Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 12.02.2008, Az.: 12 U 42/07
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 12.02.2008
- Aktenzeichen
- 12 U 42/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 42953
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2008:0212.12U42.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 10.10.2007 - AZ: 9 O 1553/07
Fundstellen
- BauR 2008, 1495 (red. Leitsatz)
- BauR 2009, 260-261 (Volltext mit red. LS)
- IBR 2008, 571 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- MDR 2010, 370
- MDR 2010, 371
- OLGReport Gerichtsort 2008, 891-892
In dem Rechtsstreit
...
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gerken, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Lesting und den Richter am Landgericht Dr. Abt auf die mündliche Verhandlung vom 05.02.2008 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.10.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte am 11.04.2001 mit der Errichtung eines Einfamilienhauses in F..... Die Sanitär- und Heizungsarbeiten wurden von der D.... GmbH als Subunternehmerin ausgeführt. Diese baute unter anderem eine Vakuumröhren-Solaranlage mit Kombispeicher ein.
Am 19.10.2001 unterzeichnete die Klägerin ein als "Bauabnahme" bezeichnetes Protokoll (Bd. I, Bl. 65), in dem sie die Abnahme vorbehaltlich einiger - nicht im Streit stehender - Mängel erklärte. Die Solaranlage war zu diesem Zeitpunkt noch nicht angeschlossen. Dies geschah erst Anfang 2002.
In der Folgezeit wandte sich die Klägerin wiederholt an die Fa.D.... und beanstandete Mängel an der Solaranlage. Daraufhin wurden mehrfach Vakuumröhren ausgetauscht, wobei der Zeitpunkt und der Umfang des Arbeiten strittig ist. Im August 2006 wies der Warmwasserspeicher der Anlage einen Riss auf. Um dieses Problem zu beheben, stellte die Fa.D.... einen zweiten Wasserspeicher auf, der seitdem mit dem bestehenden Speicher kombiniert betrieben wird.
Die Klägerin behauptet, es seien jedes Jahr seit Installation der Solaranlage Vakuumröhren ausgetauscht worden. Sie habe sich wiederholt an die Fa.D.... bzw. deren Mitarbeiter, Herrn B...., gewandt und unterschiedliche Mängel an der Anlage reklamiert. Diese habe sich zwar um Mängelbeseitigung bemüht, allerdings habe sie die Mängel nicht abstellen können. Sie habe deshalb den Sachverständigen W.... mit der Begutachtung der Anlage beauftragt. Dieser ist der Auffassung, die gesamte Installation sei nicht fachgerecht. Eine Energieeinsparung finde nicht statt. Die Solarkollektoren seien - was die Beklagte nicht bestreitet - bis auf acht defekt. Der Warmwasserspeicher sei überdies nicht fachgerecht repariert worden. Er hätte ausgetauscht werden müssen. Zudem sei die Anlage nicht richtig angeschlossen worden.
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 13.04.2007 auf, die Mängel an der Anlage zu beseitigen und hinsichtlich der Energieverschwendung Schadensersatz zu leisten. Dies lehnte die Beklagte ab.
Die Klägerin verlangt Zahlung der Kosten für den Austausch der Solaranlage in Höhe von 11 620,00 €, Schadensersatz wegen Energieverschwendung in Höhe von 3 071,56 € und Gutachterkosten in Höhe von 870,00 €.
Sie hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 15 561,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2007 sowie 461,60 € als Rechtsanwaltskosten zu zahlen,
- 2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der aus der mangelhaften Solaranlage im Hause "..." noch entstehen wird, insbesondere aus zusätzlicher Energieverschwendung sowie Nichteinsparung von Energie.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie erhebt die Einrede der Verjährung. Sie meint, eine Hemmung der Verjährung könne schon deswegen nicht eingetreten sein, weil sich die Klägerin mit ihren Reklamationen nicht direkt an sie, sondern jeweils an die Subunternehmerin gewandt habe. Außerdem habe die Subunternehmerin die gerügten Mängel beseitigt, so dass allenfalls für die Dauer der Reparaturen eine Hemmung eingetreten sein könne. Überdies bestreitet die Beklagte die vom Sachverständigen W.... festgestellten Mängel.
