angekommen und im Hotel gewesen. Er habe Panik bekommen und das Hotel verlassen wollen. Wie oben bereits dargestellt, habe er dann von einer Schwester die Adresse einer Unterkunft bei zwei anderen Schwestern bekommen. Von einer dieser Schwestern sei ihm dann der Kontakt zu T. vermittelt worden.

Bereits diese verkürzte Darstellung von Gesprächsverlauf und -inhalt zeigt einen Detailreichtum und Verwicklungen auf, die eine ausgedachte Geschichte ohne Realitätsbezug mehr als unwahrscheinlich machen. Hinzu kommt, dass der nach dem Gesprächsinhalt von der "Schwester" vorgeschlagene Plan durchaus plausibel ist, weil er sich in die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort im Raum I. seinerzeit stimmig einfügt. Der Islamwissenschaftler Dr. S., der dem Senat seit Jahren als äußerst kompetenter und anerkannter Sachverständiger zur Situation im Raum Syrien und Irak, insbesondere zu den dortigen politischen und militärischen Verhältnissen und dem IS, bekannt ist (s. dazu auch unten), hat im Rahmen seines Gutachtens in diesem Zusammenhang nämlich überzeugend ausgeführt, dass der IS im September 2020 im Bereich I. kein Territorium mehr unter seiner Kontrolle hatte. Vielmehr sei das Gebiet im Wesentlichen von der Al-Qaida-nahen Organisation "Hai`at Tahir Al-Sham" beherrscht worden.

Demgegenüber findet die mit der Einlassung des Angeklagten vorgebrachte Version in den im Rahmen der Wohnraumüberwachungen aufgezeichneten Gesprächen, obwohl diese den Türkeiaufenthalt 2020 wiederholt zum Gegenstand hatten, nicht nur keine Stütze, vielmehr ist diese auch für sich genommen wenig plausibel. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, dass sich der Angeklagte aufgrund eines mehr als drei Jahre zuvor (angeblich) gemachten Angebots, bei dem Zeugen M. C. in der Türkei arbeiten zu können, ohne vorherige Rückfrage, ob das Angebot noch gilt, in die Türkei aufgemacht haben will. Es kommt hinzu, dass der Angeklagte N., wie sowohl sein Sohn I. N. als auch der Zeuge M. C. übereinstimmend glaubhaft bekundet haben, nicht Türkisch spricht, so dass offenbleibt, welche Arbeit der Angeklagte in der Türkei ausüben wollte. Die vom Angeklagten auf Nachfrage ins Spiel gebrachte Möglichkeit, Übersetzungstätigkeiten auszuüben, erscheint angesichts der fehlenden Türkischkenntnisse jedenfalls wenig überzeugend.

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang zudem, dass der Zeuge M. C. bei seiner Aussage in der Hauptverhandlung ausdrücklich in Abrede gestellt hat, dem Angeklagten N.r jemals ein konkretes Arbeitsangebot gemacht zu haben. Der Senat hält diese Aussage auch für glaubhaft. Denn aus den bereits aufgezeigten Gründen erscheint ein Arbeitsangebot in der Türkei für den Angeklagten eher abwegig. Es kommt hinzu, dass der Zeuge bei Vorhalt der Einlassung des Angeklagten N. in diesem Punkt sichtlich überrascht reagierte und augenblicklich fragte, was N. denn bei ihm hätte arbeiten sollen.

Auch die Darstellung des Angeklagten, er habe sich auf Anraten seines Sohnes dazu entschlossen, eine touristische Rundreise durch die Türkei zu unternehmen und sei auf diesem Weg nach G. gelangt, erscheint nicht glaubhaft. Auch für eine solche Rundreise ergeben sich keine Anhaltspunkte aus den während der Wohnraumüberwachung aufgenommenen Gesprächen. Gerade der Inhalt des oben bereits dargestellten Gesprächs vom 26. Januar 2022 (Track 463 Wohnraumüberwachung B.) spricht vielmehr gegen eine touristische Rundreise. Denn in diesem Gespräch hat der Angeklagte N. seine seinerzeitige Überraschung über die erhebliche Dauer der Busfahrt nach G. noch auf der Fahrt zum Ausdruck gebracht. Das wäre bei einer Fahrt aus touristischen Gründen eher nicht zu erwarten gewesen, weil sich touristisch Reisende üblicherweise vorab über Fahrtstrecken informieren und ihre Reiserouten entsprechend planen. Anders wäre dies allerdings, wenn von vornherein feststand, dass ein bestimmtes Ziel erreicht werden sollte. Dem Senat ist aus mehreren Verfahren bekannt, dass gerade G. über Jahre Ausgangspunkt für einen Grenzübertritt nach Syrien und zum IS war, so dass eher nachvollziehbar ist, dass auch der Angeklagte aus diesem Grund nach G. fuhr und ihn die Fahrtdauer zunächst nicht interessierte, weil G. als Ziel für ihn ohnehin alternativlos war.

In der Gesamtschau ist der Senat aufgrund der vorstehenden Erwägungen davon überzeugt, dass der Angeklagte N. im September 2014 von vornherein gerade mit dem Ziel aus Deutschland ausgereist ist, sich nach Syrien zu begeben und dem IS anzuschließen. Dass dieser Anschluss auch gerade als Kämpfer erfolgen sollte, liegt bereits deshalb nahe, weil der IS im Jahr 2020 in Syrien und im Irak nicht mehr über ein Territorium mit staatsähnlichen Strukturen verfügte, sondern im Untergrund guerillaartig operierte, so dass es andere Betätigungsfelder kaum noch gab, was dem Angeklagten aus seinen Internetrecherchen auch bekannt war. Dass der Angeklagte schon im Zeitpunkt der Ausreise aus Deutschland die Absicht hatte, sich nach Syrien zu begeben, drängt sich im Hinblick darauf, dass er überzeugter Anhänger des IS war und bereits zuvor versucht hatte, ins Operationsgebiet der Vereinigung zu gelangen (vgl. dazu unten 3 a aa (1)), in hohem Maße auf. Einen anderweitigen plausiblen Grund für die Reise in die Türkei hat die Beweisaufnahme nicht erbracht.

Diese Würdigung findet auch eine Stütze in den Inhalten der im Rahmen der Wohnraumüberwachungen aufgezeichneten Gespräche. So äußerte der Angeklagte in einem Gespräch mit C. I. am 10. April 2021 (Track 434 Wohnraumüberwachung Imeri), dessen hier wiedergegebenen Passagen im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, bezogen auf die seinerzeit von ihm noch in Planung befindliche Pakistanreise (Fall 2 der Anklage), er gehe nach Pakistan und komme nicht mehr (wieder). Wenig später erklärt er: "Ich habe auch Glück! Ich bin der kommende Shahid." Im Gespräch mit Imeri vom 12. April 2021 (Track 538 Wohnraumüberwachung I.), dessen Verschriftung mittels Selbstleseverfahren eingeführt worden ist, beschreibt N. seine Absichten wie folgt: "Ja, ich bin hart geworden, weißt Du? ...Ich gehe nach Pakistan und dort bleibe ich jetzt. Bis Allah mich nimmt...Ich schlachte ein paar Leute, weißt? Ich hab`, ich hab` Lust auf Schlachten." Am 22. Januar 2022 erzählt der Angeklagte N. in der Wohnung B. über die Zeit des Pakistanaufenthalts (Track 3882 Wohnraumüberwachung B., Verschriftung durch Verlesung eingeführt). Wörtlich äußert er: "Und in Pakistan, Achi, plötzlich hörst Du in gleiche Stadt oder D. in der Nähe. D. hat durchgeführt. Hab` ich (mir) gesagt, warum kann ich die nicht begegnen. Einfach: Hallo, ich bin auch. Gib mir eine Pistole..."

Aufgrund seiner Beschäftigung mit dem IS und aus seinen Erfahrungen aus Al-Qaida-Zeiten war dem Angeklagten N. zur Überzeugung des Senats auch bekannt, dass dem Anschluss an die Kampfeinheiten beim IS regelmäßig eine militärische Unterweisung in einer Art Trainingscamp vorausging.

2. Ausreise des Angeklagten N. nach Pakistan im Juli 2021

Dass der Angeklagte N. am 4. Juli 2021 nach Pakistan geflogen ist, hat er eingeräumt. Diese Einlassung wird bestätigt durch die im Selbstleseverfahren eingeführte PNR-Recherche (Flugdaten) des Bundeskriminalamtes vom 6. Januar 2022 und die Eintragungen im Reisepass des Angeklagten, wie sie der Zeugen KHK Z. glaubhaft bekundet hat.

Soweit der Angeklagte auch hinsichtlich der Pakistanreise abgestritten hat, dass ihr Ziel der Anschluss an den IS gewesen sei, sich vielmehr dahin eingelassen hat, sie habe den Zweck gehabt, eine Erbangelegenheit zu regeln und sich ggf. ein neues Leben in Pakistan etwa als Lehrer in einer Koranschule aufzubauen, erachtet der Senat die Einlassung insbesondere durch die Erkenntnisse aus den Wohnraumüberwachungen für widerlegt.

Insoweit wird zunächst auf die oben unter B. II. 1. dargestellten Gespräche in der Wohnung I. vom 10. und 12. April 2021 (Track 434 und 538 Wohnraumüberwachung I.) und vom 22. Januar 2022 in der Wohnung B. verwiesen (Track 3882 Wohnraumüberwachung B.).

In dieselbe Richtung weist ein weiteres Gespräch mit I. vom 12. April 2021 zwischen 16:19 Uhr und 16:21 Uhr (Track 616 Wohnraumüberwachung I.), dessen Verschriftung ebenfalls im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Darin erklärt der Angeklagte in Bezug auf die von ihm geplante Pakistanreise, dass es schwer sei, "da" reinzukommen. Man brauche eine "Tazkiya" von jemand, der aktuell bei D., also dem Islamischen Staat, sei und ihn persönlich kenne. Vielleicht reiche es auch, wenn jemand von D. über ihn gelesen habe.

Die vorgenannten Gespräche belegen zur Überzeugung des Senats unzweideutig, dass der Anschluss als Kämpfer an den IS von Beginn an Zweck und Ziel der Pakistanreise nach der Vorstellung des Angeklagten N. war. Denn eine Tazkiya war nur erforderlich, um sich den Einheiten des IS anzuschließen. Dass der Angeklagte N. zudem eine Erbangelegenheit innerhalb der Familie regeln wollte, ändert daran nichts. Anhaltspunkte für den beabsichtigten Aufbau einer neuen "bürgerlichen" Existenz in Pakistan haben sich dagegen weder aus den Wohnraumüberwachungen noch aus den sonstigen in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen ergeben. Insofern blieb selbst die Einlassung des Angeklagten N. farblos. Er vermochte nämlich keine konkreten Bemühungen darzulegen, die er in Pakistan unternommen hat, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Erst auf drängende Nachfrage des Gerichts hat er eine beabsichtigte Betätigung als Koranlehrer ins Spiel gebracht, ohne dies jedoch näher zu konkretisieren.

Seine weitere Einlassung, wegen einer erfolgten Durchsuchung durch Beamte des LKA R.-P. keine weitere Zukunft mehr in Deutschland gesehen und deshalb nach Pakistan gewollt zu haben, hat zwar der Zeuge I. M. N. bestätigt. Dessen Aussage ist, abgesehen davon, dass der Zeuge seine vermeintlichen Kenntnisse über die Motive ohnehin nur von seinem Vater erlangt haben kann, aber wie die Einlassung des Angeklagten in diesem Punkt nicht glaubhaft. Denn die Durchsuchung erfolgte nach dem verlesenen Durchsuchungsprotokoll erst am 14. Juni 2021. Der Zeuge I. N. musste denn auch auf Vorhalt eines Vermerks von KHK Z. über eine frühere Flugbuchung bestätigen, für den Angeklagten N. bereits für den 18. Mai 2021 ein Flug nach Pakistan gebucht zu haben, der letztlich von Seiten der Fluggesellschaft storniert wurde.

Zudem hat der Angeklagte N. in dem bereits auszugsweise zitierten Gespräch vom 22. Januar 2022 (Track 3882 Wohnraumüberwachung B.) beklagt, dass der IS seine Aufnahmekriterien hochgesetzt habe. Man könne sich nicht mehr so einfach anschließen, weil Angst vor Spionage bestehe. Er selbst habe sechs Monate gewartet. In ähnlicher Weise hat sich der Angeklagte N. auch am 15. Februar 2022 in der Wohnung B. erklärt, er habe in Pakistan sechs Monate auf eine Verbindung zum IS gewartet (Track 7776 Wohnraumüberwachung B.). Diese Aussagen belegen unmissverständlich den während des gesamten Pakistanaufenthalts bestehenden Anschlusswillen des Angeklagten an den IS.

Diese Würdigung findet eine weitere Stütze in einer Äußerung N. gegenüber L. B. am 29. Januar 2022 ab 03:12 Uhr (Track 4806 Wohnraumüberwachung B.) im Zusammenhang mit deren gescheiterten Einreisen in die Türkei im Dezember 2021 bzw. Januar 2022. Darin bringt N.zum Ausdruck, dass er, als er in Pakistan von B. erfahren habe, dass der Mitangeklagte A. S. in die Ausreisebemühungen eingeschaltet gewesen sei, dies als Chance gesehen habe, die er wahrnehmen müsse. Er habe keine Zweifel gehabt, dass (der Anschluss an den IS mit dessen Hilfe) klappen würde, und sei "in die Türkei gerannt." Anlass für das Verlassen Pakistans war demnach gerade die Eröffnung einer neuen, vermeintlich aussichtsreichen Möglichkeit zum Anschluss an den IS, was auch - jedenfalls in der Zusammenschau mit den bereits dargelegten Erwägungen - den Rückschluss nahelegt, dass auch der Pakistanaufenthalt dem Anschluss an den IS diente.

Dieses Beweisergebnis wird durch die Aussage des Zeugen I. N., er habe gewollt, dass sein Vater vor der Weiterreise nach Deutschland zunächst für eine Woche in der Türkei bleibe, weil es dort sicherer als in Pakistan sei und er Deutschland noch keine Wohnung für ihn gefunden habe, nicht erschüttert. Die Aussage ist schon für sich genommen unplausibel. Auch auf Nachfragen konnte der Zeuge nicht nachvollziehbar erklären, weshalb diese Gesichtspunkte einen Aufenthalt gerade in der Türkei erforderlich hätten machen sollen, zumal der Angeklagte N. - wie dargelegt - kein Türkisch spricht.

Die Aussage des Zeugen steht zudem in Widerspruch zu einer Äußerung des Angeklagten N. in einem in der Wohnraumüberwachung am 22. Januar 2022 aufgezeichneten Gespräch (Track 3888 ab Minute 26:52) dort antwortete der Angeklagte N. auf die Frage, ob sein Sohn über ihn Bescheid wisse:

"Aber er war nur überrascht, dass ich zuerst nach Deutschland gekommen bin und ihn gefragt habe, ob ich zu ihm kann. Hat er gesagt: Hättest du doch aus Pakistan regeln können..."

...

"Ich hab meinem Sohn nicht gesagt, dass in Türkei gehe und nicht mehr komme..."

Aus diesen Formulierungen ist mit hinlänglicher Sicherheit zu schließen, dass der Angeklagte N. seinen Sohn seinerzeit gerade nicht über die wahren Motive für den Flug in die Türkei unterrichtet hat.

Auch hinsichtlich der Pakistanreise folgt der Senat dem Angeklagten N. nicht, soweit dieser seine Äußerungen in den Wohnungen I. und B. zum Motiv der Reise als belangloses Geschwätz ohne realen Gehalt abtut. Dagegen spricht gerade bei dem zuletzt in Bezug genommenen Gespräch schon, dass B. und N. als Bezugspunkt des Gesprächs eine miteinander bereits vor den Einreiseversuchen in die Türkei im Dezember 2021/Januar 2022 geführte Kommunikation haben, die für beide eine Rolle bei den unstreitig erfolgten Flügen in die Türkei gespielt hat. Aber auch die übrigen vorstehend zitierten Gesprächsinhalte sind häufig in detailreiche Geschichten eingebettet, die durch miteinander verzahnte Handlungsstränge gekennzeichnet sind und zu unterschiedlichen Zeiten geäußert werden, ohne Widersprüche aufzuweisen. Deshalb ist der Senat überzeugt, dass die Äußerungsinhalte einen Erlebnishintergrund haben und wahrheitsgemäß sind.

3. Eingliederung der Angeklagten in den IS - Mitgliedschaft

a) Eingliederung des Angeklagten N.

aa) Vorgeschichte

(1) Ausreise 2017

Der Angeklagte N. hat eingeräumt, dass er im Februar 2017 mit dem Zug Richtung Rumänien gefahren, aber bei einer Kontrolle an der ungarisch-rumänischen Grenze an der Weiterfahrt gehindert und nach Deutschland zurückgeschickt worden ist. Diese Einlassung ist glaubhaft, da sie mit den polizeilichen Erkenntnissen übereinstimmt, wie sie der BKA-Beamte Z. bekundet hat. Dass - entgegen der Einlassung des Angeklagten - auch Ziel dieser Reise bereits Syrien war, schließt der Senat insbesondere aus dem Inhalt von im Rahmen der Wohnraumüberwachungen aufgenommenen Gesprächen, in denen der Angeklagte diese Reise in eine Reihe mit den unter A. II. 2.a) und 2.b) dargestellten Reisen mit dem Ziel des Anschlusses an den IS gestellt hat. Deutlich ergibt sich dies etwa aus der verlesenen Verschriftung des Gesprächs mit L. B. vom 26. Januar 2022 ab 14:20 Uhr (Track 4424 Wohnraumüberwachung B.), in dem sich B. und der Angeklagte N. über Auslesemöglichkeiten von Ausweisen bei Grenzkontrollen unterhalten. Dort äußert der Angeklagte N. u. a.: "Sobald du die rumänische Grenze passierst, machen sie. Die haben so kleine Computer geschenkt bekommen von diesen Deutschen. Da machen sie diese sss sii (unverständlich) wie Karte und da ist alles drin und da haben die gesagt: aussteigen. Ich war auch mit Personalausweis. Als wir erstmals 2017 abgehauen bin. Also ich hab jetzt dritte Versuch, vierte, aber komm nicht so zum Bruder. War vierte,..."

