Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 09.10.1997, Az.: 14 U 73/95
Entziehung des Auftrags wegen Behaftung mit Mängeln
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.10.1997
- Aktenzeichen
- 14 U 73/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 14055
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1997:1009.14U73.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 07.03.1995 - AZ: 5 O 46/92
Rechtsgrundlage
- § 4 Nr. 7 VOB/B
Fundstellen
- NJW-RR 1999, 897-898 (Volltext mit red. LS)
- OLGReport Gerichtsort 1999, 51-53
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 7. März 1995 verkündete Grundurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der klagenden Bundesrepublik Deutschland wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse öder Volksbank zu erbringen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in erster Linie über den Ersatz von Fremdnachbesserungskosten.
Der Beklagte erhielt auf der Grundlage seines im Rahmen einer Ausschreibung unterbreiteten Angebots vom 18. Juli 1986 den Zuschlag zur Durchführung von Dach- und Klempnerarbeiten an zwei Luftfahrzeughallen. Der unter dem 8. August 1986 bestätigte schriftliche Auftrag verhält sich über eine Auftragssumme von insgesamt 571.207,57 DM. Die Dachabdichtung sollte nach der Alternativposition 1.1.102 ausgeführt werden, in der es heißt:
"1. Leistung wie Position 100
2. Jedoch ist die oberste Lage der Dachabdichtung mit Kunststoffbahnen auf Aethylenvinylacetat-Teerpolymer und Polyvinylchlorid-Basis nach Herstellervorschrift aufzubringen."
Unstreitig sollte als Dachabdichtungsbahn das Fabrikat "A." Verwendung finden, was auch geschehen ist.
Zu den Einzelheiten der Ausführung fand am 30. September 1986 anläßlich eines Ortstermins eine technische Einweisung im Beisein von Vertretern der Firma A. statt. Darüber verhält sich ein Protokoll vom gleichen Tage, welches von den Beteiligten unterzeichnet wurde (Bl. 22 d. A.).
Auf eine Rechnung des Beklagten vom 15. November 1986 (Anlage zum Schriftsatz vom 10. November 1995) zahlte die Klägerin nach Prüfung 87.060,96 DM. Im Frühjahr 1987 wurden die Arbeiten fertiggestellt. Darüber verhält sich eine weitere Rechnung des Beklagten vom 15. Mai 1987 (Bl. 507 ff d. A.) über 37.780,07 DM. Bereits zuvor zeigten sich Mängel, nämlich Aufwölbungen an den Dachbahnen, deren Rüge Gegenstand eines Schreibens der Klägerin vom 30. April 1987 ist (Bl. 116 f d. A.). Als Ergebnis von Verhandlungen der Parteien führte der Beklagte im streitigen Umfang Mängelbeseitigungsarbeiten unter Verwendung des von der Herstellerin der Dachabdichtungsbahnen vorgeschlagenen Klebers der Firma V. am Dach der Halle 147 durch, während der Beklagte bei den Ursprungsarbeiten einen Kleber der Firma S. mit dem Produktnamen S. verarbeitet hatte. Die Parteien versuchten zunächst in mehreren Ortsterminen, so u. a. am 10. Juli 1987 (Protokoll Bl. 236 ff d. A.) die Ursachen für die aufgetretenen Schäden zu klären und einen Sanierungsweg festzulegen. Letztlich kam es jedoch zum Streit der Parteien namentlich über die Frage der Verantwortlichkeit, weshalb der Beklagte zu 8 OH 14/87 AG Rotenburg/Wümme ein Beweissicherungsverfahren einleitete, in dem der Sachverständige H. ein schriftliches Gutachten erstattete. Die Klägerin ihrerseits, die mit dem Gutachten H. nicht einverstanden war, leitete zu Aktenzeichen 518 OH 13/89 AG Hannover ein weiteres selbständiges Beweisverfahren ein, welches zu einem Gutachten des Sachverständigen S. führte.