Das Landgericht hat ein Grundurteil erlassen. Es meint, die Ansprüche der Klägerin seien nicht verjährt. Die Frist sei durch die Nachbesserungsversuche der Fa.D.... gehemmt worden. Die Beklagte müsse sich die Reparaturbemühungen ihrer Subunternehmerin zurechnen lassen. Das Vorliegen eines Mangels sei zumindest hinsichtlich des Warmwasserspeichers unstreitig, da die Beklagte eingeräumt habe, dass der ursprüngliche Warmwasserspeicher seine Funktion nicht mehr mangelfrei ausüben könne.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie erneuert ihre Einrede der Verjährung, Verhandlungen im Sinne von § 203 BGB hätten nicht stattgefunden.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zum weiteren Streitstoff wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Ergänzende Feststellungen hat der Senat nicht getroffen.
II.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ansprüche der Klägerin aus §§ 633, 635 BGB a.F. nicht verjährt sind.
Auf das Schuldverhältnis ist das BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB). Hinsichtlich der Verjährungsvorschriften gelten allerdings gemäß Art. 229 § 6 EGBGB ab dem 01.01.2002 die ab diesem Zeitpunkt maßgeblichen §§ 195 ff. BGB n.F..
Die Beklagte nimmt nicht mehr in Abrede, dass die Verjährungsfrist fünf und nicht nur zwei Jahre beträgt. Der Lauf der Frist hat Anfang 2002 eingesetzt. Bei der förmlichen Abnahme am 19.10.2001 war die Solaranlage noch nicht funktionsbereit, so dass eine Billigung dieses Gewerks nicht stattgefunden haben kann. Die Klägerin hat die Anlage allerdings anschließend in Gebrauch genommen und damit stillschweigend abgenommen. Stellt man fiktiv für den Beginn der Verjährungsfrist auf den 1.1.2002 ab, so war bei Erhebung der Klage im Juli 2007 die Frist von fünf Jahren zwar verstrichen. Dies führt aber nicht zum Eintritt der Verjährung. Denn die Frist war zwischenzeitlich gemäß § 203 Satz 1 BGB n.F. gehemmt.
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme hat sich die Klägerin innerhalb der Frist von fünf Jahren mehrfach an die Subunternehmerin der Beklagten gewandt und gerügt, dass die Anlage defekt sei. Dabei ging es nach Aussage des Zeugen R.... W.... nicht um einen konkreten einzelnen Punkt, sondern um das allgemein gehaltene Verlangen, die Anlage in einen "funktionsfähigen" Zustand zu versetzen. Dies reichte aus. Denn der Besteller ist nicht verpflichtet, eine bestimmte Ursache für den Mangel zu bezeichnen. Das gilt erst recht bei Mängeln an einer komplexen technischen Anlage. Es ist Sache des Unternehmers, seine Werkleistung zu untersuchen und den Mangel nachhaltig zu beseitigen. Ohne Erfolg führt die Beklagte in diesem Zusammenhang an, die Klägerin hätte sich mit ihren Rügen nicht an die Subunternehmerin, sondern direkt an sie wenden müssen. Da die Klägerin diesen Weg nicht gegangen sei, brauche sie - die Beklagte - sich das anschließende Handeln ihrer Subunternehmerin nicht zurechnen zu lassen. In Anbetracht der Bestimmung in Ziff. 9 der Baubeschreibung ist dieses Argument fern liegend. Die Parteien haben hierin ausdrücklich vereinbart, dass die Gewährleistung direkt mit dem bauausführenden Handwerker "geregelt" werden solle. Hiermit hat die Beklagte die Fa.D.... zu ihrer Erfüllungsgehilfin im Rahmen der Gewährleistung bestellt, so dass sie sich deren Handeln in Bezug auf verjährungshemmende Maßnahmen in vollem Umfang zurechnen lassen muss.
Nach der ersten Mängelrüge haben Verhandlungen im Sinne von § 203 BGB zwischen der Klägerin und der Fa.D.... stattgefunden. Diese haben zu einer Hemmung der Frist geführt, die jedenfalls mehr als ein Jahr gedauert hat.
