Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 03.07.2007, Az.: 2 U 137/05
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 03.07.2007
- Aktenzeichen
- 2 U 137/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 59869
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2007:0703.2U137.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 11.11.2005 - AZ: 2 O 54/04
Fundstellen
- IBR 2008, 584 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- IBR 2009, 221 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- OLGReport Gerichtsort 2008, 767-769
- ZAP EN-Nr. 0/2009
In dem Rechtsstreit
...
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2007
durch die Richter Auf dem Brinke, Dr. Fabarius und Budke
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) und der Streithelfer zu 1) und 2) wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 11.11.2005 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung geändert.
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des zweiten Rechtszuges, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt 480 087,01 Euro.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin ist Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherer der A.... GmbH & Co. (Versicherungsnehmerin) für einen Gebäudekomplex in C..... Die Versicherungsnehmerin hatte das Objekt von der Firma D.... GmbH & Co. KG (Bauherrin) erworben. Vertragliche Ansprüche der Bauherrin gegen die Beklagten sind an die Versicherungsnehmerin der Klägerin abgetreten worden.
Der Beklagte zu 1. war der bauleitende Architekt, die Beklagte zu 2. mit Stahlbauarbeiten bei Errichtung des Gebäudekomplexes in den Jahren 1991/1992 betraut. Als Rohbauunternehmerin war die Nebenintervenientin zu 1. tätig und für die Beklagte zu 2. als Subunternehmerin die Nebenintervenientin zu 2.
Nach starken Regenfällen brach am 27.6.2001 das Flachdach ein. Das Wasser durchflutete den darunter liegenden Fachmarkt für Textilien der Firma H...., die diese Fläche von der Versicherungsnehmerin gemietet hatte. Firma H.... nahm die Versicherungsnehmerin als Vermieterin auf Schadensersatz in Anspruch und die Klägerin als deren Versicherer regulierte den Schaden in Höhe von ca. 480 000,- €. Um diesen Betrag geht es im vorliegenden Verfahren.
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 480 087,01 € nebst Zinsen zu zahlen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil vom 11.11.2005 verwiesen.
Hiergegen wenden sich beide Beklagte, sowie beide Nebenintervenientinnen mit ihren Berufungen.
Bis auf die Nebenintervenientin zu 2. erheben die übrigen Berufungsführer die Einrede der Verjährung.
Der Beklagte zu 1. macht darüber hinaus im wesentlichen geltend: Einer Beaufsichtigung der Verbindung der Stahlbetonsäulen mit der Dachkonstruktion habe es nicht bedurft. Außerdem sei die Kausalität eines eventuellen Fehlverhaltens seinerseits nicht festgestellt, da das Dach ohnehin wegen verstopfter Abflüsse eingebrochen wäre. Außerdem erhebt der Beklagte zu 1. - wie bereits im ersten Rechtszug - Einwendungen zur Schadenshöhe.
Die Beklagte zu 2. macht geltend, die Nebenintervenientin zu 2. habe ihr Werk fertiggestellt gehabt, so dass sie für die spätere Nichtverbindung der Stahlbetonsäulen mit der Dachkonstruktion nicht verantwortlich sei. Darüber hinaus macht sie geltend, die Beweiswürdigung des Landgerichts dazu, dass keine Anzeige des Umstandes, dass nach dem Neuaufbau der Säulen eine Verbindungsmöglichkeit zur Dachkonstruktion nicht habe hergestellt werden können, erfolgt sei, sei fehlerhaft.
Die Nebenintervenientin zu 1. wendet sich mit ihrer Berufung in erster Linie gegen ihre eigene Verantwortlichkeit, da die Nebenintervenientin zu 2. für eine ordnungsgemäße Befestigung hätte sorgen müssen.
Die Nebenintervenientin zu 2. macht ebenfalls geltend, dass ursprünglich die Konstruktion vollständig erstellt worden sei, wobei sie eine Prüfpflicht hinsichtlich der Vorarbeiten nicht getroffen habe. Außerdem sei die Bauleitung später über den Umstand, dass nunmehr eine Verbindungsmöglichkeit nicht habe geschaffen werden können, informiert worden.
Der Beklagte zu 1. beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil nebst dem ihm zugrundeliegenden Verfahren aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte zu 2. beantragt,
das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 11.11.2005 aufzuheben soweit die Beklagte zu 2. verurteilt wurde und die Klage abzuweisen.
Die Nebenintervenientin zu 1. beantragt,
das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 11.11.2005 aufzuheben und die Klage gegen den Beklagten zu 1. abzuweisen.
Die Nebenintervenientin zu 2. beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Oldenburg vom 11.11.2005 die Klage gegenüber der Beklagten zu 2. abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelfer zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 18.07.2006 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Dipl. Ing. F.... vom 29.01.2007 verwiesen. Ferner hat das Gericht Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 16.03.2007 durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 05.06.2007 verwiesen.
Gründe
Die Berufungen sind zulässig, haben aber nur hinsichtlich der Schadenshöhe Erfolg. Insoweit führen die Berufungen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Landgericht. Dem Grunde nach ist die Klage jedoch gerechtfertigt.
Sowohl der Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) haften der Klägerin für den eingetretenen Schaden.
Den Beklagten zu 1) trifft die Verantwortung, weil er seiner Bauüberwachungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist.
Der Senat hat zu dieser Frage ein Sachverständigengutachten eingeholt. Danach wäre es Aufgabe der Objektüberwachung gewesen, das Auflager auf Standsicherheit, gegebenenfalls durch Vorlage eines geänderten statischen Nachweises zu überprüfen. Vor Einbau der abgehängten Decke wäre eine Nachkontrolle des Auflagerpunktes durch die Objektüberwachung dringend erforderlich gewesen. Der Beklagte zu 1) sei somit seiner Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Bauüberwachung in diesem statisch entscheidenden Detail offensichtlich nicht nachgekommen.
Diesen Ausführungen des Sachverständigen, folgt der Senat. Das Landgericht hatte - allerdings ohne sich sachverständig beraten zu lassen - bereits überzeugend eine Pflichtverletzung bejaht und ausgeführt, dass ursprünglich vorgesehen gewesen sei, die Betonsäulen zuerst zu erstellen, um anschließend die Stahlkonstruktion zu erstellen. Nachdem dann aber festgestellt worden sei, dass zwei der Betonsäulen in sich verdreht und aus dem Lot gewesen seien und deshalb neu hätten erstellt werden müssen, darüber hinaus die gesamte Stahlkonstruktion ca. 10 cm versetzt gewesen sei und ebenfalls neu habe aufgestellt werden müssen, sei zunächst die Stahlkonstruktion umgebaut und mit Hilfsstützen versehen worden. In der Zwischenzeit seien die schiefen Betonstützen abgerissen und neu errichtet worden. Wegen der aufgetretenen Komplikationen, die zu einer Änderung des Bauablaufs geführt hätten, hätte der Beklagte zu 1) prüfen müssen, ob die Verbindung ordnungsgemäß erstellt worden sei. Dem folgt der Senat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen.
Wenn in dieser Situation der für den Beklagten zu 1) tätige Zeuge E.... - wie die erstinstanzliche Beweisaufnahme ergeben hat - nicht überprüft hat, ob in den neuen Betonpfeiler die Ankerplatten vorhanden waren, ist der Beklagte zu 1) damit seiner Überwachungspflicht nicht hinreichend nachgekommen.
Die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2) hat das Landgericht ebenfalls zutreffend festgestellt. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.
Soweit die Beklagte zu 2) geltend gemacht, ihr Subunternehmer, die Nebenintervenientin zu 2) hätte ursprünglich ihre Arbeiten fertig gestellt, so dass diese und damit auch die Beklagte zu 2) eine Verantwortlichkeit nicht träfe, greift dieses Argument nicht durch. Davon abgesehen, dass das Landgericht nicht festgestellt hat, dass die Winkeleisen an die ursprünglich vorhandenen Stahlbetonstützen angeschraubt waren, ist unstreitig, dass die Streitverkündete zu 2) später nochmals vor Ort war, um die Verbindung zu den neu errichteten Stahlbetonsäulen herzustellen, was allerdings wegen der fehlenden Ankerplatten nicht möglich war. Da aber die Streitverkündete zu 2) - unterstellt, ihre Arbeiten seien ursprünglich abgeschlossen gewesen - nochmals vor Ort war und dabei festgestellt hat, dass nunmehr eine ordnungsgemäße Konstruktion nicht mehr möglich war, haftet sie nach den Grundsätzen der pVV, die auch nachträgliche Pflichten umfasst, wenn sie in dieser Situation eine Anzeige des Mangels an die Bauleitung unterlässt. Dass eine derartige Anzeige nicht erfolgt ist, hat das Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt. Soweit es die Beweiswürdigung hierzu betrifft, ergeben sich aus dem Berufungsvorbringen keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden. Die Ausführungen in den Entscheidungsgründen zur Beweiswürdigung stehen zunächst nicht im Widerspruch zur protokollierten Aussage der Zeugen, werden vielmehr von deren Aussage gedeckt. Aus der Vernehmungsniederschrift oder den Urteilsgründen ergeben sich auch keine konkreten Zweifel hinsichtlich der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass letztlich durch die Entfernung der Hilfsstützen die fehlende Stabilität nicht mehr gewährleistet war, da die Hilfsstützen ersichtlich nur während der Neuerrichtung der Säulen eingebracht worden sind. Soweit die Nebenintervenientin zu 2) geltend macht, die Klägerin müsse sich im Verhältnis zur Beklagten zu 2) ein Mitverschulden des Beklagten zu 1) anrechnen lassen, ist dieses unzutreffend, da sich ein Bauunternehmer nicht durch den Einwand nicht ausreichender Überwachung entlasten kann. Darüber hinaus stellt die Verpflichtung, auf die nicht ordnungsgemäße Dachkonstruktion hinzuweisen, eine eigene Pflichtverletzung dar, die mit der Bauaufsicht nichts zu tun hat.
Der Baumangel ist nach Überzeugung des Senats auch kausal geworden für den Einsturz des Daches. Der Sachverständige F.... hat hierzu in seinem Gutachten vom 10.05.2005 zunächst ausgeführt, dass eine Auflagerkonstruktion aus Stahl U-Profil ohne die vorgesehene Unterstützung in den Drittelpunkten vorhanden gewesen sei, so dass sich infolge des über ca. 16,90 m gespannten U-Profils bereits durch die Eigenlast eine nicht unerhebliche Durchbiegung ergeben habe. Es ergebe sich bereits für das Eigengewicht des U-Profils einschließlich Dachaufbau und Unterdecke ohne Berücksichtigung einer Wassersackbildung bereits eine Durchbiegung von 28,3 cm. Die Dachoberfläche sei in einer Höhe von 12 cm über Oberkante 1. Dacheinlauf vorgesehen gewesen. Mit einer Durchbiegung durch Eigenlast habe sich die Höhenlage der Oberkante Dachfläche im mittleren Bereich des Anschlusses an die Brandwand rechnerisch bereits 16,3 cm (28,3 - 12) unterhalb des Dacheinlaufes befunden. Das anfallende Niederschlagswasser habe somit bis zu einer Höhe von 16,3 cm nicht mehr in den Dacheinlauf entwässern können und sei in einem Wassersack vor der Brandwand verblieben. Aufgrund der erheblichen Niederschlagmengen vom 27.06.2001 von 81,9 mm habe die Konstruktion unter der zusätzlichen Last versagt und sei eingestürzt. Bei seiner Anhörung hat der Sachverständige ergänzend ausgeführt, dass die Durchbiegung auch erst kurze Zeit vor dem Einbruch passiert sein könne. Durch die Dachhaut und die Reibung der Trapezfläche könne nämlich eine frühere Durchbiegung jedenfalls teilweise verhindert worden sein. Hinzukommt, dass der Dacheinbruch bei fachgerechter Konstruktion im Bereich des Tiefpunktes der Dachfläche zu erwarten gewesen wäre, da hier eine Belastung durch Niederschlagswasser infolge der Dachneigung am größten gewesen wäre. Tatsächlich erfolgte der Einsturz des Daches jedoch genau in dem Bereich, in dem die fehlerhafte Dachkonstruktion vorhanden war, obwohl sich dort einer der Hochpunkte des sich zur Mitte hin absenkenden Daches befindet.