(2) Kontaktbegründung

Dass der Angeklagte N. im Zusammenhang mit einer Demonstration in M. am 2. Juni 2019 persönliche Kontakte zu Personen aus der salafistisch-islamistischen Szene aus Deutschland und der Schweiz hergestellt hat, beruht zunächst auf der Aussage des Zeugen KHK Z. Dieser hat insoweit bekundet, nach Erkenntnissen der Polizei N.-W. habe eine Demonstration aus dem rechtsextremen Spektrum gegen Salafisten mit ca. 260 Personen stattgefunden. In der salafistischen Szene sei zu einer Gegendemonstration aufgerufen worden. Der Angeklagte N. sei von der Polizei mit 19 weiteren Personen, darunter A. M. F., der der salafistisch-islamitischen Szene in H. und S. zuzurechnen ist, und der schweizerische Staatsbürger V. L., der in der Schweiz wegen einer Ausreise zum IS im Jahr 2014 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war, im benachbarten G. festgestellt worden.

Mit der Aussage des Zeugen Z. fügt sich nahtlos zusammen, dass der Angeklagte N. bei seinem Besuch in O. in der Schweiz am 11. April 2021 C. I. davon erzählte, dass er in M. von den Glaubensbrüdern begeistert empfangen worden sei, obwohl sie ihn persönlich gar nicht gekannt hätten, wie sich aus dem im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Protokoll aus der Wohnraumüberwachung Imeri, Track 439, vom 11. April 2021 ergibt.

Aus dem auszugsweise verlesenen Vermerk des Bundeskriminalamts, KK`in G., vom 26. April 2022 ergibt sich zudem, dass A. F. in Kontakt zum Mitangeklagten A. S. stand, was dieser im Übrigen auch selbst eingeräumt hat. Nach den in dem Vermerk niedergelegten polizeilichen Erkenntnissen, hatte zudem L. B. Kontakte nach H./S. und war dort jedenfalls am 21. August 2020 mit dem Mitangeklagten A. S. und A. F. zusammengetroffen.

Der Senat geht davon aus, dass der Angeklagte N. über das aufgezeigte Beziehungsgefüge letztlich auch Kontakt zu L. B. und C. I. sowie dem Mitangeklagten A. S. bekommen hat.

(3) Aufenthalte bei I. und B. im April 2021

Die Feststellungen zum Aufenthalt des Angeklagten bei I. und B. im April 2021 beruhen in erster Linie auf der Aussage von KK B., der mit der Auswertung der Wohnraumüberwachung bei I. befasst war. KK B. hat bekundet, dass bei einer Observationsmaßnahme der Schweizer Polizei beobachtet worden sei, dass der Angeklagte N. zusammen mit Imeri am 10. April 2021 dessen Wohnung in O. in der Schweiz betreten habe. Den Aufnahmen der Wohnraumüberwachung sei zudem zu entnehmen gewesen, dass bis zu N. Abreise am 12. April 2021 nur insgesamt zwei Personen anwesend gewesen seien. Die Stimmenzuordnung selbst sei durch die Kollegin W. vorgenommen worden, die sich auch sämtliche Gespräche angehört habe. Er selbst habe sich dagegen mit der inhaltlichen Auswertung der Gesprächsprotokolle befasst. Diese habe zusammengefasst die Inhalte gehabt, wie sie oben unter A.II.2.c) dargelegt sind.

Zudem habe sich den bei der Wohnraumüberwachung aufgezeichneten Gesprächen entnehmen lassen, dass I. dem Angeklagten N. erklärt habe, dieser müsse unbedingt A. Z. kennenlernen. Bei A. Z. handele es sich nach den übermittelten Erkenntnissen der Schweizer Polizei um L. B. Die Auswertung der Gespräche aus der Wohnraumüberwachung der Wohnung des B. im Januar 2022 habe tatsächlich ergeben, dass sich der Angeklagte N. unmittelbar im Anschluss an seinen Aufenthalt in O. für die Dauer von vier Tagen mit L. B. in W. getroffen habe.

Der Senat hatte keine Bedenken die Aussage des Zeugen B. seinen Feststellungen zugrunde zu legen, denn sie wird, was die Inhalte der Gespräche während des Aufenthalts N. bei C. I. betrifft, durch die Inhalte der ins Selbstleseverfahren aufgenommenen Verschriftungen aus der Wohnraumüberwachungsmaßnahme bestätigt. Der viertägige Aufenthalt des Angeklagten N. bei L. B. alias A. Z. wird zudem durch das verlesene Protokoll über eine Unterhaltung zwischen C., B. und N. vom 22. Januar 2022 ab 19:39 Uhr (Track 3880 Wohnraumüberwachung B.) belegt. Als der Angeklagte N. fragend in den Raum stellt, ob die Wohnung verwanzt sei, entspinnt sich zwischen ihm und B. nämlich folgender Dialog:

"B.: ...Ich denke, wenn`s hier Wanze gäbe, dann wäre Razzia gewesen, Verhaftung, dies, das. Dann hätten sie Beweise gehabt, dass ich dings gehen wollte. Aber haben sie nicht.

N.: "Achi, die haben auch nicht gewusst, dass ich bei Dir war. Haben sie nicht gewusst. Sie haben gesagt: "Sie waren so und so, 2 Tage in der Schweiz." Aber ich war sechs Tage hier. Bei dir vier Tage, glaube ich oder drei. Ich war bei dir drei Tage."

B.: "Sogar vier oder so."

N.: "Vier vielleicht ja. Und sie sagten mir zwei Tage. Dann dachte ich mir, ok, die haben bei mir keine Ahnung."

Dass im April 2021 der Angeklagte N. tatsächlich L. B. in der Schweiz besucht hat, passt auch zu dem von KHK Z. glaubhaft bekundeten Umstand, dass ein Telegram-Kontakt zwischen B. und N. ab diesem Zeitpunkt bestand, was naheliegend mit dem Austausch der Erreichbarkeiten bei dem Besuch erklärt werden kann.

(4) Propagandaaktivitäten des Angeklagten N. vor der Ausreise nach Pakistan

Die Feststellungen zu den ab April 2021 und vor der Ausreise nach Pakistan im Juli 2021 vorgenommenen Propagandatätigkeiten des Angeklagten N. beruhen auf den Bekundungen der BKA-Beamten KHK Z. und KOK A. sowie einem im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Vermerk der Islamwissenschaftlerin Dr. C. vom 4. März 2021. Zudem hat der Angeklagte N. diese Tätigkeiten jedenfalls im Grundsatz und pauschal unter Bezugnahme auf Akteninhalt und Anklageschrift eingeräumt und eingestanden, seine Übersetzungen unter Benutzung des Google-Übersetzers und DeepL erstellt zu haben.

KHK Z. hat ausgesagt, dass sich auf dem am 14. Juni 2021 sichergestellten Mobiltelefon XXX des Angeklagten N. drei Telegram-Accounts befanden, mit denen der Angeklagte N. - allein oder mit anderen Accounts - insgesamt 14 Telegram-Kanäle bzw. -Gruppen administrierte. In fünf der Kanäle bzw. Gruppen seien insgesamt 483 Nachrichten im Zeitraum vom 26. April bis zum 14. Juni 2021 festgestellt worden.

Ausweislich des Vermerks der Islamwissenschaftlerin Dr. C. vom 4. März 2022 fanden sich unter diesen Nachrichten eine Vielzahl von den IS befürwortenden Verlautbarungen, Meldungen über militärische Erfolge in verschiedenen IS "Provinzen" in arabischer und deutscher Sprache sowie ins Deutsche übersetzte Veröffentlichungen der IS-Medienstelle A. und des IS-Magazins A.-N.

KOK A. hat bekundet, dass die Auswertung des Browserverlaufs des Mobiltelefons XXX ergeben habe, dass täglich Übersetzungsdienste aufgerufen und für Übersetzungen englisch-deutsch und arabisch-deutsch verwendet wurden. Hinsichtlich der Eingaben beim Übersetzungsdienst "DeepL" habe sich nachvollziehen lassen, dass die dortigen Eingaben regelmäßig wörtlich mit Beiträgen übereinstimmten, die kurz darauf in den auf dem Mobiltelefon XXX festgestellten Telegram-Kanälen verbreitet wurden.

In der Zusammenschau hat der Senat die vorgenannten Beweise dahingehend gewürdigt, dass der Angeklagte N. die erwähnten Gruppen und Kanäle nicht nur administrierte, sondern auch maßgeblich - unabhängig von der Existenz möglicher weiterer Administratoren - für die eingestellten Inhalte verantwortlich war.

(5) Aufenthalt bei L. B. im Januar/Februar 2022 und Fortsetzung der Propagandatätigkeit bis zur Eingliederung in den IS

Die Feststellungen zum Aufenthalt des Angeklagten N. bei L. B. und die dort durchgeführten Übersetzungs- und Propagandatätigkeiten beruhen vor allem auf der Aussage der Kriminalhauptkommissarin W. vom BKA, die Ermittlungsführerin in dem gegen N. geführten Verfahren war. Diese hat ausgesagt, dass die schweizerische Bundesanwaltschaft seinerzeit ein Ermittlungsverfahren gegen L. B. geführt habe, in dem auch eine akustische Überwachung der Wohnung des B. erfolgt sei. Im Rahmen einer optischen Observation sei am Abend des 22. Januar 2022 zudem eine den schweizerischen Kollegen zunächst unbekannte männliche Person beim Betreten der Wohnung B. beobachtet worden. Anschließend sei in der Überwachungsmaßnahme ein bis dahin nicht aufgezeichneter Sprecher festgestellt worden. Dieser habe sich mehrfach als "A." oder "N." bezeichnet bzw. sei so bezeichnet worden. Hiervon ausgehend habe der Angeklagte N. aufgrund seiner markanten Stimme und seines von den anderen Sprechern deutlich abweichenden Akzents eindeutig identifiziert werden können, wovon sie selbst sich auch beim Abhören aller Tonaufzeichnungen aus der Wohnraumüberwachung habe überzeugen können.

Aus den aufgezeichneten Gesprächen habe sich ergeben, dass der Angeklagte N. und L. B., zum Teil auch D. C. und S. P., die sich zeitweilig ebenfalls in der Wohnung aufhielten, sich nahezu durchgängig bis zu N. Abreise am 20. Februar 2022 mit der Übersetzung und Veröffentlichung von IS-Propaganda beschäftigten. Dabei seien die genannten Personen arbeitsteilig vorgegangen, hätten die zu übersetzenden Produkte untereinander aufgeteilt, verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten diskutiert und sich gegenseitig gefertigte Übersetzungen zum Korrekturlesen gegeben. Gegenstand der Übersetzungen seien - wie auch schon in der Vergangenheit (s. vorstehend (4)) - insbesondere Artikel aus dem Online-Magazin A.-N. gewesen. Die Veröffentlichung der Übersetzungen sei dann in von B. und N. betriebenen Telegram-Kanälen erfolgt. So seien beispielsweise auf dem Telegram-Kanal "Al._..." (ID: ...) ab dem 5. Februar 2022 an aufeinanderfolgenden Tagen vier Teile des Leitartikels der A.-N.-Ausgabe 324 in Übersetzung eingestellt worden. Am 4. Februar 2022 hätten L. B. und der Angeklagte N. die Übersetzung des Leitartikels aus der A.-N. thematisiert, wobei N. abschließend bemerkt habe, dass er die Übersetzung machen werde. Aus einem früheren Gespräch habe sich zudem ergeben, dass der Angeklagte N. Ende Januar 2022 auch den Telegram-Kanal "A._..." betrieben habe. Aufgrund der frappierenden Namensähnlichkeit könne davon ausgegangen werden, dass beide Kanäle vom Angeklagten N.r betrieben worden seien.

Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Sie findet in weiten Teilen Bestätigung durch die im Selbstleseverfahren eingeführten Verschriftungen der Aufnahmen aus der Wohnraumüberwachung bei L. B.

Zudem fügt sie sich mit verlesenen Vermerken der Islamwissenschaftlerin S. vom 29. Juli 2022 über die Auswertung von Audiodateien (aus der Wohnraumüberwachung B.) bzw. die Bewertung eines Telegramkanals zusammen. Die Islamwissenschaftlerin des BKA hat unter anderem dargelegt, dass sich bei einem Vergleich des arabischen Leitartikels der A.-N.-Ausgabe 323 und einem Gespräch zwischen C. und dem Angeklagten N. am 28. Januar 2022 über die Übersetzungsarbeit habe nachvollziehen lassen, dass es um die Übersetzung des Artikels "Die Schlacht von G. und das letzte Nest (des Widerstands)", also - wie der Sachverständige Dr. S. ausgeführt hat - eines für den IS seinerzeit besonders bedeutenden Ereignisses, gegangen sei. Eine Veröffentlichung der Übersetzung sei in dem Kanal "M.`a." festgestellt worden. Dafür, dass es sich dabei tatsächlich um die Übersetzung gehandelt hat, die Gegenstand des Gesprächs zwischen dem Angeklagten N. und C. gewesen sei, spreche, dass in der gesicherten Übersetzung das arabische Wort "sanad" nicht übersetzt worden sei, sondern - wie es auch der Angeklagte N. in dem Gespräch angekündigt hatte - in der arabischen Sprache belassen wurde. Aus dem Vermerk zur Bewertung des Kanals ergibt sich, dass der Kanal "M.`a." unter dem Usernamen "A._...", also vom Angeklagten N., betrieben wurde. Der Username ist im Übrigen auch auf dem in den Auswertevermerk eingefügten Screenshot lesbar.

Schließlich fügt sich die Aussage auch stimmig mit dem durch Verlesung eingeführten Vermerk des KK G. (BKA) vom 4. Mai 2022 zusammen. Denn danach konnte auf dem unter dem dem Angeklagten N. zuzurechnenden Benutzernamen "A._..." betriebenen Telegramkanal eine vollständige Übersetzung des Leitartikels über die Erstürmung des G.-Gefängnisses aus der A.-N.-Ausgabe 323 festgestellt werden.

Die Zuordnung des Benutzernamens "A._." zum Angeklagten N. wird im Übrigen auch dadurch gestützt, dass der Angeklagte N. in einem Telegram-Chat mit dem Mitangeklagten A. S. am 12. März 2022 auf dessen Frage, welchen Kanal N. betreibe, antwortete, aktuell habe er zwei Kanäle und im Anschluss Links zu zwei Webseiten, u. a. https://t.me/A._..., an den Angeklagten A. S. versendete.

Dass der Angeklagte N. seine Propagandatätigkeit auch nach der Abreise aus der Wohnung von B. fortsetzte, beruht auf nachfolgenden Erwägungen und Beweisen:

Der Angeklagte N. hat eingeräumt, den Kanal "T._s." betrieben zu haben. Ausweislich des verlesenen Vermerks des KK G. vom 11. Oktober 2022 konnten bei einer Internetrecherche am 17. März 2022 die öffentlich einsehbaren Inhalte gesichert werden. Der Kanal habe Meldungen des IS veröffentlicht und auf Deutsch kommentiert. Überwiegend hätten die Meldungen sich auf die Ernennung des neuen Kalifen und Erklärungen der verschiedenen IS-Provinzen dazu, insbesondere Ableistungen des Treueeides, bezogen. Bei dem ersten eingestellten deutschsprachigen Post vom 11. März 2002, 23:29 Uhr, der in der Hauptverhandlung verlesen worden ist, handelt es sich um die deutsche Übersetzung des Treueeides auf den neu ernannten Kalifen.

Ferner hat die Zeugin KHK`in W. bekundet, dass sich aus der Wohnraumüberwachung bei L. B. ergeben habe, dass L. B. und C. unmittelbar nach der Veröffentlichung einer Audiobotschaft über die Einsetzung des neuen Kalifen durch die offizielle IS-Medienstelle A.-F. und wenig später einer Transkription in A.-N. am Abend des 10. März 2022 mit Übersetzungsarbeiten begonnen hätten. Am 11. März 2022 habe der Angeklagte N. mittels einer Sprachnachricht zugesagt, die Übersetzung Korrektur zu lesen. Tatsächlich seien in dem L. B. zuzuordnenden Kanal "N.De.15" eine Übersetzung bereits am 10. März 2022, eine leicht veränderte aber erneut am 13. März 2022 eingestellt worden, was den Schluss zulasse, dass der Angeklagte N. tatsächlich Korrekturarbeiten geleistet habe. Die Zuordnung des Kanals zu B.i ergebe sich daraus, dass dieser in den überwachten Gesprächen im Januar und Februar wiederholt von von ihm betriebenen Kanälen mit der Bezeichnung "N.D." und der Zufügung einer Zahl gesprochen habe. Der Senat hält die Aussage der Zeugin W. auch insoweit für glaubhaft, zumal sie teilweise durch verlesene Mitschriften aus der Wohnraumüberwachung, insbesondere jener zu Track 3880 vom 22. Januar 2022, bestätigt wird.

bb) Die Eingliederung des Angeklagten N. in den IS

Die Feststellung, dass der Mitangeklagte A. S. den Angeklagten N. in eine hier als "Diskussions- und Austauschgruppe" bezeichnete Telegram-Chatgruppe eingeladen hat, beruht zum einen auf dem entsprechenden Geständnis des Mitangeklagten A. S., zum anderen auf der Aussage des BKA-Beamten KOK A., der u. a. das beim Angeklagten N. sichergestellte Smartphone XXX ausgewertet hat. Der Zeuge hat bekundet, dass auf dem Smartphone ein Telegramchat mit einem Account mit der ID ..., der aufgrund der Inhalte dem Mitangeklagten A. S. habe zugeordnet werden können, gesichert worden sei. In dem auf Arabisch geführten Chatverkehr habe der Mitangeklagte A. S. dem Angeklagten N. angeboten, diesen wie vor wenigen Tagen schon L. B. der "Diskussions- und Austauschgruppe" hinzuzufügen. Dabei habe der Mitangeklagte A. S. die Gruppe als Zusammenschluss von Kanalbetreibern charakterisiert, die von Angehörigen des IS-Medienrates als Administratoren geleitet werde. A. S. habe dem Angeklagten N. noch am selben Abend einen Einladungslink für die Diskussions- und Austauschgruppe übersandt und N. Minuten später dem Angeklagten A. S. bestätigt, nun in der Gruppe zu sein.

Die Aussage des Zeugen A., die schon vor dem Hintergrund des diesbezüglichen Geständnisses des Angeklagten A. S. glaubhaft ist, findet auch eine Bestätigung durch den Inhalt der Übersetzungen der zwischen den Angeklagten am 12. März 2022 ausgetauschten Nachrichten aus dem Chat, soweit diese verlesen worden sind.

Diese lauten auszugsweise wie folgt:

A. S.: "A. M., es gibt eine Gruppe von Brüdern, die Kanäle besitzen. Die Gruppe wird von den Brüdern im Medienrat koordiniert. Was meinst du, wenn ich dich zu dieser Gruppe hinzufüge?" (...)

N.: "Wer ist im Medienrat?"

A. S.: "Ja, von der offiziellen Seite. (...) Soll ich dich zu uns hinzufügen? Mach dich bekannt und sage, was für einen Kanal hast du. Dann folge mit uns den Anleitungen und den Anweisungen von den Brüdern."

N.: "Das ist sehr gut. Gott ist groß."

A. S.: "Ich habe vor ein paar Tagen A. Z. zu uns hinzugefügt.

N.: "Jetzt habe ich zwei."

A. S.: "Wie Gott will. Sage, dass du deine Nachrichten in die deutsche Sprache übertragen hast. (...)

Aus dem Wortlaut der Gruppenbeschreibung ("Brüder im Medienrat", "von der offiziellen Seite") durch A. S. kann geschlossen werden, dass die Chatgruppe jedenfalls von IS-Mitgliedern geführt und administriert wurde ("koordiniert"), die dem Medienrat des IS angehörten. Der nach dieser Erklärung vom Angeklagten N. abgegebene Kommentar ("Das ist sehr gut. Gott ist groß.") zeigt zudem, dass der Angeklagte N. gerade auch begrüßte, dass die Kanalbetreiber den Anleitungen und Anweisungen der Brüder aus dem Medienrat unterstellt wurden.

Die Feststellungen zur Zusammensetzung der Diskussions- und Austauschgruppe beruhen ebenfalls auf der glaubhaften Aussage von KOK A. Dieser hat dazu ausgeführt, dass die Kommunikation innerhalb der Gruppe für den Zeitraum vom 9. April bis zum 13. Juni 2022 19:28 Uhr auf dem Mobiltelefon XXX des Angeklagten N. habe festgestellt werden können. Ergänzend sei auf dem von der Schweizer Bundespolizei am 13. Juni 2022 sichergestellt Mobiltelefon XXX von D. C. derselbe Gruppen-Chat, allerdings für den Zeitraum von zwei weiteren Stunden bis 21:36 Uhr gesichert worden. Die Gruppe habe aus etwa 50 Mitgliedern bestanden und der Koordination von IS-Propaganda gedient. Zu den wichtigsten Akteuren hätten die mit Administratorenrechten ausgestatteten Accounts mit den Anzeigenamen "M. A.-S." (Benutzername m.), "A. B." (Benutzername M.) und "A. A." (Benutzername a.) gehört. Diese hätten sehr viele Beiträge veröffentlicht, Anweisungen erteilt und seien als tonangebende Autoritäten aufgetreten. Mit dieser Aussage korrespondieren die Inhalte verlesener Chats.

Der Zeuge A. hat weiter ausgesagt, dass der Angeklagte N. bereits am 20. März 2022 in einem gesonderten Chat von einem Mitglied der Diskussions- und Austauschgruppe mit dem Accountnamen "@s.", dem aufgrund von Chatinhalten eine Person mit dem Namen "A. A." habe zugeordnet werden können, angeschrieben worden sei. A. A., über dessen Person keine weiteren Erkenntnisse vorlägen, habe den Angeklagten N. gefragt, ob dieser interessiert sei, "offizielle Nachrichten" zu übersetzen und sich dazu auch zu "verpflichten". Als der Angeklagte N. seine Bereitschaft erklärt habe, habe A. A. ihn ermahnt, dass die Arbeit Energie und Hingabe an Gott verlange und diszipliniert erfolgen müsse. Insbesondere sei die vorgegebene Übersetzungsreihenfolge strikt einzuhalten. Schließlich habe A. A. dem Angeklagten den Link zur Webseite https://i ... .co/ mit dem Bemerken übersandt, dass dort die Übersetzungen eingestellt werden sollten. Bereits am nächsten Tag habe sich A. A. erneut an den Angeklagten gewandt, um mitzuteilen, dass dieser sich an den Account @W. wenden solle, um die näheren Absprachen für die künftige Übersetzungstätigkeit zu treffen.

Auch insoweit ist die Aussage des Zeugen A. glaubhaft, weil sie durch den Inhalt des auf dem Smartphone des N. gesicherten Chatverkehrs mit dem Account "@s." des A. A., der in der Hauptverhandlung auszugsweise wie aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ersichtlich verlesen worden ist, bestätigt wird.

Aus dem engen zeitlichen Abstand zwischen dem Eintritt des Angeklagten N. in die Chatgruppe und dem Angebot des A. A. in Zusammenschau mit der Vorgabe des Mitangeklagten A. S. an den Angeklagten N., dieser solle bei seiner Vorstellung in der Gruppe sagen, dass er "Nachrichten in die deutsche Sprache übertragen" habe, schließt der Senat zudem, dass A. S. den Angeklagten N. den Vertretern des Medienrats in der Chatgruppe bereits im Vorfeld als potentiellen Übersetzer offizieller Nachrichten des IS empfohlen hatte. Dazu passt auch, dass dem Mitangeklagten A. S. offensichtlich bekannt war, dass für die Webseite https://i....co/ ein Übersetzer für die deutsche Sprache gesucht wurde. Denn als der Angeklagte N. noch am 20. März 2022 mitteilte, dass er von "@s." beauftragt worden sei, für https://i....co/, also die I. F., zu übersetzen, weil es dort bisher keine deutschen Übersetzungen gegeben habe, erklärte A. S., dass Grund dafür das Fehlen von Übersetzern sei. Der Inhalt dieser Kommunikation ergibt sich aus den verlesenen Übersetzungen der auf dem Smartphone des Angeklagten N. gesicherten Nachrichten aus dem Telegramchat mit dem dem Angeklagten A. S. zuzuordnenden Account mit der ID ... vom 20. März 2022 zwischen 17:22:37 Uhr und 17:27:37 Uhr.

Dass es sich bei der Webseite https://i....co/ der I. F. um eine "offizielle" Medienstelle des IS handelt, folgt aus den Ausführungen der Islamwissenschaftler Dr. F. und Dr. S.. Die Sachverständigen haben im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass die I. F. seit ihrem erstmaligem Auftreten 2021 eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von IS-Propaganda einnehme. Sowohl der Umfang des veröffentlichten Materials, als auch die Aktualität von Veröffentlichungen offizieller Meldungen des IS sprächen für eine enge Anbindung an den IS und mindestens die Beteiligung von Funktionsträgern des IS. Die dortigen Veröffentlichungen erfolgten regelmäßig zeitlich früher als bei anderen dem IS nahestehenden Medienstellen. In der einschlägigen Szene gelte die I. F. als authentische und verlässliche Quelle. Gleichwohl meinte der Sachverständige Dr. S. die I. F. nicht mit letzter Sicherheit als integralen Bestandteil des IS einordnen zu können, weil ihm die hinter der Medienstelle stehenden Betreiber nicht bekannt seien. Demgegenüber hat der Sachverständige Dr. F. darauf hingewiesen, dass sich auf der Internetseite selbst der Hinweis fände, dass ihr Gegenstand die Veröffentlichung aller offiziellen Botschaften und Nachrichten in verschiedenen Sprachen sei. Zudem verpflichteten sich die Betreiber, der IS-Führung und ihren Botschaften Folge zu leisten. Schließlich fände sich auf der Seite auch die Wiedergabe eines Treueeides der I. F., woraus zu schließen sei, dass die Seitenbetreiber selbst sich jedenfalls als Bestandteil des IS betrachten.

Dem Senat sind beide Sachverständige aus einer Vielzahl von Verfahren als ausgesprochen kompetente Islamwissenschaftler gerade für mit der Organisation IS zusammenhängende Fragen bekannt. Ihre Gutachten waren widerspruchsfrei und nachvollziehbar und stimmten in allen wesentlichen Punkten überein, so dass der Senat keine Bedenken hatte, ihnen zu folgen. Soweit der Sachverständige Dr. S. sich hinsichtlich der abschließenden Bewertung nicht festlegen wollte, ob die I. F. in die Organisation des IS als dessen Bestandteil integriert ist, hat er dies einzig an dem Umstand festgemacht, dass die Betreiber dieser Medienstelle, also die hinter ihr stehenden Personen, nicht bekannt seien. Der Senat ist indes gleichwohl zu der Überzeugung gelangt, dass die I. F. Bestandteil des Medienapparates des IS ist. Das folgt nicht nur aufgrund der von dem Sachverständigen Dr. F. insoweit vorgebrachten Gesichtspunkten, sondern auch aus der in vorliegendem Verfahren zu Tage getretenen Anbindung an den Medienrat des IS.

Den Feststellungen zur näheren Abstimmung hinsichtlich der Übersetzungstätigkeit für die I. F. mit A. W. und zur Aufnahme der Übersetzungstätigkeiten liegt wiederum in erster Linie die Aussage des KOK A. zugrunde, die insoweit durch die Bekundungen von KK S. und verlesene Übersetzungen von auf dem Handy XXX befindlichen Telegram-Chats ergänzt und bestätigt worden ist.

KOK A. hat diesbezüglich ausgesagt, der Angeklagte N. habe bereits am 21. März 2022 den ihn von A. A. mitgeteilten Account @W. angeschrieben, wobei er sich als "Bruder K." vorgestellt habe. Der Anzeigename dieses Telegram-Accounts habe A. W. gelautet. A. W. habe dem Angeklagten die technischen Abläufe hinsichtlich der Übersetzungstätigkeiten erläutert und dem Angeklagten inhaltliche und formale Vorgaben gemacht. Insbesondere habe A. W. den Angeklagten N. angewiesen, einen bestimmten Telegram-Bot zu nutzen, der ihn mit den zu übersetzenden Texten oder Meldungen versorge. Dem Chatverlauf sei ferner zu entnehmen gewesen, dass N. sogleich mit ersten Übersetzungen begonnen und diese bereits am 22. März 2022 übermittelt habe. Auch habe N. vorgeschlagen, für die Übersetzungen einen privaten Kanal einzurichten, in dem nur A. W. und N. sein sollten. A. W. habe dem zugestimmt. Tatsächlich sei auf dem Smartphone des N. auch ein Kanal mit dem Anzeige-Namen "E. N." festgestellt worden, in dem nur drei Accounts als Mitglieder verzeichnet gewesen seien, nämlich der bekannte Account N. mit dem Namen "m." und der Account "w.", den A. W. kurz zuvor mit dem Bemerken "extra für die Kommunikation" an N. versandt habe. Der dritte Account "V. H." habe nicht sicher zugeordnet werden können, mutmaßlich habe es sich um einen zweiten Account des Angeklagten N. gehandelt. In dem Kanal seien zwischen dem 23. März und 12. April 2022 deutschsprachige Nachrichten versandt worden. Es habe sich um Artikel aus A.-N., Titel und Texte aus Videos, in denen Siege des IS proklamiert wurden, z.B. "Soldaten der Khilafa", Meldungen der IS-Nachrichtenagentur A., Berichte aus IS-Provinzen und Texte aus Grafiken, z.B. mit dem Titel "Ernte der Soldaten" gehandelt.

KK S., der insbesondere den Kanal "E. N." ausgewertet und mit der Webseite der I. F. abgeglichen hat, hat die Ausführungen des Zeugen A. zu diesem Kanal bestätigt und ergänzend bekundet, dass nur der Angeklagte N. als Administrator Inhalte in den Kanal habe einstellen können. Der Zeuge hat weiter ausgesagt, er habe die deutschsprachigen Inhalte der im September oder Oktober 2022 gesicherten Webseite der I. F. mit den im Kanal "E. N." versandten Nachrichten abgeglichen. Dies habe ergeben, dass alle deutschen Texte auf der Webseite der I. F. mit den Nachrichten im Kanal "E. N." vollständig übereingestimmt hätten. Die in den Kanal eingestellten Übersetzungen seien regelmäßig etwa 15 bis 20 Minuten nach Einstellung unverändert auf der Webseite der I. F. veröffentlicht worden. Insgesamt habe es sich um 145 Dokumente gehandelt. Zwei Übersetzungen seien doppelt eingestellt worden, so dass die tatsächliche Zahl der Übersetzungen 143 betragen habe. Die Übersetzungen seien zwischen dem 23. März und dem 12. April 2022 veröffentlicht worden. Auf der Webseite datiere kein deutschsprachiger Beitrag vor dem 23. März 2022. Inhaltlich habe es sich überwiegend um Berichte und Meldungen über militärische Erfolge, Anschläge und Tötungen in verschiedenen Provinzen des IS, insbesondere in Afrika, gehandelt. Auch Infografiken aus A. N. seien übersetzt worden.

Die Aussagen der Zeugen A. und S. sind glaubhaft. In weiten Teilen bestätigen sie sich, in anderen Teilen fügen sie sich ohne Brüche zusammen. Die Bekundungen des Zeugen S. erscheinen als besonders verlässlich, weil seine Vernehmung auch unter Vorhalt einer Vielzahl von von dem Zeugen gefertigter Screenshots der auf der Webseite der I. F. veröffentlichten Nachrichten erfolgt ist. Die Aussage des Zeugen A. ist auch zu diesem Komplex durch in diesem Zusammenhang verlesene Übersetzungen der Chatnachrichten bestätigt worden.

cc) Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten N. zur Eingliederung

Dass der Angeklagte N. entgegen seiner Einlassung sich sehr wohl bewusst in die Organisation des IS eingliedern und als ihr Angehöriger sich für diese betätigen wollte, nicht nur diese von außen als Sympathisant fördern wollte, schließt der Senat aus einer Vielzahl von Indizien, insbesondere auch aus mehreren Äußerungen des Angeklagten selbst in verschiedenen Chats.

Bereits die Art und Weise des Abschlusses der Vereinbarung mit A. A. (s. vorstehend unter (6)), wobei A. A. den Angeklagten N. ermahnte, diszipliniert vorzugehen, Hingabe an Gott einforderte und verlangte, dass N. sich zu der Tätigkeit "verpflichtet", spricht dafür, dass es hier um die Tätigkeit innerhalb eines großen Ganzen ging. Da A. A. auch ausdrücklich klargestellt hatte, dass "offizielle Nachrichten" übersetzt werden sollten, drängte sich für den Angeklagten N. der Schluss geradezu auf, dass es nun nicht mehr um eine "freie Übersetzertätigkeit aus eigenen Antrieb", sondern um eine Tätigkeit innerhalb des Medienapparates des IS ging. Das gilt umso mehr, als davon ausgegangen werden kann, dass dem Angeklagten aufgrund seiner früheren Propagandatätigkeiten die I. F. als Medienstelle des IS bekannt war. Jedenfalls vor dem Hintergrund des dem Angeklagten von dem Mitangeklagten A. S. mitgeteilten Umstandes, dass die Diskussions- und Austauschgruppe von Mitgliedern des IS-Medienrates geleitet wurde, kann davon ausgegangen werden, dass dem Angeklagten klar war, dass er sich in diesem Moment in den Medienapparat des IS und damit auch in den IS als solchen eingliederte.

Diese Würdigung wird durch diverse Äußerungen in verschiedenen Chats und in einer Sprachnachricht gestützt.

So erklärte der Angeklagte N. in dem bereits erwähnten Chat vom 20. März 2022, in dem er dem Mitangeklagten A. S. mitteilte, dass er mit der Nachrichtenübersetzung beauftragt wurde, er habe "Angst gehabt, eine solche Verantwortung zu übernehmen". Es handele sich um eine hervorragende Verantwortung.

In einem Chat in der sog. "Schlichtungsgruppe" (s. dazu näher unten) vom 10. April 2022, der in der Hauptverhandlung verlesen worden ist, bezeichnete der Angeklagte N. A. W. ausdrücklich als seinen "E.", unter "dessen Kommando" er stehe.

In einer im Rahmen der Wohnraumüberwachung bei L. B. am 24. März 2022 aufgenommenen Sprachnachricht (Track 11868), die ersichtlich im Zusammenhang mit dem Streit zwischen N. einerseits und B., C. und T. andererseits über die gemeinsame Übersetzungstätigkeit steht, äußerte der Angeklagte N. u. a.:

"... Die sind nicht dumm. Sie sind D. ... Die haben irgendwas gesehen und dann haben sie gesagt, ja machst du..."

Mit anderen Worten erklärte der Angeklagte N. also, seine Auftraggeber seien von D., also dem IS.

Das ergibt sich auch aus zwei verlesenen Chatnachrichten vom 31. März 2022 ebenfalls im Zusammenhang mit dem Streit über die Übersetzungsarbeiten im Chat mit T. (Chatbeiträge 615 und 618, SA Bd. V.2, Bl. 50), in denen der Angeklagte N. ausführte:

"Du und A. I.!

Willkommen bei euren Übersetzungen, werden als solche weitergegeben, und wenn die Brüder es besser finden, werden sie dich mit der Arbeit beauftragen und ich habe jetzt habe mein Job unabhängig von der Übersetzerqualität dann getan und erledigt. Aber gleichzeitig habt ihr D. damit beschuldigt, sie für dumm gehalten, dass sie sich an mich gewandt haben."

Und weiter:

"Du hast immer meine Übersetzung gut beurteilt. Jetzt sagst du, dass sie ein Chaos ist. Fürchtest du nicht von dem Gott? Beschuldige nicht deine Brüder, dass sie zum Islamischen Staat gekommen sind ohne eine Prüfung. Sie haben doch diesen Vorgang untersucht."

Auch hier bringt der Angeklagte N. unmissverständlich zum Ausdruck, dass er davon ausgeht, vom Islamischen Staat beauftragt worden zu sein.

In dem verlesenen Post in der Telegram-Gruppe A.-H. vom 22. März 2022 teilte der Angeklagte mit, dass er gefragt worden sei, ob er Nachrichten auf Deutsch für "Medien" übersetzen würde, was aus dem Gesamtzusammenhang so zu verstehen ist, dass mit "Medien" eine offizielle Medienstelle des IS gemeint ist, weil N. bekannter Weise in der Medienarbeit bereits zuvor aktiv war. Ersichtlich wird das auch in der Gruppe so verstanden, weil im Folgenden diskutiert wird, welche offiziellen Medienstellen der IS betreibt.

In der Zusammenschau der vorgenannten Indizien verbleiben zur Überzeugung des Senats keine Zweifel, dass der Angeklagte sich bei der Zusage gegenüber A. A. bewusst war, sich damit in den Medienapparat des IS einzugliedern, und sich fortan als dem IS zugehörig betrachtete.

dd) Weitere Betätigung im Zusammenhang mit dem IS

- Gründung von A. H. und Streit

Auch die Feststellungen zur Gründung der Medienstelle A.-H. (E.) durch den Angeklagten N. im Zusammenwirken mit L. B., D. C. und T. beruhen auf der Aussage von KOK A., der bei der Auswertung des beim Angeklagten N. sichergestellten Smartphones XXX eine in der Nacht zum 22. März 2022 von L. B. eingerichtete Telegram-Gruppe mit den genannten Teilnehmern festgestellt hat. Er hat bekundet, dass in der Gruppe, die nur vier Tage existiert habe, Übersetzungsarbeiten zu Propagandazwecken für den IS diskutiert worden seien. Zudem sei es um die Entwicklung eines Logos für A.-H. gegangen, das von der Gestaltung her einen schnell erkennbaren Bezug zum IS habe aufweisen sollen, wobei in dem Chat für IS die bekannte Abkürzung "d." für D. verwandt worden sei. Zudem habe der Angeklagte N. die Gruppenmitglieder unterrichtet, dass er nunmehr für "I." übersetze und um Unterstützung gebeten. In der Folge habe N. mehrere Übersetzungen in die Gruppe eingestellt und die anderen Gruppenteilnehmer zum Korrekturlesen aufgefordert. Zu diesen Texten hätten der Leitartikel aus der 330. Ausgabe des A.-N.-Magazins und ein Artikel über Kriege der Kreuzfahrer untereinander gehört. Beim letztgenannten Artikel habe zudem nachvollzogen werden können, dass er in leicht abgewandelter Form von N. an A. W. weitergeleitet worden sei. Dem bereits erwähnten Chatverkehr zwischen A. W. und N. sei auch zu entnehmen gewesen, dass die geplante Einrichtung einer Medienstelle "A. H." mit diesem abgesprochen worden sei und N. ihm auch das entworfene Logo übermittelt habe.

Es sei dann in der Gruppe Streit über Qualität und Abläufe bei den Übersetzungsarbeiten sowie die Führungsrolle innerhalb der Gruppe entbrannt, der zum Austritt von B. und C. aus der Gruppe am Morgen des 25. März 2022 und zur Einstellung des Gruppenchats geführt habe.

Der Senat hatte keine Bedenken der Aussage des Zeugen An. auch zu diesem Komplex zu folgen und entsprechende Feststellungen zu treffen. Denn auch diese Aussage konnte durch verlesene Chatnachrichten in weiten Teilen nachvollzogen werden, wurde zudem bezüglich des Logos von A.-H. von KK S. bestätigt, der ergänzend bekundet hat, dass dieses Logo sich auch auf drei der deutschsprachigen Beiträge auf der Webpräsenz der I. F. gefunden habe. Auch dies hat der Senat durch Inaugenscheinnahme des Logos "A.-H. D. M.", das aus einem arabischen Schriftzeichen auf rotem Untergrund und dem Schriftzug A.-H., darunter ein graues Feld mit dem Schriftzug D. M. besteht, und der auf der Webseite der I. F. am 23. März 2022 um 02:07:08 Uhr, am 28. März um 02:08:32 Uhr und um 02:12:41 Uhr veröffentlichten Beiträge nachvollzogen. Bezüglich des Aussehens des Logos wird zur näheren Darstellung der Einzelheiten auf die Abbildung in der Sachakte, Band V.1.1, Bl. 7, gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO verwiesen.

- Streitschlichtung

Auch die Feststellungen zum Schlichtungsverfahren in dem Streit der A.-H.-G. beruhen vorrangig auf der Aussage des Zeugen KOK A.. Dieser hat insoweit bekundet, auf dem Smartphone XXX des N. seien auch zwei Telegram-Gruppen mit dem arabischsprachigen Anzeigenamen "Wenn ihr über etwas in Uneinigkeit geratet, gehört die Entscheidung darüber Allah" gefunden worden, die im Verfahren zur Vereinfachung als Schlichtungsgruppe bezeichnet worden seien. Zu den Mitgliedern dieser Chatgruppe und dem Chatverlauf hat der Zeuge so ausgesagt wie festgestellt.

Die Aussage des Zeugen war auch insoweit glaubhaft. Denn auch zu diesem Komplex konnte sie an Hand verlesener Chatnachrichten nachvollzogen werden.

Dass das eingeleitete Schlichtungsverfahren auf eine Beschwerde von B. und T. zurückzuführen war, schließt der Senat aus dem im Selbstleseverfahren eingeführten Gespräch aus der Wohnraumüberwachung B. vom 1. April 2022, 12:48 Uhr, Track 12663. Dort heißt es:

B.: "Ich schreibe gerade mit dem m. Der T. hat jetzt auch k., also wir beschweren uns jetzt, wir stoppen jetzt."

C.: "Ich teile auch nicht mehr."

B.: "Also, ich habe gestern dem m. geschrieben. Jetzt müssen wir

schauen, dass wir in Kontakt bleiben, a."

Dazu passt, dass T. (A.-M.) unmittelbar nach Einrichtung der Schlichtungsgruppe in diese am 9. April 2022 um 22:23:05 Uhr postete:

"Gelobt sei Gott, Bruder A.-M., wie du es gewünscht hast, wurde die Gruppe eröffnet."

Die Feststellung des Befehls von A. B. an den Angeklagten N. vom 12. April 2022, keine weiteren Übersetzungen mehr zu veröffentlichen, bis A. A. eine Entscheidung in dieser Angelegenheit treffe, beruht auf dem verlesenen Chat. Zudem hat der Angeklagte N. das Veröffentlichungsverbot in seiner Einlassung bestätigt. Dass der Angeklagte N. das von A. B. ausgesprochene Veröffentlichungsverbot akzeptierte, ergibt sich nicht nur aus der oben dargelegten Beendigung des Einstellens deutschsprachiger Beiträge auf der Webseite der I. F., sondern wird auch durch Chatbeiträge des Angeklagten N. belegt. So antwortet der Angeklagte N. im Telegram-Chat mit A. W. ausweislich der verlesenen Übersetzungen der Einträge 1362 und 1363 vom 22. April 2022, 14:27:52 bzw. 15:51:26 Uhr, auf dessen Nachfrage, warum er aufgehört habe zu posten, dass er nicht selbst damit aufgehört habe, vielmehr A. B. dies befohlen habe und er darauf warte, dass A. A. ihm erlaube, zu seiner Arbeit zurückzukehren. In der Schlichtungsgruppe postete der Angeklagte am 16. April 2022 in Zusammenhang mit der Ankündigung der Neustrukturierung der Medienarbeit durch A. A., dass er, N., "wegen des Konflikts von der Arbeit ausgesetzt" sei, zuvor aber mit A. W. in der Koordinierung der Nachrichten und der Infografik tätig gewesen sei (Chatbeitrag 140, 20:42:01 Uhr, durch Verlesung eingeführt).

- Fortsetzung von vereinigungsbezogenen Betätigungen trotz des Veröffentlichungsverbotes

Dass der Angeklagte selbst das vorläufige Veröffentlichungsverbot nicht als Beendigung seiner Organisationszugehörigkeit aufgefasst hat, ergibt sich ebenfalls schon aus vorstehenden Chats, die deutlich zum Ausdruck bringen, dass der Angeklagte N. nur von einer vorübergehenden Einstellung der Veröffentlichungstätigkeit ausging.

Dazu passt auch, dass der Angeklagte N. am 3. Mai 2022 direkt bei A. A. in einem Telegram-Chat nachfragte, wann mit einer endgültigen Entscheidung in dem Streitfall zu rechnen sei, weil er dem Aufruf A. B. zur Beteiligung an der Medienarbeit folgen wolle. Diese Tatsache ist durch Verlesung der Übersetzung des ersten Beitrags im Telegram-Chat mit A. A., "a., ID ...", belegt.

Ferner hat KOK A. bekundet, dass er bei Auswertung des sichergestellten Smartphones XXX festgestellt habe, dass der Angeklagte N. sich nach dem 16. April 2022 bis zu seiner Festnahme noch mit 149 Chatbeiträgen an der Diskussions- und Austauschgruppe beteiligt habe. Es habe sich zudem nachvollziehen lassen, dass er andere Chatteilnehmer in Medienfragen beraten habe, wofür er zum Teil auf Einzelchats ausgewichen sei. Zudem sei ein weiterer Telegramchat mit einem vorgeblichen A. S. ausgewertet worden, der habe erkennen lassen, dass A. S. und N. gemeinsam an Übersetzungen u. a. von A.-N.-Ausgaben arbeiteten. Auf die Frage A. S., wann endlich die Veröffentlichungen erfolgten, nachdem nunmehr doch schon mehrere Artikel und Infografiken übersetzt worden seien, habe der Angeklagte N. erklärt, er wisse das auch nicht. Wenn es so weit sei, würde alles auf einmal veröffentlicht.

Auch diese Aussage, die sich ebenfalls an Hand von verlesenen Chats in weiten Teilen nachvollziehen ließ, ist glaubhaft. Exemplarisch sei dies an den Chateinträgen 864 - 873 vom 2. Mai 2022 aus dem Telegram-Chat mit dem Benutzernamen "3773ge8", ID ..., aufgezeigt:

N.: "Zur Erinnerung: A. du solltest dein Teil der Arbeit bitte fertig bringen...Einleitung der Nummer 338. Und Nr. 340 ganze... Ich bin bald mit Nr. 339 ganze bald fertig...Wichtig ist nach der Reihe, zuerst 338 zu Ende machen...(...)"

A. S.: "A. wann werden die Artikel veröffentlicht? Es wurden mehrere bis jetzt übersetzt. Und auch die Infografiken"

N.: "Keine Ahnung. Aber wenn es zu weit ist, werden dann unmittelbar alle vorhandenen Sachen veröffentlicht...deshalb mache ich die ganze Zeit diese Arbeit mit dir...Aber wann genau, kann ich wirklich nicht sagen, es kann paar Woche oder etwas mehr hinziehen. A. wenn du möchtest, kannst du die Mitarbeit deinerseits einstellen, bis die Sache mit der Veröffentlichung beginnt...ich mache es dann alleine weiter...(...) N.ED340.pdf""

Aus Vorstehendem ergibt sich zwanglos, dass der Angeklagte N. nach Anordnung des vorläufigen Veröffentlichungsverbots weiterhin Übersetzungsarbeiten für den Medienapparat leistete, um die Übersetzungsprodukte nach der von ihm erwarteten Aufhebung des Verbots der Veröffentlichung zügig zuführen zu können. Besonders augenfällig wird das fortbestehende Zugehörigkeitsgefühl und die Bereitschaft zur weiteren Mitarbeit schließlich an einem Chatverlauf in der Diskussions- und Austauschgruppe am 12. Juni 2022, als A. B. die Neustrukturierung der Medienarbeit und eine Aufteilung in Brigaden mit bestimmten zugewiesenen Aufgaben ankündigt, wobei jeder Brigade ein Führer ("Prinz") vorstehen solle. Auf die Frage, wer für diese Arbeit bereit sei, antwortete der Angeklagte N. ausweislich des verlesenen Chatbeitrags 9796 umgehend mit "Bereit". Dieser Vorgang belegt zugleich, dass trotz des Verbotes zur Veröffentlichung der Angeklagte N. auch weiterhin als einer der ihren von von den Gruppenverantwortlichen aus dem Medienrat angesehen wurde.

b) Eingliederung des Angeklagten A. S.

aa) Eingliederung i. e. S.

Die Würdigung des Senats, dass der Angeklagte A. S. nicht nur als Außenstehender die Organisation des IS förderte, sondern in diese integriert war und von anderen Mitgliedern als zugehörig betrachtet wurde, stützt sich insbesondere auf die Rolle, die der Angeklagte innerhalb der sog. Diskussions- und Austauschgruppe und der Schlichtungsgruppe einnahm, seine Kontakte auch zu IS-Angehörigen im Kerngebiet der Organisation und seine Rolle bei der T.-Erteilung im Zusammenhang mit den gescheiterten Versuchen B. und N. im Dezember 2021 bzw. Januar 2022 zum IS zu gelangen. Grundlage der Würdigung sind vor allem verlesene Übersetzungen von Chatnachrichten bzw. im Selbstleseverfahren eingeführte Verschriftungen aus der Wohnraumüberwachung bei L. B.

(1) Die Rolle in der Diskussions- und Austauschgruppe

Aus verschiedenen Chatbeiträgen in der Gruppe lässt sich schließen, dass der Angeklagte A. S., dessen dort verwandte Accounts hatten die ID ... und ..., innerhalb der Gruppe besonderes Ansehen genoss und eine herausgehobene Position innehatte.

So teilte A. B. a.-S. (Account-ID ...), einer der Administratoren und wie oben ausgeführt Angehöriger des Medienrates, am 1. Juni 2022 mit den Beiträgen 6811 und 6816 mit, dass er eine Liste von besonders zu empfehlenden Mitgliedern der Chatgruppe einstelle, wobei er bemerkte: sie zu empfehlen "soll kein Angriff auf andere bedeuten. Im Gegenteil: Alle sind gut und geeignet. Aber jene sind eine Fackel der Aktivität, des Hörens und Gehorchens. Und wenn man mich fragt, dann verbürge ich mich für sie." An prominenter Stelle, nämlich mit der nachfolgenden Nachricht, benannte er sodann den Angeklagten A. S. (@O._ex).

Ein anderer Nutzer forderte den Angeklagten A. S. mit Chatbeitrag vom 19. Mai 2022 auf, für den Rauswurf eines Betrügers zu sorgen, schrieb dem Angeklagten also eine Stellung zu, dies bewirken zu können. Die Nachricht (4205) lautet:

"@o._ex

Mein Bruder, lass die ,Aufklärung' ihn rausschmeißen und bekanntmachen. Sie gaben ihm Chance, nachdem er sie betrogen hatte. Und vergiss nicht den Artikel unseres Bruders A. B., Gott schütze ihn!"

Am 29. Mai 2022 stellte ein weiteres Chatmitglied folgenden Beitrag (6072) ein:

"...Wir werden eine Gruppe machen und ihr eine große Anzahl von helfenden Brüdern hinzufügen. Von ihr aus beginnen wir mit der Veröffentlichung von Erklärungen/Anzeigen und Hinweisen für sie mit dem Ziel, sie zu schwärzen und zu vermehren und mit ihnen die Social-Media-Plattformen zu sprengen. Es wird eine Reihe von ausgewählten Brüdern der Gruppe geben, wenn sie die Anforderungen für die Hilfe und ständige Aktivität auf den Kommunikationsplattformen erfüllen..."

In der anschließenden Nachricht wurde neben den Administratoren und Medienratsangehörigen M. A.-S. und A. B. ausschließlich der Angeklagte A. S. um seine Meinung dazu gefragt (Chatbeitrag Nr. 6076):

"@M._20 @O._ex @m. @O._ex Was haltet ihr davon?"

Auch dieser Post spricht für eine herausgehobene Stellung mit Einfluss.

Auch dass der Angeklagte A. S., wie er im Übrigen auch selbst eingeräumt hat, in der Lage war, den Angeklagten N. und L. B. der Diskussions- und Austauschgruppe hinzuzufügen (s. dazu bereits oben unter B II. 3. a) bb) (1), zeigt, dass der Angeklagte A. S. besonderen Einfluss hatte. Dies gilt umso mehr, als KOK A. bekundet hat, dass er bei Auswertung der Chatgruppe festgestellt habe, dass dies in der Regel A. B. a.-S. vorbehalten gewesen sei, der im Auswertezeitraum 31 Telegram-Accounts dem Gruppenchat hinzugefügt habe.

(2) Die Rolle in der Schlichtungsgruppe

In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Angeklagte A. S. bereits vor "offizieller" Einrichtung der Schlichtungsgruppe gewissermaßen ermittelnd tätig geworden ist. Dies kann aus dem Inhalt einer im Rahmen der Wohnraumüberwachung B. aufgenommenen Sprachnachricht A. S. gefolgert werden, in der dieser um die Kontaktdaten T. bat, weil dessen Zeugenbefragung in Betracht käme. Die Nachricht (Track 12785 aus der Wohnraumüberwachung B., 3. April 2022 ab 02:46 Uhr) lautet:

"Gib mir die Code von Bruder T. (phon.), dann (...) Bruder ist die ein Zeuge M. und er weiß besser als ihr, was ist passiert genau. Dann die können mit ihm vielleicht fragen oder reden und so."

Wie sich aus einer weiteren vom Angeklagten A. S. an L. B. übermittelten Sprachnachricht (Track 13391 aus der Wohnraumüberwachung B.) vom 9. April 2023, ab 00:38 Uhr, also noch vor Einrichtung der Schlichtungsgruppe, ergibt, wusste der Angeklagte A. S. schon zu diesem Zeitpunkt, dass in den nächsten Tagen ein Gespräch mit einem Richter und dem Angeklagten N. ansteht, und brachte als Richter A. A. ins Spiel. Auch dies spricht für eine enge Anbindung an die Führung der Diskussions- und Austauschgruppe und damit an den Medienrat, zumal A. A., wie oben bereits dargelegt, tatsächlich zur endgültigen Entscheidung des Streits in der Folge berufen wurde. Die Sprachnachricht lautet auszugsweise wie folgt:

"... Wir haben die Tage mit einem Richter Gespräch mit A. M. (phon.), der hat organisiert. Wer ist die Richter? A. A. A. (phon.)?"

Im Rahmen der Streitschlichtung wurde dem Angeklagten A. S. auch materiell vom Ermittlungsführer A. B. (s. dazu bereits oben) eine besondere Bedeutung beigemessen. So fügte A. B., nachdem T. und N. ihre Sicht der Dinge dargelegt hatten und er das vorläufige Veröffentlichungsverbot für N. verhängt hatte, A. S. am 12. April zur Schlichtungsgruppe hinzu und forderte ihn zur Stellungnahme auf (Chateinträge 69, 70, 73):

A. B.: "Willkommen U. Bitte lies die Nachrichten oben. Dann sag deine Meinung aus und du sollst wissen, dass dies ein Zeugnis ist, nach dem du von Gott gefragt wirst. Es ist eine große und gefährliche Angelegenheit."

A. S.: (...) Erledigt mein lieber Bruder, ich habe alles gelesen."

Noch am 12. April 2022 gab der Angeklagte A. S. seine Stellungnahme (Chateinträge 102 und 108) ab, die einerseits die Unterordnung des Angeklagten unter die Führungspersönlichkeiten der Gruppe, andererseits seine übergeordnete Position gegenüber den Streitbeteiligten erkennen lässt. Zudem spricht der Textinhalt auch für eine direkte Einbindung der Angeklagten in die offizielle Medienarbeit des IS und damit auch für die Eingliederung der Angeklagten in die Gesamtorganisation. Die Stellungnahme lautet wie folgt:

"... Ich bitte Allah, unsere Herzen zu reinigen, unsere Angelegenheiten zu erleichtern und ein klares Kapitel über uns zu öffnen. Ich bitte Allah, unserem Bruder A. B. zu vergeben, dass er mich mit dieser großen Verantwortung betraut hat.

Mit der Ankunft des Kalifats in allen Teilen der Welt mussten die Leute, die sich für die Religion eingesetzt haben darüber berichten. Das Problem beschränkte sich nicht nur auf A., M., A. und Ausländer, sondern sie waren ein festgefügtes Mauerwerk, wie Gott der Allmächtige uns befohlen hatte.

Jede Person. die das Kalifat unterstützt und seinen Weg eingeschlagen hat, begann, sein Volk mit dieser erhabenen Botschaft anzusprechen. Daher spezialisierten sich die Brüder in den Medien darauf, den Aufruf auf organisierte Weise zu veröffentlichen. Einige Brüder standen nicht in Kontakt mit den Medieninstituten und haben individuell gearbeitet.

Was meine beiden gegnerischen Brüder hier angeht, sage ich:

Lieber Bruder S., Gott beschütze dich, wenn die Worte der Brüder wahr sind, dass es grammatische Fehler in Übersetzungen, Transkripten und Nachrichten gibt, dann musst du freundlich zu deinen Brüdem sein und ihren Ratschlägen in dieser Hinsicht zuhören.

Ich schwöre bei Gott, dass ihr mit Deutschland, der Schweiz und Osterreich einen wichtigen und großen Ort deckt. Sie alle haben die gleiche Sprache. Versucht so viel wie möglich, Ihre Worte und Texte zu wählen. Möge Gott uns Standhaftigkeit schenken.

Brüder A. Z. und A. l., seid gut zu eurem Bruder S.! Brüder, er arbeitet hart, mal macht er das richtig und mal nicht. Wir alle sind Menschen und

Vollkommenheit ist nur für Gott .

Seid nett zu einander und erinnert euch an Gottes Worte:

"M. ist der Gesandte Gottes und diejenigen, die mit ihm sind. sind untereinander sehr barmherzig, jedoch sehr hart gegenüber den Ungläubigen".

So seid starke Brüder gegenüber den Ungläubigen und nett und barmherzig zu einander.

Gott weiß es am besten!"

"Es wird gut, so Gott will. Die verehrten Brüder unter uns sind kenntnisreicher und leistungsfähiger als wir in Wissenschaft und Jihad.

Wartet bis sie etwas sagen, dann bleibt es uns übrig nur zu gehorchen! Ob sie dabei für uns oder gegen uns entscheiden.

Brüder; ich schwöre, wir werden nur vorankommen, indem wir unseren Emirs zuhören und gehorchen.

Und ich schwöre, wir werden in unseren Werken nicht erfolgreich sein, wenn sie nicht alleine für die Sache Gottes sind.

So hört jetzt mit der Diskussion aus und lässt die Brüder,

A. B.

M.

A. A.

Und Bruder A.-Q. entscheiden."

Wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung zur Eingliederung des Angeklagten N. dargelegt, reagierte dieser auf die vorstehenden Ausführungen des Angeklagten A. S. mit dem Chateintrag 105 in der Schlichtungsgruppe (2/2) wie folgt:

"Ich schwöre bei Gott, dass du mich mit deinem Worten glücklich gemacht hast.

Ich bin dazu verpflichtet, dir zu gehorchen und deine Befehle zu befolgen..."

Diese Antwort lässt unzweifelhaft erkennen, dass N. den Angeklagten A. S. als ihm übergeordnet betrachtete ("verpflichtet, dir zu gehorchen"). Gerade vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte N. deutlich lebensälter ist und sich auch schon viel länger im jihadistisch-islamistischen Milieu bewegt, liegt es nahe, dass der Grund für das Über-/Unterordnungsverhältnis in der Stellung innerhalb einer gemeinsamen Organisation liegt. Da sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der Angeklagte N. dem Angeklagten A. S. innerhalb einer unabhängigen Mediengruppe zugearbeitet haben könnte, drängt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf, dass der Grund in der unterschiedlichen Stellung im IS zu sehen ist.

(3) Mitwirkung an der T.-Erteilung für L. B. und den Angeklagten N.

Ein weiteres Indiz für die Eingliederung in den IS ist die Mitwirkung des Angeklagten A. S. bei der Erlangung der T. für L. B. und den Angeklagten N. (s. o. Feststellungen A. II. 2. c).

Die Zeugin KHK`in W., die maßgeblich die Wohnraumüberwachung bei L. B. ausgewertet hat, hat insoweit bekundet, aus Äußerungen B. in einem Gespräch mit dem Angeklagten N. (A. M.) am 31. Januar 2022 habe sich unmissverständlich entnehmen lassen, dass A. O., wobei es sich um den Angeklagten A. S. gehandelt habe, ihn unterstützt habe, als er ein Gespräch per Telefon mit einem Vertreter des IS zwecks Erlangung der T. für die Einreise nach Syrien zum IS geführt habe. Dem Gespräch habe sich auch entnehmen lassen, dass B. und N. ihm große Bedeutung für das Gelingen der Einreise zum IS beigemessen hätten. Zudem habe B. ausgeführt, dass sein Gegenüber vom IS viele Fragen gehabt habe. Alles habe wohl 30 Minuten gedauert. N. habe darauf erwidert, dass sein T.-Gespräch sehr kurz gewesen sei, ihm seien nur zwei, drei Fragen gestellt worden. Dies hätten B. und N. u. a. darauf zurückgeführt, dass insbesondere der Angeklagte A. S. sich in dem offenbar vorhergegangen T.-Gespräch B. bereits für den Angeklagten N. verwandt habe. In einem früheren Gespräch vom 23. Januar 2022 habe N. berichtet, dass der Angeklagte A. S. (A. O.) ihn aufgefordert habe, im Falle des Scheiterns der Ausreise zum IS ihm unbedingt die Details mitzuteilen, weil so die Brüder, die die Ausreisen organisatorisch unterstützten, ihre Kenntnisse und Strukturen verbessern könnten. L. B. habe darauf bestätigt, dass der Angeklagte A. S. dieses Ansinnen auch an ihn gerichtet habe. Da L. B. und der Angeklagte N., wie die weiteren polizeilichen Ermittlungen ergeben hätten, tatsächlich im Dezember 2021 bzw. Januar 2022 in die Türkei geflogen seien, sei davon auszugehen, dass ihnen tatsächlich die T. erteilt worden sei.

Vorstehende Aussage ist glaubhaft. Sie wird insbesondere durch die im Selbstleseverfahren eingeführten Verschriftungen der Gespräche aus der Wohnraumüberwachung B. bestätigt. So lautet die Verschriftung des von der Zeugin geschilderten Gesprächs vom 31. Januar 2022, ab 01:04 Uhr (Track 5132):

B.: "Damals, als ich gegangen bin, wir haben mit so einem Bruder telefoniert von M. (phon.), von unten, er hat, damit er für mich T. macht für D. A., er hat so viele Fragen, weißt du, also er, A, O, (phon.) und ich, so mit übersetzen halt. Haben wir geredet, dies, das und ein Frage war: Ah, warum, warum, warum bist du für D,? ... Ich hab gesagt, ja weil ähhh, äh, die Kalifa der Imane (phon.) ist verpflichtend oder? Ist Pflicht. D. ist die einzige J. (phon.) die die Scharia etabliert und für sie kämpft. Einzige J. (phon.) mit der richtigen A. und (unverständlich),

dies, das. Ich war so kurz nervös, ich hab` gedacht, was soll ich jetzt sagen."

N.: "Und, und waren die Fragen so zehn Stück oder weniger? "

B.: "Ja, A., wir haben so `ne halbe Stunde geredet oder so, ja, war schon paar Fragen. Alles Mögliche. Er hat auch gefragt, was für Schule ich gemacht habe, wo. Also nicht wo, aber was für Schule und so, dies, das. Wer meine Familie sind. Ob ich früher Militär war, dies das. Was ich kann, was ich gelernt habe. Ja, viele Dinge."

N.: "Aber wegen Dir haben sie mir dann geglaubt, praktisch. Mich haben sie gar nicht gefragt. Nur ein paar Fragen (...) Sie haben gesagt, ob ich eine Gruppe vorhin gehört habe."

B.: "Ja, weil ich habe für dich quasi komplett das gegeben. Ich habe gesagt, A. M., ich habe direkt gesagt, ein Bruder A. M. (Phon.), am Telefon ich hab` dann gesagt wegen M., A. O. hat ihm auch gesagt nochmal, es gibt ein Bruder, dies das. (...)"

N.: "Sie haben mich nicht viel gefragt."

B.: "Vielleicht deswegen."

N.: "Nur ein paar Fragen."

B.: "Vielleicht deswegen, ja."

...

N.: "Mich haben sie 2 Minuten, 3 Uhr, mehr nicht."

Das vorstehende Gespräch belegt zwar zunächst ohne weiteres nur, dass B. mutmaßte, dass die Kürze der Befragung N. in der Verwendung für diesen durch ihn und den Angeklagten A. S. begründet sein könnte. Es erscheint indes wenig wahrscheinlich, dass das befragende IS-Mitglied dem Wort einer ihm bis dahin unbekannten Person in einem Maße Vertrauen schenken sollte, dass die T.-Befragung N. derartig verkürzt wurde. Viel näher liegt deshalb, dass die Fürsprache A. S. maßgeblich gewesen ist. Dies gilt umso mehr in Zusammenschau mit dem Inhalt des oben erwähnten zweiten Gesprächs. Denn das Verlangen A. S., im Falle des Scheiterns der Ausreise zum IS über Details informiert zu werden, damit die Erkenntnisse in künftigen Ausreisefällen genutzt werden können, spricht im hohen Maße dafür, dass der Angeklagte A. S. direkt in die Organisation von Ausreisen zum IS eingebunden und u. a. deshalb dort bekannt war. Das macht dann auch verständlich, dass dem Wort des Angeklagten A. S. vertraut und die Befragung N. abgekürzt wurde.

Vorstehende Würdigung wird gestützt dadurch, dass jedenfalls der Angeklagte N. der Einbeziehung des Mitangeklagten A. S. eine besondere Bedeutung für die Chancen des Gelingens einer Einreise zum IS beimisst, wie aus weiteren Äußerungen, die im Rahmen der Wohnraumüberwachung B. aufgenommen worden sind, zu schließen ist.

Gespräch vom 23. Januar 2022 ab 14:29 Uhr (Track 3992):

N.: "Guck mal, die Leute, die hierherkommen von Pakistan, Afghanistan und, und Asien, die machen ja auch so schwierige Wege und halten aus. Und umgekehrt müsste eigentlich viel weniger problematisch sein."

B.: "Ja, theoretisch, ja."

N.: "Hier reinzukommen ist ja dichter. Weißt Du, die haben viel dichter gemacht."

B.: "Ja, ist wahr (...). Irgendwie wird schon werden. (...) Irgendwie muss schon gehen."

N.: "Ja, muss man dabeibleiben, bei Ball bleiben. (...) Zumal wir haben Bruder, A. O., A. und Du hast noch andere erwähnt."

Gespräch vom 29. Januar 2022 ab 03:12 Uhr (Track 4806), Auszug:

N.: "Jaja ich war in Pakistan. Und als du mir gesagt hast, A. O., ich habe ... direkt also kein Zweifel dran gehabt. Ich kenn diese Person persönlich. Dann habe ich kein Zweifel gehabt. Deswegen bin ich nach Türkei gerannt. Ich habe gesagt, das ist meine Chance, muss ich nutzen."

Auch diese Äußerungen sprechen dafür, dass der Angeklagte A. S. jedenfalls nach Einschätzung des Mitangeklagten N. über besondere Verbindungen zum IS verfügte oder ihm angehörte, weil anders kaum zu erklären ist, warum N. ihm sonst eine solche Bedeutung für das Gelingen der Einreise zum IS beimessen sollte.

Dass L. B. im Anschluss an seine Befragung am 7. Dezember 2021 nach Istanbul reiste, ergibt sich aus den in Auszügen verlesenen Buchungsdaten vom 4. Dezember 2021. Dass es B. darum ging, sich den kämpfenden Einheiten des IS in Syrien anzuschließen, folgt aus dem Bericht der Kantonspolizei Zürich vom 9. Dezember 2021, in dem es heißt, dass das Gepäck von B. bei seiner Kontrolle am Flughafen hauptsächlich aus sogenannter taktischer Kleidung und einer Stirnlampe bestanden hat.

Schließlich fügt sich mit der vorgenommenen Bewertung auch der Inhalt der verlesenen Erkenntnismitteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 27. September 2022 zusammen, wonach der Angeklagte A. S. nicht nur zwecks Organisation seiner eigenen Ausreise in Kontakt zu einem "hochrangigen IS-Mitglied" stand, sondern auch direkt darin eingebunden war, andere Personen bei der Ausreise mit dem Ziel des Anschlusses zu unterstützen und zu ermöglichen. Zudem sei er von 2021 bis 2022 Mitglied des "H.-a.-S."-Netzwerks und der "D. a.-F. F.", also Organisationen mit Anbindung an den IS, gewesen. Auch wenn sich der Senat des eingeschränkten Beweiswertes der Erkenntnismitteilung schon wegen fehlender Angaben zur Herkunft der Erkenntnisse und mangelnder Überprüfbarkeit bewusst ist, scheint sie doch geeignet, das Bild abzurunden. Das gilt entsprechend auch für den Umstand, dass sich der Angeklagte A. S. in Zusammenhang mit seinen Ausreiseplanungen zusammen mit B. und C. wiederholt direkter Kontakte zu IS-Mitgliedern in Syrien/Irak berühmte.

(4) Gesamtschau

Aus der Gesamtbetrachtung der vorstehend aufgezeigten Indizien ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte A. S. nicht nur als Außenstehender die Interessen des IS gefördert hat, sondern selbst fest in die Organisation eingegliedert war. Gerade die von anderen dem Wort und der Person des Angeklagten zugewiesene Bedeutung spricht in Zusammenschau mit den dem Angeklagten offenstehenden Handlungsmöglichkeiten wie dem Hinzufügen N. zur Diskussions- und Austauschgruppe oder der Abgabe einer Stellungnahme in der Schlichtungsgruppe und seine engen Beziehungen zu Mitgliedern des Medienrates sowie Beziehungen zu Mitgliedern des IS im Kernbereich für eine solche Bewertung. Auch wenn sich der genaue Zeitpunkt der Eingliederung in den IS nicht feststellen lässt, ist der Senat überzeugt, dass der Angeklagte jedenfalls im Zeitpunkt der T.-Gespräche B. und N., also im Herbst 2021, fest in die Organisation eingegliedert war, weil anders kaum vorstellbar ist, dass sein Wort hätte genügt haben können, um die Befragung des Mitangeklagten N. in der geschehenen Weise abzukürzen.

bb) Weitere Betätigungen für den IS

Neben den bereits erörterten Betätigungshandlungen des Angeklagten A. S. im Zusammenhang mit den gescheiterten Reisen von L. B. und dem Angeklagten N. zum IS Ende 2021/Anfang 2022 und der Einladung N. in die Diskussions- und Austauschgruppe hat die Beweisaufnahme eine Vielzahl an weiteren Betätigungen im Interesse des IS ergeben.

(1) Zusammenarbeit mit B. und N. bei deren Übersetzungs- und Veröffentlichungstätigkeit

- Aus der verlesenen Verschriftung der Gespräche aus der Wohnraumüberwachung B. vom 23. Januar 2022 ab 18:59 Uhr (Track 4006) geht hervor, dass der Angeklagte N. und B. mit der Übersetzung einer arabischsprachigen Audioaufnahme beschäftigt waren. Als N. Verständnisschwierigkeiten hatte, schlug B. vor, einen Bruder zu fragen, nämlich "A. O.". Darauf erklärte N.:

"Das ist einfacher. Sagen wir zwei Wörter, wie er, also er soll auf Arabisch schreiben. Ok? Das ist einfacher."

Wenig später (19:21 Uhr) ging tatsächlich eine Nachricht bei B. ein, die aus zwei arabischen Begriffen bestand, über die B. und N. sodann berieten. Sodann entspann sich folgender Dialog:

N.: "Das Problem ist, der Bruder A. O. hat (unverständlich). Diese Wörter sind hochklassi (phon.)."

B.: "Doch, er kann schon gut Arabisch, A.."

N.: "Ja, ja, es ist normal. Aber er hat... Guck mal, die Sprache, was die sprechen ist Dialekt. Und das ist hocharabisch..."

Angesichts der zeitlichen Abfolge, der aus gerade zwei Begriffen bestehenden arabischen Nachricht und der bekannten Kunya des Angeklagten A. S. "A. O." hat der Senat keine Zweifel, dass der Angeklagte A. S. Übersetzungshilfe für die Propagandatätigkeit N. und B. geleistet hat.

- Zudem hat die Zeugin KHK'in W. bekundet, dass in einem Gespräch am 28. Januar 2022 ab 00:21 Uhr (Track 4657 Wohnraumüberwachung B.) eine Sprachnachricht des Angeklagten A. S. abgespielt worden sei, aus der sich ergebe, dass dieser einzelne Begriffe und Textpassagen einer arabischsprachigen Audiodatei, die von dem Angeklagten N. und dem Zeugen B. ausweislich des Gesprächs vom 27. Januar 2022 ab 23:51 Uhr (Track 4756) bearbeitet wurden, erläuterte. Der von der Zeugin bekundete Gesprächsinhalt wird durch die im Selbstleseverfahren eingeführte Verschriftung bestätigt. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die Zeugin, die, wie bereits ausgeführt, sämtliche Aufnahmen der Wohnraumüberwachung selbst abgehört hat, in der Lage war, die Stimme des Angeklagten A. S. zu identifizieren, zumal der Zeugin dessen Stimme nach eigenem Bekunden aus Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen bekannt war

- Dass der Angeklagte N. und B. mit dem Angeklagten A. S. ("A. O.") teilweise Übersetzungsarbeiten untereinander aufteilten und ihm fertige Übersetzungen zur Korrektur übermittelten, belegt ein bei der Wohnraumüberwachung am 27. Januar 2022 aufgezeichnetes Gespräch (Track 4656 Wohnraumüberwachung B.):

Na.: "Kann ich machen, ich verstehe schon alles. Ich kann das in Text bringen. Ich kann das in Textform bringen."

B.: "A. O. (phon.) macht schon."

N.: "Hast du gesagt ihm?"

B.. "Ja."

...

N.: "Ich habe geschrieben, dann schicken wir ihm und er soll korrigieren. Bisschen warten noch kurz."

- Die Zusammenarbeit zwischen B., N. und dem Angeklagten A. S. ergibt sich auch aus dem Gespräch vom 2. Februar 2022 ab 01:42 Uhr (Track 5477 Wohnraumüberwachung B.), in dem der Angeklagte N. L. B. aufforderte, A. O. mitzuteilen, dass er mit seiner Übersetzung Recht hatte.

- Die Beweisaufnahme hat ferner ergeben, dass der Angeklagte A. S. den Angeklagten N. auch bei Einrichtung des neuen "Propagandakanals" T._s. unterstützt hat. Dies folgt aus dem verlesenen Chatverkehr zwischen N. und A. S. am 11. März 2022 ab 19:07 Uhr. Im Verlauf fragte der Angeklagte N. den Mitangeklagten A. S., ob dieser ein Konto für Telegram habe, was A. S. bejahte und wenig später zwei Nachrichten mit einer Rufnummer sowie einer - offensichtlich als Bestätigungscode dienenden - fünfstelligen Ziffernfolge an den Angeklagten N. sendete. Kurze Zeit danach schickte der Angeklagte N. den Link zu der von ihm an diesen Abend eingerichteten Webseite https://t.m./T._s..

- Erwiesen ist auch, dass der Angeklagte A. S. an der Fertigung einer deutschen Version einer in der A.-N.-Ausgabe 113 veröffentlichten, arabischsprachigen Infografik mitgewirkt hat. Dies folgt aus der Aussage des Zeugen KOK A. und auch aus dem Inhalt einer vom Angeklagten A. S. in der Schlichtungsgruppe abgegebenen Stellungnahme, deren Übersetzung verlesen worden ist.

KOK A. hat diesbezüglich ausgesagt, der Angeklagte N. habe dem Angeklagten A. S. am 30. März 2022 eine arabischsprachige Version der genannten Grafik übersandt und sich erkundigt, ob dieser "Zeit für den Entwurf" habe. Nach Zustimmung habe der Angeklagte N. einen längeren deutschen Text mit dem Titel "Die wichtigsten N. des Islam, in die die Hamas geraten ist" übermittelt, wobei es sich um die Übersetzung des Textes der Grafik gehandelt habe. Einige Tage später habe der Angeklagte A. S. dem Angeklagten N. die Grafik als Bilddatei zukommen lassen, in die der zuvor von N. versandte Text eingefügt gewesen sei.

Die Aussage des Zeugen An., der einen Islamwissenschaftler in die Auswertung einbezogen hatte, ist gerade vor dem Hintergrund glaubhaft, dass der Angeklagte A. S. im Rahmen einer Stellungnahme in der Schlichtungsgruppe bestätigt hat, Text und Bilddatei an einen für das Layout von A.-N. zuständigen "Designer" weitergeleitet zu haben, was im Übrigen erneut die gute Vernetzung und Anbindung des Angeklagten an den IS belegt. Dieser Designer habe - so A. S. in seiner Stellungnahme am 12. April 2022 - den Text in die Bilddatei eingefügt. Die verlesenen Chateinträge 76-80 (Schlichtungsgruppe 2/2) lauten wie folgt:

"Infografik A.-N. Die wichtigsten vernichtenden Faktoren des Islam, die die Hamas-Bewegung begangen hat. A.-N. Zahl (113). Dieses Foto ist vollständig und von den offiziellen Medien. Und das ist eine Infografik nach dem Design, mit dem A.-N.-Slogan und dem Datum ihrer Veröffentlichung. Ich habe persönlich nichts in Schreiben geändert oder hinzugefügt. Und ich schickte es dem Designer weiter so, wie der Bruder A. S. es mir schickte. "Kopieren, Einfügen". Ich war ein Vermittler zwischen Bruder S. und dem Designer. Und der Designer ist derjenige, der den Slogan der A.-N. verseht... Ich glaube nicht, dass es ein Problem damit gibt."

Klarstellend sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass nach der Aussage des Zeugen A. die dem Angeklagten N. zuzuordnende Telegram-ID ... mit der Nutzerkennung "A. S." verbunden gewesen sei. N. habe den Namen in einem Gespräch in der Wohnung B. auch selbst verwandt, was der Senat überprüft hat. Im Übrigen bestanden an der Identität von N. mit A. S. schon angesichts des bekannten Untersuchungsgegenstands der Schlichtungsgruppe keine ernsthaften Zweifel.

Dass der Angeklagte A. S. schließlich auch in allgemeiner Form die Propagandatätigkeit des Angeklagten N. förderte, indem er dessen Aktivitäten lobte, folgt aus Chat-Verkehr zwischen beiden vom vom 12. März 2022, wo es heißt: "aber deine Teilnahme ist sehr gut und wunderbar, vor allem die Übersetzung der Flugblätter aus den Kanälen der Brüder." Ähnlich äußerte sich der Angeklagte A. S. in einer Chatnachricht vom 23. März 2022: "Du und A. Z., meistens aber du, habt den Staat gegen die ausländischen Medien verteidigt. Gott segne dich."

(2) Über die bloße Teilnahme hinausgehende Betätigungshandlungen in der Diskussions- und Austauschgruppe

Dass der Angeklagte A. S. sich an der Kommunikation innerhalb der Diskussions- und Austauschgruppe aktiv beteiligte, ergibt sich erneut aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen KOK A. sowie aus verlesenen Chat-Beiträgen, die der Angeklagte selbst einstellte. So erkundigte er sich beispielsweise am 7. Juni 2022 nach dem "ersten Teil der Wissenschaftlichen Reihe zum Beweis von Glaubensfragen in Schriftform", worauf er nur zwei Minuten später einen entsprechenden Text erhielt. Am 11. Juni 2022 verlinkt er unter dem Hinweis "Neu -so Gott will" einen als "Pfeil im Köcher des Staates" bezeichneten Kanal. Zudem hat der Zeuge KOK A. ausgesagt, der Angeklagte A. S. habe in seinem ersten Chat-Beitrag auf Anfrage eines anderen Gruppenmitglieds einen Bot zur Verfügung gestellt, mit dem sich YouTube-Videos herunterladen ließen. Aus dem verlesenen Chatverkehr in der Diskussion- und Austauschgruppe am Abend des 10. Mai 2022 ist zudem herzuleiten, dass der Angeklagte A. S. in der Gruppe eine Methode bekanntgemacht hat, wie Kanallöschungen vermieden werden können. Denn mit Chatbeitrag 3212 postete ein Teilnehmer, nachdem zuvor ein solches Verfahren beschrieben worden war, um 21:12:49 Uhr:

"Das ist A. O. Methode

@O._ex"

Schließlich erklärte sich der Angeklagte A. S. auf den bereits dargestellten Aufruf von A. B., sich der Einteilung der "Prinzen" in Brigaden zu unterwerfen, am 12. Juni 2022 wie bereits der Angeklagte N. zuvor, ausweislich des Chat-Beitrags 9796 hierzu bereit. Wie der Zeuge K. A. auf der Grundlage der Auswertung des Mobiltelefons XXX von D. C. bekundet hat, gab "A. B." am Abend des nächsten Tages die Einrichtung von sieben Kompanien bekannt, wobei der Angeklagte A. S. der von dem "Emir" A. A.-Y. geleiteten Kompanie "A.-B." zugeteilt wurde. Auch diese Aussage ist glaubhaft, zumal M. A.-S. bereits ausweislich des Chatbeitrags Nr. 2041 am 24. April 2022 die Zuständigkeit von A. A.-Y. auf dem Gebiet der Medieninvasion und Razzien verkündet hatte.

(3) Beteiligung des Angeklagten auf finanziellem Sektor

Auch wenn die Beweisaufnahme keinen Nachweis für die Verwicklung des Angeklagten in konkret nachvollziehbare Finanztransaktionen erbracht hat, hat sie doch ergeben, dass der Angeklagte auch auf finanziellem Gebiet für den IS aktiv war.

- In der Wohnraumüberwachung (Track 13899) wurde am frühen Morgen des 13. April 2022 der Austausch von Sprachnachrichten zwischen L. B. und dem Angeklagten festgestellt. Der Angeklagte A. S. fragte L. B., den er als A. Z. anredete, ob dieser "immer noch die Bild von unserem Kanal für Geldsammeln" habe, worauf B. erwiderte, er glaube und wolle nachschauen. Aufgrund der kaum misszuverstehenden Frage A. S. und des Umstands, dass B. offensichtlich sofort wusste, worum es ging, schließt der Senat aus der Kommunikation, dass L. B. und der Angeklagte A. S. jedenfalls in der Vergangenheit einen Kanal für Spendensammlungen betrieben haben.

- Dass der Angeklagte A. S. tatsächlich mit Spendensammlungen und Geldtransaktionen - und zwar gerade mit Bezug zum IS - befasst war, ergibt sich zudem aus einem Chat mit dem Angeklagten N. am 11. März 2011, Nachrichten 34 - 55 im Telegramchat zwischen N. und ID ..., der durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist und von den Gerichtsdolmetschern in der Hauptverhandlung nachübersetzt worden ist. Der Senat legt seiner Entscheidung die nachübersetzte Version zugrunde. Insbesondere der Sprachsachverständige A. ist dem Senat seit Jahren als besonders kompetent bekannt. Es kommt hinzu, dass seine Übersetzung auch von dem zweiten anwesenden Sprachsachverständigen I. bestätigt worden ist. Ferner ist die Übersetzung in der Hauptverhandlung aufgrund einer Beanstandung der bei den Akten befindlichen Übersetzung nur zu einem Satz erfolgt, weshalb bei der Nachübersetzung besonderes Augenmerk gerade auf die strittige Übersetzung gelegt worden ist. Dies vorausgeschickt, lautet der Gesprächsverlauf wie folgt:

N.: "Der Besitzer des A.-Z.-Geldes sagte, dass er das Geld im nächsten Ramadan bezahlen möchte. (...) Du hast mir gesagt, dass das Geld nach A.-S. geschickt wird. Ich habe es vergessen."

A. S.: "Ja richtig. Ich habe gedacht, dass sie andere Spender sind. Der Weg ist immer da, gepriesen sei Gott, mein Bruder."

N.: "Was meinst du mit anderen? Niemand spendet für die Wahrheit. Die Leute haben Angst."

A. S.: "Ja, das ist wahr. Ich schwöre, obwohl es ein ziemlich einfacher Weg ist. Gott macht es uns leicht und öffnet für uns eine große Tür dafür. Das ist der Jihad des Geldes."

N.: "Okay mein lieber Bruder, wenn du jemanden findest, wer uns nahesteht, werde ich zu dir kommen. (...)"

A. S.: "(...) Man kann von dem Land eine Quittung bekommen."

N.: "Ich will nicht wieder ins Gefängnis. Gott segne dich, lass es."

A. S.: "Ich meine, das kann man an die skeptischen Leute schicken."

Der dargestellte Chatverlauf macht nicht nur deutlich, dass die Gelder nach "Sham" also naheliegend mindestens im Interesse des IS nach Syrien gehen sollten, sondern sich die Beteiligten auch über strafrechtliche Risiken bewusst waren ("ich will nicht wieder ins Gefängnis"). Der Angeklagte A. S. hat offenbar auch nähere Kenntnis über die Abläufe, was er mit dem Hinweis auf die Möglichkeit zeigt, "eine Quittung von dem Land" erhalten zu können.

- Hiermit fügt sich auch der Inhalt einer im Rahmen der Wohnraumüberwachung aufgenommene Äußerung B. am 6. Februar 2022 (Track 6300) zusammen. Danach hat der Angeklagte A. S. einer Schwester geschrieben, dass auch eine "direkte Geldüberweisung an D., muslimisches Haus des Geldes" möglich sei, wofür es auch eine "Quittung von D." gebe. Es sei für den Spender auch bestimmbar, ob das Geld für Schwestern, Waffen, die Ausstattung der M. oder allgemein für das Haus des Geldes sei. A. S. habe auch angeboten, der Schwester eine Quittung zu schicken, damit sie verstehe, was er meine.

- In einem weiteren Chatverkehr vom 19./20. März 2022 (Telegram-Chat zwischen N. und A. S. ID ..., Beiträge 38 - 48) fragte A. S., ob es etwas Neues in Sachen Geldüberweisung gebe, worauf N. erwiderte, dass A. S. dafür zuständig sei und den Sachstand offenbar hinsichtlich der Planung einer konkreten Geldüberweisung möglicherweise in Form des hawala-Bankings rekapitulierte. Darauf stellte der Angeklagte A. S. klar, dass er eigentlich habe wissen wollen, "ob es spendende Brüder" gäbe. Auch dieser Chat macht deutlich, dass der Angeklagte A. S. mit Spendensammlungen und Geldtransfers befasst war.

In der Gesamtwürdigung belegen die vorstehenden Indizien durchaus eine Betätigung des Angeklagten A. S. auf finanziellem Gebiet im Interesse des IS. In diesem Zusammenhang sei auch an die bereits erwähnte Erkenntnismitteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 27. September 2022 erinnert, die dem Angeklagten eine aktive Rolle im Finanzierungsnetzwerk "D. a.-F. f." zuschreibt. Die bestreitende Einlassung des Angeklagten A. S. in diesem Punkt ist damit widerlegt.

(4) Planung der eigenen Ausreise im Verbund mit B. und C.

Aus den Aufnahmen der Wohnraumüberwachung B. ab Ende März 2022 ergibt sich zwanglos, dass der Angeklagte A. S. gemeinsam mit B. und C. eine Ausreise zum IS plante, was jedenfalls im Grundsatz von ihm mit den Worten, er habe sich mit dem Gedanken, nach Syrien auszureisen, befasst, auch eingeräumt worden ist. Den aufgezeichneten Gesprächen ist indes zu entnehmen, dass die Planungen durchaus konkret waren und der Angeklagte dabei die maßgebliche Rolle einnahm. Soweit sich nicht schon aus den Gesprächsinhalten die Sprecheridentität ergab, ist dies Zurechnung wiederum durch KHK`in W. erfolgt (s. dazu bereits oben). Dass es sich bei der wiederholt in den Sprachnachrichten erwähnten dritten Person der Ausreisegruppe um D. C. handelt, folgert der Senat insbesondere aus einer am 7. Juni 2022 aufgenommenen Sprachnachricht B., in der die dritte Person als "Schweizer-Italiener" bezeichnet wird. Die enge Verbindung C. und B. zur fraglichen Zeit wie auch deren Ausreiseabsichten sind bekannt. Hinweise auf einen anderen "Schweizer-Italiener", der in der ersten Jahreshälfte 2022 als Mitausreisender in Betracht gekommen wäre, haben sich nicht ergeben.

Die verlesenen Verschriftungen von wechselseitigen Sprachnachrichten zwischen B. und dem Angeklagten am späten Abend des 26. März 2022 belegen, dass Reisewege und zu benutzende Verkehrsmittel erörtert wurden und dass der Angeklagte A. S. bereits Kontakt zu einem Bruder beim IS aufgenommen habe, der ihn instruieren werde, wie sie vorgehen sollten ("Ich habe über dieses Thema mit einem Bruder geredet. Und er ist drinnen, weisst du? Und ich warte auf eine Nachricht von, y. also der Bruder, drinnen. Und dann diese sagen mir, was soll ich machen...").

In einem Gespräch vom 6. April 2022 (Track 13120) teilte der Angeklagte A. S. B. mit, dass er - wieder unter Berufung auf einen Kontakt zu einer beim IS befindlichen Person - bereits die Vorbereitung der T. initiiert habe ("... Achi, ja eh ich hab die Kontakte zu dem Bruder, also nicht M., anderer Bruder. Und ehm .. Jemand hat mir das Geld gegeben und diese Person ist drin ja und die machen jetzt (unverständlich), rufen jetzt die t., weißt du? Und vielleicht das dauert ein bisschen, nicht lange").

In einer am 13. Mai 2022 aufgenommenen Sprachnachricht (Track 17077), mit der offenbar die von L. B. geplante Einleitung/Vorstellung für das T.-Gespräch den Mitstreitern zur Begutachtung vorgestellt werden sollte, verwendete er den Angeklagten A. S. (A. O.) als Referenzperson. ("Okay Bruder! Der erste Satz: Ich bin dein Bruder A.-Z.-A.. Meine Muttersprache ist Deutsch und ich arbeite nur (schwer verständlich) mit der deutschen Sprache. Ich bin Bekannter von A. O. Er kennt uns gut (schwer verständlich) - auch privat."). Diese Sprachnachricht unterstreicht zum einen, dass B. davon ausging, dass der Angeklagte bei dem für die T.-Vergabe Verantwortlichen beim IS bekannt war und dort einen guten Namen hatte. Zum anderen zeigt sie auf, dass die Planungen mittlerweile weit fortgeschritten waren und der Angeklagte die maßgebliche Figur in der Ausreisegruppe war.

Der Senat erachtet hinsichtlich der Ausreisepläne im Übrigen die Einlassung des Angeklagten für widerlegt. Die Einlassung des Angeklagten A. S., er habe sich mit dem Gedanken einer Ausreise nach Syrien beschäftigt, weil er befürchtet habe, im Falle einer Abschiebung dem dort herrschenden Regime in die Hände zu fallen, erscheint schon an sich wenig plausibel. Denn bei der angegebenen Motivation hätte es nähergelegen, sich in ein anders (arabisches) Land zu begeben. Vor allem aber sprechen die vorstehend geschilderten Inhalte der Sprachnachrichten und die Wahl der potentiellen Reisebegleiter gegen die behauptete Motivation. Denn dem Angeklagten war bekannt, dass C. und B. vorhatten, sich dem IS anzuschließen. Hinzu kommt, dass gerade der Angeklagte die Bemühungen zum Erhalt der T. entfaltete, die nur für den Anschluss an den IS erforderlich war, und im Zusammenhang mit den Ausreiseplanungen immer wieder auf seine Kontakte zu vor Ort befindlichen IS-Mitglieder hinwies. In der Zusammenschau mit den übrigen Ergebnissen der Beweisaufnahme in Bezug auf den Angeklagten A. S. hat der Senat nicht den geringsten Zweifel, dass die geplanten Ausreisen zum Zwecke des Anschlusses an den IS erfolgen sollten.

cc) Betätigungspause und Fortsetzung der Betätigungen

(1) Betätigungspause

Dass der Angeklagte ab dem 14. Juni 2022 seine Betätigungen mit IS-Bezug einstellte, folgt aus den entsprechenden Bekundungen des KOK A. insbesondere aufgrund der Auswertung des beim Angeklagten sichergestellten Smartphones XXX (Asservat 5.1).

Die Feststellung, dass Motiv für die (vorübergehende) Einstellung der IS-bezogenen Aktivitäten die Kenntniserlangung von der Festnahme N. sowie B. und C. am 13. Juni war, beruht auf nachfolgenden Erwägungen:

KHK`in W. hat ausgesagt, dass neben dem Mitangeklagten N. am 13. Juni 2022 auch B. und C. festgenommen worden seien.

KOK O. hat bekundet, das die Festnahme N. am 14. Juni 2022 in den Medien publiziert worden sei. Bei einer Observationsmaßnahme des Verfassungsschutzes sei festgestellt worden, dass der Angeklagte A. S. sich an diesem Tag mit M. H. K., der im Zusammenhang mit einem islamistischen Anschlag (Messerattacke) der Jugendlichen S. S. auf einen Beamten der Bundespolizei am Hauptbahnhof in H. am 16. Februar 2016 vom erkennenden Senat zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten verurteilt worden sei, getroffen habe. K. habe nach Erkenntnissen aus der Wohnraumüberwachung bei L. B. auch im Juni 2022 noch ebenfalls mit diesem in Kontakt gestanden. Bei der erwähnten Observationsmaßnahme sei festgestellt worden, dass K. und der Angeklagte sich für etwa zehn Minuten in der Nähe seiner Wohnung unterhalten hätten.

Ferner heißt es in der verlesenen Erkenntnismitteilung des FBI vom 10. November 2022, dass der Angeklagte mit Stand von Juli 2022 eine Stellung im Medienapparat des IS innehatte, obgleich er im Juni den Versuch unternommen hatte, sich infolge der Festnahme einiger seiner Kollegen vom IS zu distanzieren bzw. seine Zugehörigkeit zum IS zu verbergen.

Aus den vorgenannten Beweisen schließt der Senat, dass der Angeklagte A. S. im Hinblick auf die erfolgten Festnahmen B., C. und N. sich vorübergehend mit Aktivitäten für den IS zurückhielt, um die Gefahr der eigenen Festnahme zu reduzieren.

(2) Fortsetzung der IS-bezogenen Aktivitäten

Dass der Angeklagte sich mit der Einstellung seiner Aktivitäten aber keineswegs vom IS abgewandt hatte oder auch dauerhaft seine Aktivitäten einstellen wollte, sondern vielmehr durchgängig in der Organisation verblieb, folgert der Senat aus nachfolgenden Erwägungen und Beweisen:

KOK A. hat auf Grundlage der Auswertung des beim Angeklagten A. S. sichergestellten Smartphones XXX (Asservat 5.1) ausgesagt, dass der Angeklagte den Nutzer des Telegram-Accounts ... mit Benutzernamen C. A.-D. am 12. September 2022 gebeten habe, wieder in die "Hauptgruppe" aufgenommen zu werden und A. B. a. S, einem der Administratoren der Diskussions- und Austauschgruppe seinen Telegram-Link zu schicken, was dieser in der Folge auch gemacht habe. Gleichwohl sei es zunächst offenbar nicht zu einer Aufnahme gekommen, so dass der Angeklagte sich an A. A. gewandt und gebeten habe, ihn mit den Brüdern der Provinz A.-S. zusammenzulegen. Am selben Tag sei der Angeklagte A. S. zu einer Telegram-Gruppe mit der Telegram-ID ... hinzugefügt worden, die zwar nicht mit der Diskussions- und Austauschgruppe identisch gewesen sei, indessen in der Zusammensetzung und im Namen auffallende Übereinstimmungen aufgewiesen habe, was dafür spreche, dass es sich um eine Nachfolgegruppe gehandelt habe. Dort sei der Angeklagte freudig begrüßt worden und habe bis zum 5. Oktober 2022 mit 92 Nachrichtenbeiträgen rege an der Kommunikation teilgenommen, wobei es nicht mehr um Übersetzungstätigkeiten, sondern um Designerarbeit gegangen sei. Die Aussage ist glaubhaft, weil sie durch diverse verlesene Chatbeiträge nachvollzogen werden konnte.

Am 20. September 2022 stellte der Angeklagte A. S. zur Diskussion eine Liste mit Verhaltensregeln für die Medienarbeit in die Gruppe ein (Chateintrag Nr. 960), die verlangt, sich an die offiziellen Verlautbarungen zu halten, u.a. fordert, keine Nachrichten vor der Veröffentlichung durch die offiziellen Quellen zu "leaken" oder ungeprüft Nachrichten zu übernehmen, sondern den Offiziellen zuzuleiten. Dass der Angeklagte am 29. September 2022 zwei Grafiken in die "Austausch- und Diskussionsgruppe A. S." (Nachfolgegruppe der Diskussions- und Austauschgruppe) eingestellt hat, die Vertreter der Taliban als von der USA(-Hand) geführte Marionetten zeigen, und diese als "Layout-Vorlage" für die "Publikation von N. a.-S. über die Taliban" bezeichnet hat, hat er eingeräumt.

Am 30. September 2022 wies der Angeklagte in derselben Chatgruppe auf eine Facebook-Seite hin und rief zu regelmäßigen D.-Angriffen gegen diese auf (Chateintrag Nr. 2205):

"Brüder, dies ist eine Facebook-Seite, die mit der Unterstützung von A.-A. erstellt wurde, um die Brüder zu diffamieren. Lasst uns regelmäßig D.-Angriffe auf diese Seite ausführen."

KOK A. hat zudem bekundet, dass der Angeklagte A. S. noch in weiteren Chatgruppen aktiv war, die sich aus Teilnehmern der "Austausch- und Diskussionsgruppe a.-S." zusammensetzten. Darunter habe sich auch eine Chatgruppe mit 27 Mitgliedern befunden, in der allein A. B. und A. A. Nachrichten eingestellt hätten. Dabei habe es sich um IS-Propaganda gehandelt, die häufig mit dem Kommentar "# zur Veröffentlichung" eingeleitet worden sei, so dass die Gruppe offenbar zur Verbreitung offizieller IS-Nachrichten diente. Auch diese Telegram-Gruppe habe sich auf dem sichergestellten Mobiltelefon des Angeklagten A. S. befunden, dessen Telegramaccount mit den Endziffern ... am 14. September 2022 zur Gruppe hinzugefügt worden sei.

Die Feststellung, dass der Angeklagte nach dem Wiederanschluss an die verschiedenen Chatgruppen auch wieder die konkrete Propagandaarbeit, insbesondere durch die Erstellung von Grafiken und Layouts für Veröffentlichungszwecke, aufnahm, beruht wiederum vor allem auf verlesenen Chatinhalten.

Bereits am 12. September 2022 bat der Angeklagte A. S. den Nutzer des Telegram-Accounts mit der ID ..., Benutzername "A. A. A.-Q.", um die Übersendung neuer "Aufnahmen", dem A.-Q. durch die Übersendung mehrerer Dateien mit dem Bemerken nachkam, dass diese nur zum Experimentieren und nicht zum Veröffentlichen bestimmt seien.

Am 28. September 2022 kam es zu einem Chatverkehr des Angeklagten mit dem Telegram-Account mit der ID ..., Benutzername "M.", in dem dieser angekündigte, etwas in die Gruppe zu stellen, wobei aus den nachfolgenden Chatinhalten zu schließen ist, dass der Angeklagte A. S. wusste, worum es sich handelte, und er eine Bearbeitung vornehmen wollte und seine Vorgehensweise erklärte. Ziel der Bearbeitung war ersichtlich die Verhinderung von Kanallöschungen, so dass es sich insoweit um die oben bereits erwähnte "Methode A. O." handeln dürfte. Abschließend ließ der Angeklagte durchblicken, dass er die Bearbeitung beherrsche und schon wiederholt durchgeführt habe. M. müsse sich keine Sorgen machen. Die Chatbeiträge (Einträge 4 - 16) lauten wie folgt:

A. S.: "Willkommen Bruder!"

M.: "Gott grüße und segne dich! Es wird in die Gruppe geschickt, mein Lieber. Oder willst du visuelle Auszüge vom Scheich, entsprechend denen ihr entwerft?"

A. Sh.: "Ja, religiös und kriegerisch/militärisch. Dann entnehme ich z.B. Audios von den Scheichs und füge sie mit anderen Videos zusammen, damit sie nicht gesperrt werden, wenn sie veröffentlicht werden. Und wenn militärische Clips gäbe, könnte ich ihnen Quran in mehreren Sprachen hinzufügen. Ich übermittle also die Botschaft der Brüder durch, in andere Sprachen übersetzte Qurantexte, und so weiter. Missionar/religiös und militärisch."

M.: Okay. Designs für TikTok und Insta und solche Plattformen.

A. S.: Genau

M.: "Ich habe dich gut verstanden. - Du machst die Video-Form Quadrat. - Du fügst ihm Filter hinzu. - Du versiehst ihm mit Farbgefälle von unten."

A. S.: "Nein, ich könnte das Video nehmen und ihm andere Stimme und Beschriftung hinzufügen. Oder entnehme ich das Audio von einem anderen Video und entwerfe dazu ein neues Video. Hast du verstanden?!"

M.: "Es bedeutet, dass man etwas Neues produziert:)"

A. S.: "Ja, es ist bekannt. Mach dir keine Sorge. Wir beherrschen das Feld, Bruderolg_celle_20230823_4st123_urteil_as1"

Die Feststellung, dass der Angeklagte A. S. auch nach Festnahme des Mitangeklagten N. sowie von B. und C. weiter an seinen Ausreiseplänen festhielt, folgt aus dem Chatverkehr mit dem bereits oben erwähnten "C. A.l-D.". In den verlesenen Chateinträgen 93 - 96 vom 15. September 2015 heißt es:

C. A.l-D.: "Okay, mein Lieber. Kannst du nun aus Deutschland ausreisen, oder nicht? Wann - wenn Gott will? (...)"

A. S.: "(In) ca. zwei Monaten."

III. Feststellungen zum IS

Die Feststellungen zum IS beruhen auf dem mündlich in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. S. und dem ergänzend im Selbstverfahren eingeführten schriftlichen Gutachten vom 14. März 2022.

Der Sachverständige Dr. S. ist promovierter Islamwissenschaftler. Er ist Referent der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin und an deren Institut für internationale Politik und Sicherheit Wissenschaftler in der Forschungsgruppe "Naher/Mittlerer Osten und Afrika" tätig. Er ist dem Senat als renommierter Experte zum islamistischen Terrorismus bekannt, der schon in anderer Sache vor dem hiesigen Staatsschutzsenat und vor anderen Oberlandesgerichten zu verschiedenen islamistisch-terroristischen Vereinigungen eine Vielzahl von Gutachten erstattet hat und einen hohen fachlichen Ruf genießt. Der Sachverständige hat die Entwicklung, Zielsetzung, Organisationsstruktur und Vorgehensweise des IS so dargelegt, wie sie festgestellt worden sind. Er hat sein Gutachten unparteiisch, in sich widerspruchsfrei und überzeugend erstattet. Fragen der Verfahrensbeteiligten hat der Sachverständige überzeugend beantwortet und dabei seine Sachkunde noch einmal eindrücklich unter Beweis gestellt. Der Senat hat an der Sachkunde des Sachverständigen und an dessen schlüssigen und überzeugenden Ausführungen keinerlei Zweifel.

Die Feststellungen zum Video "Inside the Khilafa - Teil 8" beruhen auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr. F. Auch dieser ist promovierter Islamwissenschaftler. Seit 2017 ist er beim Bundeskriminalamt tätig. Auch der Sachverständige Dr. F. hat sein Gutachten unparteiisch, in sich widerspruchsfrei und überzeugend erstattet, weshalb der Senat auch bei diesem Sachverständigen keine Zweifel an der Sachkunde und an seinen Ausführungen hat.

IV. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und dem Lebenslauf der Angeklagten

1. Der Angeklagte N.

Die Feststellungen zu Person und Lebenslauf des Angeklagten N. beruhen in erster Linie auf der Aussage von KHK Z., der insbesondere zu Lebenslauf und familiären Verhältnissen wie festgestellt bekundet hat, sowie auf der auszugsweisen Verlesung (Selbstleseverfahren) des Urteils des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Juli 2009, 2 StE 6/08-8, aus dem sich insbesondere die Feststellungen im Zusammenhang mit der Vorverurteilung und dem früheren ideologischen Hintergrund ergeben. Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Vorverurteilungen sind zudem aufgrund der verlesenen Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 23. Juni 2023 getroffen worden. Die Feststellungen zur Verurteilung durch das Amtsgericht Germersheim folgen zudem aus der Verlesung des Strafbefehls vom 22. März 2021, 4126 Js 14094/20. Die vollständige Vollstreckung der Geldstrafe ergibt sich aus der verlesenen E-Mail der PI Z. an die Staatsanwaltschaft Zweibrücken vom 21. Januar 2022 und der ebenfalls verlesenen Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft Zweibrücken vom 18. Februar 2022.

Im Übrigen hat der Angeklagte N. die Feststellungen in weiten Teilen bestätigt, insbesondere auch keinen Zweifel daran gelassen, durchgängig auch nach der Verurteilung durch das OLG Koblenz einer islamistisch-jihadistischen Ideologie angehangen zu haben und jedenfalls seit der Haftentlassung nach Vollverbüßung der Strafe aus dem Urteil des OLG Koblenz mit dem IS sympathisiert zu haben.

2. Der Angeklagte A. S.

Den Feststellungen zu persönlichen Verhältnissen und Lebenslauf liegen in erster Linie die den Feststellungen entsprechenden Bekundungen von KOK O. zugrunde. Die Feststellungen in Zusammenhang mit der Vorverurteilung durch den erkennenden Senat beruhen auf dem auszugsweise im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Urteils vom 3. September, 4 StS 1/18. Hinsichtlich der Lebensführung und der persönlichen Lebensumstände seit Haftentlassung ist der Senat der Aussage des Bewährungshelfers Hartmann gefolgt, der wie festgestellt ausgesagt hat. Grundlage für die Feststellung der ausländerrechtlichen Verhältnisse waren zudem die in das Selbstleseverfahren III aufgenommene Aufenthaltserlaubnis vom 31. März 2016, der Bescheid über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 8. Dezember 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 30. Juni 2022, 5 A 293/19, auszugsweise. Die Feststellungen zur strafrechtlichen Vorbelastung sind zudem aufgrund der verlesenen Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 23. Juni 2023 getroffen worden.

V. Kunya- und Accountzuordnungen

1. Der Angeklagte N.

Die Telegramaccounts mit den ID ..., ..., ..., ... und ... konnten dem Angeklagten N. zugeschrieben werden, weil deren Benutzerkonten mit den beim Angeklagten sichergestellten Smartphones XXX, XXX und XXX verknüpft waren, wie der Zeuge KOK A. glaubhaft bekundet hat. Der Zeuge hat auf Vorhalt insbesondere auch den Benutzernamen "m." und den Anzeigenamen "S. A.-G. A.-K." für den Account mit der ID ... bestätigt. Die Bezeichnung "A.-K." verweist - ebenso wie die teilweise von Dritten für den Angeklagten verwandte Bezeichnung "P." - auf eine Herkunft aus dem Raum Afghanistan/Pakistan, so dass der Anzeigename insgesamt die Verwendung der Namensbezeichnungen "A. S." und "K." plausibel macht. Da der Sohn des Angeklagten mit Vornamen I. M. heißt, ist auch die Verwendung der Kunya "A. M." oder "A. M." nachvollziehbar. Es kommt hinzu, dass der Angeklagte pauschal in objektiver Hinsicht die gegen ihn erhobenen Vorwürfe eingeräumt hat, so dass schon von daher keine durchgreifenden Bedenken gegen die erfolgten Zuordnungen bestehen.

2. Der Angeklagte A. S.

Die Verwendung der Kunya "A. O." oder "U." durch den Angeklagten A. S. ergibt sich aus Chatbeiträgen, in denen der Angeklagte so angesprochen wird. Erinnert sei hier etwa an den Eintritt in die Schlichtungsgruppe am 12. April 2022 im Chatbeitrag 69, wo der Angeklagte mit "Willkommen U." begrüßt wird. Dass es sich bei "U." um den Angeklagten gehandelt hat, kann daraus geschlossen werden, dass er die Teilnahme an der Kommunikation der Schlichtungsgruppe eingestanden hat.

Auch ergab sich - wie bereits ausgeführt - die Zuordnung der Kunya "A. O." aus verschiedenen Aufzeichnungen aus der Wohnraumüberwachung B. in Zusammenschau mit der Aussage der Zeugin W. zur Identifizierung der Stimme des Angeklagten A. S.. Von besonderer Bedeutung ist dabei die verlesene Verschriftung des Gesprächs vom 29. Januar 2022 (Track 4943) aus der Wohnraumüberwachung B., in dem dieser berichtet, wie er "A. . kennengelernt habe und mitteilt, dass dieser in S. lebe und einen Zwillingsbruder habe, was - wie bereits dargelegt - auf den Angeklagten A. S. zutrifft..

Zudem fand sich ausweislich des verlesenen Vermerks der KHK`in W. vom 27. Oktober 2022 im TikTok-Profil "a..." neben dem Anzeigenamen M. A. S. die Beschreibung "A. O.". KOK A. hat ferner ausgesagt, dass "A. O." auch als Anzeigename des mit dem beim Angeklagten sichergestellten Smartphone XXX verknüpften Telegramm-Accounts ... Verwendung fand. In dieser Verknüpfung ist auch die Zuordnung dieses Accounts gegründet.

Dass der Angeklagte auch den Account mit der ID ... nutzte, kann nach Vorstehendem aus dessen vom Zeugen KOK A. bekundeten Anzeigenamen "A. O." geschlossen werden. KOK A. hat ferner ausgesagt, dass der Benutzername des Accounts "o._e." lautete. Zudem sei der Account am 6. Juni 2022 der Diskussions- und Austauschgruppe hinzugefügt worden, unmittelbar nachdem ein Gruppenmitglied auf den Benutzernamen "o._e." und die Rückkehr von "A.O." hingewiesen hatte. Der Senat schließt zudem aus der Verwendung des Benutzernamens "o._e." durch den Angeklagten, dass diesem auch der nahezu identische Benutzername "o._e." zuzuschreiben ist.

