Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.07.1984, Az.: 1 OVG A 125/83
Auswirkungen eines nicht rechtswirksam gewordenen Bebauungsplans auf die städtebaurechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Teils eines Privathauses als Spielsalon; Erforderlichkeit eines wirksamen Bebauungsplans für die Anwendbarkeit des § 30 BBauG; Berücksichtigung der Anforderungen des § 12 BBauG 1960 für das Wirksamwerden eines Bebauungsplans
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 05.07.1984
- Aktenzeichen
- 1 OVG A 125/83
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1984, 18964
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1984:0705.1OVG.A125.83.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 07.09.1983 - AZ: 2 VG A 95/81
Rechtsgrundlagen
- § 7 BauNVO
- § 12 BBauG 1960
- § 30 BBauG
- § 34 BBauG
- § 90 Abs. 1 NBauO
Verfahrensgegenstand
Rücknahme einer Baugenehmigung
Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg hat
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 1984 in Seevetal
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Pietsch,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Götz,
den Richter am Verwaltungsgericht Fries sowie
die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 2. Kammer Lüneburg - vom 7. September 1983 geändert.
Der Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1980 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 10. April 1981 werden insoweit aufgehoben, als die Baugenehmigung vom 29. August 1980 auch für die Aufstellung von Spielgeräten im Erdgeschoß zurückgenommen wurde.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Baugenehmigung für die Einrichtung eines Spielsalons im Erd- und Untergeschoß seines Wohn- und Geschäftshauses in xxx, xxxstraße xxx.
Das Wohn- und Geschäftshaus liegt an der Westseite der Mxxxstraße in zentraler Ortslage von Sxxx.
Die beiden Obergeschosse enthalten Wohnungen. Im Erdgeschoß ist ein Imbißlokal und eine Bierstube eingerichtet. Die Mattenmoorstraße ist als verkehrsberuhigte Zone ausgestaltet. An der Ostseite befinden sich zwei- bis viergeschossige Neubauten. Die Erdgeschosse werden gewerblich mit Ladengeschäften, den Filialen der Kreissparkasse und der Volksbank und einem Eiscafe genutzt. Die oberen Geschosse enthalten Wohnungen, deren Balkone zur Straße hin liegen. Auf der Westseite der Mattenmoorstraße ist dem Haus des Klägers das Postamt unmittelbar benachbart. Hinter diesem liegt eine größere Garagenanlage.
Das Grundstück des Klägers liegt im Planbereich des vom Rat der Gemeinde Sxxx am 25. September 1975 beschlossenen Bebauungsplanes Mexxx Nr. 14 "Zentrum", der vom Regierungspräsidenten in Lüneburg am 26. Januar 1976 genehmigt wurde. Der Bebauungsplan sieht beiderseits der Mattenmoorstraße zwischen den Querstraßen An den Höfen und Am Felde ein allgemeines Wohngebiet vor. Durch textliche Festsetzung bestimmt der Bebauungsplan, daß Ausnahmen nach § 4 (3) Ziffern 2, 4, 5 und 6 BauNVO ausgeschlossen werden. Die Genehmigung und Auslegung des Bebauungsplanes wurden im Amtsblatt des Beklagten vom 18. März 1976 bekannt gemacht. Das Gebiet östlich der Mattenmoorstraße hat die Gemeinde Sxxx durch den Bebauungsplan Mxxx Nr. xxx "Bahxxx" neu beplant, den der Rat der Gemeinde am 30. Oktober 1978 beschlossen und die Bezirksregierung Lüneburg am 20. März 1979 genehmigt hat. Die Genehmigung dieses Bebauungsplanes ist unter Bezeichnung des Plangebiets im Amtsblatt des Beklagten Nr. 19 vom 10. Mai 1979 bekanntgemacht.
Durch den Bebauungsplan Mxxx 28 ''xxx", dessen Genehmigung von dem Beklagten am 29. Juni 1984 erteilt und am 5. Juli 1984 im Amtsblatt des Beklagten Nr. 26 S. 256 ff. bekanntgemacht wurde, ist das Gebiet zwischen der Bundesbahnstrecke xxx im Westen, der Gxxxstraße im Norden, der Mxxxstraße im Osten und der Straße xxx im Süden neu beplant und insoweit der Bebauungsplan xxx "Zentrum" aufgehoben worden. Das Grundstück des Klägers liegt im Geltungsbereich dieses Planes, der - wie bisher der Bebauungsplan "Zentrum" - ein allgemeines Wohngebiet vorsieht und die Erteilung von Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2, 4, 5, 6 BauNVO ausschließt.
Der Kläger erhielt am 29. August 1980 die Baugenehmigung für den Neubau des Wohn- und Geschäftshauses Mxxxstraße 7. Im Erdgeschoß ist dort neben dem Imbißlokal und der Bierstube nach den genehmigten Bauzeichnungen ein Spielsalon "xxx" vorgesehen; der Spielsalon erstreckt sich auch auf das Untergeschoß, wo nach den genehmigten Bauzeichnungen Billardtische und Spielgeräte stehen sollen.
Die beigeladene Gemeinde erhob bei dem Beklagten am 9. Dezember 1980 Widerspruch gegen die Baugenehmigung mit der Begründung, daß der Spielsalon im allgemeinen Wohngebiet unzulässig sei. Der Beklagte gab dem Kläger am 21. November 1980 Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit der Verfügung vom 18. Dezember 1980, die dem Kläger am 22. Dezember 1980 zugestellt wurde, entschied der Beklagte: "Die Baugenehmigung vom 29.08.80 wird zurückgenommen, soweit sie eine Nutzungszulassung für die Aufstellung von Spielgeräten im Erdgeschoß und Untergeschoß umfaßt. Der von der Rücknahme betroffene Bereich ist in der anliegenden Zeichnung markiert." Die Verfügung ist damit begründet, daß Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Ziffern 2, 4, 5 und 6 BauNVO nicht zulässig seien. Die Einrichtung und der Betrieb des Spielsalons in einem derartig eingeschränkten allgemeinen Wohngebiet seien unzulässig.
Den dagegen am 7. Januar 1981 eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung in Lüneburg mit dem Widerspruchsbescheid vom 10. April 1981 zurück. Der Widerspruchsbescheid ist darauf gestützt, daß der Spielbereich "xxx'' mit dem Kabinenbereich im Erdgeschoß und die Spielgeräte- und Billardhalle im Untergeschoß als eigenständige, selbständig benutzbare und in sich abgeschlossene Vergnügungsstätte anzusehen seien. Bei einer Nutzflächengröße von über 270 m2 Fläche sei dies keine in einem WA-Gebiet zulässige Nutzung. Das Interesse an der Rücknahme der Baugenehmigung überwiege insoweit den Vertrauensschutz des Klägers. Das Schutzinteresse der Anwohner müsse höher eingeschätzt werden als möglicherweise erwachsene finanziell Einbußen. Selbst wenn man davon ausginge, daß der Bebauungsplan nichtig sei, sei der Spielsalon nach § 34 BBauG unzulässig. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 22. April 1981 zugestellt.
Der Kläger hat am 18. Mai 1981 Klage erhoben, mit der er geltend gemacht hat, daß der Betrieb der Spielhalle ein nicht störender Gewerbebetrieb sei, der keinen überörtlichen Verkehr anziehe. Dies ergebe sich schon daraus, daß auch in den Nachbargemeinden eine erhebliche Anzahl von Spielhallen vorhanden sei. Es sei auch nicht mit einer Störung der Nachbarschaft durch An- und Abfahrt des Publikums zu rechnen. In die Umgebung, die durch zahlreiche Geschäftsbetriebe, die Post und die dahinter liegende Garagenanlage geprägt werde, füge sich die Spielhalle ohne weiteres ein. Selbst wenn auch die Baugenehmigung rechtswidrig gewesen sein sollte, zwinge der xxxsichtspunkt des Vertrauensschutzes zu einer anderen Entscheidung. Über diesen Gesichtspunkt habe sich der Beklagte hinweggesetzt. Der Kläger trägt vor, er habe die Räume an den jetzigen Mieter, Herrn xxx, vermietet, obwohl er damals, auch ein Angebot gehabt habe, sie an einen Supermarkt zu vermieten. Weil die Gemeinde Sxxx Herrn Bxxx unter Berufung auf die Rücknahme die erforderliche Konzession verweigere, behalte dieser monatlich einen Mietzinsanteil von 3.000,-- DM ein. Außerdem habe er bereits Schadensersatzansprüche in Höhe von über 1,2 Millionen DM geltend gemacht. Etwaigen Befürchtungen, daß es zu Störungen kommen könnxxx hätte durch Regelungen der Öffnungszeiten, wie er sie selbst vor geschlagen habe, entgegengewirkt werden können.
Der Kläger hat beantragt,
den Rücknahmebescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1980 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 10. April 1981 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat sich im wesentlichen auf die Begründung der angefochtenen Bescheide bezogen.
Das Verwaltungsgericht hat, nachdem der Berichterstatter der Kammer die Spielhallenräume und die nähere Umgebung besichtigt hat, die Klage mit dem Urteil vom 7. September 1983 abgewiesen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Spielhalle unzulässig, weil sie nach den zugrunde liegenden Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 14 "Zentrum" ein durch die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes ausgeschlossener Gewerbebetrieb ist. Wegen der zu befürchtenden, von dem Betrieb der Spielhalle auf das allgemeine Wohngebiet ausgehenden Störungen hält das Verwaltungsgericht auch die Ermessensausübung des Beklagten für einwandfrei. Auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils im einzelnen wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 21. November 1983 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Kläger am 19. Dezember 1983 Berufung eingelegt. Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger in erster Linie gegen die Gültigkeit des Bebauungsplanes. Er zweifelt diese an, weil der Plan die unvereinbaren Zielsetzungen verfolge, gleichzeitig ein Wohngebiet und einen Ortskern zu schaffen. Die Verquickung der beiden Zielsetzungen komme in dem Ausschluß von Ausnahmen zum Ausdruck. Es sei durch den Bebauungsplan ein Modell geschaffen worden, das von dem Typenkatalog der BauNVO abweiche.
Das Postamt, die große Garagenanlage sowie die Massierung von Läden und Bankfilialen ließen sich nicht in das Bild einfügen, das der Gesetzgeber von einem Wohngebiet habe. Der Kläger greift weiter die im Widerspruchsbescheid begründete Ermessensentscheixxx des Beklagten an, weil sie auf einer unrichtigen Tatsachengrundxxxge beruhe. Während der Widerspruchsbescheid annehme, daß auch nxxx der teilweisen Rücknahme die bauliche Substanz erhalten bleibe, ergibt sich nach Meinung des Klägers ein erheblicher Kostenaufwand für bauliche Umgestaltungen, wenn man die für den Spielbetrieb vorgesehenen Räume von den Bereichen des Imbißlokals und der Bierstube trennen würde, mit denen sie nach den Plänen eine Einheit bildeten. Eine Beeinträchtigung der Anwohner sei bisher nixxx dargelegt worden. Die vom Beklagten getroffene Ermessensentscheidung beruhe daher auf einer unzutreffenden Tatsachenermittlung. Etwaigen Mißständen könne durch Auflagen vorgebeugt werden. Hinsichtlich der Öffnungszeiten und der Reduzierung der Geräte sei von seiten seines Mieters bereits Vorschläge gemacht worden.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte stützt sich auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
Die Beigeladene unterstützt, ohnen einen eigenen Antrag zu stellen, den Standpunkt des Beklagten.
Der Senat hat das Grundstück des Klägers und seine Umgebung besichtigt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 5. Juli 1984 Bezug genommen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung Lüneburg und die Planakten der beigeladenen Gemeinde Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Der mit der Klage angegriffene Rücknahmebescheid ist teilweise rechtswidrig.
1.
Die städtebaurechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Erdgeschosses und Untergeschosses im Hause des Klägers für die Zwecke eines Spielsalons in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung bestimmt sich nicht nach § 30 BBauG. Denn der Bebauungsplan Mxxx Nr. 14 "Zentrum" der Gemeinde Sxxx, in dessen Planbereich das Grundstück des Klägers liegt und nach dessen Festsetzungen der Beklagte das in Rede stehende Vorhaben beurteilt hat, ist nicht rechtswirksam geworden, weil die Gemeinde Sxxx bei der Bekanntmachung der Auslegung und Genehmigung des Planes nicht den Anforderungen des § 12 BBauG 1960 genügt hat. Bei der Bekanntmachung der Auslegung und Genehmigung des Bebauungsplanes im Amtsblatt des Beklagten vom 18. März 1976 wurde der räumliche Geltungsbereich des Planes nicht angegeben. Die Bezeichnung "Zentrum", die sich im Betreff der Bekanntmachung findet, war als Kennzeichnung des Planbereiches nicht ausreichend. Sie genügte nicht den an eine hinreichend deutliche Bezeichnung des Planbereiches zu stellenden Mindestanforderungen. Der Senat hatte diese Mindestanforderungen bereits in seinen Urteilen vom 23. Oktober 1975 (I A 29/74, I A 64/74 - BauR 1976, 105; BRS 29 Nr. 16) präzisiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.5.1978 - 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369, 373, 378). Aus der Bezeichnung des Planes muß der Plangeltungsbereich in grober Umschreibung erkennbar sein, damit den an der Planung Interessierten dieses Interesse bewußt wird. Dazu bedarf es nicht einer parzellenscharfen Beschreibung. Es reicht eine grobe Umschreibung der Grenzen oder eine Bezeichnung des Plangeltungsbereichs, die die Öffentlichkeit über dessen örtliche Lage unterrichtet. Die Bezeichnung "Zentrum" ist nicht ausreichend. Das Zentrum von Meckelfeld, seine Lage und Begrenzung waren zu jenem Zeitpunkt nicht etwa bereits so fest umrissen, daß mit dem Stichwort "Zentrum" die Umgrenzung des Plangebietes bereits hinreichend erkennbar war. Vielmehr trug der Bebauungsplan dazu bei, die ursprünglich dörfliche Gemeinde Meckelfeld erst mit einem Zentrum zu versehen, das nicht etwa mit einem herkömmlichen Dorfzentrum identisch war, sondern das Zentrum einer modernen Stadtrandgemeinde im Umfeld von Hamburg bilden sollte. Der Planbereich des Bebauungsplanes Nr. 14 "Zentrum" ist auch nicht identisch mit dem Planbereich des aus dem Jahre 1966 stammenden Bebauungsplanes Mxxx 1 "Ortsmitte", sondern überschneidet sich mit jenem älteren Plan teilweise und bezieht weitere Flächen ein.
2.
Das Grundstück des Klägers liegt inmitten der bebauten Ortslage von Mxxx. Es ist von Bebauung umgeben. Es liegt daher innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BBauG). § 34 BBauG ist in der Fassung des BBauG 1979 anzuwenden, die am 1. August 1979 in Kraft getreten ist. Denn die als teilweise rechtswidrig zurückgenommene Baugenehmigung wurde im zeitlichen Anwendungsbereich dieser Fassung des BBauG am 8. Dezember 1980 erteilt. Die sich aus § 34 BBauG ergebenden städtebaurechtlichen Erfordernisse werden sowohl durch § 34 Abs. 3 BBauG als auch durch § 34 Abs. 1 BBauG näher bestimmt. Wenn die Eigenart der näheren Umgebung nach Maßgabe der vorhandenen Bebauung einem der Baugebiete, die in der BauNVO bezeichnet sind, entspricht, so hat dies zur Folge, daß das Städtebaurecht an das Vorhaben im nicht-beplanten Innenbereich zweifache Anforderungen stellt (BVerwG, Urteil vom 15.1.1982 - 4 C 58.79, NVwZ 1982, 312 = DÖV 1982, 506 = BauR 1982, 242 = BRS 39 Nr. 67): Es muß gemäß § 34 Abs. 3 BBauG zu den Vorhaben gehören, die für das betreffende Baugebiet nach der BauNVO zugelassen sind (a), und es muß gemäß § 34 Abs. 1 BBauG sich nach den relevanten Umständen des Einzelfalles außerdem in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen (b).
(a)
Die an beiden Seiten der Mxxxstraße zwischen den Straßen xxx und xxx befindliche Behauung bildet den Berreich, von dem aus die bauliche Nutzung auf dem Grundstück des Klägers in bezug auf die Art der Nutzung maßgebend, geprägt wird und auf die sie andererseits selbst prägend einwirken kann. Dieser bauliche Bereich entspricht in seiner Eigenart einem allgemeinen Wohngebiet. Maßgeblich für diese Einordnung ist, daß die vorhandenen Gebäude, mit Ausnahme der Post, in den Obergeschossen Wohnungen aufweisen. Auf der Westseite der Straße sind zwei Obergeschosse mit Wohnungen, in den Häusern auf der Ostseite entweder zwei oder drei Obergeschosse mit Wohnungen vorhanden. Der Senat gelangt zu der Feststellung, daß die Wohnnutzung überwiegt. Die im Erdgeschoß in allen Gebäuden vorhandene Nutzung für Läden und Dienstleistungsbetriebe charakterisiert zwar dieses Gebiet ebenfalls. Aber sie ändert nichts daran, daß die Wohnnutzung überwiegt und auch den Charakter der gesamten Bebauung wesentlich prägt. Dazu trägt bei, daß die Wohnungen zur Straße hin mit Balkonen ausgestattet sind. Je nach Geschoßzahl sind 2 oder 3 oder Balkone übereinandergestaffelt. Die verkehrsberuhigte Anlage der Straße nimmt auf die Wohnnutzung besondere Rücksicht.
Weil die Wohnnutzung in dem Gebiet trotz des reichhaltigen Laden und Dienstleistungsangebots letztlich überwiegt und prägend ist, kann der Senat dieses Gebiet nicht als Kerngebiet oder Mischgebiet einordnen. Ein Mischgebiet liegt nicht vor, da gewerbliche und Wohnnutzung sich nicht gleichgewichtig gegenüberstehen, sondern die Wohnnutzung überwiegt. Auch einem Kerngebiet entspricht die Nutzung beiderseits der Mxxxstraße nicht. Sie erfüllt zwar für den Ortsteil Mxxx der Gemeinde Sxxx auch einige zentrale Funktionen, indem sie die Post sowie Geschäfts- und Dienstleistungsbetriebe aufweist. Diese Ortskernfunktion rechtfertigt aber noch nicht den Schluß auf ein Kerngebiet im Sinne des § 7 BauNVO. In einem Kerngebiet hat das Wohnen trotz der Tendenzen (§ 7 Abs. 4 BauNVO von 1977), es wieder verstärkt zu ermöglichen, immer nur untergeordnete Bedeutung. Davon läßt sich hier nicht sprechen. Die in Verfolg eines einheitlichen Konzepte entstandene und diese Konzeption tatsächlich zum Ausdruck bringende Bebauung stellt das Wohnen auch in dem Bereich von Meckelfeld, für den eine gewisse städtebauliche Zentralität sichtbar ist, in den Vordergrund. Ein solches Konzept wäre in einer Mittel oder Großstadt nicht realistisch. Bei den Größenverhältnissen von Mxxx (rd. 9000 Einwohner) liegt dagegen in der Feststellung kein Widerspruch, daß auch im Ortskern die Wohnnutzung überwiegt.