Der Begriff der "Verhandlungen" im Sinne von § 203 BGB ist weit auszulegen. Hierunter fällt auch der Fall, dass der Unternehmer einen Mangel auf eine Rüge des Bestellers prüft und Mängelbeseitigungsarbeiten durchführt. Da § 639 Abs. 2 BGB a.F. in § 203 BGB aufgegangen ist, endet die Hemmung in diesem Fall in dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer den Mangel für beseitigt erklärt oder weitere Arbeiten ablehnt.
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme hat es die erste Mängelrüge im Winter nach dem Einzug, also Anfang 2002 gegeben. Anschließend ist mehrfach an den Kollektoren repariert worden. Die Fa.D.... hat - was die Beklagte auch nicht bestreitet - Kollektoren ausgewechselt. Ferner sind Dichtungen erneuert worden. Zwar lassen sich die einzelnen Termine heute nicht mehr genau zuordnen. Da es aber nach der Beweisaufnahme zumindest zweimal zum Austausch von Kollektoren gekommen ist, und zwar in zwei verschiedenen Heizperioden, muss auch Anfang 2003 - oder gar später - zumindest eine weitere Reparatur stattgefunden haben.
Ohne Erfolg führt die Beklagte insoweit ins Feld, die einzelnen Arbeiten müssten isoliert betrachtet werden. Da die Fa.D.... jeweils Solarkollektoren ausgetauscht habe, habe es sich um Einzelakte gehandelt. Eine Hemmung könne daher nur für die kurzen Zeiträume eingetreten sein, in denen die Reparaturmaßnahmen durchgeführt worden seien. Diese Argumentation wird der Situation nicht gerecht. Die Klägerin konnte sich nach der Symptomtheorie darauf beschränken, die mangelnde Funktionsfähigkeit der Anlage zu rügen. Die Fa.D.... ist den Rügen jeweils nachgekommen. Sie hat die Anlage mehrmals untersucht und Reparaturen durchgeführt. Diese Einzelakte müssen als einheitliche Maßnahme angesehen werden, und zwar als wiederholten Versuch, die Anlage in einen funktionsfähigen Zustand zu versetzen. Dieser Versuch ist erfolglos geblieben. Denn mit dem Austausch einzelner Kollektoren war der Mangel nicht behoben. Dasselbe Problem trat in der Folgezeit nochmals wieder auf und ist auch heute noch vorhanden. Inzwischen sind - unstreitig - die meisten Kollektoren ausgefallen. Dies führt zu einer Hemmung, die jedenfalls bis zum letzten Mängelbeseitigungsversuch angedauert hat.
Im Betragsverfahren wird das Landgericht zu klären haben, ob die beanspruchten Mängelbeseitigungskosten der Höhe nach gerechtfertigt sind. Lediglich unstreitig ist dabei der Mangel hinsichtlich der Vakuumröhren. Hinsichtlich des Warmwasserspeichers hat die Beklagte substantiiert dargelegt, dass mit der von der Firma Drees vorgenommenen Mängelbeseitigung durch das Anbringen eines Beistellspeichers eine handwerksgerechte Reparatur erfolgt sei. Es wird zu klären sein, ob dies zutrifft. Des Weiteren wird zu klären sein, ob die übrigen geltend gemachten Mängel vorliegen. Dies umfasst auch die Frage, ob durch die Mängelrügen der Klägerin die Verjährungsfrist nach der sog. Symptomtheorie ( BGH, NJW-RR 1999, 813; BauR 1998, 632 [BGH 02.04.1998 - VII ZR 230/96]) hinsichtlich aller durch den Sachverständigen gerügten Mängel gehemmt war. Dies wäre der Fall, wenn die von der Klägerin in den Jahren 2002 bis 2006 gerügten Mangelerscheinungen für die vom Sachverständigen festgestellten Mängel ursächlich waren (vgl. BGH, NJW 1989, 2753 [BGH 15.06.1989 - VII ZR 14/88] m.w.N.).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe, die Revision gemäß § 567 Abs. 2 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor.