Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 30.11.1999, Az.: 4 A 119/99
Kriterien zur Festlegung der Höhe einer Hilfe zum Lebensunterhalt in Form von Unterkunftskosten im Rahmen eines Widerspruchbescheides
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 30.11.1999
- Aktenzeichen
- 4 A 119/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 31514
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:1999:1130.4A119.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs. 1 S. 1 BSHG
- § 3 Abs. 1 S. 1 RegelsatzVO
- § 155 Abs. 1 VwGO
- § 708 Nr. 11 ZPO
- § 711 ZPO
Fundstelle
- WuM 2001, 412 (Volltext)
Verfahrensgegenstand
Sozialhilfe (Unterkunftskosten)
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 4. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 1999
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Hachmann als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 05. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. März 1999 verpflichtet, bei der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt an den Kläger im Zeitraum vom 1. November 1998 bis zum 31. Januar 1999 Unterkunftskosten in Höhe von 465,50 DM (Kaltmiete ohne Nebenkosten) monatlich zu berücksichtigen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe Unterkunftskosten und Heizkosten im Rahmen der Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen sind.
Der Kläger bezieht laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Seit dem 01. April 1990 bewohnt er als Alleinstehender die 60 qm große Wohnung in der Großen Straße 5 in Braunschweig, für die nach Aktenlage (vgl. B. 540 VV) eine Nettokaltmiete in Höhe von 590,-- DM zuzüglich 150,-- DM Nebenkosten sowie Heizungskosten zu zahlen sind. Durch Schreiben vom 30. April 1998 wurde der Kläger aufgefordert, seine Unterkunftskosten auf ein angemessenes Niveau zu senken. Die Unterkunftskosten wurden sodann nach Ablauf von mehr als sechs Monaten ab dem 01. November 1998 auf das von der Beklagten als angemessen angesehene Niveau in Höhe von 389,25 DM (Nettokaltmiete) gesenkt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 03. März 1999 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 01. April 1999 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und Klage erhoben. Parallel hierzu hat er am 29. April 1999 um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Durch Beschluss vom 12. Mai 1999 - 4 B 156/99 - wurde die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab dem Tag dieser Entscheidung bei der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt an den Kläger Unterkunftskosten in Höhe von 465,50 DM (Kaltmiete ohne Nebenkosten) monatlich zu berücksichtigen.
Im Laufe des Klageverfahrens hat der Kläger auch die Höhe der zu berücksichtigenden Heizkosten problematisiert.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05. Oktober 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 03. März 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kürzung der Miete rückgängig zu machen sowie Heizkosten in Höhe von 160,-- DM statt 100,-- DM bei der Berechnung zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 4 B 156/99 sowie auf den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die das Gericht trotz Ausbleibens des Klägers verhandeln und entscheiden konnte, da es in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen hat, hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Schriftsatz des Klägers vom 30. November 1999 gibt keine Veranlassung, den Verhandlungstermin nicht durchzuführen. Die Angabe, gesundheitliche Gründe stünden einer Teilnahme entgegen, ist in keiner Weise konkretisiert worden und deshalb nicht nachvollziehbar und im Übrigen auch nicht durch ein ärztliches Attest belegt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs bedarf es keiner Verlegung des Verhandlungstermins. Der Kläger ist bereits durch gerichtliche Verfügung vom 28. September 1999 auf die Problematik bezüglich der Heizkosten hingewiesen worden und hatte hinreichend Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen, und hat hiervon auch im Schriftsatz vom 30. November 1999 Gebrauch gemacht.
Der Kläger hat unter Berücksichtigung von § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO nicht einen Anspruch auf die weitere Berücksichtigung von Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe, sondern nur in angemessenem Umfang. Dieser angemessene Umfang liegt vorliegend unter Berücksichtigung des seit Juni 1997 gültigen Mietspiegels der Stadt Braunschweig bei 465,50 DM (Nettokaltmiete). Bezüglich der Ermittlung dieses Betrages wird auf die Ausführungen in dem Beschluss vom 12. Mai 1999 - 4 B 156/99 - verwiesen, der inhaltlich auch der nunmehr ständigen Rechtsprechung der Kammer entspricht. Auch für das vorliegende Klageverfahren wird deshalb an dieser Rechtsauffassung festgehalten.
Der Anspruch auf Übernahme von Heizungskosten beurteilt sich nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG i. V. § 3 Abs. 1 und 2 RegelsatzVO. Danach sind Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren.
Soweit der Kläger im Laufe des Verfahrens geltend gemacht hat, dass statt der berücksichtigten 100,-- DM für Heizkosten tatsächlich monatlich 160,-- DM für Heizkosten zu zahlen seien, hat er dieses, bezogen auf den hier allein zu beurteilenden Zeitraum, nicht glaubhaft gemacht.
Gegenstand der vorliegenden Klage ist nur der Bescheid der Beklagten vom 05. Oktober 1998 (Bl. 556 VV) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. März 1999 (Bl. 597 VV). Aus Rechtsgründen beginnt deshalb der vom Gericht zu beurteilende Zeitraum mit dem 01. November 1998 (Regelung im Bescheid vom 05. Oktober 1998) und endet bereits mit dem 31. Januar 1999, da durch den weiteren Bescheid vom 11. Februar 1999 (Bl. 602 VV) ab dem 01. Februar 1999 eine Neuregelung getroffen wurde. Für diesen Zeitraum hat der Kläger nicht glaubhaft machen können, dass ihm höhere Heizkosten entstanden sind als die in dem angefochtenen Bescheid berücksichtigten 100,-- DM. Soweit er sich in diesem Zusammenhang auf eine Mietbescheinigung seines Vermieters vom 04.02.1999 beruft, wonach monatliche Kosten für Fern-, Zentral-, Etagen- oder Sammelheizung in Höhe von 160,-- DM zuzüglich 20,-- DM für Warmwasser zu tragen sind, ist dieses allein nicht aussagekräftig, da sich aus dieser Bescheinigung nur ergibt, welche Pauschale für Heizkosten zu zahlen ist, jedoch nicht hervorgeht, wie hoch die Heizkosten tatsächlich sind. Bei hier bestehenden berechtigten Zweifeln an der Richtigkeit der Bemessung der Pauschale, sind die tatsächlich entstandenen Heizkosten durch eine Heizkostenabrechnung des Vermieters, auf die der Mieter einen Anspruch hat, nachzuweisen. Der Kläger hat trotz entsprechender Aufforderungen durch die Beklagte und das Gericht keine nachvollziehbaren Heizkostenabrechnungen vorgelegt. Auch der mit Schreiben vom 30. November 1999 überreichte Wohngeldbescheid vom 8. Mai 1992 ist kein Beleg dafür, dass für Heizung/Warmwasser tatsächlich monatlich 180,-- DM anfallen. In diesem Bescheid ist dieser Betrag im Übrigen nur ein Berechnungsfaktor zur Ermittlung der Nettomiete gewesen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1 und 2, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.