Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 06.08.2020, Az.: 11 U 113/19

Haftung des Reiseveranstalters für unrichtige Angaben eines von ihm mit der Vermittlung von Pauschalreisen betrauten Reisebüros über Einreisebestimmungen am Zielort oder an einem Zwischenziel

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.08.2020
Aktenzeichen
11 U 113/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 34367
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2020:0806.11U113.19.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 06.06.2019 - AZ: 8 O 58/18

Fundstellen

  • ZAP EN-Nr. 426/2020
  • ZAP 2020, 941

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Reiseveranstalter muss sich grundsätzlich alle inhaltlich unrichtigen Erklärungen des Personals des von ihm mit der Vermittlung von Pauschalreisen betrauten Reisebüros - etwa über Einreisebestimmungen am Zielort oder an einem Zwischenziel - zurechnen lassen.

  2. 2.

    Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der dem Reisenden übergebene Reiseprospekt (oder ein vergleichbares elektronisches Dokument) in einem Anhang die zutreffenden Informationen erhält; es gilt der Grundsatz des Vorrangs des gesprochenen Wortes.

  3. 3.

    Die Zurechnung erfolgt auch, wenn der Reisende sich zum Zeitpunkt der unrichtigen mündlichen Erklärung noch nicht für ein bestimmtes Reiseziel entschieden hatte.

  4. 4.

    Der Inhalt ausländischer Einreisebestimmungen lässt sich allein anhand eines - unstreitigen - Parteivorbringens bestimmen.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 6. Juni 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.484,50 € sowie weitere 297,62 € an vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Juli 2018, zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung des Preises für eine Fernreise und auf Entschädigung für vertanen Urlaub in Anspruch.

Wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Klage ist der Beklagten am 12. Juli 2018 zugestellt worden.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung zweier Zeuginnen, nämlich der für den Kläger zuständig gewesenen Mitarbeiterin des Reisebüros und der Lebensgefährtin des Klägers, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Mitarbeiterin des Reisebüros dem Kläger und seiner Lebensgefährtin den einschlägigen Reiseprospekt der Beklagten vor der verbindlichen Buchung übergeben habe. Dieser enthielt unstreitig die zutreffende Aufklärung über die Einreisebestimmungen.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Begründung im Einzelnen ebenfalls verwiesen wird, richtet sich die rechtzeitig und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge vollen Umfangs weiterverfolgt. Der Kläger beanstandet die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung und rügt, dass das Landgericht ein Beweisangebot, das er mit einem nicht nachgelassenen Schriftsatz gemacht hatte, übergangen habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 6. Juni 2019 zu verurteilen, an den Kläger 5.484,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 297,62 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. In ihrer Berufungserwiderung erläutert sie insbesondere im Einzelnen ihre Behauptung, dass der zum Vertragsschluss führende Reisevorschlag des Reisebüros dem Kläger über den Internetdienst "Dropbox." als Digitaldatei zur Verfügung gestellt worden sei und diejenigen Informationen zu den Einreisebestimmungen für Einreise in das französische Übersee-Département L. R. enthalten habe, die auch im Reiseprospekt abgedruckt und inhaltlich - insoweit unstreitig - zutreffend waren.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens und des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis darüber erhoben, welche mündlichen Äußerungen die Mitarbeiterin des Reisebüros gegenüber dem Kläger und seiner Lebensgefährtin bezüglich der Einreisebedingungen in L. R. machte, und darüber, ob der Kläger in diesem Zusammenhang den einschlägigen Reiseprospekt der Beklagten mit den darin enthaltenen - zutreffenden - Angaben zu den Einreisebedingungen erhielt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2. Juli 2020 (Bl. 203 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die Berufung ist begründet.

Dem Kläger als alleinigem Vertragspartner der Beklagten steht gemäß § 651d Abs. 1 Satz 2, § 638 Abs. 4 BGB (a. F.) ein Rückerstattungsanspruch in Höhe des vollen Reisepreises von 4.750 € zu, weil er diesen Preis unstreitig bereits voll entrichtet hat, die Reise aber zusammen mit seiner Lebensgefährtin infolge eines Mangels nicht antreten konnte. Außerdem steht ihm deshalb der - für ihn allein, nicht aber für seine Lebensgefährtin geltend gemachte - Anspruch auf Entschädigung wegen entgangenen Urlaubs gemäß § 651f Abs. 2 BGB in Höhe des auf ihn entfallenden hälftigen Reisepreises zu.

1. Der Kläger konnte die Reise nicht antreten, weil seine Lebensgefährtin und er von dem Reisebüro, bei dem sie die Reise gebucht hatten, unzutreffend über die für das Reiseziel maßgeblichen Einreisebestimmungen informiert wurden und die Beklagte als Reiseveranstalterin sich diese fehlerhafte Auskunft zurechnen lassen muss.

a) Der Reiseveranstalter hat den Reisenden bei Buchung einer Auslandsreise grundsätzlich ungefragt über die im jeweiligen Durchreiseland oder Zielland geltenden Einreisebestimmungen zu unterrichten.

Mit seinem Reiseangebot übernimmt der Veranstalter Planung und Durchführung der Reise. Nach dem Abschluss des Reisevertrages haftet er insoweit für den Erfolg. Er trägt grundsätzlich die Gefahr des Nichtgelingens seiner Reiseveranstaltung. Der Reisende darf daher darauf vertrauen, dass der Veranstalter alles zur erfolgreichen Durchführung der Reise Erforderliche unternimmt und ihn, soweit eine Mitwirkung des Reisenden notwendig ist, rechtzeitig darauf hinweist. Die Gesamtheit von Reiseleistungen beschränkt sich nicht auf die im Angebot (Prospekt) aufgeführten Einzelleistungen (Beförderung, Unterbringung, Verpflegung, Führungen etc.), sondern umfasst auch die Überwindung aller durchweg in Betracht zu ziehenden Reisehindernisse, die die Reise vereiteln oder beeinträchtigen können. Zu den bei Auslandsreisen stets ins Auge zu fassenden Reisehindernissen gehören vor allem die Einreise- und Verhaltensbestimmungen, welche die als Durchreise- oder Zielland zu betretenden fremden Staaten erlassen haben und von deren Beachtung sie Einreise oder Verbleib abhängig machen. Die insofern erforderliche Beschaffung von Reiseurkunden (Pass, Visum, Impfbescheinigung) ist zwar, soweit sie nicht vom Veranstalter übernommen wird, grundsätzlich Sache des Reisenden. Es gehört aber zu den Hauptpflichten des Veranstalters, den Reisenden bei der Buchung darauf hinzuweisen, dass solche Urkunden mitgeführt werden müssen, weil die Nichtbeachtung der Einreisebestimmungen den von ihm geschuldeten Erfolg der Reise vereiteln oder beeinträchtigen kann (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 17. Januar 1985 - VII ZR 375/83, juris Rn. 9 ff m.w.N.).

In §§ 4, 5 BGB-InfoV ist diese schon zuvor geltende Vertragspflicht zwischenzeitlich auch normiert worden (nach der mittlerweile geltenden Neufassung des Reisevertragsrechts ist sie nunmehr in § 651a BGB (n.F.) und Art. 250 § 3 Nr. 6 EGBGB festgelegt); inhaltlich folgt daraus aber kein wesentlicher Unterschied.

b) Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats (§ 286 Abs. 1 ZPO) fest, dass die Zeugin K. dem Kläger und dessen Lebensgefährtin, der Zeugin B., vor der Buchung der streitgegenständlichen Reise mitteilte, dass eine Reise zu der Insel L. R. nur mit einem Personalausweis möglich sein werde. Das haben beide Zeuginnen - insoweit übereinstimmend - vor dem Senat bestätigt.

Bei der Zeugin K. handelt es sich um diejenige Mitarbeiterin des Reisebüros, die den Kläger und die Zeugin B. damals vor der Buchung der Reise beriet. Die Zeugin K. hat bekundet, dass der Kläger und seine Lebensgefährtin verschiedene Fernreiseziele in Betracht gezogen hätten. Die Insel L. R. habe sich von vornherein in der engeren Auswahl befunden. Diesbezüglich habe sie erklärt, dass dort eine Einreise nur mit dem Personalausweis möglich sei. Davon sei sie sogar noch ausgegangen, als der Kläger sich dann nach dem Scheitern der Reise erneut an sie gewandt habe. Selbst eine Mitarbeitern der Beklagten habe diese Einschätzung noch zu jenem späten Zeitpunkt auf fernmündliche Nachfrage ausdrücklich bestätigt, und zwar auch in Kenntnis des Umstandes, dass die Einreise über M. erfolgen sollte.

Die Zeugin B. hat ebenfalls bekundet, dass die Zeugin K. vor der Buchung erklärt habe, dass man bei einer Reise nach L. R. nur einen Personalausweis benötige. Sie hat insbesondere klargestellt, dass die vom Landgericht aufgenommene Sitzungsniederschrift (auf Seite 2, vierter Absatz) einen Diktierfehler enthält und die Zeugin K. auf Nachfrage erklärt habe, dass auch bei einer Einreise nach L. R. über M. ein Reisepass "nicht nötig" (statt vom Landgericht aufgenommen: "nicht möglich") sei. Damit ist den diesbezüglichen Bedenken der Beklagten (vgl. Seite 4 ihrer Berufungserwiderung, Bl. 117 d. A.) ausreichend Rechnung getragen.

Der Senat hält die Aussagen beider Zeuginnen insoweit für glaubhaft. Dafür spricht nicht nur die Übereinstimmung hinsichtlich derjenigen Tatsachenfrage, die nach der Auffassung des Senats streitentscheidend ist. Dafür spricht vor allem, dass die Aussagen der Zeuginnen im Übrigen durchaus voneinander abweichen. Die Zeugin B. hat auch bekundet, dass sie in dem damaligen Beratungsgespräch gezielt danach gefragt habe, ob auch dann ein Personalausweis genüge, wenn man über M. als Zwischenziel einreise; das habe die Zeugin K. gleichfalls bestätigt. Die Zeugin K. hat hingegen sowohl diese Nachfrage als auch die von der Zeugin B. bekundete Antwort rundweg in Abrede gestellt. Die Zeugin K. hat überdies - abweichend vom Vorbringen des Klägers - darauf beharrt, dem Kläger die - von der Beklagten erstellten und inhaltlich zutreffenden - Einreiseinformationen zusammen mit den vom Kläger während des im Reisebüro durchgeführten Beratungstermins erbetenen verschiedenen Angeboten per Dropbox (also über das Internet) als Digitaldateien zur Verfügung gestellt zu haben. Diese inhaltlichen Unterschiede belegen, dass die Zeugin K. ihre Aussage weder mit dem Kläger und seiner Lebensgefährtin abgestimmt hat noch überhaupt eine - und sei es nur unbewusste - Neigung zeigt, dem Kläger im vorliegenden Rechtsstreit entgegen der Wahrheit zu begünstigen. Denn die beiden soeben bezeichneten Teile der Aussage der Zeugin K. sind potentiell geeignet, den Erfolg der Klage zu gefährden.

Anlass, die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen in Zweifel zu ziehen, sieht der Senat im Übrigen gleichfalls nicht. Beide Zeuginnen haben nach dem vom Senat gewonnen Eindruck freundlich, sachlich und unverstellt ausgesagt, auf Nachfragen in adäquater Weise reagiert und insbesondere Erinnerungslücken von sich aus offengelegt.

c) Die Mitteilung, dass eine Einreise nach L. R. (für Bürger eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union) nur mit einem Personalausweis möglich sei, ist unvollständig und daher in demjenigen Zusammenhang, in dem die Zeugin K. diese Mitteilung machte, im Ergebnis falsch. Es ist unstreitig und bedarf daher keiner weiteren Aufklärung (vgl. dazu, dass sich der Inhalt ausländischer Einreisebestimmungen allein anhand des Parteivortrags bestimmen lässt: BGH, Urteil vom 20. Mai 2014 (X ZR 134/13, juris Rn. 13)), dass eine Einreise in das französische Übersee-Département L. R. nur dann allein mit einem Personalausweis möglich ist, wenn die Einreise direkt vom Gebiet der Europäischen Union aus erfolgt. Bei einer Einreise über das Zwischenziel M. muss der Reisende hingegen einen Reisepass mitführen.

Dahinstehen kann, ob Anderes gälte, wenn die Zeugin K. den Kläger etwa bei der Übersendung der verschiedenen Angebote mit dem Internetdienst "Dropbox" oder etwa bei der Verabschiedung im Reisebüro ausdrücklich darauf hingewiesen hätte, dass er die Einreisebestimmungen für L. R. in Schriftform noch einmal nach deren Erhalt genau nachlesen solle, etwa weil sich insofern nicht hinsichtlich jeden Details sicher sei. Ein solcher Sachverhalt lässt sich nicht feststellen. Sogar die Zeugin K. selbst hat auf mehrfache Nachfrage bekundet, dass sie den Kläger nicht zur Lektüre der ihm - nach ihrer Aussage - später per "Dropbox" in schriftlicher Form zur Verfügung gestellten Einreisebestimmungen aufforderte oder ihn auch nur gesondert darauf hinwies, dass sie ihm diese Bestimmungen noch einmal in Schriftform überlassen werde.

d) Die Beklagte muss sich die unvollständige und daher im Ergebnis falsche Information der Zeugin K. auch als eigene zurechnen lassen. Deshalb ist zu Lasten der Beklagten davon auszugehen, dass sie die sie treffende Aufklärungspflicht nicht (richtig) erfüllte und die Reise deshalb mangelhaft war.

aa) Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 25. April 2006 (X ZR 198/04, juris Rn. 8 ff.) damit befasst, welche Rechtsbeziehungen zwischen einem Reisebüro und einem Reisenden einerseits und einem Reisenden und dem Reiseveranstalter andererseits entstehen. In jenem Fall hatte der Reisende das Reisebüro mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch genommen, er sei von diesem nicht zutreffend über die Einreisebestimmungen unterrichtet worden.

Die Beziehungen zwischen Reisebüro und Reisendem hat der Bundesgerichtshof im Ergebnis dahinstehen lassen und ausgeführt (a.a.O., Rn. 10):

"Sollte zwischen dem Reisebüro und dem Kunden ein eigener Vertrag zustandegekommen sein, so hat das Berufungsgericht für diesen Fall zutreffend ausgeführt, dass das Reisebüro dem Kunden Beratung nur bei der Auswahl der Reise schuldet, während die davon zu trennende Durchführung der gewählten Reise mitsamt den dabei anfallenden weiteren Aufklärungs- und Hinweispflichten Sache des Reiseveranstalters ist, und dass - zumindest im Regelfall - die Unterrichtung über ein Pass- oder Visumerfordernis nicht zur Beratung bei der Auswahl, sondern zur Durchführung der Reise gehört. [...]

Falls das Reisebüro eigene vertragliche Beratungspflichten gegenüber dem Reisekunden hat, so enden diese im Allgemeinen in dem Zeitpunkt, in dem die Auswahlberatung abgeschlossen ist und der Kunde sich für eine bestimmte Reise - oder zunächst nur für einen bestimmten Veranstalter - entscheidet. Nach dieser Auswahlentscheidung beginnen die Verhandlungen über den konkreten Reisevertrag des Kunden mit einem bestimmten Reiseveranstalter und setzt damit die vorvertragliche Haftung dieses Reiseveranstalters für ein Verhandlungsverschulden des Reisebüros als seines Erfüllungsgehilfen ein."

Diese zeitliche Abgrenzung könnte im Streitfall dazu führen, dass die Äußerung der Zeugin K. zur Frage der Einreisebestimmungen, die diese - das ergibt sich deutlich aus den Aussagen beider vom Senat vernommener Zeuginnen - noch während des Auswahlprozesses machte, der Beklagten nicht zuzurechnen wäre. Das wiederum könnte bedeuten, dass die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht vergleichsweise unproblematisch durch das spätere Zurverfügungstellen des inhaltlich zutreffenden und ausreichenden Reiseprospekts (oder einer inhaltlich entsprechenden Digitaldatei) genügt haben könnte, wie es das Landgericht gesehen hat.

bb) Eine eigene Haftung des Reisebüros für fehlerhafte Angaben kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn das Reisebüro mehrere Veranstalter vertritt. Das war der Ausgangspunkt der Überlegungen des Bundesgerichtshofs (a.a.O., Rn. 8). Nur dann nämlich bleibt während der Auswahl zwischen den Angeboten jener Mehrzahl von Veranstaltern überhaupt Raum für ein eigenes Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und dem Reisebüro. Im Streitfall hat bislang keine der Parteien vorgetragen, dass das vom Kläger aufgesuchte Reisebüro für mehrere Veranstalter tätig war. Der Senat unterstellt dies allerdings zugunsten der Beklagten, weil die dahingehende Annahme zum einen lebensnah ist und - prozessual entscheidend - der Senat auch unter Berücksichtigung dieser Annahme die Voraussetzungen des Klageanspruchs feststellen kann.

cc) Denn auch dann, wenn das vom Kläger aufgesuchte Reisebüro verschiedene Reiseveranstalter vertrat, muss sich die Beklagte als diejenige Reiseveranstalterin, deren Angebot der Kläger letztlich annahm, die Äußerung der Zeugin K. als eigene zurechnen lassen.

(1) Der Bundesgerichtshof hat sich (a.a.O.) nur mit der gegenüber dem vorliegenden Fall "umgekehrten" Fallgestaltung befasst, also mit der Frage, ob es überhaupt denkbar ist, dass das Reisebüro für irgendeine Äußerung oder Unterlassung während des Beratungsablaufs selbst haften muss. Diese Frage hat der Bundesgerichtshof dahinstehen lassen und lediglich die "Schaltstelle" festgelegt, ab deren Erreichen eine solche Eigenhaftung jedenfalls ausscheidet. Das zwingt keineswegs zu dem Umkehrschluss, dass eine Haftung des Reiseveranstalters für Äußerungen oder Unterlassungen des Reisebüros, die vor dem Erreichen dieser "Schaltstelle" erfolgt sind, von vornherein ausscheidet. Auch das Urteil vom 25. Juli 2006 (X ZR 182/05, juris Rn. 12), in dem sich der Bundesgerichtshof noch einmal mit der Eigenhaftung eines Reisebüros befasste, gibt insofern keinen weiteren Aufschluss.