Die Klägerin forderte den Beklagten schließlich mit Schreiben vom 5. Juli 1990 (Bl. 24 d. A.) unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auf und drohte überdies die Entziehung des Auftrags für den Fall an, daß der Beklagte nicht bis spätestens zum 23. Juli 1990 mit den Arbeiten beginnen würde. Darauf reagierte der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 18. Juli 1990 ablehnend, weshalb die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 3. August 1990 (Bl. 26 d. A.) den Auftrag entzog. Sie begehrt nunmehr auf der Grundlage ihres Schreibens vom 14. November 1991 Ausgleich der Sanierungskosten und weiterer im Zusammenhang mit der Sanierung entstandener Kosten.
Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen A. sowie eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen S. in seinem Urteil vom 7. März 1995, auf dessen Tatbestand wegen des übrigen Parteivorbringens erster Instanz im einzelnen und der in erster Instanz gestellten Anträge Bezug genommen wird (Bl. 393 ff. d. A.) dem Grunde nach stattgegeben.
Das Landgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe nach wirksamer Kündigung gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B Anspruch auf Erstattung der Sanierungskosten nach § 4 Nr. 7 VOB/B, denn eine Abnahme sei weder förmlich erfolgt, noch könne sie aus den Umständen hergeleitet werden. Die Arbeiten seien auch mangelhaft, denn die Randbefestigung sei nicht zusätzlich mechanisch mit Dübeln erfolgt; auch fehle ein Leichtmetallband. Demgegenüber seien hinreichende Anhaltspunkte für einen Planungsfehler der Klägerin ebensowenig ersichtlich, wie für die Annahme, daß die Schäden auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung eingetreten wären. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er vertritt die Auffassung, die Beweislast für die Mangelhaftigkeit seiner Arbeiten trage die Klägerin, denn eine Abnahme sei zumindest schlüssig erfolgt, was sich aus dem Ausgleich der Schlußrechnung ergebe und auch aus der Tatsache, daß ein Vorbehalt trotz täglicher Kontrolle durch einen Bauleiter nicht erfolgt sei. Der Schaden beruhe im übrigen ursächlich auf einem Planungsfehler der Klägerin, denn der Beklagte habe sich an die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses gehalten. So sei eine mechanische Befestigung mittels Telleranker nur im Eckbereich, nicht jedoch im Randbereich geschuldet gewesen, wo die Folie ordnungsgemäß vollflächig verklebt worden sei. Anstelle des Leichtmetallbandes seien als Konsequenz einer späteren Vereinbarung der Parteien Pappstifte zum Einbau gekommen. Darüber, daß der Beklagte einen falschen Kleber verwendet habe, seien keine sicheren Feststellungen getroffen worden. Der Schadenseintritt habe ohnehin nur dann verhindert werden können, wenn die Folie in allen Bereichen mechanisch befestigt worden wäre, wie jetzt auch im Rahmen der Sanierung geschehen. Zudem habe die fehlende mechanische Befestigung im Randbereich der Klägerin nicht verborgen geblieben sein können, die den Vorschlag einer vollflächigen mechanischen Befestigung deshalb abgelehnt habe, weil sie ein flexibles Dach hatte haben wollen. Ohnehin stehe nach dem fehlgeschlagenen Sanierungsversuch des Daches der Halle 147 fest, daß der Schadenseintritt bei Beachtung der vertraglichen Vorgaben nicht hätte vermieden werden können; zumindest treffe die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden.
Der Beklagte beantragt demgemäß,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die im Jahre 1986 geforderte Abrechnung sei nur aus haushaltstechnischen Gründen erfolgt, wobei sich schon aus dem Vorbehalt auf der Rechnung ergebe, daß eine förmliche Abnahme noch habe erfolgen sollen. Der Umfang der Befestigung im Randbereich ergäbe sich aus dem Leistungsverzeichnis und dem Inhalt des Einweisungsgespräches. Gegen diese Vorgaben habe der Beklagte verstoßen. Namentlich sei auf den Einbau des Leichtmetallbandes nicht verzichtet worden und im Dachinnenbereich sei auf eigene Verantwortung des Beklagten ein ungeeigneter Kleber verwandt worden. Auch fehle die voll flächige Verklebung im Randbereich und dessen mechanische Befestigung. Darin lägen bei gegen Unterströmungen sicher ausgebildeter Dachkonstruktion die alleinigen Ursachen für den eingetretenen Schaden.