Die Kausalität des Baumangels entfällt nicht deshalb, weil nach dem vom Senat eingeholten Gutachten des Sachverständigen F.... vom 29.01.2007 auch eine ordnungsgemäße Konstruktion bei einem Wasserstand von ca. 20 cm unterhalb Oberkante Attika bzw. einer Wasserstandshöhe von ca. 22 cm (10 cm über dem Hochpunkt Dachfläche zzgl. Trichter der Dachneigung von 12 cm) eingebrochen wäre. Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich nämlich nicht feststellen, dass infolge verstopfter Abläufe ein solcher Wasserstand erreicht worden wäre. Unstreitig betrug die Niederschlagsmenge am Schadenstag insgesamt 81,9 mm. Selbst wenn dieses Wasser überhaupt nicht abgelaufen wäre, so hätte es - gerechnet vom Tiefpunkt des Daches - lediglich 14,19 cm (81,9 mm zzgl. 60 mm; wegen der Neigung des Trichters kann dieser nur halb so viel Wasser aufnehmen) hoch gestanden. Keiner der vom Senat vernommenen Zeugen vermochte jedoch Angaben dazu zu machen, ob und ggf. in welchem Umfang sich bereits vor dem Schadenstag Wasser auf dem Dach befand.
Darüber hinaus fehlt es nach Überzeugung des Senats ( §§ 254 BGB, 287 ZPO ) auch an zureichenden Anhaltspunkten dafür, ob und ggf. welche Wassermassen sich vor dem Einsturz zusätzlich auf dem Dach aufgestaut hatten, weil die Abflüsse nicht regelmäßig gereinigt worden waren. Zwar haben sowohl der Zeuge G.... als auch der Beklagte zu 1) bei seiner Parteivernehmung bekundet, dass am Tag nach dem Einsturz des Daches zumindest neben den meisten der Abläufe Schlamm gelegen habe. Da darüber hinaus teilweise die oberen Siebe der Abläufe daneben gelegen hätten, liege die Annahme nah, dass kurz vorher dieses Material aus den Abläufen herausgenommen worden sei. Keiner vermochte jedoch Angaben zu dem Zustand vor der möglicherweise - durch wen ist nicht bekannt - erfolgten Herausnahme des Materials und insbesondere dazu zu machen, ob und ggf. inwieweit es den Abfluss des Regens behindert hat. Auch soweit der Beklagte zu 1) bei seiner Parteivernehmung bekundet hat, ein Mitarbeiter des Marktes - entweder der Marktleiter oder der stellvertretende Marktleiter - habe ihm ohne weitere Erläuterung erklärt, die Gullis seien dicht gewesen, so ergeben sich insoweit keine zureichenden Anhaltspunkte. Dies zeigt sich exemplarisch aus dem Schreiben des Zeugen G.... vom 22.01.2004, gerichtet an das Büro des Beklagten zu 1). Dort hatte der Zeuge ausgeführt, "die Entwässerungsgullis waren allesamt zu gewesen, auch der Notüberlauf". Wie der Zeuge bei seiner Vernehmung jedoch klar gestellt hat, handelte es sich insoweit lediglich um einen Rückschluss aus dem Umstand, dass er Material neben den Abläufen habe liegen sehen. Insofern kann es sich bei der Äußerung des Gesprächspartners des Beklagten zu 1) ebenfalls um einen bloßen Rückschluss gehandelt haben.
Darüber hinaus ließe sich selbst dann, wenn sich der Abfluss des Regenwassers durch unzureichende Reinigung der Gullis verzögert haben sollte, zur Überzeugung des Senats ( §§ 254 BGB, 287 ZPO ) nicht feststellen, dass infolgedessen größere Wassermassen in das Gebäudeinnere gelangt sind und einen weitergehenden Schaden verursacht haben. Denn - wie bereits festgestellt - hatte sich an der statisch mangelhaften Stelle des Flachdaches vor dessen Einbruch eine Senke gebildet , deren Tiefpunkt 16.3 cm unter dem Dacheinlauf lag. Ein verzögerter Abfluss hätte deshalb allenfalls dazu geführt, dass der Einbruch des Daches etwas eher erfolgt wäre, als er ansonsten geschehen wäre. An der Wassermenge würde sich hierdurch nichts ändern.