Der Senat kann die vorhandene Bebauung auch nicht dem Typus des besonderen Wohngebietes (§ 4a BauNVO) zuordnen. Typisch für ein besonderes Wohngebiet wäre die vorwiegend in großen und mittleren Städten anzutreffende mehrgeschossige Blockrandbebauung in überwiegend geschlossener Bauweise und die Durchsetzung mit Gewerbebetrieben (Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 4. Auflage 1979, § 4a, Tn 2). Die hier vorhandene, aufgelockerte, auf ruhiges Wohnen zur Straßenseite hin konzipierte Bebauung entspricht diesem Typus nicht.
Dem Maßstab des § 34 Abs. 3 BBauG entsprechen alle Nutzungen, die nach der BauNVO in dem betreffenden Gebiet generell und ausnahmsweise zulässig sind (Schlichter/Stich/Tittel, Kommentar BBauG, 3. A. 1979 § 34 Rdnr. 18). Dies trifft im allgemeinen Wohngebiet auch für "nicht störende Gewerbebetriebe" zu (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Die Einordnung des Spielsalons unter den Begriff des nicht störenden Gewerbebetriebes im Sinne des § 4 Abs. 3 BauNVO wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Spielsalon eine Vergnügungsstätte ist. Die besondere Erwähnung der Vergnügungsstätten als zulässige bauliche Nutzung in Kerngebieten (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) führt, wie das BVerwG entschieden hat (Urteil vom 25.11.1983 - 4 C 64.79 BauR 1984 Nr. 142), nicht dazu, die Vergnügungsstätten aus dem Anwendungsbereich derjenigen Bestimmungen der BauNVO herauszunehmen, welche die Zulässigkeit "sonstiger Gewerbebetriebe" regeln. Vielmehr ist auch eine Vergnügungsstätte ein solcher sonstiger Gewerbebetrieb. Dies hat zur Folge, daß Stätte nicht schlechthin ausgeschlossen ist, sondern nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein kann (vgl. auch Urteil des Senats vom 22.2.1979 - I A 137/78, BRS 35 Nr. 35 - Spielhalle - wo die Frage noch offengelassen wurde). Die Zulässigkeit einer Vergnügungsstätte im allgemeinen Wohngebiet kann aber hiernach nur in sehr engen Grenzen in Betracht kommen. Für die Zulässigkeit im allgemeinen Wohngebiet kann nur eine solche Vergnügungsstätte in Betracht kommen, die nach ihrem Typ in das Wohngebiet paßt. Bereits im Mischgebiet ist eine Vergnügungsstätte nicht zulässig, wenn sie dem Typus entspricht, wie er für Einrichtungen im Kerngebiet kennzeichnend ist (BVerwG, a.a.O.). Dasselbe gilt erst recht für das allgemeine Wohngebiet. Da in diesem nur nicht störende Gewerbebetriebe zugelassen, sein können, ist eine Vergnügungsstätte unzulässig, wenn sie nach ihrer Eigenart bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise Beeinträchtigungen der Wohnnutzung, insbesondere der Wohnruhe mit sich bringen kann.
Die Störanfälligkeit der Wohnnutzung schließt es aus, Spielhallen oder Spielsalons schlechterdings zu den nicht störenden Gewerbebetrieben zu rechnen, die im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig sein können. Spielhallen sind erfahrungsgemäß Anziehungspunkte für ein Publikum, das je nach den vorhandenen Attraktionen aus einem weiteren Umkreis zu kommen pflegt. An- und Abfahrten des häufig mit Zweirädern motorisierten Publikums führen zu Geräuschentwicklung. Dies gilt vor allem für die Abend- und Nachtstunden, aber nicht nur für diese. Der Betrieb einer Spielhalle ist daher geeignet, Unruhe in das dem Wohnen vorbehaltene allgemeine Wohngebiet hineinzutragen. Dabei ist auch, wie das Verwaltungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, nicht nur auf die entstehende Lärmbelästigung abzustellen. Es verträgt sich nicht mit der Eigenart eines Wohngebietes, wenn innerhalb des Wohngebietes ein Anziehungspunkt geschaffen wird, der ein wechselndes Publikum vorwiegend jüngerer Leute aus der Umgebung anzieht.
