Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 25.03.1987, Az.: S 3 Kr 45/85
Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung; Scheitern einer Kostenübernahmeerklärung bei Nichtabgabe einer solchen Erklärung durch die Krankenkasse; Einordnung der Ansprüche eines Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse; Umfang von Vereinbarungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen; Ablehnung einer Kostenübernahme für eine Krankenhausbehandlung bei lediglichem Vortäuschen einer Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit; Anzeichen für das Vortäuschen einer Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
Bibliographie
- Gericht
- SG Osnabrück
- Datum
- 25.03.1987
- Aktenzeichen
- S 3 Kr 45/85
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 18975
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOSNAB:1987:0325.S3KR45.85.0A
Rechtsgrundlagen
- § 184 RVO
- § 393 BGB
Fundstellen
- AZRT 1990, 8
- NJW 1989, 1568
- NJW 1988, 2974-2975 (Volltext mit red. LS)
Die 3. Kammer des Sozialgerichts Osnabrück hat -
auf die ... mündliche Verhandlung vom - 25. März 1937 in Osnabrück
durch
den Richter am Sozialgericht ... - Vorsitzender - und
die ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Beklagte die Kosten für mehrere stationäre Aufenthalte eines "Krankenhauswanderers" an das Krankenhaus zu zahlen hat.
Der bei der Beklagten als Rentner versicherte Beigeladene ..., geboren am 17.01.1920, befand sich in den Jahren 1983 und 1984 fast ununterbrochen in verschiedenen Osnabrücker Krankenhäusern oder Krankenhäusern der Umgebung. Zu dieser Zeit hatte der Versicherte keinen festen Wohnsitz. Er ist wegen einer großen Anzahl von Vorstrafen, insbesondere Betruges, Urkundenfälschung, Unterschlagung, Diebstahls, falscher Verdächtigungen und Beleidigungen vorbestraft. Beim Versicherten besteht ein hirnorganisches Psychosyndrom sowie eine Herzerkrankung, die Anfang 1984 zur Implantation eines Herzschrittmachers geführt hat. Der Versicherte wurde meistens mit dem Notarztwagen in ein Krankenhaus gebracht. Dort gab er an, daß ihm schwindelig geworden sei, er das Bewußtsein verloren habe und erhebliche Schmerzen in der Brust aufgetreten seien. Der Versicherte wurde dann in den Krankenhäusern mehr oder weniger lange untersucht, um den Verdacht eines Herzinfarktes auszuschließen. Wurde er dann aus dem Krankenhaus entlassen, so erfolgte noch am Abend des gleichen Tages oder am nächsten Tag die Aufnahme in ein anderes Krankenhaus.
Die Klägerin als Trägerin der ... verlangt von der Beklagten die Kostenübernahme für die stationären Untersuchungen vom 09.08.1983 bis zum 11.08.1983, vom 19.02.1984 bis zum 23.02.1984 und vom 03.09.1984 bis zum 04.09.1984.
In den Jahren 1982/83 befand sich der Versicherte wie folgt in stationärer Behandlung der verschiedensten Krankenhäuser:
30.12.82-03.01.83
07.01.83-12.01.83
12.01.83-25.01.83
23.01.83-31.01.83
31.01.83-08.02.83
09.02.83-21.02.83
21.02.83-26.02.83
23.02.83-08.03.83
08.03.83-10.03.83
10.03.83-25.03.83
25.03.83-31.03.83.
Vom 31.03.83-25.07.83 befand sich der Versicherte im .... Vom 25.07.83-27.09.83 war der Versicherte im ... in ... untergebracht. Dieses Heim verließ er jedoch zwischendurch und wurde vom 09.08.83-11.08.83 in den ... aufgenommen. Vom 27.09.83-18.10.83 befand sich der Versicherte wieder im Landeskrankenhaus ... Es folgen weitere Krankenhausbehandlungen vom
21.10.83-03.11.83
03.11.83-09.11.83
09.11.83-15.11.83
16.11.83-22.11.83
22.11.83-25.11.83
26.11.83-26.11.83
27.11.83-28.11.83
02.12.83-02.12.83
06.12.83-07.01.84
07.01.84-06.02.84
03.02.84-18.02.84.
Vom 19.02.84-23.02.84 wurde der Versicherte wieder in den ... behandelt. In anderen Krankenhäusern befand er sich dann wieder vom
24.02.84-29.02.84
01.03.84-07.03.84
08.03.84-14.03.84
15.03.84-19.03.84
19.03.84-23.03.84.