Der Anspruch, der gemäß § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen ist - auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichtes wird insoweit verwiesen - ist auch nicht verjährt. Es handelt sich nämlich um einen entfernten Mangelfolgeschaden, für den - seinerzeit - die pVV Anspruchsgrundlage war. Für die Abgrenzung zwischen den nach § 638 alte Fassung BGB und den nach § 195 alte Fassung BGB verjährenden Ansprüchen ist eine an Leistungsobjekt und Schadensersatz orientierte Güter - und Interessenabwägung ausschlaggebend, durch die das Verjährungsrisiko für Mangelfolgeschäden zwischen Unternehmer und Besteller angemessen verteilt wird ( BGH NJW 1993, 923 f. [BGH 08.12.1992 - X ZR 85/91]). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass hier der Schaden der Versicherungsnehmerin in deren Inanspruchnahme seitens der Mieterin liegt. Derartige Haftungsschäden sind als entfernte Mangelfolgeschäden anzusehen (vgl. BGH NJW 1969, 838 [BGH 30.01.1969 - VII ZR 139/66] und NJW RR 1994, 601). Aber auch nach den ansonsten geltenden Kriterien für die Abgrenzung läge hier ein entfernter Mangelfolgeschaden vor. So hat der BGH im "Heizkörperfall" (BGH Versicherungsrecht 1962, 480) ausgeführt, dass der Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur denjenigen Schaden umfasse, der dem Werk oder der gelieferten Sache unmittelbar anhafte, weil es wegen des Mangels unbrauchbar, wertlos oder minderwertig sei. Dort war es so, dass wegen einer unzureichenden Wandstärke eine Heizungsleitung geplatzt und dadurch ein erheblicher Wasserschaden eingetreten war. Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass es sich bei dem infrage stehenden Wasserschaden um einen Folgeschaden gehandelt habe, der dem gelieferten Werk und der gelieferten Sache nicht unmittelbar angehaftet habe und dieser Folgeschaden nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu ersetzen sei. Insoweit ist der vorliegende Fall vergleichbar, weil der unmittelbare Schaden nur die Säulen- und Dachkonstruktion betrifft, hier jedoch Schäden wegen des einflutenden Wassers geltend gemacht werden.
Der Beklagte zu 1) kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Klausel in § 5 Abs. 2 des Architektenvertrages berufen. Dort heißt es:
"Wird der Architekt für einen Schaden in Anspruch genommen, für den auch ein Dritter einzutreten hat, so haftet er nur in dem Umfang, in dem er im Verhältnis zu dem Dritten haftbar ist."
Diese Klausel ist allerdings wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz (alte Fassung) unwirksam. Die entsprechende Klausel verstößt nämlich sowohl gegen § 11 Nr. 10a als auch gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz (alte Fassung) (vgl. Graf von Westphalen-Motzke, Vertrags- und AGB Klauselwerke, Architektenvertrag Randnr. 183 und OLG München NJW RR 1988, 336 f.)). Durch die genannte Regelung würde nämlich das Leitbild einer gesamtschuldnerischen Haftung zwischen Architekten und Unternehmer beseitigt und Ergebnisse eines Regressprozesses zu Lasten des Geschädigten vorweg genommen. Der Geschädigte könnte nur mit einem erheblichen Prozessrisiko prozessieren, was zur Unwirksamkeit der Klausel führt (OLG München a.a.O.).
Erfolg hat die Berufung allerdings insoweit, als die Feststellungen des Landgerichtes zur Schadenshöhe auf einer nicht tragfähigen Grundlage beruhen. Der Beklagte zu 1) hatte die Schadenshöhe ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten, darunter alle behaupteten Anknüpfungstatsachen der privatgutachterlichen Bewertungen. Insbesondere wird der Zeitraum des geltend gemachten Ausfallschadens als deutlich zu lang angesetzt bezeichnet. Auch nachdem die Klägerin ergänzend zur Schadenshöhe vorgetragen hatte, hat die Beklagte ihr Bestreiten aufrechterhalten. In dieser Situation durfte das Landgericht nicht ohne weitere Beweiserhebungen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen W.... zugrunde legen. Da der Beklagte zu 1) auch die tatsächlichen Grundlagen des Privatgutachtens bestritten hatte und da sich die Verfahrensbeteiligten im übrigen weiteren Vortrag zur Schadenshöhe nach rechtskräftiger Grundentscheidung vorbehalten haben, ist in keiner Weise absehbar, welchen Umfang die durchzuführende Beweisaufnahme haben wird. Vor diesem Hintergrund hat der Senat antragsgemäß von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach Feststellung der Haftung dem Grunde nach, hinsichtlich des Betragsverfahrens die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 543 ZPO.