Wegen des übrigen Parteivorbringens im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluß vom 29. Februar 1996 (Bl. 569-576 d. A.) nach Maßgabe des Beschlusses vom 11. Februar 1997 (Bl. 716 d. A.) und durch Vernehmung des Zeugen H. gemäß Beschluß vom 11. Februar 1997 (Bl. 716 d. A.). Wegen des Ergebnisses der Zeugenvernehmungen wird auf die Sitzungsprotokolle vom 6. Dezember 1996 (Bl. 649-662 d. A.) und vom 11. Februar 1997 (Bl. 716-718 d. A.) verwiesen. Wegen der Begutachtung durch den Sachverständigen F. wird auf dessen schriftliches Gutachten vom 1. August 1996 (hintere Aktentasche) sowie seine mündlichen Erläuterungen im Termin vom 6. Dezember 1996 (Bl. 656 f d. A.) verweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen für eine Entziehung des Auftrages nach § 4 Nr. 7 VOB/B vorlagen, denn es hatte sich schon vor ihrer Vollendung gezeigt, daß die Arbeiten des Beklagten mit Mängeln behaftet waren. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, daß die Ursache für die im Frühjahr 1987 aufgetretenen Schäden in einer von den vertraglichen Vorgaben abweichenden Befestigung des Randbereiches der Dächer liegt, wofür der Beklagte allein die Verantwortung trägt.
Dazu bemerkt der Senat im einzelnen:
1.
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Klägerin seine Leistungen nicht abgenommen, so daß sie den Bauvertrag noch unter dem 3. August 1990 gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B hat kündigen können.
Eine vereinbarte förmliche Abnahme im Sinne von § 12 Nr. 4 VOB/B hat unstreitig nicht stattgefunden. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß auch in einem solchen Fall eine fiktive Abnahme in Betracht kommen kann (BGH Schäfer-Finnern, Z 2.50 Bl. 24; BGH BauR 1977, 344), jedoch liegen dafür die Voraussetzungen nicht vor. Der Beklagte will eine schlüssige Abnahme aus dem Vermerk der Klägerin auf der Schlußrechnung, den fehlenden Beanstandungen der Dachdeckerarbeiten, die zum Zeitpunkt der Rechnungslegung fertiggestellt gewesen seien sollen und auch aus der Schlußzahlung auf diese Rechnung herleiten.
Damit kann er keinen Erfolg haben.
Hinsichtlich der Vermerke auf der Rechnung vom 15. November 1986 gilt, daß der Beklagte dazu in erster Instanz vorgetragen hatte, diese korrigierte Rechnung sei ihm erst im Mai 1987 zugegangen (Bl. 132), wovon er auch im Berufungsverfahren nicht abgewichen ist. Dann aber kann er aus dem darauf befindlichen Vermerk deshalb keine für ihn günstigen Rückschlüsse ziehen, weil Mängelrügen unstreitig bereits zeitlich zuvor, nämlich im April 1987 erhoben worden sind. Ohnehin gilt, daß aus dem Vermerk des Angestellten S. gerade nicht der Schluß gezogen werden kann, daß auf eine förmliche Abnahme nach Erbringung der Gesamtleistung verzichtet werden sollte, denn es heißt dort ausdrücklich: "Die Abnahme im Sinne der VOB wird erst dann vollzogen, wenn die Gesamtleistung gemäß Bauvertrag fertiggestellt ist". Zudem handelte es sich um eine Teilrechnung, die lediglich aus haushaltsrechtlichen Gründen mißverständlich als Schlußrechnung bezeichnet worden ist, wie der Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht mehr ernsthaft in Abrede gestellt hat. Damit hätte er auch nicht gehört werden können, denn aus dem gesonderten Auftrag vom 18. Januar 1991 (Bl. 104 d. A.) ergibt sich zweifelsfrei, daß eine Aufspaltung dieses als einheitlich angesehenen Auftragsverhältnisses nur aus den genannten haushaltsrechtlichen Gründen erfolgt ist. Deshalb kann der Beklagte aus der nach Prüfung dieser Rechnung angewiesenen "Schlußzahlung" wegen der ihm aus den vorangegangenen Auftragsverhältnissen bekannten Besonderheiten öffentlicher Auftraggeber nichts herleiten. Die aus abrechnungstechnischen Gründen vorgenommene künstliche Aufspaltung in zwei "Aufträge" führt nicht zu der rechtlichen Aufspaltung eines einheitlichen Auftragsverhältnisses für das die ursprünglich vereinbarten Bedingungen insgesamt gelten sollten. Bei einem einheitlichen Vertragsverhältnis kann indes aus einer nur technischen Prüfung durch einen Bauleiter, die damit allenfalls eine technische Abnahme darstellt, nichts hergeleitet werden, denn eine technische Teilabnahme kann niemals die Wirkung einer vorgesehenen rechtlich verbindlichen förmlichen Abnahme erzeugen (BGHZ 50, 163[BGH 06.05.1968 - VII ZR 33/66]). Daß die Dachdeckerarbeiten im Jahre 1986 noch nicht vollständig abgeschlossen waren, hat der Beklagte im Laufe des Verfahrens mit Schriftsatz vom 30. Januar 1996 eingeräumt (Bl. 522 d. A.). Diese Tatsache ergab sich zudem zwanglos aus der Rechnung des Beklagten vom 15. Mai 1987 (Bl. 507 ff d. A.). Eine Abnahme ist mithin nicht erfolgt, so daß die formalen Voraussetzungen für die am 3. August 1990 erklärte Auftragsentziehung vorlagen.
2.
Der Beklagte ist für die Mängel seiner Werkleistung auch allein verantwortlich. Daß die Werkleistung mit Fehlern behaftet war, steht als unstreitig fest, denn die von dem Beklagten eingebaute oberste Dachbahn hatte sich großflächig abgelöst und konnte damit ihre Funktion nicht erfüllen. Unabhängig davon, daß unter diesen Umständen für die Klägerin bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür streitet, daß die Ursachen dieses Mangels auch im Verantwortungsbereich des Beklagten liegen, hat der Senat zur Verantwortlichkeit des Beklagten auch hinreichend sichere Feststellungen treffen können.
a)
Die Beweisaufnahme hat zunächst ergeben, daß im gesamten Randbereich neben einer vollflächigen Verklebung der Bahnen mit dem Kleber L 30 nicht nur eine mechanische Befestigung mit Leichtmetallband sondern außerdem eine mechanische Befestigung mit Tellerankern geschuldet war.
Was die Befestigung mit Tellerankern anbelangt, so streitet für die Version der Klägerin, wonach diese umlaufend auszuführen war, schon der Wortlaut des Leistungsverzeichnisses. Danach ist zu der Vertragsinhalt gewordenen Alternativposition 1.1.102 zunächst die Grundposition 100 auszuführen gewesen, in der es zum Punkt Verlegung heißt: "Nach Verlegeanleitung streifenweise verklebt und zusätzlich im Dachrandbereich verschraubt mit zugelassenen Schrauben aus Stahl einsatzvergütet". Der damit naheliegende Sachvortrag der Klägerin ist durch die Beweisaufnahme bestätigt worden. Insoweit war von entscheidender Bedeutung der Inhalt des Einweisungsgespräches vom 30. September 1986. Das sich darüber verhaltene und von dem Zeugen Ahrens gefertigte Protokoll (Bl. 22 d. A.) ist für die hier interessierende Frage unergiebig. Dort ist nämlich lediglich zu Ziff. 3 ausgeführt: "Aus den Ecken heraus je 3 m die Bahn mechanisch befestigen und bei Dübelbreite von 8 cm mit einem 16 cm breiten Streifen überdecken und zu verschweißen". Sicheren Aufschluß über den tatsächlichen Inhalt des Einweisungsgespräches erbrachten jedoch die Vernehmungen der Zeugen Sommerfeld und Ahrens.
Der Zeuge S. hat angegeben, für ihn sei ganz klar gewesen, daß es sich bei der im Protokoll erwähnten Eckbefestigung um eine zusätzliche Maßnahme handeln sollte, denn die Forderung einer mechanischen Randbefestigung habe sich schon aus den allgemeinen technischen Vorschriften ergeben, worüber man nicht habe reden müssen. Dies leuchtet bei näherer Betrachtung auch ein. Die mechanische Randbefestigung war nicht von vornherein im Hinblick auf eine vorgesehene vollflächige Verklebung des Randes entbehrlich, denn, wie der Zeuge geschildert hat, hat es sich insoweit um eine zusätzliche Forderung der Herstellerfirma der Dachbahnen gehandelt, weiche darauf zurückzuführen war, daß sie (wie unstreitig ist) den Kleber nicht kannte, den der Beklagte im Innenbereich zu verwenden gedachte. Tatsächlich sieht das Leistungsverzeichnis eine Verklebung mit dem Kaltkleber L 30 nicht vor. Handelte es sich aber um eine zusätzliche Maßnahme, dann waren daneben die allgemeinen technischen Vorschriften, insbesondere die Flachdachrichtlinien zu beachten. Diese sehen zu Ziff. 7 in der damals unstreitig geltenden Fassung entweder eine Auflast, eine Verklebung oder eine mechanische Befestigung vor. Wenn aber eine Verklebung als zusätzliche Maßnahme gedacht und eine Auflast nicht vorgesehen war, so war der Randbereich nach den allgemein geltenden Vorschriften mechanisch zu befestigen, was dann tatsächlich eine Selbstverständlichkeit war, die eine Erörterung nicht lohnte.
Die Richtigkeit der Angaben des Zeugen S. hat der unbeteiligte Zeuge A. damaliger Angestellter der Herstellerfirma, bestätigt. Er hatte zwar keine konkrete Erinnerung mehr an das Einweisungsgespräch, meinte jedoch nach den Üblichkeiten mit Sicherheit annehmen zu können, daß die Verlegerichtlinien Erwähnung gefunden haben. Eine Anweisung, nur im Eckbereich mechanisch zu befestigen, konnte er sich als technisch abwegig nicht vorstellen.
Lediglich der Zeuge L. meinte sich an ein Ergebnis des Inhalts erinnern zu können, wonach lediglich die Ecken mechanisch befestigt werden sollten. Die Angaben dieses Zeugen sind jedoch weitestgehend unergiebig. Der Zeuge konnte das Gespräch zunächst zeitlich nicht richtig einordnen und mußte abschließend einräumen, erst zu einem Zeitpunkt hinzugezogen worden zu sein, als das in seiner Abwesenheit geführte Gespräch bereits im wesentlichen beendet war.
Die auf den Angaben der Zeugen S. und A. beruhende Überzeugung vom Inhalt des Einweisungsgespräches wird auch nicht dadurch nachhaltig erschüttert, daß der Beklagte sich als Indiz für seine Version der Ereignisse auf die fehlende Rüge einer vertragsgemäßen Ausführung der Randbefestigung berufen hat. Das Fehlen einer solchen Rüge kann als wahr unterstellt werden, weshalb es auch nicht mehr auf die Vorlage schriftlicher Aufzeichnungen der Klägerin über den Bauverlauf, sei es in Form eines Bautagebuches oder in anderer Form ankam. Zudem steht fest, daß der Zeuge H. die Randbefestigung nicht gerügt hat und der Zeuge S. nur allgemein die Randsituation als nicht ordnungsgemäß beanstandet hat. Allein eine fehlende Rüge läßt jedoch nicht zwingend den Rückschluß darauf zu, daß eine solche Ausführungsart nicht gefordert war. Dieser Schluß wäre vielleicht gerechtfertigt, wenn denn eine förmliche Abnahme stattgefunden hätte. Solange die Arbeiten jedoch nicht zur Abnahmereife gediehen waren und damit als unfertig angesehen werden müssen, können aus der fehlenden Rüge eines Bestellers keine Rückschlüsse gezogen werden.
Daß die Parteien sich während der Vertragsausführung einverständlich darauf geeinigt hätten, anstelle des geschuldeten Leichtmetallbandes Pappstifte zu verwenden, hat der Beklagte nicht beweisen können. Selbst der Zeuge L. hat eine diesbezügliche Anweisung der Bauleitung nicht bestätigt. Nur aus der noch nicht einmal bewiesenen stillschweigenden Duldung einer abweichenden Ausführung kann nicht auf ein Einverständnis geschlossen werden. Damit steht fest, daß der Beklagte verpflichtet war, an den Rändern umlaufend eine vollflächige Verklebung mit dem Kleber L. eine mechanische Befestigung mit Tellerankern sowie mit einem Leichtmetallband vorzunehmen. Von der in dieser Weise festgelegten Ausführung ist der Beklagte unstreitig abgewichen.
b)
Hätte der Beklagte die Randsituation so ausgeführt, wie vertraglich geschuldet, wäre es aller Voraussicht nach nicht zum Schadenseintritt, nämlich zu einer großflächigen Ablösung der Kunststoffbahnen gekommen. Dies steht zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen F. fest, so daß der Beklagte den ihm obliegenden Nachweis für die Ursächlichkeit eines fehlerhaften Leistungsverzeichnisses nicht hat führen können.
Die Parteien haben die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hingenommen, wonach bei Beachtung der vertraglichen Vorgaben eine relativ gute Windsicherheit unter der Voraussetzung gegeben wäre, daß es sturmsichere Dacheindeckungen oder Abdichtungen nicht gibt. Es leuchtet auch unmittelbar ein, daß das Problem der Windsicherheit von der Befestigung in der Fläche unabhängig ist, weshalb die Qualität der Befestigung im Innenbereich und damit sowohl die Frage nach der Geeignetheit des verwandten A.-Klebers ebenso wie die Forderung nach einer mechanischen Befestigung des Innenbereiches für den Schadensfall bedeutungslos ist. Entscheidend ist nämlich allein, daß der Wind durch die technische Gestaltung des Randbereiches bei einem freistehenden Dach, das ansonsten keine konstruktiven Besonderheiten aufweist, keine Angriffsmöglichkeit haben darf. Namentlich muß ein Eindringen von Wind unterhalb der zu einer Fläche fest verschweißten Dachhaut verhindert werden. Dies war ohne die mechanische Randbefestigung nicht zuverlässig gegeben. Hinzu kamen handwerkliche Mängel, nämlich der Einbau einer Schüttdämmung im Bereich der Attika, weshalb es dort notwendigerweise nicht zu einer kraftschlüssigen Verbindung zum Untergrund mittels eines Klebers kommen konnte, wie es der Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten zuletzt unbestritten ausgeführt hat. Der Sachverständige hat damit die handwerklichen Mängel bestätigt, so wie sie dem Protokoll der Besprechung vom 1. Juni 1987 zu entnehmen sind (Bl. 236 ff. d. A.).
Gegen dieses Beweisergebnis spricht auch nicht der unstreitige Sanierungsversuch an der Halle 147. Das Grundproblem war hier (fälschlicherweise) im Bereich des A.-Klebers gesehen worden, wie sich aus dem, die Grundlage der Sanierung bildenden Schreiben der Firma A. vom 26. Juni 1987 ergibt. Auch wenn der Beklagte dabei den Rand mit Tellerdübeln mechanisch befestigt haben sollte, was streitig ist, fehlte neben den genannten handwerklichen Mängeln immer noch das Leichtmetallband, weshalb dem Wind nach wie vor Angriffsflächen geboten waren.
c)
Der fehlgeschlagene Sanierungsversuch an der Halle 147 rechtfertigt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht den Einwand des Rechtsmißbrauchs aus dem Rechtsgedanken des § 4 Nr. 3 VOB/B. Selbst wenn der Beklagte die Nachbesserungsarbeiten vollumfänglich nach den Vorgaben der Klägerin durchgeführt haben sollte, gilt, daß sich der Unternehmer vom Besteller nicht vorschreiben lassen muß, wie er eine Sanierung durchzuführen hat, weil er grundsätzlich das Risiko seiner Arbeit trägt (BGH BaurR 1976, 431). Wenn der Beklagte also meinte, bessere Einsichten über den Sanierungsweg zu haben, dann hätte er diese Einsichten in die Tat umsetzen müssen, ohne daß ihn die Klägerin daran hätte hindern können. Daß die Klägerin ihn an der Durchführung aussichtsreicher Sanierungsmaßnahmen konkret gehindert hätte, trägt er selber nicht vor.
d)
Der Beklagte vermag schließlich auch ein Mitverschulden der Klägerin nicht aus dem Umstand herzuleiten, daß sie die fehlende mechanische Randbefestigung nicht gerügt hat, was als wahr unterstellt werden kann. Der Bauherr ist nämlich nicht verpflichtet, die Arbeiten des Bauunternehmers zu überwachen, weshalb selbst das gänzliche Unterlassen dieser Überwachung mangels dazu bestehender Verpflichtung kein Verschulden gegen sich selbst im Sinne von § 254 BGB darstellen kann (OLG Stuttgart, VersR 1970, 532; 823). In diesem Zusammenhang könnte allenfalls erwogen werden, dem Bauherrn im Hinblick auf erwecktes Vertrauen wegen einer selbst geschaffenen Garantenstellung einen Teil der Verantwortung zu übertragen (so Ganten, VersR 1970, 823). Aber auch dieser Gedanke kann hier nicht zum Tragen kommen. Eine daraus hergeleitete Mitverantwortung könnte allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn sich ein Bauherr für die Überwachung der Durchführung einer technisch anspruchsvollen und möglicherweise neuartigen Baumaßnahme eines Architekten bedient, der im Gegensatz zum Unternehmer allein über das notwendige technische Wissen verfügt, die technischen Konsequenzen einer Abweichung von Ausführungsvorgaben zu übersehen. Mindestens einer derartigen überragenden Sachkunde bedarf es, um eine Abweichung von dem Grundsatz zu rechtfertigen, daß es gegenüber dem vertragsuntreuen Unternehmer keine Verpflichtung gibt, ihn durch mahnende Hinweise vor Schaden zu bewahren (vgl. Palandt-Heinrichs, 54. Aufl., Rn 34 zu § 254 BGB). An diesen besonderen Voraussetzungen fehlt es hier jedoch. Die Bundesrepublik Deutschland als Bauherrin verfügte zwar über eine fachkundige Bauleitung, jedoch ohne Erfahrungen mit derartigen, zum Einbau gekommenen Kunststoffbahnen, was dem Beklagten auch bekannt war, denn dies war der Hintergrund für die ausdrücklich vorgesehene Verlegung nach Herstellervorschriften, deren inhaltlicher Bestimmung das mehrfach erwähnte Einweisungsgespräch diente.
Der Beklagte haftet deshalb dem Grunde nach für die Beseitigung der eingetretenen Schäden, wobei der Senat sich veranlaßt sieht, vorsorglich zu bemerken, daß es zur Sanierung über die erforderliche Neubefestigung des Innenbereichs hinaus allein der ordnungsgemäßen Herstellung des Randbereichs bedurft hätte.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die sonstigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2, 108 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer für den Beklagten: 375.202,55 DM.