Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.02.1988, Az.: 5 W 3/88
Anmeldung der Änderung eines Gesellschaftsvertrages zur Eintragung im Handelsregister; Einstellung von Beträgen in Gewinnrücklagen durch Beschluss über die Verwendung des Jahresergebnisses einer GmbH; Anspruch eines Gesellschafters auf den Gewinn
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 19.02.1988
- Aktenzeichen
- 5 W 3/88
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1988, 21833
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1988:0219.5W3.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 04.12.1987 - AZ: 4 HT 7/87
Rechtsgrundlagen
- § 29 Abs. 2 GmbHG
- Art. 12 § 7 GmbHÄndG
Fundstellen
- GmbHR 1988, 399 (red. Leitsatz)
- NJW 1988, 1799 (Volltext mit red. LS)
- NJW-RR 1988, 928 (red. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Sägewerk xxx Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH
In der Handelsregistersache
...
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 19. Februar 1988
durch
die unterzeichneten Richter
beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Osnabrück vom 04. Dezember 1987 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000,-- DM festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin, die seit 1976 im Handelsregister eingetragen ist, hat unter dem 28. April 1987 zur UR.-Nr. xxx des Notars xxx, xxx, eine Änderung ihres Gesellschaftsvertrages zur Eintragung im Handelsregister angemeldet, bei der es um die Vertretung der Gesellschaft durch den bzw. die Geschäftsführer geht. Das Amtsgericht Osnabrück hat durch Zwischenverfügung vom 14. Juli 1987 die Eintragung davon abhängig gemacht, daß zugleich eine Änderung des Gesellschaftsvertrages zur Eintragung angemeldet wird, durch die per Anspruch der Gesellschafter auf den Jahresüberschuß oder den Bilanzgewinn in einer dem § 29 Abs. 2 GmbH-Gesetz n.F. Rechnung tragenden xxx geregelt wird.
Gegen diese Zwischenverfügung hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, ihr Gesellschaftsvertrag habe schon bisher der Neuregelung in § 29 Abs. 2 GmbH-Gesetz entsprochen. § 9 des Gesellschaftsvertrages laute:" über die Verwendung des Reingewinns beschließt die Gesellschafterversammlung." Aufgrund dieser Bestimmung seien die Gesellschafter befugt, im Beschluß über die Verwendung des Jahresergebnisses Beträge in Gewinnrücklagen einzustellen. Damit sei der Neufassung des § 29 Abs. 2 GmbH-Gesetz Rechnung getragen.
Die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Osnabrück hat mit ihrem Beschluß vom 04. Dezember 1987 die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen, weil § 9 des Gesellschaftsvertrages nicht hinreichend deutlich erkennen lasse, daß die Gewinnausschüttung in vollem Umfang nach Grund und Höhe zur Disposition der Gesellschafterversammlung stehe.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde der Antragstellerin.
Das Rechtsmittel ist nach den §§ 27, 29 FGG zulässig. In der Sache bleibt es jedoch erfolglos. Denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (vgl. § 27 Satz 1 FGG).
Durch § 9 des Gesellschaftervertrages der Antragstellerin wird vorliegend die vorläufige Handelsregistersperre nach Art 12 § 7 GmbHÄndG (BGBl. I 1985, S. 2432) nicht überwunden. Absatz 2 dieser Neuregelung macht die Eintragung beliebiger Änderungen des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister - wie vorliegend die beantragte Eintragung der Neuregelung der Vertretungsbefugnis - davon abhängig, daß zugleich eine Änderung des Gesellschaftsvertrages eingetragen wird, die zu erkennen gibt, daß nicht mehr das Vollausschüttungsgebot das § 29 GmbH-Gesetz a.F. gilt, sondern daß der Jahresüberschuß oder Bilanzgewinn der Gesellschaft nunmehr vom Prinzip her zur Disposition der Gesellschaftermehrheit steht (vgl. auch BayObLG NJW 1983, 426/427 mit weit. Nachw.). Die danach bestehende vorläufige Registersperre soll nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers sicherstellen, daß sich die Gesellschafter vorhandener Altgesellschaften "möglichst bald mit der Frage auseinandersetzen, ob in Zukunft die neue gesetzliche Regelung ( des § 29 Abs. 2 GmbH - Gesetz n.F.) für die Gewinnverwendung oder eine abweichende Vereinbarung maßgeblich sein soll" (vgl. BT-Drucks. 10/317 vom 26.08.1983, S. 136, zu Art. 11 Abs. 2 Bilanzrichtlinie - Gesetz). Der Zweck der Neufassung des § 29 GmbH-Gesetz ist es, die Bildung offener Rücklage in erleichterter Form zu ermöglichen (BT-Drucks. , a.a.O.).
Diese Neufassung des § 29 Abs. 2 GmbH-Gesetz, die zum 01. Januar 1986 in Kraft getreten ist, hatten die Gesellschafter der Antragstellerin bei Abschluß ihres Gesellschaftsvertrages vom 01. März 1976 nicht berücksichtigen können. Entsprechend ist die Regelung in § 9 des Gesellschaftsvertrages, wonach die Gesellschafterversammlung über die Verwendung des Reingewinns beschließt, nicht auf dem Hintergrund des § 29 Abs. 2 GmbH-Gesetz n.F. entwickelt worden. Mag auch § 9 des Gesellschaftsvertrages nach seinem Wortlaut der jetzt geltenden Fassung des § 29 Abs. 2 GmbH-Gesetz genügen, wenn er in Kenntnis dieser gesetzlichen Neuregelung beschlossen worden ist. (s. BayOblG, NJW 1988, 426, 428 [OLG Celle 14.04.1987 - 4 U 302/85] [BayObLG 17.09.1987 - 3 Z 122/87]; LG Tübingen, GmbHR 1987, 190 [LG Tübingen 17.07.1986 - 2 HT 1/86]/191), so ist es gleichwohl nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers unerläßlich, daß sich die Gesellschafter der Antragstellerin die neue gesetzliche Regelung bewußt machen und im einzelnen überprüfen , ob ihr auf dem alten Recht beruhender Gesell Schafts vertrag eventuell geändert bzw. ergänzt werden muß und wie dies qfils geschehen soll (ebenso Liebs, GmbHR 1986, 147; Der Betrieb 1936, 2422; Gustavus, GmbHR 1987, R. 33; BayObLG , NJW 1988, 426, 429 [OLG Celle 14.04.1987 - 4 U 302/85], bei folgender Bestimmung im Gesellschaftsvertrag: "Über die Verteilung des Reingewinns beschließt die Gesellschafterversammlung."). Wird durch den Gesellschafterbeschluß erkennbar, daß die Gesellschafter ihre bisherige Regelung im Gesellschafter vertrag über die Gewinnverwendung auch unter der Geltung der Neufassung des § 29 GmbH-Gesetz beibehalten wollen, so ist der Gesetzeszweck erfüllt.
Ihnen ist nunmehr bewußt, daß ein Anspruch eines Gesellschafters auf den Gewinn nicht mehr besteht, wenn die Gesellschafterversammlung mit ihrer Mehrheit etwas anderes beschlossen hat.
Dieses Ergebnis macht deutlich, daß die von den Gesellschaftern der Antragstellerin geforderte Beschlußfassung über § 9 ihres Gesellschaftsvertrages keine Förmelei darstellt. Diese Beschlußfassung wäre - wie sie sich der Gesetzgeber auch vorgestellt hat - im Zuge der im übrigen beschlossenen und zur Eintragung angemeldeten Änderung des Gesellschaftsvertrages unschwert möglich gewesen. Sie wird nunmehr nachzuholen sein. Solange kein Beschluß über das Fortbestehen des bisherigen § 9 des Gesellschaftsvertrages beim Handelsregister vorgelegt wird , besteht die Handelsregistersperre des Art. 12 § 7 Abs. 2 GmbHÄndG gegenüber der Antragstellerin fort.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO.