Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 08.04.2013, Az.: AGH 21/12

Bibliographie

Gericht
AGH Niedersachsen
Datum
08.04.2013
Aktenzeichen
AGH 21/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64519
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der im Jahre 19.. geborene Kläger ist seit November 2000 als Rechtsanwalt zugelassen. Bis Februar 2013 befand sich seine Kanzlei in G., zum 01.03.2013 wurde die Kanzlei nach B. verlegt.

Die Beklagte überprüfte seit Ende 2009 wiederholt die Vermögensverhältnisse des Klägers aufgrund verschiedener gegen ihn ergangener Vollstreckungsaufträge. Schließlich widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2012, zugestellt am 29.09.2012 (Bl. 1693 PA), die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO (Bl. 1681 bis 1690 PA). Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass wegen der Vielzahl der gegen den Kläger erwirkten Schuldtitel und betriebenen Vollstreckungsmaßnahmen davon auszugehen sei, dass sich der Kläger im Vermögensverfall befinde. Zum Zeitpunkt der Widerrufsverfügung betrugen die in dem Widerrufsbescheid aufgeführten titulierten Forderungen gegen den Kläger insgesamt 30.882,25 €. Es handelte sich dabei um folgende Forderungen:

1. Beitragsrückstände bei der R. in Höhe von 816,00 € (Stand: 13.08.2012). Eine von dem Kläger mit der R. getroffene Ratenzahlungsvereinbarung wurde durch den Kläger seit Mai 2012 nicht mehr eingehalten. Am 07.02.2012 waren wegen der Beitragsrückstände des Klägers durch die R. auf dem vom Kläger als Geschäftskonto geführten Konto bei der D.Bank, Konto-Nr. 813437100, 672,46 € gepfändet worden (Bl. 1324 PA).

2. Forderung der I. GmbH aus Vollstreckungsbescheid des AG S. vom 24.06.2010 über 1.100,23 € (Stand: 21.08.2012 zuzüglich Zinsen). Im Rahmen der von der I. GmbH gegen den Kläger betriebenen Zwangsvollstreckung wurde der Termin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger auf den 26.09.2012 anberaumt (Bl. 1657 PA). Zu diesem Termin ist der Kläger jedoch nicht erschienen, sodass ein neuer Termin ca. zwei Wochen später durch den Gerichtsvollzieher anberaumt wurde (Bl. 1680 PA).

3. Forderung der A. Rechtsschutzversicherungs AG aus Vollstreckungsbescheid des AG C. vom 03.08.2010 über 1.347,32 € zuzüglich Zinsen. Nach Einleitung der Zwangsvollstreckung hat sich der Kläger auf die Zahlung von monatlichen Raten in Höhe von 300,00 € mit der Gläubigerin verständigt (Bl. 1280 bis 1285 PA).

4. Forderung der O. GmbH aus Vollstreckungsbescheid des AG U. vom 12.05.2011 über 495,12 € (zuzüglich Zinsen und Kosten, Stand: 26.07.2012). Der Klägerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23.07.2012 mit, dass mit der O. GmbH eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen wurde (Bl. 1546 PA).

5. Forderung der H. GmbH aus Vollstreckungsbescheid des AG H. vom 13.09.2011 über eine noch offenstehende Forderung in Höhe von 484,46 € zuzüglich Zinsen.

6. Forderung der Rechtsanwälte N. pp. aus Versäumnisurteil des AG G. vom 23.08.2011 über 1.497,65 € zuzüglich Zinsen. Auch hier soll nach der Mitteilung des Klägers eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden sein (Bl. 1313 PA).

7. Forderung der S. Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG aus Urteil des AG G. vom 13.09.2011 über 819,24 € zuzüglich Zinsen (Stand: 03.08.2012). Über die Zahlung dieser Forderung wurde im November 2011 eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen (Bl. 1278 f. PA), die vom Kläger jedoch nicht eingehalten wurde, sodass die Gläubigerin am 03.08.2012 einen erneuten Vollstreckungsauftrag mit Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erteilte (Bl. 1576 ff. PA).

8. Forderung des Finanzamtes G. in Höhe von 14.421,79 € (Stand: 25.09.2012), von denen sich zu diesem Zeitpunkt 11.392,29 € in der Vollstreckung befanden (Bl. 1675 bis 1677 PA). Mit Schreiben vom 25.09.2012 teilte die Oberfinanzdirektion N. der Beklagten mit, dass der Kläger die Bedingungen der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung nicht eingehalten habe und das Finanzamt G. deshalb die Zwangsvollstreckung wieder aufnehmen werde (Bl. 1677 PA).

9. Forderung des Herrn Dr. med. T. L. aus Vollstreckungsbescheid des AG U. vom 08.02.2012 über 193,02 € zuzüglich Zinsen. Im Rahmen der von dem Gläubiger eingeleiteten Zwangsvollstreckung wurden durch den Kläger Teilzahlungen an die Gerichtsvollzieherin geleistet.

10. Im Rahmen einer von den früheren Vermietern der vom Kläger genutzten Kanzleiräume A., G., M. B. und H. W. eingereichten Räumungsklage (Bl. 1361 bis 1365 PA) verpflichtete sich der Kläger in einem vor dem Landgericht H. abgeschlossenen Vergleich dazu, die Kanzleiräume herauszugeben und den rückständigen Mietzins in Höhe von 4.200,00 € in Raten zu zahlen (Bl. 1521 bis 1523 PA). Die Kanzleiräume wurden zwischenzeitlich durch den  Kläger geräumt und herausgegeben, der rückständige Mietzins wurde gezahlt. Nach Mitteilung der Prozessbevollmächtigten der Gläubiger steht jedoch die Zahlung der Kosten des Rechtsstreits (2.688,24 € zuzüglich Zinsen) sowie der Kosten des Räumungsauftrages noch aus (Bl. 1678 PA).

11. Forderung der C. Sachversicherung AG aus Vollstreckungsbescheid des AG H. vom 14.03.2012 über 406,33 € zuzüglich Zinsen.

12. Forderungen der B. wegen Beitragsrückständen aus den Beitragsbescheiden vom 10.04.2012 (Bl. 1425 PA) und 21.06.2012 (Bl. 1529 PA) in Höhe von 2.454,78 € (Stand: 29.08.2012, Bl. 1612 f. PA). Die B. hat sich gegenüber dem Kläger mit monatlichen Teilzahlungen in Höhe von 490,00 € einverstanden erklärt (Bl. 1613 PA).

13. Forderung der D. Rechenzentrum GmbH (D..) aus Vollstreckungsbescheid des AG S. vom 23.05.2012 über 1.782,86 € zzgl. Zinsen (Stand: 30.08.2012). Nachdem die D. am 19.06.2012 aufgrund des Vollstreckungsbescheides einen Vollstreckungsauftrag gegen den Kläger erteilt hatte (Bl. 1495 - 1500 PA), teilte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 09.07.2012 mit, dass er mit der D. eine Ratenvereinbarung abgeschlossen habe (Bl. 1541 PA). Mit Schreiben vom 30.08.2012 erteilte die D. über ihre Verfahrensbevollmächtigten jedoch erneut einen Zwangsvollstreckungsauftrag und Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gegen den Kläger aufgrund der sich aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts S. vom 23.05.2012 ergebenden Forderung (Bl. 1621 - 1624 PA).

14. Mit Schriftsatz vom 02.08.2012 erhob der Vermieter der vom Kläger zur Privatnutzung angemieteten Wohnung in G., I., Herr H., eine Räumungsklage und stützte diese auf eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Ziffer 3b BGB, da sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt mit der Zahlung der Miete für die Monate Dezember 2011 bis einschließlich Juni 2012 in Höhe von insgesamt 3.420,00 € im Verzug befand (Bl. 1557 - 1573 PA).

15. Die D. hat vor dem Amtsgericht S. gegen den Kläger einen weiteren Vollstreckungsbescheid vom 27.07.2012 erwirkt, gegen den der Kläger Widerspruch eingelegt hat. Mit einem Schriftsatz vom 31.08.2012 beantragt die D. nunmehr im streitigen Verfahren vor dem Amtsgericht G., den Vollstreckungsbescheid mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten, dass der Kläger zur Zahlung von insgesamt 1.136,15 € zzgl. Zinsen verurteilt werden soll (Bl. 1628 - 1632 PA).

16. Forderung des A. B. S. aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts G. vom 26.08.2012 über 507,30 € zzgl. Zinsen (Bl. 633 - 635 PA).

Gegen den Widerrufsbescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 15.10.2012 Klage, die am 17.10.2012 bei der gemeinsamen Annahmestelle des OLG C. und des N. Anwaltsgerichtshofs eingegangen ist (Bl. 1 GA).

Zur Begründung seiner Klage beruft sich der Kläger zunächst darauf, dass die ihm von der Beklagten vor Erlass des Widerrufsbescheides gesetzte Frist zur Stellungnahme bis zum 24.09.2012 unangemessen kurz bemessen gewesen sei.

Weiter trägt der Kläger vor, dass er sich nicht in Vermögensverfall befinde, eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden liege nicht vor. Er verweist weiter darauf, dass er nach wie vor keine Fremdgelder entgegennehme und dass er trotz Zwangsvollstreckungen Dritter die Vermögensinteressen Dritter gewahrt habe. Seine Vermögensverhältnisse seien zwischenzeitlich weiter geordnet.

Die Umsatzsteuererklärungen würden nunmehr rechtzeitig beim Finanzamt G. abgegeben.

zu 1.

Der Kläger behauptet, dass die Forderung der R. erfüllt sei (Bl. 29 f. GA). Ein entsprechender Nachweis wurde nicht vorgelegt, ein substantiierter Sachvortrag zu der Frage, wann die Forderung erfüllt worden sein soll, ist nicht erfolgt.

zu 2.

Auf die Forderung der I. seien weitere 300,00 € gezahlt worden (Bl. 30 GA). Ein entsprechender Nachweis wurde nicht vorgelegt.

zu 4.

Die Forderung der O. GmbH sei erfüllt (Bl. 30 GA). Ein entsprechender Nachweis wurde nicht vorgelegt.

zu 6.

Die Rechtsanwälte N. pp. würden derzeit aus ihrer Forderung nicht vollstrecken.

zu 7.

Die Forderung der S. Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG sei erfüllt (Bl. 30 GA). Ein entsprechender Nachweis wurde nicht vorgelegt.

zu 8.

Hinsichtlich der Steuerrückstände sei eine Aussetzung der Vollstreckung erreicht worden. Der Kläger verweist insoweit auf ein Schreiben des Finanzamtes G. vom 26.11.2012, mit dem ihm bestätigt wird, dass die Vollstreckung hinsichtlich der Abgabengesamtrückstände in Höhe von 10.868,78 € unter der Bedingung ausgesetzt wird, dass der Kläger monatliche Teilzahlungen in Höhe von 500,00 € erstmals ab dem 15.01.2013 leistet. Diese Regelung ist bis zum 31.05.2013 befristet (Bl. 31 f. GA).

zu 14.

Hinsichtlich der Räumungsklage über die Privaträume des Klägers sei noch nicht entschieden, wie er weiter vorzugehen gedenke.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.09.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf die Widerrufsverfügung und verweist ergänzend in ihrer Klageerwiderung darauf, dass zusätzlich zu dem von dem Widerrufsbescheid berücksichtigten Sachverhalt zwischenzeitlich 13 weitere Vollstreckungsaufträge gegen den Kläger vorlägen und sich insgesamt ca. 20.700,00 € in der Vollstreckung befänden (Bl. 12 f. GA).

Darüber hinaus verwies die Beklagte im weiteren Verlauf des Verfahrens auf weitere nach Zustellung des Widerrufsbescheides gegen den Kläger ergangene Vollstreckungstitel und gegen ihn eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen. Im Einzelnen:

zu 5.

In der Zwangsvollstreckungsangelegenheit der H. GmbH gegen den Kläger war der Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung des Klägers auf den 24.04.2012 anberaumt worden. Da der Kläger zu diesem Termin nicht erschienen war, hat das Amtsgericht G. mit Beschluss vom 11.01.2013 gegen den Kläger einen Haftbefehl erlassen, um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. § 807 ZPO zu erzwingen.

zu 9.

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren L. gegen den Kläger ist der Kläger zu dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 20.12.2012 nicht erschienen. Das Amtsgericht G. hat daher auf Antrag des Gläubigers mit Beschluss vom 27.12.2012 einen Haftbefehl gegen den Kläger erlassen, um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu erzwingen (Bl. 44 GA).

zu 14.

In dem Räumungsklageverfahren H. gegen den Kläger hat das Amtsgericht G. mit Beschluss vom 11.12.2012 die aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Amtsgerichts G. vom 09.11.2012 vom Kläger zu erstattenden Kosten auf 1.174,98 € zzgl. Zinsen festgesetzt. Aus diesem Kostenfestsetzungsbeschluss hat Herr H. am 11.01.2013 einen Zwangsvollstreckungsauftrag gegen den Kläger erteilt.

zu 15.

Der Einspruch des Klägers gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts S. vom 27.07.2012 wurde durch ein zweites Versäumnisurteil des Amtsgerichts G. vom 30.10.2012 verworfen (Bl. 22 GA). Die vom Kläger in diesem Verfahren an die D. zu erstattenden Kosten wurden mit Kostenfestsetzungsbescheid des Amtsgerichts G. vom 03.12.2012 auf 288,65 € zzgl. Zinsen festgesetzt (Bl. 23 GA).

17. Am 15.01.2013 hat das Amtsgericht G. gegen den Kläger wegen eines Vergehens gemäß §§ 267, 263, 22, 23, 52 StGB einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60,00 € erlassen. Der Strafbefehl beruht darauf, dass der Kläger am 30.03.2012 über einen Finanzvermittler bei der P.bank einen sogenannten D. Privatkredit über 35.000,00 € beantragt hat und, da ihm klar war, dass er bei Offenlegung seiner finanziellen Verhältnisse eine Kreditzusage nicht erhalten würde, eine von ihm gefälschte Gehaltsabrechnung der C. sowie einen gefälschten Kontoauszug der V.bank eG B. vorgelegt hat, aus denen sich monatliche Bezüge in Höhe von 2.100,00 € aus einem Anstellungsverhältnis bei der C. ergaben. Der Strafbefehl ist seit dem 20.02.2013 rechtskräftig.

Mit Schriftsatz vom 27.02.2013 teilte der Kläger mit, er beabsichtige, zum 01.03.2013 seine Kanzlei von G. nach B. zu verlegen. Er legte in diesem Zusammenhang die Fotokopie einer Vereinbarung zwischen ihm und der Rechtsanwaltskanzlei D. S., O. Straße, B., vor, nach der er als „Auftragnehmer“ für diese Kanzlei die Tätigkeiten der Erstellung von Verträgen, Bearbeitung von Gerichtsakten und Beratung in Rechtssachen übernimmt (§ 1 des Vertrages). In § 2 des Vertrages ist geregelt, dass der Kläger bei der Durchführung der ihm übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers unterliegt. Unter der Überschrift „Konkurrenz“ ist in § 5 des Vertrages geregelt, dass der Kläger nicht ausschließlich für den Auftraggeber tätig ist und für eigene Rechnung und für andere Auftraggeber tätig werden darf. Als Vergütung für seine Tätigkeit soll der Kläger ein Honorar von 50 % der vom Auftraggeber dem Mandanten in Rechnung gestellten gesetzlichen Gebühren erhalten (§ 6). Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, dass er beabsichtige, ab dem 01.03.2013 nur für diese Kanzlei tätig zu sein und dass ihm zukünftig Personalangelegenheiten und Raummiete erspart blieben.

Weiter trägt der Kläger zu den gegen ihn ergangenen Vollstreckungstiteln und den gegen ihn betriebenen Vollstreckungsmaßnahmen vor:

zu 5.

Hier legt der Kläger den gegen ihn ergangenen Vollstreckungstitel (Vollstreckungsbescheid des AG H. vom 13.09.2011) vor.

zu 8.