In der Folgezeit befand sich der Versicherte bis zum 28.08.84 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt ... Vom 03.09.84-04.09.84 erfolgte dann wieder eine stationäre Behandlung in den ... Auch in der Folgezeit schlossen sich weitere Aufenthalte in verschiedenen Krankenhäusern an.
Die Beklagte lehnte die Kostenübernahmeersuchen der meisten Krankenhäuser ab, da der Versicherte sich durch Vortäuschung von Kollapszuständen und Herzbeschwerden die Krankenhausaufnahme erschlichen hätte. Eine ambulante Untersuchung wäre ausreichend gewesen, um einen Herzinfarkt auszuschließen. Mit Ausnahme der Klägerin und eines anderen Krankenhausträgers haben die übrigen Krankenhäuser ihren Kostenanspruch bis jetzt nicht weiter durchzusetzen versucht.
Die Klägerin hat am 30.08.1985 Klage erhoben. Sie macht geltend, am 09.08.1983 seien beim Versicherten thoracale Beschwerden festgestellt worden, die zu einem Infarktausschluß näher hätten überwacht werden müssen. Am 19.02.1984 habe die Diagnose "Kollaps bei ortostatischer Disregulation" gelautet. Bei der Aufnahmeuntersuchung am 03.09.1984 habe der Versicherte über Schmerzen im Bereich des linken Brustkorbes und des linken Beines geklagt. Nach Schwindelgefühl und Schweißausbrüchen sei er angeblich eine halbe Stunde bewußtlos gewesen. Zum Ausschluß eines Herzinfarktes habe man den Versicherten für 24 Stunden stationär aufgenommen. Da die in der Rettungs- und Unfallstelle der Stadt. Kliniken tätige Ärzte am Kassenarztverfahren teilnähmen, sei die von ihnen ausgesprochene medizinisch notwendige Verordnung von Krankenhauspflege für die Beklagte bindend.
Im übrigen lägen bei dem Versicherten gravierende Grunderkrankungen vor, die es jedem Arzt geböten, im Einzelfall die Ursachen und die Ernsthaftigkeit der angegebenen Beschwerden sorgfältig zu überprüfen. Da entsprechende Verschlechterungen der Grunderkrankungen jederzeit eintreten könnten, könne einfach nicht - wie bei typischen Simulanten - der Ausschluß erforderlicher ärztlicher Pflege festgestellt werden. Wenn tatsächlich jeweils am Ende der durchgeführten stationären Behandlungen keine schwerwiegenden Verschlechterungen der Grunderkrankungen hätten festgestellt werden können bzw. wenn der Versicherte sich selbst entfernt habe, so könne nicht nachträglich von der Beklagten die, Notwendigkeit stationärer Behandlung allein aus diesem Umstand in Abrede gestellt werden. Der Versicherte sei fast durchweg mit dem Sympton Angina pectoris zur stationären Aufnahme gekommen. Die Angina pectoris sei ein subjektives Symptom, das von keinem auch noch so erfahrenen Arzt objektiviert werden könne. Wenn eine coronare Herzerkrankung als Grundleiden vorliege, habe die stationäre Beobachtung bis zum Ausschluß eines drohenden Herzinfarktes zu erfolgen. Diese Situation sei stets neu zu beurteilen und könne nicht an früheren Zuständen gemessen werden. Hierbei müsse die Beurteilung des aufnehmenden Arztes maßgebend sein. So wie die Krankenkasse an die Entscheidung des Kassenarztes bei der Verordnung von Krankenhauspflege gebunden sei und sich bei einer Fehlentscheidung gegebenenfalls im Regresswege an den Kassenarzt halten müsse, so müsse in gesteigertem Maße gerade in einem Notfall die Entscheidung des Aufnahmearztes ebenso verbindlich sein. Nur er könne in diesem Moment auch das gesundheitliche Risiko für den Patienten abschätzen und werde nicht bewußt pflichtwidrig zu Lasten der Krankenkasse eine stationäre Aufnahme verordnen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 2397,50 DM zu verurteilen.
Der Beigeladene schließt sich diesem Antrag an.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, eine Erstattung von Leistungen, wie sie die Klägerin begehre, sei in der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht vorgesehen. Gemäß § 184 i.V.m. § 182 RVO müsse die Krankenhauspflege ausreichend und zweckmäßig sein; das Maß des Notwendigen dürfe sie aber nicht überschreiten. Zum Ausschluß eines Herzinfarktes wäre bei dem Versicherten in jedem Fall eine ambulante Untersuchung ausreichend gewesen. Die Beschwerden habe der Versicherte offensichtlich simuliert. Dabei müsse man berücksichtigen, daß der Versicherte über keinen ständigen Wohnsitz verfügt habe und gemeinhin dem erweiterten Personenkreis der "Stadtstreicher" habe zugeordnet werden müssen. So seien den diversen Krankenhausaufenthalten des Versicherten regelmäßig "Schwindelanfälle" an gut zugänglichen Stellen wie Bahnhofsvorplätzen, Innenstadtbereichen, Fußgängerzonen usw. vorangegangen. Unter diesen besonderen Umständen müsse man ganz einfach davon ausgehen, daß der Versicherte für sich eine Möglichkeit gefunden habe, auf besonders hohem Niveau Unterkunft und Verpflegung zu erlangen. Wenn der Versicherte aus dem einen Krankenhaus entlassen worden sei, weil kein stationär behandlungsbedürftiger Befund habe festgestellt werden können, so sei in der Regel noch am gleichen Abend bzw. in der Nacht eine erneute "Notfallaufnahme" nach vorangegangenem "Schwindelanfall" erfolgt. Dabei habe es der Versicherte naturgemäß vermieden, in dem aufnehmenden Krankenhaus Angaben über die unmittelbar vorangegangenen Klinikaufenthalte zu machen. Die Beklagte habe von diesen Unterbringungen häufig erst nach der Entlassung des Versicherten erfahren. Dem Versicherten komme bei seinem Bemühen eine zweifellos vorhandene Herzerkrankung mit Rhythmusstörungen zugute, die aber auch nach ärztlicher Erfahrung durchaus ambulant beherrscht werden könne. Gewisse Symptome ließen sich im übrigen auch provozieren. Da der Versicherte durch die vielen Spezialisten umfassend über das Krankheitsbild und die Zusammenhänge aufgeklärt worden sei, liege dies nahe. Im übrigen seien die Krankenhäuser durch die Mitteilung Nr. 143/83 der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft auf den Versicherten als "Krankenhauswanderer" besonders aufmerksam gemacht worden. Die Staatsanwaltschaft bei dem ... habe das auf Strafanzeige der Beklagten hin eingeleitete Strafverfahren wegen Betruges gemäß § 154 Abs. 1 Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt, weil eine Verurteilung wegen dieses Deliktes neben der bereits vom ... verhängten Freiheitsstrafe wegen anderer Taten nicht mehr ins Gewicht falle.
Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts ein Gutachten nach Lage der Akten von dem Arzt für innere Krankheiten Dr. ... eingeholt. In diesem Gutachten vom 10.09.1986 gelangt Dr. ... zu dem Ergebnis, wegen der vom Versicherten angegebenen Herzbeschwerden sei eine Aufnahme in ein Krankenhaus nicht erforderlich gewesen. Vielmehr hätte eine ambulante Untersuchung ausgereicht.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogen Kassenakte der Beklagten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die stationären Behandlungen des beigeladenen Versicherten nicht zu. Ein Anspruch aus einer Kostenübernahmeerklärung scheitert daran, daß die Beklagte eine solche Erklärung nicht abgegeben hat. Ein sonstiger Anspruch scheitert daran, daß auch dem Versicherten selbst kein Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenübernahme zusteht und die Klägerin beim Fehlen einer Kostenzusage nicht weitergehende Rechte hat als der Versicherte selbst.
Wie die Ansprüche des Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse beim Fehlen einer Kostenübernahmeerklärung rechtlich einzuordnen sind, kann zweifelhaft sein. Das Landessozialgericht Niedersachsen geht in den Urteilen vom 23.04.1986 Az.: L 4 S 1/85 und vom 24.06.1986 Az.: L 4 Kr 71/84 davon aus, daß das Krankenhaus seine Kostenansprüche gegenüber der Krankenkasse aufgrund einer Abtretung der Ansprüche des Versicherten (§ 184 RVO) nach § 393 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend macht. In diesem Fall wäre dann allerdings wohl ein Vorverfahren erforderlich.
Das Bundessozialgericht geht im Urteil vom 19.03.1986 Az.: 8 RK 15/85 davon aus, daß sich der Anspruch des Krankenhauses aus den allgemeinen Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Krankenhausverbänden ergibt. Das Bundessozialgericht führt hier aus:
"Auch wenn Rahmenverträge, die den von §§ 372-374 RVO geforderten Voraussetzungen entsprechen, im Einzelfall noch nicht geschlossen sind, bestehen Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und "Vertragskrankenhäusern" mit vor allem einerseits der Verpflichtung des jeweiligen Krankenhauses, den Mitgliedern der Krankenkasse Krankenhauspflege zur Verfügung zu stellen und andererseits der Verpflichtung der Krankenkasse, die dadurch entstehenden Kosten zu tragen. Nur in dieser Weise können Krankenkassen ihre entsprechenden Sachleistungsverpflichtungen gegenüber ihren Mitgliedern erfüllen. Wesentliche Voraussetzung eines aus solchen Vereinbarungen folgenden Anspruchs des Krankenhauses gegen die Krankenkasse ist das Bestehen eines Krankenhauspflegeanspruchs des Patienten gegen die Krankenkasse. Denn nur in diesem Fall hat er Anspruch auf kostenfreie Gewährung von Krankenhauspflege, woraus sich die Verpflichtung der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus ergibt, die Kosten seiner Krankenhauspflege zu tragen. Aus der Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Krankenhauspflegeanspruchs eines Patienten nach § 184 RVO folgt einerseits die Verpflichtung des Krankenhausträgers der Krankenkasse gegenüber, den Patienten zu behandeln und andererseits der Anspruch des Krankenhausträgers auf Zahlung des Pflegesatzes durch die Krankenkasse."
Dem Versicherten steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenübernahme für die hier strittigen Krankenhausbehandlungen nicht zu. Das Gericht ist davon überzeugt, daß der Versicherte Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit lediglich vorgetäuscht hat. Daß sich bei einer Krankenhausbehandlung keine schwerwiegenden Befunde feststellenlassen, steht der Erforderlichkeit zwar nicht entgegen, sofern ein Versicherter unter erheblichen Beschwerden leidet und der Arzt deshalb eine Krankenhausbehandlung zum Ausschluß einer Krankheit für erforderlich halten muß. Wenn ein Versicherter dagegen Beschwerden lediglich vortäuscht, so ist die Krankenhausaufnahme nicht erforderlich. Sie wird nicht dadurch erforderlich, daß der Hausarzt oder der Krankenhausarzt den Angaben des Versicherten glaubt und ihn deshalb ins Krankenhaus einweist. Dies wird selbst von den Autoren eingeräumt, die sonst die Ansicht vertreten, eine von einem Kassenarzt vorgenommene Einweisung eines Versicherten in ein Krankenhaus müsse die Krankenkasse im allgemeinen gegen sich gelten lassen (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 184 Anm. 5 b bb).
Daß der Versicherte die Beschwerden vorgetäuscht hat um eine Krankenhausaufnahme zu erreichen, hält das Gericht aufgrund des folgenden Sachverhalts für erwiesen: Schon aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung erscheint es praktisch ausgeschlossen, daß über einen Zeitraum von fast 2 Jahren Beschwerden des Versicherten immer nach der Entlassung aus einem Krankenhaus noch am selben oder am nächsten Tag auftreten und eine erneute Krankenhauseinweisung erfordern. Hinzu kommt, daß die den Krankenhausaufenthalten des Versicherten vorangegangenen "Zusammenbrüche" oder "Schwindelanfälle" meistens an gut zugänglichen Stellen wie Bahnhofsvorplätzen, Innenstadtbereichen, Fußgängerzonen oder Krankenhausvorplätzen auftraten. Ganz entscheidend für eine Täuschung des Versicherten spricht die Tatsache, daß er niemals auf die gerade am Vortage erfolgte Krankenhausentlassung hinwies, sondern diese wohlweislich verschwieg. Wäre es dem Versicherten um eine Erkennung seiner Leiden gegangen, so wäre ein solches Verhalten unverständlich. Vielmehr spricht dies alles dafür, daß der Versicherte sich eine komfortable Übernachtungsmöglichkeit in einem Krankenhaus auswählte, um seine Rente für den Kauf von Alkoholika zur Verfügung zu haben. Während des Aufenthaltes des Versicherten im ... vom 25.07.-27.09.1983 erfolgte merkwürdigerweise keine Krankenhauseinweisung mit Ausnahme der Zeit vom 09.-11.08.1983, als er das ... eigenmächtig verlassen hatte. Daß dem Versicherten Täuschungshandlungen nicht fremd sind, zeigt sich an der großen Zahl seiner entsprechenden Vorstrafen. Während der Zeit von 1968 bis 1981 ist der Versicherte 16 mal wegen Betruges, Diebstahls, Urkundenfälschung, Beleidigung, Bedohung und anderer Straftaten verurteilt worden. Durch Urteil des ... vom 28.08.1984 wurde der Versicherte wegen mehrerer in den Jahren von 1980 bis 1982 begangener Delikte des Betruges, der Unterschlagung, des Diebstahls, der falschen Verdächtigung und der Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten zur Bewährung verurteilt, nachdem er seit dem 23.03.1984 in Untersuchungshaft gesessen hatte. Wie sich aus dem für das Strafgericht erstatteten Gutachten des 14.05.1984 ergibt, war der Versicherte bei der Festnahme durch die Polizei gerade auf dem Weg zum ...-Hospital in ..., um sich dort wegen eines Bandscheibenschadens aufnehmen zu lassen. Dr. ... gelangt in seinem. Gutachten zu dem Ergebnis, beim Versicherten liege ein hirnorganisches Psychosyndrom bei charakterabnormer Persönlichkeitsentwicklung vor. Das intellektuelle Leistungsvermögen liege zwar an der unteren Grenze der Norm, sogenanntes Schulwissen finde sich recht wenig. Dagegen besitze der Versicherte ausreichendes Erfahrungswissen, teilweise auch eine gewisse "Bauernschläue".
Auch während der Krankenhausaufenthalte versuchte der Versicherte dann, wenn es ihm dort gut gefiel, die Aufenthalte zu verlängern. Z.B. heißt es in dem Entlassungsbericht des ...-Krankenhauses in ... Der Patient war während des zweiten stationären Aufenthaltes sehr schmerzempfindlich und versuchte über verschiedene Klagen, wie z.B. Beschwerden im Fuß bei Zustand nach Großzehenamputation sowie Oberbauchbeschwerden den Krankenhausaufenthalt zu verlängern. In dem Entlassungsbericht des ...-Spitals ... vom 03.12.1982 ist vermerkt, der Patient sei sehr klagsam gewesen und man habe unzweideutig erkennen können, daß er seine Entlassung habe hinauszuzögern versucht. Das ...-Hospital ... teilt in einem Schreiben vom 15.02.1983 an die Beklagte mit, eine Reihe von Beobachtungen bei dem Patienten schlössen nicht aus, daß es sich bei ihm um einen sogenannten Krankenhausbetrüger handele, der teilweise die Mitarbeiter des Krankenhauses unter Druck gesetzt und Drohungen ausgesprochen habe. Wegen angeblich mangelnder Behandlung sei von ihm sogar mit der Staatsanwaltschaft gedroht worden.
Bei Berücksichtigung aller geschilderten Umstände besteht für das Gericht kein Zweifel daran, daß der Versicherte sich durch Vortäuschen von Beschwerden die Aufnahme in die Krankenhäuser verschafft hat. Daß die erhobenen Befunde (EKG, Blutwerte usw.) für sich unabhängig vom Verhalten des Versicherten keine Krankenhausbehandlung erforderten, dürfte unstrittig sein. Das weiterhin beim Versicherten vorliegende hirnorganische Psychosyndrom mochte eine Behandlung im Landeskrankenhaus erfordern, jedoch keine Behandlung auf der Inneren Abteilung eines Krankenhauses. Die bei der Aufnahme häufig festgestellte Alkoholfahne des Versicherten, die auch in der mündlichen Verhandlung festzustellen war, erforderte ebenfalls keine stationäre Behandlung. Hierfür wäre die Ausnüchterungszelle eines Polizeireviers ausreichend gewesen.
Im übrigen erscheint es zweifelhaft, ob der volle Nachweis einer Täuschung erforderlich ist, um einen Anspruch des Versicherten auf Krankenhauspflege auszuschließen. Regelmäßig reichen in der gesetzlichen Krankenversicherung Zweifel an der Notwendigkeit der Krankenhilfe aus, um einen Anspruch zu verneinen. Denn ein Anspruch des Versicherten besteht nur, wenn dessen Voraussetzungen voll nachgewiesen sind. So hat die erkennende Kammer schon häufig Klagen auf Gewährung von Krankengeld trotz ärztlicher Krankschreibung abgewiesen, weil die vom Versicherten behaupteten Beschwerden nicht voll nachgewiesen waren und Zweifel zu Lasten dessen gehen, der aus der Arbeitsunfähigkeit Rechte herleiten will. Vorliegend ist das Gericht aber voll davon überzeugt, daß der Versicherte Beschwerden nur vorgetäuscht hat. Ob dann, wenn der Versicherte wirklich an den angegebenen Beschwerden gelitten hätte, eine Aufnahme in ein Krankenhaus erforderlich gewesen wäre oder ob eine ambulante Untersuchung ausgereicht hätte, kann deshalb dahingestellt bleiben.
Da dem Versicherten somit gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Krankenpflege zustand, so steht auch der Klägerin, wie oben ausgeführt, kein Kostenerstattungsanspruch zu. Dieses Ergebnis erscheint auch nicht krass unbillig. Die Ärzte der ... haben den Versicherten nicht deshalb behandelt, weil sie auf eine Kostenübernahme der Beklagten vertrauten, sondern weil ihrer Ansicht nach hier ein Notfall eine Krankenhausaufnahme erforderlich machte. Sie haben den Versicherten deshalb unabhängig davon aufgenommen, ob er Mitglied einer Krankenversicherung war oder nicht. Das Risiko, infolge einer Täuschung des Versicherten eine objektiv gesehen nicht erforderliche Krankenhausbehandlung durchzuführen, kann dem Krankenhaus nicht von der Krankenkasse abgenommen werden. Daß eine Krankenkasse für vorsätzliche Täuschungshandlungen ihrer Versicherten haftet, ist nirgend gesetzlich vorgeschrieben. Die Krankentransportunternehmen, die den Versicherten ins Krankenhaus brachten, sind ebenfalls mit den Kosten endgültig belastet. Daß man durch Täuschung Schaden erleiden kann, und diesen Schaden dann endgültig tragen muß, ist ein allgemeines Lebensrisiko. Daß die Ärzte der Krankenhäuser aus ethisch hochstehenden Motiven handelten und sich auch nicht der Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen wegen unterlassener Hilfeleistung aussetzen wollten, kann an der Rechtslage nichts ändern. Solche Zwangslagen treten auch sonst im Leben ein. Wer bei einer Autofahrt nachts in einer einsamen Gegend weit ab von jeder Telefonzelle oder Polizeistation einen Menschen auf der Straße liegen sieht und nicht weiß, ob dies ein hilfloses Opfer oder ein Räuber ist, befindet sich auch in einer Zwangslage. Hält er nicht an, so droht ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung. Hält er an, wird überfallen und beraubt, so ersetzt niemand ihm seinen Vermögensschaden. Fährt er nach einem Monat erneut durch diese Gegend und sieht wiederum einen Menschen auf der Straße liegen, so muß er wieder abwägen und wiederum wird ihm niemand das Risiko abnehmen können.
Ob sich die Krankenhäuser gegen das finanzielle Risiko der Aufnahme von "Krankenhauswanderern" dadurch absichern können, daß sie in den Verträgen zwischen den Krankenhausverbänden und den Krankenkassenverbänden eine Zahlungspflicht der Krankenkasse für die Fälle aufnehmen, in denen die Krankenhausärzte nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben, kann dahinstehen. In den bestehenden Verträgen wird ein solcher Anspruch des Krankenhauses gegen die Krankenkasse nicht begründet.
Andere Ansprüche des Krankenhauses kommen nicht in Betracht, insbesondere nicht ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn mit diesem Rechtsinstitut sollen nicht die gesetzlichen Vorschriften umgangen werden.
Nach allem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Das Gericht hat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits vorsorglich zugelassen, da nicht ganz eindeutig ist, ob der Berufungsausschluß nach § 114 Abs. 1 Nr. 2 SGG Ansprüche des Krankenhauses gegen die Krankenkasse umfaßt. Folgt man der o.a. Ansicht des Landessozialgerichts Niedersachsens, wonach das Krankenhaus aus den vom Versicherten abgeleiteten Rechten klagt, so würde die Berufung unzulässig sein. Bei dem vom Bundessozialgericht angenommenen eigenständigen Anspruchs des Krankenhauses wäre die Berufung aber wohl zulässig.