(2) Der Bundesgerichtshof hat allerdings in seinem für die rechtliche Stellung von Reisebüros grundlegenden Urteil vom 19. November 1981 (VII ZR 238/80, juris Rn. 21), das die Frage betraf, inwieweit ein vom Reisenden gegenüber dem Reisebüro geäußerter besonderer Wunsch zum Inhalt des Reisevertrags wurde, das Folgende ausgeführt:

"Unerheblich ist der Einwand der Revision, bei der Buchung komme zwischen dem Reisewilligen und dem Reisebüro ein Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) zustande [...]. Daraus mag sich eine eigene Haftung des Reisebüros gegenüber dem Kunden wegen fehlerhafter Beratung oder Vermittlung ergeben können. Der Haftung des Reiseveranstalters für Fehler des Reisebüros steht das nicht entgegen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Erfüllungsgehilfe neben dem Geschäftsherrn selbständig haftet [...]."

Der Bundesgerichtshof ging damals also ausdrücklich von der Möglichkeit einer kumulativen Haftung des Reiseveranstalters neben einer etwaigen Eigenhaftung des Reisebüros aus.

(3) Der Senat ist der Auffassung, dass der Reiseveranstalter grundsätzlich für alle inhaltlich unzutreffenden Mittelungen einzustehen hat, die ein Mitarbeiter eines Reisebüros, das für den Reiseveranstalter Reisen vermittelt, während des gesamten Auswahl- und Buchungsprozesses macht. Das Reisebüro handelt in aller Regel als Handelsvertreter des Reiseveranstalters. Rechtserhebliche Äußerungen eines Handelsvertreters sind - wie Äußerungen eines jeden Vertreters überhaupt - dem Vertretenen, hier also dem Reiseveranstalter gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB, zuzurechnen. Ein Handelsvertreter handelt - und zwar auch dann, wenn er (wie in der Regel Reisebüros) Mehrfachvertreter für verschiedene Prinzipale ist - auch keineswegs erst ab demjenigen Zeitpunkt mit Wirkung für seinen Prinzipal, ab dem feststeht, dass ein Vertragsschluss zustande kommen wird. Im Gegenteil entfällt der wesentliche Teil der Tätigkeit eines Handelsvertreters üblicherweise auf die Anbahnung eines Vertragsschlusses, im Falle eines Reisebüros also auf das, was der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 25. April 2006 (a.a.O.) als "Auswahl der Reise" bezeichnet hat.

Überdies sprechen praktische Gründe dagegen, eine Haftung des Reiseveranstalters für Äußerungen eines Reisebüromitarbeiters erst ab dem Zeitpunkt eingreifen zu lassen, zu dem der Auswahlprozess abgeschlossen ist und die Durchführung der Reise (also die konkrete Buchung) beginnt. Jedenfalls ein nicht juristisch vorgebildeter Reisekunde könnte diese Unterscheidung schon im Ansatz kaum nachvollziehen. Die Festlegung des maßgeblichen Zeitpunktes bereitete erhebliche Schwierigkeiten. Was etwa sollte geschehen, wenn der Reisende zwei ganz konkrete Angebote erbittet, zwischen denen er sich ohne weitere Verhandlungen entscheiden möchte? Ist das dann noch der Auswahlprozess? Oder sind das schon die konkreten Verhandlungen? Die Problematik lässt sich wie folgt zuspitzen und verbildlichen: Muss der Mitarbeiter des Reisebüros aus Gründen der Rechtssicherheit etwa eine zunächst (nur) für das Reisebüro getragene rote Weste ausziehen und zur blauen T.-Weste wechseln, damit seiner Äußerungen als solche der T. erkennbar sind? Muss der Kunde dann aufgefordert werden, alle vorherigen Äußerungen des Mitarbeiters vorsorglich erst einmal zu vergessen und nur die nachfolgenden, ausdrücklich im Namen der Beklagten erfolgenden Äußerungen noch zur Kenntnis zu nehmen? Diese Überlegungen sprechen nach der Auffassung des Senats dafür, dass es für die Dauer des gesamten Beratungsvorgangs auch im Bereich des Reisevertragsrechts dabei bleiben muss, dass Äußerungen eines Handelsvertreters (jedenfalls auch) dem Prinzipal zugerechnet werden.

(4) Das ergibt sich nach dem Verständnis des Senats letztlich auch aus dem bereits mehrfach zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. April 2006 (a.a.O., Rn. 12 bis 15). Dort hat der Bundesgerichtshof nämlich weiter das Folgende ausgeführt:

"Deshalb ist auch kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, vom Grundsatz der fehlenden Vertragsbeziehungen zwischen Handelsvertreter und Kunden abzuweichen. Ein Reisebüro, das sich durch einen Agenturvertrag einem Reiseveranstalter verpflichtet, dessen Reisen zu vertreiben, und von diesem dafür Provision erhält, ist dessen Handelsvertreter (§ 84 Abs. 1 Satz 1 HGB, st. Rspr. [...]). Zwischen dem Handelsvertreter und den Kunden des von ihm vertretenen Unternehmers kommt in der Regel kein eigener Vertrag zustande [...]. Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens des Handelsvertreters bei seinen Verhandlungen mit dem Kunden über den zwischen diesem und dem Unternehmer abzuschließenden Hauptvertrag richten sich deshalb grundsätzlich allein gegen den Unternehmer, der für den Handelsvertreter als seinen Erfüllungsgehilfen einstehen muss (§ 278 BGB). Nur ausnahmsweise kann der Vertreter persönlich neben dem Unternehmer haften, wenn er entweder gegenüber dem Vertragspartner in besonderem Maße Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Verhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat (§§ 311 Abs. 3, § 241 Abs. 2 BGB) oder wenn er am Vertragsschluss ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse hat (st. Rspr. [...])."