Von Seiten des Finanzamts G. werde nicht vollstreckt, da die von ihm mit dem Finanzamt getroffene Ratenzahlungsvereinbarung eingehalten werde. Aus einem vom Kläger als Anlage zu dem Schriftsatz vom 27.02.2013 vorgelegten Schreiben des Finanzamts G. vom 26.11.2012 ergibt sich, dass sich das Finanzamt G. mit monatlichen Teilzahlungen in Höhe von 500,00 € jeweils am 15. des Monats erstmals ab dem 15.01.2013 und befristet bis zum 31.05.2013 einverstanden erklärt hat. Aus der vom Kläger als weitere Anlage zu seinem Schriftsatz vom 27.02.2013 vorgelegten Aufstellung des Finanzamtes G. vom 26.11.2012 ergibt sich, dass die Steuerrückstände des Klägers einschließlich Säumniszuschlägen zum damaligen Zeitpunkt 10.868,78 € betrugen.

Mit Schreiben vom 20.03.2013 hat die Oberfinanzdirektion N. die Beklagte darüber informiert, dass die Steuerrückstände des Klägers zum 19.03.2013 12.336,14 € betrugen (einschließlich Säumniszuschläge), wobei für Januar 2013 Umsatzsteuer in Höhe von 725,53 € und für Februar 2013 Umsatzsteuer in Höhe von 942,03 € fällig geworden und vom Kläger noch nicht gezahlt sind.

zu 9.

Auch hier legt der Kläger den gegen ihn ergangenen Vollstreckungstitel (Vollstreckungsbescheid des AG U. vom 08.02.2012) vor.

zu 14.

Eine Vollstreckung aus dem Räumungsurteil über die Räumlichkeiten I. M., G., werde nicht erfolgen. Er habe dem Vermieter „ein lukratives Geschäft vermittelt“ und ihm stehe zudem eine aufrechenbare Forderung gegen den Vermieter in Höhe von ca. 1.000,00 € zu. Unterlagen wurden hierzu nicht vorgelegt.

zu 16.

Hier legt der Kläger den entwerteten Vollstreckungstitel (Kostenfestsetzungsbeschluss des AG G. vom 26.08.2012) vor.

Mit Schreiben vom 11.03.2013 teilte die Rechtsanwaltskammer B. mit, dass der Kläger mit Wirkung vom 28.02.2013 in die Rechtsanwaltskammer B. aufgenommen wurde.

Die Rechtsanwaltskammer B. wurde daraufhin mit Beschluss vom 26.03.2013 im vorliegenden Verfahren beigeladen.

Mit einem weiteren Schriftsatz vom 05.04.2013 trägt der Kläger vor, dass er mit Schreiben vom gleichen Tage seinen Gläubigern einen Zahlungsplan unterbreitet habe, mit dem er anbietet, den Gläubigern in monatlichen Raten in Höhe von insgesamt 1.000,00 € im Ergebnis 50 % ihrer Forderungen zu bezahlen, wenn diese auf die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und den Rest ihrer Forderungen (50%) verzichten. In diesem Zusammenhang legt der Kläger eine von ihm erstellte Aufstellung seiner Zahlungsverpflichtungen vor, aus der sich ergibt, dass sich die vom Kläger anerkannten Zahlungsverpflichtungen (ohne Zinsen und Kosten) auf 33.769,51 € belaufen und darüber hinaus noch vom Kläger bestrittene Zahlungsforderungen in Höhe von 32.000,00 € ihm gegenüber geltend gemacht werden. Der Kläger bestätigt in dieser Aufstellung, dass in den vorstehend unter Nr. 1, 2, 3, 6, 8, 10, 11, 12, 13, 14 und 15 aufgeführten Angelegenheiten noch offene Forderungen gegen ihn bestehen.

Dem Senat lagen bei der Verhandlung und Entscheidung die den Kläger betreffenden Personalakten der Beklagten vor.

II.

Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, sie wurde insbesondere fristgerecht eingereicht. Die Klage ist jedoch unbegründet; die Beklagte hat die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft mit Bescheid vom 28.09.2012 wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu Recht widerrufen.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung eines Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist. Von diesem Widerruf kann nur abgesehen werden, wenn die Interessen der Rechtssuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall im Sinne dieser Bestimmung ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen solchen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (ständige Rspr. des BGH, vgl. BGH, Beschluss vom 25.03.1991, AnwZ (B) 80/90, Rn.3; Urteil vom 02.07.2012, AnwZ 16/11 (Brfg), mwN:, beide zitiert nach juris). Ein Vermögensverfall nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet ist oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder von dem Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§§ 26 Abs. 2 InsO, 915 ZPO) eingetragen ist.

Vor diesem Hintergrund ist der Widerrufsbescheid der Beklagten zu Recht ergangen. Gegen den Kläger waren im Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides eine Vielzahl von Vollstreckungstiteln ergangen, aus denen die Zwangsvollstreckung gegen ihn betrieben wurde. Zum Zeitpunkt der Widerrufsverfügung bestanden vollstreckbare Forderungen in Höhe von ca. 31.000,00 € gegen den Kläger.

Dem Kläger ist es zwar teilweise gelungen, mit seinen Gläubigern Ratenzahlungsvereinbarungen zu treffen. Diese hat der Kläger jedoch wiederholt, so beispielsweise hinsichtlich der Beitragsrückstände bei der R. und seiner Steuerschulden beim Finanzamt G., nicht eingehalten, sodass erneut Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet wurden.

Die ungeordneten finanziellen Verhältnisse des Klägers zeigen sich auch in dem dem Erlass des Strafbefehls durch das Amtsgericht G. vom 15.01.2013 zugrundeliegenden Sachverhalt. Der Kläger versuchte durch die Vorlage einer gefälschten Gehaltsabrechnung und eines gefälschten Kontoauszuges einen Privatkredit über 35.000,00 € bei der Postbank zu erhalten.

2. Die Vermögensverhältnisse des Klägers haben sich auch nach Erlass des Widerrufsbescheides nicht nachhaltig gebessert. Dem Kläger ist es zwar gelungen, einige gegen ihn bestehende Forderungen wie die der H. GmbH (Nr.5) und des Herrn Dr. L. (Nr.9), in denen bereits ein Haftbefehl gegen ihn zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ergangen war, sowie der Firma A. B. S. durch Ratenzahlungen zu erfüllen und mit dem Finanzamt G. eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen. Nach der Mitteilung des Finanzamts G. sind jedoch inzwischen die Steuerrückstände des Klägers von 10.868,78 € im Zeitpunkt des Abschlusses der Ratenzahlungsvereinbarung am 26.11.2012 auf 12.336,14 € am 19.03.2013 angestiegen.

Die unter den Nummern 1, 2, 3, 6, 8, 10, 11, 12, 13, 14 und 15 aufgeführten Forderungen konnte der Kläger auch bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erfüllen. In den unter den Nummern 4 und 7 aufgeführten Angelegenheiten hat der Kläger die von ihm behauptete Erfüllung nicht nachgewiesen. Aus der vom Kläger als Anlage zu seinem Schriftsatz vom 05.04.2013 überreichten tabellarischen Übersicht seiner Zahlungsverpflichtungen ergibt sich, dass sich die vom Kläger anerkannten bzw. titulierten Forderungen gegen ihn auf 33.769,51 € belaufen, während sie bei Erlass der Widerrufsverfügung durch die Beklagte 30.882,25 € betrugen.

3. Der Kläger hat auch keine Tatsachen vorbringen können, aus denen geschlossen werden kann, dass trotz des anzunehmenden Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Aus § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO folgt, dass bei Vorliegen eines Vermögensverfalls des Rechtsanwalts die Interessen der Rechtsuchenden grundsätzlich gefährdet sind. Von einem Widerruf der Zulassung des in Vermögensverfall geratenen Anwalts kann daher nur dann abgesehen werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung eine sichere Prognose dahingehend getroffen werden kann, dass sich die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall eines Anwalts verbunden sind, nicht realisieren werden (BGH, Beschluss vom 08.02.2010, AnwZ (B) 67/08, zitiert nach juris). Die Feststellungslast für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles trägt der Rechtsanwalt (BGH, Urteil vom 02.07.2012, AnwZ (Brfg) 16/11, Rn.17, mwN., zitiert nach juris).

Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass er zum 28.02.2013 den Sitz seiner Kanzlei nach B. verlegt hat und dort ab dem 01.03.2013 für eine größere, aus 17 Anwälten bestehende Kanzlei tätig sei, in der er keinen Kontakt mit Fremdgeldern habe und aus der Kanzlei nach Rechnungslegung vergütet werde. Aus dem von dem Kläger vorgelegten Vertrag mit der Rechtsanwaltskanzlei D. S. vom 14.01.2013 ergibt sich jedoch, dass der Kläger bei der Durchführung der ihm übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers unterliegt und es ihm darüber hinaus gestattet ist, neben seiner Tätigkeit für diesen Auftraggeber auch für andere Auftraggeber und auf eigene Rechnung tätig zu werden. Durch den Abschluss der Vereinbarung mit der Rechtsanwaltskanzlei D. S. ist daher nicht sichergestellt, dass der Kläger zukünftig nicht mehr Fremdgeld entgegennimmt oder neben seiner Tätigkeit für die Kanzlei S. auf eigene Rechnung als Rechtsanwalt tätig wird und insoweit Fremdgeld erhält (vgl. zu den erforderlichen Sicherungsvorkehrungen BGH, Beschluss vom 05.09.2012, AnwZ (Brfg) 26/12, Rn. 5 f., zitiert nach juris). Auch im Hinblick darauf, dass es in der Vergangenheit bereits einmal zu einer Vollstreckung in das Geschäftskonto des Klägers bei der D. Bank gekommen ist (Blatt 1324 PA), kann unter Würdigung aller Umstände keine sichere Prognose dahingehend getroffen werden, dass sich bei dem Kläger die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall eines Anwalts verbunden sind, zukünftig nicht realisieren werden. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger mit Strafbefehl des AG G. rechtskräftig wegen eines Vergehens nach §§ 267, 263, 22, 23, 52 StGB verurteilt wurde, da er durch Vorlage gefälschter Unterlagen bei einer Bank versucht hat, eine Kreditzusage zu erhalten (vgl. BGH, Beschluss v. 08.02.2010, AnwZ (B), Rn. 9 ff., mwN. zur st. Rspr., zitiert nach juris, zu den bei dieser Prognoseentscheidung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten).

Es kommt deshalb vorliegend nicht darauf an, ob für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides allein auf den Zeitpunkt der Widerrufsverfügung abzustellen ist (so der BGH, Beschluss vom 29.06.2011, AnwZ (Brfg) 11/10, Rn. 12 ff., zitiert nach juris) oder ob auch nachträgliche Veränderungen, wie insbesondere eine Verbesserung der Vermögenslage des Betroffenen, im laufenden gerichtlichen Verfahren noch zu berücksichtigen sind. Anzeichen für eine nachhaltige Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Klägers sind nicht erkennbar.

4. Die Verlegung des Kanzleisitzes des Klägers und das damit verbundene Erlöschen der Mitgliedschaft bei der Beklagten haben nicht zu einer Erledigung des vorliegenden Verfahrens geführt, da mit dem angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 28.09.2012 die generelle Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft widerrufen wurde. Die Aufnahme des Klägers bei der Beigeladenen erfolgt gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 BRAO nur formal und steht damit unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des angefochtenen Widerrufsbescheides.

Der Widerruf der Zulassung ist daher zu Recht erfolgt.

III.

Ein Anlass, die Berufung nach den §§ 124 VwGO, 112 c Abs. 1, 112 e BRAO zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtssache weist weder besondere tatsächliche rechtliche Schwierigkeiten auf, noch hat sie grundsätzliche Bedeutung; eine Divergenz im Sinne von § 124 Abs.2 Nr.4 VwGO besteht nicht.

IV.

Die Nebenentscheidungen folgen aus dem §§ 112 c Abs. 1 BRAO, 154 Abs. 1, 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 194 Abs. 2 BRAO.