Eine andere Beurteilung erscheint aber geboten, wenn sich der Spielbetrieb nach Art und Umfang einer im allgemeinen Wohngebiet zulässigen Schank- und Speisewirtschaft (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) unterordnet. Schank- und Speisewirtschaften sind im allgemeinen Wohngebiet nur soweit zulässig, als sie der Versorgung des Gebietes dienen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO; OVG Münster, OVGE 35, 23). Durch diese eingeschränkte Voraussetzung wird gesichert, daß die Schank- und Speisewirtschaft den Bedürfnissen des Wohngebietes dient, in welchem sie sich befindet. Ein Spielbetrieb, der einer solchen Schank- und Speisewirtschaft angeschlossen ist, kann ebenso wie die Schank- und Speisewirtschaft selbst, soziale Funktionen für das betreffende Wohngebiet erfüllen, indem er den Bewohnern ein Angebot für Geselligkeit und Unterhaltung macht.
Der dem Kläger ursprünglich genehmigte Spielsalon ist hiernach nicht in dem Umfange zulässig, wie er von dem Beklagten genehmigt worden war. Er ist mit einer Fläche von über 270 m2, die sich über das Erdgeschoß und das Untergeschoß verteilt, nicht mehr auf einen Umfang beschränkt, in dem er wie der genehmigte Schank- und Speisebetrieb gebietsbezogen ist. Bei dieser Größenordnung würde der Spielsalon den Charakter einer größeren Vergnügungsstätte haben, die als Anziehungspunkt für Besucher aus einem weiteren Umkreis dient. Soweit der Kläger damit argumentiert, daß in den Nachbargemeinden ebenfalls Spielhallen vorhanden seien, könnte sich daraus nicht ableiten lassen, daß die vom Kläger beabsichtigte Spielhalle sich nur an das Publikum der engeren Umgebung wendet. Dazu ist sie viel zu groß. Hinzu kommt, daß die Ausstattung der Spielhallen mit Spielgeräten verschieden ist, und Besucher auch von weiter her kommen werden, die jeweiligen Neuheiten auszuprobieren. Der Spielbetrieb, den der Kläger zur Genehmigung gestellt hat, ist nur in dem Umfange genehmigungsfähig, in dem er die Größenordnung eines dem Schank- und Speisebetrieb untergeordneten Spielsalons für die Erholungs- und Vergnügungsbedürfnisse der Bewohner aus der nächsten Umgebung nicht überschreitet. Nur in diesem beschränkten Umfang handelt es sich um einen nicht störenden Gewerbebetrieb im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Von diesen Voraussetzungen ist auszugehen, wenn der Betrieb auf die im Erdgeschoß dafür vorgesehenen Räume beschränkt wird. Dabei ist im Rahmen der baurechtlichen Beurteilung auf den Typ der Spielhalle abzustellen, während die Einzelheiten der Apparateausstattung auch unter dem Blickwinkel ihrer Eignung als Belästigungspotential im Rahmen der gewerberechtlichen Erlaubnis zu beurteilen sind.
Soweit der Spielsalon den hiernach genehmigungsfähigen Umfang übe schreitet, läßt sich seine Zulässigkeit auch nicht aus Gründen herleiten, die - würde es sich um ein beplantes Gebiet handeln - im Wege der Befreiung (§ 31 Abs. 2 BBauG) eine Zulassung des Vorhabens ermöglichen würden. Denn Anhaltspunkte für das Vorliegen von Befreiungsgründen sind nicht gegeben. Der vom Kläger angestrebte Umfang des Betriebes würde zu einer Belastung der Umgebung führen.
(b)
In dem Umfang, in dem der Spielsalon mit § 34 Abs. 3 BBauG vereinbar ist, fügt er sich nach den gegebenen Verhältnissen auch in den Rahmen ein, der durch die vorhandene bauliche Nutzung gezogen ist (§ 34 Abs. 1 BBauG). Für diese Beurteilung fällt ins Gewicht, daß sich in der Umgebung jeweils im Erdgeschoß Läden, Verwaltungsgebäude und Dienstleistungsbetriebe befinden. Mit der besonderen Eigenart dieses Wohngebiets, das zugleich die Funktion eines Ortszentrums erfüllt, ist der Spielsalon in dem beschriebenen Umfange vereinbar. Er ordnet sich dem genehmigten Lokal (Imbiß und Bierstube) unter.
3.
Der am 5. Juli 1984 in Kraft getretene Bebauungsplan Meckelfeld 28 wirkt sich auf die in dem vorliegenden Verfahren maßgebliche Frage der Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Baugenehmigung, die ihrerseits von der Frage der Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung abhängig ist, nicht aus. Soweit sich aus dem Bebauungsplan die Unzulässigkeit des Spielsalons ergeben würde, weil der Bebauungsplan wiederum Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 ff. BauNVO ausschließt, kommt dem Bebauungsplan keine Rückwirkung zu; die teilweise Rechtmäßigkeit der dem Kläger erteilten Baugenehmigung bleibt durch den Bebauungsplan unberührt. Soweit dagegen, wie dargelegt, die erteilte Baugenehmigung teilweise rechtswidrig war, verbleibt es bei der Rechtswidrigkeit und der durch sie ausgelösten Befugnis des Beklagten zur Rücknahme der Baugenehmigung (§ 90 Abs. 1 NBauO) schon deshalb, weil der am 5. Juli 1984 in Kraft getretene Bebauungsplan Meckelfeld 28 keine dem Vorhaben des Klägers günstige Rechtsänderung enthält.
4.
Die in Anwendung des § 90 Abs. 1 NBauO getroffene Ermessensentscheidung, die teilweise rechtswidrige Baugenehmigung zurückzunehmen, ist ermessensfehlerfrei getroffen worden.
Der Beklagte hat, wie sich aus der Begründung des Widerspruchsbescheides als maßgeblicher letzter Verwaltungsentscheidung ergibt, eine Ermessensentscheidung nach § 90 Abs. 1 NBauO getroffen. Es handelt sich daher bei der angegriffenen Verwaltungsentscheidung, obwohl diese durch den Widerspruch der Gemeinde Sxxx ausgelöst wurde, nicht um eine auf den Widerspruch hin getroffene Entscheidung über einen Drittwiderspruch gegen die erteilte Baugenehmigung. Im übrigen wäre aber dem Verwaltungsgericht darin beizupflichten, daß der Widerspruch der Gemeinde Seevetal wegen Fristversäumnis unzulässig war und daher den Beklagten nicht in die Lage versetzte, die Baugenehmigung nach anderen als den für die Rücknahme maßgeblichen Voraussetzungen (§ 90 Abs. 1 NBauO) aufzuheben.
Bei seiner Ermessensentscheidung hat der Beklagte, wie sich aus den im Widerspruchsbescheid näher dargelegten Erwägungen ergibt, das öffentliche Interesse an einer Aufhebung der teilweise rechtswidrigen Baugenehmigung und das Schutzinteresse des Klägers, der auf den Bestand der Baugenehmigung vertraut hat, hinreichend gegen einander abgewogen.
Der Gesetzgeber hat sich in § 90 Abs. 1 und Abs. 3 NBauO - ebenso wie in § 48 Abs. 1 und Abs. 3 VwVfG - für eine entschädigungsrechtliche Lösung entschieden, nach der die Rücknahme einer rechtswidrigen Baugenehmigung am Vertrauensschutz des Bauherrn, der die Baugenehmigung bereits ins Werk gesetzt hat, nicht scheitern muß. Diese Regelung vermeidet einen Mangel der früher hinsichtlich der Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte gegebenen Rechtslage, nach welcher sich ein überwiegend schutzwürdiges Vertrauen des Adressaten in den Bestand des Verwaltungsaktes als Rücknahmehindernis darstellte, so daß entweder das öffentliche Interesse an Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes oder das private Vertrauensschutzinteresse zurückgesetzt werden mußte. Diesen Konflikt vermeidet § 90 NBauO, indem die Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich in den Stand versetzt wird, im öffentlichen Interesse zur Rücknahme einer rechtswidrigen Baugenehmigung zu schreiten, während auf der anderen Seite das Vertrauensschutzinteresse des Inhabers der Baugenehmigung - ohne daß gefordert würde, daß dieses Interesse ein überwiegendes sein müßte - durch Entschädigung berücksichtigt wird (§ 90 Abs. 3 NBauO).
Die Systematik dieser Regelung entlastet und erleichtert zwar die Ermessensentscheidung der Bauaufsichtsbehörde, die die Rücknahme einer rechtswidrigen Baugenehmigung anordnet, dadurch, daß von Gesetzes wegen Entschädigung zum Ersatz von Vermögensnachteilen vorgesehen ist, die der Bauherr dadurch erleidet, daß er auf den Bestand der Baugenehmigung vertraut hat (§ 90 Abs. 3 NBauO). Gleichwohl muß das Vertrauensschutzinteresse des Bauherrn bei der Rücknahme der Genehmigung bedacht werden. Es muß abgewogen werden, ob das öffentliche Interesse an der Rücknahme der rechtswidrigen Baugenehmigung stärker wiegt als das Interesse des Bauherrn, die genehmigte Nutzung zu verwirklichen. Diese Abwägung ist im Rahmen des Ermessens Sache der Bauaufsichtsbehörde. Als fehlerhaft wäre sie nur anzusehen, wenn sie auf unzutreffender oder unvollständiger Tatsachengrundlage beruhte oder die sich gegenüberstehenden Interessen in unvertretbarer Weise bewertete.
Es ist nicht zu beanstanden, daß der Beklagte das öffentliche Interesse an der Aufhebung der rechtswidrigen Genehmigung für den Spielsalon als so schwerwiegend ansah, daß er zur teilweisen Rücknahme der Baugenehmigung schritt. Dieses Interesse ist in der Tat schwerwiegend, weil andernfalls, wenn von einer Rücknahme abgesehen würde, die in das Wohngebiet in dem genehmigten Umfang nicht hinein gehörende Spielhalle auf Dauer als Störfaktor erhalten bliebe. Der Beklagte hat insofern richtig in Rechnung gestellt, daß es beim Schutz des Gebietscharakters durch Unterbringung einer mit diesem nicht vereinbaren Nutzung um Gemeinwohlbelange geht, die im Interesse einer Vielzahl von Bewohnern des betreffenden Gebietes zu schützen sind. Daß auf der anderen Seite der Kläger infolge der Rücknahme der Baugenehmigung finanzielle Einbußen hat, ist in der Begründung der Widerspruchsentscheidung ausdrücklich berücksichtigt worden. Die Bezirksregierung hat dort verschiedene Erwägungen angestellt, die verdeutlichen sollen, daß der zu erwartende Vermögensnachteil des Klägers in Grenzen gehalten werden kann. Für die Haltbarkeit der Ermessensentscheidung des Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die dabei vorgenommene Einschätzung der Vermögensnachteile in allen Punkten und in ihren Einzelheiten so eingetreten ist oder eintreten wird, wie sie von der Bezirksregierung im Widerspruchsbescheid für möglich gehalten wurde. Deswegen gehen auch die Angriffe, die der Kläger mit der Berufung dagegen führt, fehl. Es macht letztlich für die Ermessensentscheidung des Beklagten keinen Unterschied, ob und in welchem Maße Umbauten in dem Gebäude als Folge der Rücknahmeentscheidung erforderlich sind und ob sich die schon angeschafften Spielgeräte an anderer Stelle aufstellen, verkaufen oder vermieten lassen. Denn über die Berechnung der dem Kläger möglicherweise erwachsenden Vermögensnachteile ist nur in dem Verfahren über eine Entschädigung nach § 90 Abs. 3 NBauO zu entscheiden. Bei seiner Ermessensentscheidung über die Rücknahme konnte der Beklagte insofern nur Möglichkeiten in Rechnung stellen, die sich aus dem damals feststehenden Umstand ergaben, daß der Kläger bzw. sein Mieter damals schon in den Spielsalon investiert, aber den Betrieb noch nicht aufgenommen hatte.
Die Ermessensentscheidung des Beklagten wird auch nicht dadurch insgesamt ermessensfehlerhaft, daß der Beklagte davon ausgegangen ist, daß die Baugenehmigung hinsichtlich des gesamten Spielsalons rechtswidrig war, während sie sich nur als teilweise rechtswidrig erweist. Das Vorhaben des Klägers ist teilbar. Wenn dem Kläger die Genehmigung nur für die Erdgeschoßräume verbleibt, so führt dies nicht zu einem "anderen", sondern nur zu einem räumlich eingeschränkten Vorhaben. Die mündliche Verhandlung vor dem Senat hat dies ebenso eindeutig ergeben wie den ohnehin naheliegenden Umstand, daß bei einer sich als notwendig erweisenden Verringerung der Betriebsgröße des Spielsalons aus der Sicht des Klägers das stärkere Interesse an den Erdgeschoßräumen besteht. Dementsprechend ist auch die Ermessensentscheidung des Beklagten teilbar. Es besteht kein Zweifel, daß der Beklagte ein öffentliches Interesse an der Rücknahme der Baugenehmigung auch dann bejaht und durchsetzen will, wenn diese sich nicht in dem ganzen von ihm angenommenen Umfang als rechtswidrig erweist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 und 2 VwGO. Anlaß für eine Entscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO bestand nicht.
Der Senat läßt die Revision nicht zu, da Gründe für die Zulassung der Revision nicht gegeben sind (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule (§ 67 Abs. 1 VwGO) beim
Oberverwaltungsgericht für die Länder
Niedersachsen und Schleswig-Holstein
selbständig durch eine noch innerhalb derselben Frist zu begründende Beschwerde angefochten werden (§ 132 VwGO).
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Prof. Dr. Götz
Fries