dd) Selbst wenn die Zeugin K. also schon während eines etwaigen abgrenzbaren Auswahlprozesses - und mithin vor Beginn der "konkreten Verhandlungen" über den mit der Beklagten zu schließenden Reisevertrag - Ausführungen zu den Einreisebestimmungen machte, betrafen diese Ausführungen inhaltlich den Bereich derjenigen Informationspflichten, die in die Verantwortung der Beklagten fielen. Es handelte sich gleichsam um eine vorweggenommene (Schlecht-) Erfüllung dieser Pflichten. Dass hier ausnahmsweise deshalb Anderes gelten könnte, weil der Kläger die Auswahl des Reiseziels doch entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung davon abhängig machte, dass er oder seine Lebensgefährtin von der Beschaffung eines Reisepasses absehen konnten, trägt keine Partei vor. Der Kläger behauptet vielmehr unwidersprochen (und unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung plausibel, vgl. dazu nochmals BGH a.a.O., Rn. 15), dass die Beschaffung eines Reisepasses für seine Lebensgefährtin keine erhebliche Mühe bedeutet hätte und auch zeitlich noch möglich gewesen sei (vgl. Seite 2 unten der Replik vom 31. August 2018, Bl. 27 d. A.).

e) Die im Mittelpunkt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils stehende Tatsachenfrage, ob der Kläger den Reiseprospekt der Beklagten mitsamt der darin enthaltenen - inhaltlich ausreichenden und zutreffenden - Einreisebestimmungen (im Kapitel "Länderinformationen", vgl. Bl. 24 d. A.) erhielt (oder eine inhaltlich entsprechende Digitaldatei per "Dropbox"), kann dahinstehen. Der Senat kann zugunsten der Beklagten unterstellen, dass diese Behauptung zutrifft. Die Beklagte würde dadurch nach der Auffassung des Senats nicht entlastet.

aa) Soweit es um die Festlegung des genauen Vertragsinhalts geht, ist anerkannt, dass der Reiseveranstalter für mündliche Äußerungen des mit ihm durch einen Handelsvertretervertrag verbundenen Reisebüros nach §§ 84 ff. HGB grundsätzlich einzustehen hat (vgl. nochmals BGH, Urteil vom 19. November 1981, a.a.O. Rn. 11 ff.; vgl. auch Staudinger/Ansgar Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2011, § 651c Rn. 19 m.w.N.):

"Sind demnach auch mündliche Erläuterungen des Reisewilligen für den Inhalt seines Vertragsangebots an den Reiseveranstalter maßgeblich, so trägt [...] der Reiseveranstalter das Risiko einer fehlerhaften Weiterleitung des Angebots durch das vermittelnde Reisebüro. Diese Risikoverteilung ist sach- und interessengerecht."

Die Instanzrechtsprechung hat diesen Grundsatz allerdings durchbrochen, wenn die mündliche Zusicherung des Reisebüros in erkennbarem Widerspruch zum Katalog des Reiseveranstalters steht (vgl. etwa OLG Frankfurt, Urteil vom 6. April 1995 - 16 U 47/94, juris Rn. 13). Zur Begründung wird ausgeführt, insoweit sei eine Vertrauenslage des Reisenden nicht gegeben, da er nicht davon ausgehen könne, dass die Prospektbeschreibung ohne weiteres durch eine mündliche Äußerung des Reisebüros außer Kraft gesetzt werden könne. Das soll auch gelten, wenn das Reisebüro zusichert, der Reiseveranstalter werde sich um die Besorgung der für die Reise erforderlichen Visa kümmern, und sich sowohl aus dem Reiseprospekt als auch einem ausdrücklichen nochmaligen Hinweis in der Reisebestätigung ergibt, dass dies die Aufgabe des Reisenden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 12 U 30/04, juris Rn. 10; vgl. auch Führich, Reiserecht, 7. Aufl. § 28 Rn. 34).

Ob das richtig ist, muss im Streitfall nicht abschließend erörtert werden. Die zitierte obergerichtliche Rechtsprechung dürfte in denjenigen Fällen nachvollziehbar sein, in denen der Kataloginhalt tatsächlich Gegenstand des Beratungsgesprächs ist und der Kunde daher von sich aus bemerken kann und muss, dass der Reiseveranstalter nur einen bestimmten Vertragsinhalt anbieten möchte. Wenn das Reisebüro dann - insbesondere ohne vorherige Rücksprache mit dem Reiseveranstalter - einen deutlich abweichenden Vertragsinhalt anbietet, lässt sich gut vertretbar argumentieren, dass der Reisende erkennen muss, dass das Reisebüro seine Erklärungsbefugnis als Handelsvertreter offenkundig überschreitet und folglich in diesem Umfang nicht mehr für den Reiseveranstalter handelt kann. So mag es in dem vom OLG Frankfurt (a.a.O.) entschiedenen Fall gewesen sein. Ob es sich in dem "Visum-Fall" des OLG Düsseldorf (a.a.O.) ebenso verhielt, lässt sich anhand der veröffentlichten Gründe jener Entscheidung nicht eindeutig klären. Allerdings wies der Reiseveranstalter den Kunden in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall jedenfalls in der Reisebestätigung noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass er selbst die Visa nicht beschaffen werde, sondern sich der Kunde darum rechtzeitig kümmern müsse (a.a.O., Rn. 7). Angesichts dieses Hinweises war für den dortigen Kunden klar erkennbar, dass etwaige gegenteilige Äußerungen des Reisebüros nicht dem Willen des Reiseveranstalters entsprachen.

bb) Im Streitfall geht es indes nicht darum, dass die Zeugin K. als Mitarbeiterin des Reisebüros mit dem Kläger einen Vertragsinhalt vereinbarte, der ausweislich des Reiseprospekts erkennbar nicht dem Willen der Beklagten entsprach. Hier gab die Zeugin K. eine Erklärung ab, die mit den im Reiseprospekt abgedruckten Einreisebestimmungen nicht (vollständig) im Einklang stand. Die Beklagte hat auch weder behauptet noch die Zeugin K. bekundet, dass die im Prospekt der Beklagten enthaltenen "Länderinformationen" Gegenstand der mündlichen Beratung im Reisebüro gewesen seien. Die Beklagte hat überdies nicht in der als Anlage K 3 vorgelegten Reisebestätigung vom 3. Januar 2018 ausdrücklich auf das Erfordernis hingewiesen, dass alle Reisenden einen Reisepass benötigten. Es heißt dort nur: "Sie haben eine Pauschalreise mit einem Linienflug gebucht - es gelten gesonderte Bedingungen gem. AGB Ziffer 8 - bitte beachten: - Überprüfen Sie bitte die korrekte Eingabe der Namen aller Mitreisenden und das Geburtsdaten analog des maschinenlesbaren Teils im Pass. [...]". Allein aus der Verwendung des Begriffs "Pass" ergibt sich für einen durchschnittlichen Kunden nicht, dass eine Einreise mit einem Personalausweis nicht möglich ist, weil beide Begriffe umgangssprachlich nicht selten synonym benutzt werden.

(1) Bei einer solchen Fallgestaltung lässt sich nach Auffassung des erkennenden Senats nicht so argumentieren, wie es die Instanzrechtsprechung bei Abweichungen hinsichtlich des eigentlichen Vertragsinhalts, also der wechselseitigen Leistungspflichten der Parteien eines Pauschalreisevertrags mitunter tut. Dagegen spricht schon, dass die einschlägigen Informationen in den Reiseprospekten (wie im Streitfall die "Länderinformationen" der Beklagten) aus der Sicht eines reisewilligen Kunden eher in die Rubrik "Kleingedrucktes" gehören und deshalb im Regelfall nicht Gegenstand der Erörterung im Reisebüro sein werden. Deshalb ist die Abweichung für den Kunden nur erkennbar, wenn er sich diesen Informationen zuwendet, obwohl er zu dem Thema bereits zuvor mündlich eine Auskunft des Reisebüros erhalten hatte.

(2) Dazu ist der Kunde nach der Auffassung des Senats nicht verpflichtet, jedenfalls nicht ohne ausdrückliche Aufforderung von Seiten des Reisebüros. Vielmehr haben die vom Reisebüro mündlich erteilte Informationen grundsätzlich Vorrang gegenüber schriftlichen Hinweisen im Reiseprospekt, wenn diese nicht ausdrücklich Gegenstand der mündlichen Beratung waren.

Eine Obliegenheit des Reisekunden zur Nachprüfung von mündlich erteilten Informationen lässt sich nicht begründen. Der Bundesgerichtshof hat für den Bereich anderweitiger Beratungsleistungen, nämlich insbesondere für die Kapitalanlageberatung, ausdrücklich entschieden, dass eine solche Verpflichtung nicht besteht (vgl. etwa das Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, juris Rn. 33) und dass allgemein der Umstand, dass ein Prospekt Chancen und Risiken einer Anlage hinreichend verdeutlicht, kein Freibrief für den Berater oder Vermittler ist, Risiken abweichend hiervon darzustellen und ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise und Erläuterungen im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert. Der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nehme, messe den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die notwendig allgemein gehaltenen und mit zahlreichen Fachbegriffen versehenen Prospektangaben träten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund(vgl. auch BGH, Urteil vom 14. April 2011 - III ZR 27/10, juris Rn. 7 m.w.N.).

Gegen eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Reiseprospekte lässt sich womöglich einwenden, dass die Buchung einer Reise zumeist nicht die gleiche hohe Bedeutung für den Kunden haben wird wie die Entscheidung über eine Kapitalanlage und dass die Anforderungen an die Fachkompetenz eines Reisebüros - jedenfalls in der Vorstellung eines durchschnittlichen Kunden - deshalb geringer sind als die Anforderungen an die Fachkompetenz eines Kapitalanlageberaters oder -vermittlers.

Jedoch verursachen auch Reisen, zumal Fernreisen wie die hier in Rede stehende, dem Reisenden erhebliche Kosten. Für viele Menschen hat das Gelingen der jährlichen Urlaubsreise überdies eine nicht unerhebliche Bedeutung. Diesem Umstand trägt der Gesetzgeber durch die Regelung des § 651f Abs. 2 BGB (a. F.) bzw. § 651n Abs. 2 BGB (n. F.) ausdrücklich Rechnung. Es lässt sich also nicht sagen, dass die vom Reisebüro erbrachte Beratung eine ganz nebensächliche Leistung betrifft. Und die Interessenlage des Kunden entspricht in den Grundzügen derjenigen eines Kapitalanlageinteressenten: Er wendet sich mit einem bestimmten Beratungsbedarf an Fachleute, um deren Kompetenz in Anspruch zu nehmen. Er verlässt sich - anders als etwa bei der Buchung per Internet - gerade nicht nur auf die ihm vom Reiseveranstalter zur Verfügung gestellten Angaben. Deshalb muss auch für diese Art von Beratung der Grundsatz gelten, dass unrichtige mündliche Angaben des Beraters grundsätzlich nicht durch schriftliche Erläuterungen geheilt werden können. Ob ausnahmsweise Anderes gilt, wenn sich der Kunde während des Beratungsvorgangs ausdrücklich mit den entgegenstehenden Angaben des Reiseveranstalters auseinandersetzt oder von ihm in der Reisebestätigung darauf hingewiesen wird (vgl. die vorstehenden Ausführungen unter aa)), kann dahinstehen. Darum geht es im Streitfall nicht.

f) Nur vorsorglich für den Fall, dass der Bundesgerichtshof die im Vorstehenden erörterten Rechtsfragen in einem etwaigen Revisionsverfahren abweichend beurteilen sollte, vermerkt der Senat, dass er sich an die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass die Zeugin K. dem Kläger den Reiseprospekt ausgehändigt habe, nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gebunden sähe.

aa) Das Landgericht ist ausweislich seines Beweisbeschlusses vom 14. Februar 2019 (Bl. 45 f. d. A.) davon ausgegangen, dass der Kläger beweisen muss, dass der Reiseprospekt mit den darin abgedruckten Einreisebestimmungen nicht an ihn übergeben wurde.

Der Senat meint, dass diese Beweislastverteilung zutrifft. Allerdings vertreten Führich (a.a.O., § 5 Rn. 186) sowie bei Staudinger/Ansgar Staudinger (a.a.O., § 651a Rn. 206) eine gegenteilige Auffassung. Eine Begründung dafür findet sich dort allerdings nicht. Gemeinhin obliegt es dem wegen Reisemängeln auf Rückzahlung des Reisepreises (und / oder auf Schadenersatz) klagenden Reisenden, das Vorliegen von Reisemängeln zu beweisen (vgl. statt vieler Führich a.a.O.,

§ 8 Rn. 39 m.w.N.). Das Unterbleiben (oder die Unrichtigkeit) von Hinweisen (unter anderem) zu den Einreisebestimmungen stellt, wie eingangs unter 1. a) erläutert, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Reisemangel dar (vgl. auch Führich a.a.O., § 7 Rn. 96 und, speziell zu § 5 BGB-InfoV, § 21 Rn. 6). Folglich müsste die Beweislast für das Unterbleiben (oder die Unrichtigkeit) von Hinweisen zu den Einreisebestimmungen den auf Rückzahlung des Reisepreises oder auf Schadensersatz klagenden Reisenden treffen (ebenso etwa LG Frankfurt a.M., Urteil vom 30. April 2009 - 24 S 136/08, juris Rn. 13 ff., ebenso - allerdings nur für die Darlegungslast - etwa AG Hannover, Urteil vom 7. Oktober 2016 - 410 C 3837/16, juris Rn. 27). Der in § 651d Abs. 4 BGB (n. F.) getroffenen Regelung, wonach der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden die Beweislast für die Erfüllung seiner Informationspflichten trägt, dürfte kein Aussagewert für das im Streitfall noch anwendbare ausgelaufene Recht zukommen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Norm lediglich die entsprechenden Vorgaben der Richtlinie (EU) 2015/2303 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen etc. umgesetzt und insofern keine eigenen Erwägungen angestellt (vgl. BT-Drucks. 18/10822, Seite 71). Der Bundesgerichtshof hat zu der Beweislast bislang einmal, nämlich in dem Urteil vom 12. Juni 2007 (X ZR 87/06, juris Rn. 29), Stellung genommen und die Beweislast beim Reiseveranstalter gesehen. Jene Ausführungen erfolgten allerdings in einem anderen Regelungszusammenhang, nämlich der Frage, ob der dortige Reisende die Ausschlussfrist gemäß § 651g Abs. 1 BGB (a. F.) ohne sein Verschulden versäumt hatte.

bb) Aus tatsächlichen Gründen bestehen Zweifel an der vom Landgericht getroffenen positiven gegenteiligen Feststellung. Zum einen bestehen Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Zeugin K. hinsichtlich der Prospektübergabe unbewusst aus ihrem üblichen Verhalten lediglich auf das Geschehen im konkreten Einzelfall geschlossen hat, ohne sich daran noch konkret zu erinnern Die Zeugin hat dieses allgemeine Verhalten bei ihrer Vernehmung durch das Landgericht nämlich selbst angesprochen; der betreffende Teil der Aussage ist unmittelbar auf die Bekräftigung ihrer Kernaussage erfolgt und erweckt daher den Eindruck, als könne er zu deren Rechtfertigung bzw. Begründung dienen (vgl. das Sitzungsprotokoll vom 9. April 2019, Seite 4 oben, Bl. 52 d. A.). Demgegenüber vermögen die Argumente, die das Landgericht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin B. genannt hat nicht - jedenfalls nicht vollständig - zu überzeugen. Es ist (entgegen LGU, Seite 5) heutzutage nicht unplausibel, dass der Kläger und die Zeugin B. den Prospekt nach deren Bekunden nicht aus dem Reisebüro mitnahmen, sondern sich auf die Übersendung von Unterlagen per "Dropbox" verließen. Das ist ein jedenfalls bei jüngeren Leuten - um solche handelt es sich beim Kläger und seiner Lebensgefährtin - ein nicht ungewöhnliches Vorgehen. Die Prospekte der Beklagten enthalten insbesondere für jedes darin angebotene Hotel zumeist nur wenige Bilder, während sich im Internet und auch auf der Homepage der Beklagten eine weit größere Anzahl von Eindrücken gewinnen lässt. Deshalb liegt es im Gegenteil sogar ziemlich nahe, dass sich ein Kunde in der heutigen Zeit eher auf Informationen verlässt, die ihm auf digitalem Weg zur Verfügung gestellt werden. Überdies erscheint die Argumentation des Landgerichts, wonach die Glaubwürdigkeit der Zeugin B. wegen eines "erheblichen eigenen (wirtschaftlichen) Interesses" zweifelhaft sei, zu holzschnittartig. Selbstredend steht die Zeugin als dessen Lebensgefährtin auf der Seite des Klägers. Das darf und muss bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Für die Annahme des Landgerichts, dass sie ein wenigstens mittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse an dem vorliegenden Rechtsstreit habe, gibt es jedoch allenfalls eine Vermutung, aber (bislang) keine tatsächliche Grundlage. Auffällig ist außerdem, dass das Landgericht ein erhebliches Eigeninteresse der Zeugin B. wie selbstverständlich unterstellt, dergleichen aber hinsichtlich der Zeugin K. gar nicht erst in Erwägung zieht. Und das, obwohl der Kern des vorliegenden Rechtsstreits die Frage betrifft, ob diese Zeugin etwas falsch gemacht hat. Daraus lässt sich durchaus ein gewisses eigenes emotionales Interesse ableiten. Überdies drohen dem Reisebüro im Falle des Obsiegens des Klägers auch Schadensersatzansprüche seitens der Beklagten. Alles in allem hätte daher nach der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme wohl allenfalls die Annahme eines "Non liquet" nahegelegen.

2. Aus dem Reisemangel folgt ein Anspruch des Klägers auf vollständige Rückzahlung des Reisepreises infolge einer entsprechenden Minderung. Der Reisepreis ist um 100 %, also um 4.570 €, gemindert, weil der Kläger und die Zeugin B. die Reise erst gar nicht antreten konnten. Zu berücksichtigen ist allerdings die von der Beklagten unstreitig erbrachte Teilerstattung von 228 €.

Hinsichtlich der Zeugin B. wirkte sich der Reisemangel unmittelbar und offensichtlich aus. Da sie infolge der Fehlinformation nicht über einen Reisepass verfügte, konnte die den Flug von London nach M. (und sodann weiter nach L. R.) erst gar nicht antreten. Die Reise wurde also vereitelt.

Für den Kläger selbst gilt aber im Ergebnis nichts Anderes. Ihm war es unzumutbar, die Reise allein anzutreten, weil er sie offensichtlich als Paarreise gebucht hatte. Dieses Reiseziel war nicht mehr erreichbar, als seiner Lebensgefährtin am L. Flughafen die Weiterreise verwehrt wurde. Zu der Fragestellung, ob die Durchführung der Reise für einzelne Reisende zumutbar ist, wenn andere Mitreisende derselben Reisegruppe - infolge eines Reisemangels - nicht teilnehmen können, hat der Senat nur ein unmittelbar einschlägiges Urteil gefunden, nämlich dasjenige des Amtsgerichts Frankfurt a.M. vom 1. Juni 2006 (31 C 3491/05, juris Rn. 17). In jenem Urteil wird ein Kündigungsrecht für die gesamte Familie bejaht, wenn sich die minderjährige Tochter infolge einer vom Reiseveranstalter zu verantwortenden Verkehrssicherungspflichtverletzung verletzt (zwei ausgeschlagenen Zähnen, Schmerzen, Unkenntnis des weiteren Krankheitsverlaufs), deshalb vom Vater zur Behandlung nach Deutschland zurückbegleitet werden muss und der Verbleib am Urlaubsort für die Mutter und ein weiteres Kind "nur ein Absitzen des Urlaubes bedeutet" hätte. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 18. November 1982 (VII ZR 25/82, juris Rn. 14), in dem es um die unrechtmäßige Verweigerung der weiteren Beförderung durch den Flugkapitän einer Fluggesellschaft ging, - allerdings lediglich stillschweigend - angenommen, dass auch die Begleiterin des betroffenen Reisenden nicht weiterreisen musste, sondern auch der auf sie entfallende Teil des Pauschalreisevertrags gekündigt werden durfte.

Das Interesse des Klägers, die Reise nur zusammen mit der Zeugin B. anzutreten, war im Übrigen für die Beklagte bei der Buchung auch unschwer erkennbar. Es ergab sich zum einen bereits aus dem Umstand, dass beide Mitreisenden ausweislich der Buchungsbestätigung in einem Hotelzimmer mit Doppelbett nächtigen wollten. Im Regelfall darf der Reiseveranstalter daraus auf eine Paarreise schließen. Vor allem aber hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger und die Zeugin B. gegenüber der Zeugin K. von vornherein deutlich machten, eine Paarreise zu zweit zu planen. Dieses Wissen hat sich die Beklagte wiederum zurechnen zu lassen, weil die Zeugin K. für das Reisebüro tätig war, das seinerseits als Handelsvertreter der Beklagten agierte.

3. Darüber hinaus hat der Kläger gemäß § 651 f Abs. 2 BGB - ausdrücklich nur für sich selbst geltend gemacht - einen Anspruch auf Entschädigung für entgangenen Urlaub in Höhe von 50 %, das heißt 1.142,50 €. Da die Reise vollständig vereitelt wurde, ist ein Entschädigungsanspruch jedenfalls in dieser Höhe auch ohne nähere Darlegung der dem Kläger erwachsenen Beeinträchtigungen begründet, weil der Kläger den mit einer solchen Reise üblicherweise verfolgten Erholungs- und Erlebniszweck nicht erreichen konnte (vgl. zur Entschädigungshöhe aus jüngerer Zeit auch BGH, Urteil vom 29. Mai 2018 - X ZR 94/17, juris). Überdies ist mangels Bestreitens der Beklagten unstreitig, dass es für den Kläger eine nicht alltägliche Reise sein sollte, auf die der Kläger über längere Zeit hinweg hatte sparen müssen.

4. Der Schadensersatzanspruch des Klägers umfasst auch die ihm vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten. Die schon vorgerichtliche Beauftragung des späteren Prozessbevollmächtigten war entgegen der von der Beklagten in der Klageerwiderung geäußerten Auffassung im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB erforderlich. Das ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Kläger als Verbraucher der Beklagten entgegentreten musste, bei der es sich um einen großen Konzern mit eigener Rechtsabteilung handelt. Im Falle eines solchen Ungleichgewichts an juristischer und wirtschaftlicher Kompetenz ist die frühzeitige Beauftragung eines Rechtsanwalts regelmäßig erforderlich, wenn nicht der Fall besonders einfach gelagert ist. Das trifft auf den vorliegenden Fall ersichtlich nicht zu. Der Kläger hat, wie rechtlich erforderlich, auch vorgetragen, seinen späteren Prozessbevollmächtigten zunächst nur mit der außergerichtlichen Anspruchsverfolgung beauftragt zu haben (vgl. Seite 8 der Klageschrift). Dieser Behauptung ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Ihr Einwand, sich zum Zeitpunkt der Beauftragung noch nicht im Verzug befunden zu haben, ist unbehelflich. Der Erstattungsanspruch beruht nicht auf Verzug, sondern auf einer der Beklagten zuzurechnenden Vertragsverletzung.

5. Der Verzinsungsanspruch folgt aus § 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur höchstrichterlichen Klärung der Frage zugelassen, ob sich der Reisende auf mündliche Angaben des Reisebüros zu den maßgeblichen Einreisebestimmungen (und zu sonstigen gemäß § 4 BGB-InfoV bzw. - nunmehr - Art. 250 § 3 EGBGB zwingend zu erteilenden Informationen), die während der Auswahl der Reise erfolgt sind, verlassen darf oder - auch ohne konkreten Anlass für Zweifel - verpflichtet ist, diese Informationen nach Erhalt eines Reiseprospekts oder vergleichbarer schriftlicher Informationen noch einmal auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.