Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 28.10.2022, Az.: L 16 KR 433/22 B

Rechtsweg für eine Untätigkeitsklage; Antrag einer Coronavirus-Teststelle auf Honorarfestsetzung; Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach der CoronaTestV

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
28.10.2022
Aktenzeichen
L 16 KR 433/22 B
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 43926
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2022:1028.L16KR433.22B.ER

Verfahrensgang

vorgehend
SG Osnabrück - 07.09.2022 - AZ: S 3 KR 183/22 ER

Amtlicher Leitsatz

Über einen Antrag einer Coronavirus-Teststelle, die Kassenärztliche Vereinigung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, über Honoraransprüche für Leistungen nach der Corona-Testverordnung zu entscheiden und bereits mit Bescheid festgesetzte Beträge auszukehren, ist gemäß § 20i Abs 3 SGB V iVm § 7 der Coronavirus-Testverordnung der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.

Tenor:

Der Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 7. September 2022 wird aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird für zulässig erklärt.

Gründe

1

Die gemäß § 17a Abs 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), §§ 172 f Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist eröffnet.

2

Nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung. Hierunter fallen Angelegenheiten, die sich aus der Wahrnehmung und Erfüllung der nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben ergeben.

3

Bei der zugrundeliegenden Untätigkeitsklage, welche die Auskehrung von Vergütungsansprüchen gemäß der Coronavirus-Testverordnung (TestV) zum Gegenstand hat, handelt es sich um eine solche Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung, da sich die TestV mit der Norm des § 20i Abs 3 SGB V auf eine Verordnungsermächtigung im SGB V stützt. Darüber hinaus erfolgt die Finanzierung aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds gemäß § 14 Abs 1 Satz 3 TestV. Die Antragstellerin wiederum ist Leistungserbringerin im Sinne des § 6 Abs 1 Nr 2 TestV, welche die Vergütung einer Leistung nach § 7 TestV begehrt. Für die gerichtliche Geltendmachung eines solchen Anspruches ist daher der Sozialrechtsweg gegeben (Verwaltungsgericht Osnabrück, Beschluss vom 17. Januar 2022, 3 B 80/21; Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19 Corona-Gesetzgebung - Gesundheit und Soziales, 1. Auflage 2020, § 11 Rdnr 34).

4

Eine abweichende Rechtswegzuweisung ergibt sich auch nicht aus den Normen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Denn § 68 Abs 1a lfSG ist als aufdrängende Sonderzuweisung hinsichtlich des Verwaltungsrechtswegs nicht einschlägig. Nach dieser Norm ist für Streitigkeiten über Ansprüche nach einer auf Grund des § 20i Abs 3 Satz 2 Nr 1 lit a, auch in Verbindung mit Nr 2 des SGB V sowie des § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 4 lit c lfSG erlassenen Rechtsverordnung der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die streitgegenständliche Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV2 (Coronavirus-Testverordnung - TestV) wurde allerdings nicht aufgrund von § 20i Abs 3 Satz 2 Nr 1 lit a SGB V oder § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 4 lit c lfSG, sondern aufgrund von § 20i Abs 3 Satz 2 Nr 1 lit b SGB V erlassen (vgl Eingangsformel der TestV). Mit § 68 Abs 1a lfSG hat der Gesetzgeber den Verwaltungsgerichten damit ausschließlich die Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV) betreffende Ansprüche zugewiesen.

5

Mithin ist der Beschwerde antragsgemäß zu entsprechen.

6

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).