Die Identifizierung des Angeklagten A. S. als Nutzer des Accounts mit der ID ... beruht auf der verlesenen Erkenntnismitteilung des niedersächsischen Verfassungsschutzes vom 30. August 2022. Aus dieser geht zum einen hervor, dass der Account den auf den Angeklagten hindeutenden Benutzernamen "A._O._E." hatte. Zum anderen ist dort plausibel dargelegt, dass eine unter zwei Beiträgen feststellbare kalligrafische Darstellung der Kunya "A. O." mit der im Instagram-Profil des Angeklagten "@m._a." benutzten Kalligrafie identisch ist.

Die Nutzung des Accounts mit der ID ... kann dem Angeklagten aufgrund seiner geständigen Einlassung, er habe den Mitangeklagten N. in die "Diskussions- und Austauschgruppe" eingeladen, zugeordnet werden. Denn diese korrespondiert insoweit mit dem Inhalt der verlesenen Nachrichten Nr. 134 ff. im Chat zwischen N. und dem Account mit der ID ... vom 12. März 2022.

C. Rechtliche Würdigung

Aufgrund der getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte N. der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 2a in Verbindung mit § 89a Abs. 1 und 2 Nr. 1 StGB in zwei Fällen sowie der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß §§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1, 53 StGB schuldig gemacht. Der Angeklagte A. S. ist der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß §§ 129b Abs. 1 i.V.m. 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig.

I. Einstufung des IS als ausländische terroristische Vereinigung

Der "Islamische Staat" (IS) ist eine auf die Begehung von Mord, Totschlag und Kriegsverbrechen gerichtete terroristische Vereinigung im Ausland im Sinne der §§ 129a, 129b StGB. Denn die Vereinigung verfügte im Tatzeitraum und verfügt auch weiterhin über eine dauerhafte Organisationsstruktur sowie eine genügende Anzahl von Mitgliedern, die bei Unterordnung ihres eigenen Willens in diese eingebunden sind, gemeinsame Ziele verfolgen und sich als einheitlicher Verband fühlen. Die Vereinigung, deren organisatorischer und agitatorischer Schwerpunkt sich im Tatzeitraum im Gebiet von Syrien und Irak befand, ist hierarchisch organisiert und ihre Mitglieder, die in der Regel durch einen Gefolgschaftseid an die Organisation gebunden werden, unterwerfen sich dem Willen der Führung.

Ziel der Vereinigung IS ist spätestens seit 2014 die Errichtung eines "Gottesstaates" unter Geltung der Scharia im Gebiet des heutigen Irak und der historischen Region "ash-Sham" - der heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - unter gewaltsamer Beseitigung der bestehenden staatlichen Strukturen. Die Tötung Andersgläubiger und Gegner gehört dabei zur Strategie des IS und kennzeichnete seine Vorgehensweise im Kontext militärischer Operationen. Zudem verübten Mitglieder der Organisation in deren Auftrag auch Anschläge außerhalb des räumlichen Herrschaftsbereichs, etwa in Belgien, Deutschland und Frankreich (vgl. zur Klassifizierung des IS als terroristische Vereinigung im Ausland im Sinne der §§ 129a, 129b StGB auch die Entscheidungen BGH, Beschluss vom 8. August 2019 - StB 19/19; BGH, Beschluss vom 13. Juni 2019 - StB 13/19; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2017 - StB 41/16 und BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 - AK 20-24/17 sowie BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2019 - AK 56/19; MüKo-StGB/Schäfer/Anstötz, Bd. 3, 4. Aufl. 2021, § 129a Rn. 56 m.w.N.). Die aufgrund der militärischen Niederlage eingesetzte Wandelung hin zu einer Guerillaorganisation hat an der prinzipiellen Ausrichtung, den gesetzten Zielen und der terroristischen Vorgehensweise nichts geändert.

II. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts

Deutsches Strafrecht ist in Bezug auf beide Angeklagte und alle verwirklichten Straftatbestände anwendbar. Dies folgt aus § 3 StGB in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB. Alle Tathandlungen der Angeklagten wurden in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen.

III. Strafbarkeit des Angeklagten N.

Die unter A II 2 a und b getroffenen Feststellungen begründen eine Strafbarkeit des Angeklagten N. wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in zwei Fällen. Die von ihm geplante Kämpfertätigkeit nach vorheriger Unterweisung aufseiten des IS hätte, wie ihm bekannt war, die Begehung von Tötungsdelikten bedeutet, welche dazu geeignet und bestimmt gewesen wären, die Sicherheit und den Bestand Syriens bzw. Pakistans zu beeinträchtigen. Die konkrete Art der Ausführung dieser Gewalttaten, Zeit und Ort sowie potentielle Opfer mussten hierfür noch nicht festgelegt sein. Es reicht vielmehr aus, dass der Entschluss zur Tatbegehung als solcher - wie hier - gefasst wurde.

Aufgrund der unter A II 3 getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte N. an der ausländischen terroristischen Vereinigung IS im Sinne der §§ 129a Abs. 1 Nr. 1, 129b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StGB spätestens ab dem 20. März 2022 als Mitglied beteiligt, und zwar zum einen durch seine Aktivitäten zur Verbreitung von IS-Propaganda über das Organ der I. F. sowie durch seine sonstigen Beiträge in den festgestellten Telegram-Chats. Denn der Angeklagte hat sich getragen von beiderseitigem übereinstimmenden Willen auf Dauer angelegt in die Organisation des IS eingegliedert, deren Willen untergeordnet und aktiv deren Ziele gefördert.

Dass der Angeklagte N. sich dabei nicht im Herrschaftsbereich des Islamischen Staates aufgehalten hat, steht der rechtlichen Bewertung des Angeklagten N. als Mitglied nicht entgegen. Denn die beschriebene Förderung der Organisation im Rahmen einer ihm vom IS anvertrauten Funktion in dessen Auftrag erfolgte von innen und nicht wie beim bloßen Unterstützer "lediglich" von außen. Dies zeigt sich daran, dass der Angeklagte N. sich gewissermaßen vertraglich verpflichtete, nach Weisung und Vorgaben des A. W. Übersetzungsarbeiten zu leisten, damit die gewünschten Texte in deutscher Sprache auf der Plattform I. f. veröffentlicht werden konnten. Die Eingliederung neuer Mitglieder allein über das Internet ist auch nicht unüblich (vgl. BGH Beschl. v. 28. Juni 2023, 3 StR 424/22). Gerade weil es dem IS aufgrund seiner militärischen Niederlage zunehmend schwer gefallen ist, Interessierte aus dem Ausland vor Ort in die kämpfenden Truppen aufzunehmen, war die Vereinigung zur Erreichung ihrer Ziele darauf angewiesen, das Internet als Plattform für die Rekrutierung neuer Mitglieder zu nutzen.

In dieser auf Dauer angelegten Übersetzungs- und Propagandaätigkeit liegt auch eine vereinigungstypische Tätigkeit von entsprechendem Gewicht, da es dem IS im Tatzeitraum nicht gelang, auf andere Weise offizielle Publikationen in die deutsche Sprache zu übersetzen. Zudem unterwarf er sich den höherrangigen Mitgliedern im Medienrat des IS und leistete deren Anweisungen Folge.

Das dem Angeklagten N.r erteilte Veröffentlichungsverbot beendete die Mitgliedschaft nicht, wie sich daraus ergibt, dass der Angeklagte N. weiter in der Diskussions- und Austauschgruppe aktiv blieb, weiter auf Vorrat Übersetzungen tätigte und zur Mitwirkung in einer neu einzurichtenden Medienbrigade bereit war.

Die drei vom Angeklagten N. begangenen Straftaten, die sich zeitlich nicht überschneiden, stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit, § 53 StGB.

IV. Strafbarkeit des Angeklagten A. S.

Die unter A II 2 und 3 getroffenen Feststellungen begründen auch für den Angeklagten A. S. eine Strafbarkeit wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland wegen vielfältiger organisationsbezogener Tätigkeiten zwischen Herbst 2021 und Oktober 2022 und nicht lediglich wegen (mehrerer) Unterstützungshandlungen in diesem Zeitraum. Auch der Angeklagte A. S. war in den Medienapparat des IS eingebunden und hatte innerhalb der Diskussions- und Austauschgruppe eine hervorgehobene Stellung inne, was sich etwa daran zeigt, dass er in der Lage war, den Angeklagten N. und den Zeugen B. in die Diskussions- und Austauschgruppe einzuführen und der Einsatz des Angeklagten N. als Übersetzer für I. F. auf seiner Empfehlung beruhte. Gegenüber dem Angeklagten N. nahm er eine übergeordnete Rolle ein, unterlag andererseits aber selbst der Befehlsgewalt höherrangiger Mitglieder.

Dass der Angeklagte A. S. in den Kreisen des IS als einer der Ihren angesehen wurde, ergibt sich zudem aus seiner Rolle bei den T.-Erteilungen für den Zeugen B. und den Angeklagten N. Diese Tätigkeit setzt schon aufgrund ihres Wesens eine enge Anbindung an die Vereinigung voraus. Als Mitglied der Vereinigung stellte er Bots zur Verfügung, nahm zu bestimmten Punkten innerhalb der Gruppe Stellung, bereitete seine eigene Ausreise zum IS vor und betätigte sich als Designer, wobei er teilweise seine Kontakte zu Mitgliedern des IS nutzte.

Soweit die dem Angeklagten A. S. vorgeworfenen Tätigkeiten auf finanziellem Gebiet nicht konkret nach Tatzeit, Tatort und spezifizierter Tathandlung festgestellt werden konnten, durften diese gleichwohl als Teil seiner Betätigung in die strafrechtliche Bewertung einbezogen werden. Im Hinblick auf die pauschalisierende Fassung des Tatbestands der mitgliedschaftlichen Beteiligung nach §§ 129a, 129b StGB ist nämlich der Nachweis ausreichend, dass der Täter während des Tatzeitraums immer wieder Aktivitäten bestimmter Art zugunsten der Vereinigung erbracht hat (vgl. insoweit den Beschluss des BGH vom 14. Juli 2016 - 3 StB 23/16). Das ist hier der Fall.

Bei den Betätigungshandlungen des Angeklagten A. S. handelt es sich um eine einheitliche Tat. In der Unterbrechung seiner aktiven Betätigung zwischen Mitte Juni und Mitte September 2022 liegt keine den Fortbestand der Mitgliedschaft berührende Zäsur. Der Angeklagte A. S. setzte seine Aktivitäten allein aus Furcht vor Strafverfolgung und lediglich für die Dauer von etwa drei Monaten aus, bevor er sie unter nahtloser Anknüpfung an seine vorangegangenen Tätigkeiten wieder aufnahm. Vor diesem Hintergrund ist von einer vorübergehenden Phase der Inaktivität auszugehen, die für das Andauern der Mitgliedschaft regelmäßig rechtlich bedeutungslos ist.

V. Vorliegen einer Verfolgungsermächtigung

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat unter dem 13. Oktober 2015 zum Aktenzeichen II B 1 zu 4030 E (1326) - 21 495/2015 die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Taten im Zusammenhang mit der Vereinigung "Islamischer Staat" erteilt.

D. Strafzumessung

I. Strafzumessung bezüglich des Angeklagten N.

Für die beiden Taten der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat des Angeklagten N. war jeweils gemäß § 89a Abs. 1 StGB ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zugrunde zu legen.

Der Senat hat das Vorliegen eines minder schweren Falles nach § 89a Abs. 5 StGB nach der erforderlichen Gesamtabwägung in beiden Fällen verneint. Denn die Taten weichen nicht vom Durchschnitt anderer vergleichbarer Taten ab. Zudem stand der Annahme eines minder schweren Falles auch die schwerwiegende einschlägige Vorverurteilung des Angeklagten N. durch das Oberlandesgericht Koblenz vom 13. Juli 2009 entgegen.

Der Anwendungsbereich des § 89a Abs. 7 StGB war ebenfalls in beiden Fällen nicht eröffnet. Zwar ist es dem Angeklagten N. bei seinen beiden Ausreisen letztlich nicht gelungen, sich den kämpfenden Einheiten des IS in Syrien oder Pakistan anzuschließen. Die Aufgabe der Absicht des Angeklagten N., 2020 nach Syrien zu reisen, lag darin begründet, dass ihm Mitglieder des IS von der dem Angeklagten N. eröffneten Möglichkeit, über I. nach Syrien einzureisen, abgeraten hatten und auch nicht vertrauten. Der Angeklagte N. erkannte damit, dass es für ihn zu diesem Zeitpunkt keinen realistischen Weg gab, zum IS zu gelangen. Ähnlich bemühte sich der Angeklagte N. 2021 letztlich erfolglos um den Anschluss an die kämpfenden Einheiten von IS-K.. Dass er diesen Plan letztlich aufgab, um sich stattdessen den kämpfenden Einheiten in Syrien anzuschließen, stellt keinen Umstand dar, der es rechtfertigen würde, die verwirkte Strafe zu mildern oder von Strafe abzusehen.

Innerhalb des damit eröffneten Strafrahmens hat der Senat zugunsten des Angeklagten N. in beiden Fällen berücksichtigt, dass er die Reisen an sich objektiv bestätigt und auch seine Sympathie für den IS eingeräumt hat. Zu berücksichtigen war auch, dass es in beiden Fällen letztlich nicht zum Anschluss an die Vereinigung IS gekommen ist.

Zu seinen Lasten war indessen insbesondere die erhebliche einschlägige Vorverurteilung durch das Oberlandesgericht Koblenz vom 13. Juli 2009 heranzuziehen. Es konnte auch nicht übersehen werden, dass die Bemühungen des Angeklagten N. in Pakistan sich über mehrere Monate hinzogen. Unberücksichtigt blieb hinsichtlich der Türkeireise, dass die durch das Amtsgericht Germersheim am 22. März 2021 verhängte Geldstrafe gesamtstrafenfähig gewesen wäre, wenn sie noch nicht vollstreckt worden wäre. Denn der darin liegende Nachteil wird hier dadurch ausgeglichen, dass aufgrund des Wegfalls der Zäsurwirkung unter den verfahrensgegenständlichen Taten eine Gesamtstrafenbildung erfolgen kann (vgl. BayObLG in NJW 1993, 2127 [BGH 16.02.1993 - 5 StR 463/92]).

Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten N. sprechenden Umstände hielt der Senat in beiden Ausreisefällen eine Freiheitsstrafe von jeweils zwei Jahren und sechs Monaten für schuld- und tatangemessen und hat daher auf diese erkannt.

Hinsichtlich der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten N. an der Vereinigung IS war gemäß § 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB von einem Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.

Die sogenannte Mitläuferklausel nach § 129a Abs. 6 StGB war nicht anzuwenden, weil weder die Schuld des Angeklagten N. gering noch seine Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung war, was sich insbesondere daraus ergibt, dass es dem IS vor und unmittelbar nach der Übersetzungstätigkeit des Angeklagten N. nicht gelungen ist, auf anderem Weg deutsche Übersetzungen von IS-Publikationen bei I'. F. einzustellen.

Zu Gunsten des Angeklagten N. war indessen zu berücksichtigen, dass er seine Übersetzungstätigkeiten, die er im Sinne des IS vornahm, eingeräumt hat, die Zeit seiner Mitgliedschaft vergleichsweise kurz war und dass er auf die Rückgabe des sichergestellten Mobiltelefons in der Hauptverhandlung verzichtet hat. Auch gehörte der Angeklagte N. nicht zu den Führungsmitgliedern der Vereinigung.

Zu seinen Lasten konnte andererseits nicht übersehen werden, dass es sich bei der Vereinigung IS auch nach deren militärischer Niederlage immer noch im Hinblick auf die Zahl ihrer Mitglieder, die Ziele der Vereinigung und die Anzahl und das Gewicht der von ihr begangenen Taten um eine sehr gefährliche Vereinigung handelt. Zudem waren die durch das OLG Koblenz verhängte Vorstrafe und die Wertigkeit der Propagandatätigkeit für den IS zu berücksichtigen. Gerade in der Zeit der militärischen Zurückdrängung im Kerngebiet kam der Medienarbeit eine besondere Bedeutung zu.

Unter Abwägung der für und gegen den Angeklagten N. sprechenden Umstände hielt der Senat für die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland eine Freiheitsstrafe von vier Jahren für tat- und schuldangemessen und hat auf eine solche erkannt.

Gemäß §§ 53, 54 StGB war aus den erkannten Einzelstrafen eine Gesamtstrafe durch Erhöhung der höchsten Einzelstrafe zu bilden. Unter nochmaliger Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat der Senat auf eine

Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren

erkannt. Dabei hat der Senat insbesondere berücksichtigt, dass der Tatzeitraum für die drei Taten in der Gesamtheit zwar einerseits recht lang war, andererseits aber ein innerer Zusammenhang zwischen den Taten bestand.

Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 3 StGB hat der Senat abgesehen.

II. Strafzumessung bezüglich des Angeklagten A. S.

Bezüglich des Angeklagten A. S. hat der Senat seinen Strafzumessungserwägungen den Strafrahmen gemäß § 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB von einem Jahr bis zu zehn Jahren zugrunde gelegt.

Die Mitläuferklausel des § 129a Abs. 6 StGB kam dabei nicht zum Tragen, da die Schuld des Angeklagten A. S. nicht gering war. Insoweit war nämlich zu berücksichtigen, dass der Angeklagte A. S. gewichtige Betätigungshandlungen während laufender Bewährung wegen einer einschlägigen Verurteilung begangen hat.

Ausgehend von dem so eröffneten Regelstrafrahmen hat der Senat zugunsten des Angeklagten A. S. sein Teilgeständnis berücksichtigt. Ebenfalls war zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er im Fall seiner Verurteilung mit dem Widerruf der Strafaussetzung im vorangegangen Verfahren zu rechnen hat. Gleiches galt für mögliche ausländerrechtliche Konsequenzen. Zudem sprach zugunsten des Angeklagten, dass er auf die Rückgabe seines sichergestellten Mobiltelefons verzichtet hat.

Hingegen war auch für den Angeklagten A. S. die besondere Gefährlichkeit des IS strafschärfend zu werten. Zudem kam dem Umstand, dass der Angeklagte A. S. aufgrund des Urteils des Senats vom 3. Dezember 2018 einschlägig vorbestraft ist und die festgestellte Tat während der laufenden Bewährungszeit begangen wurde, erhebliches Gewicht zu. Auch konnten die Dauer der Mitgliedschaft und Art und Umfang der einzelnen Betätigungshandlungen nicht übersehen werden. Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten A. S. sprechenden Umstände hielt der Senat eine

Freiheitsstrafe von vier Jahren

für tat- und schuldangemessen und hat auf eine solche erkennt.

E. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.