Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 11.04.2013, Az.: 26 Qs 84/13

Zulässigkeit einer Beschwerde i.R.d. Ablehnung des Antrags eines Verteidigers auf Einsicht in die Bedienungsanleitung und die Lebensakte eines Messgerätes durch das Amtsgericht vor der bußgeldrechtlichen Hauptverhandlung

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
11.04.2013
Aktenzeichen
26 Qs 84/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 34333
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2013:0411.26QS84.13.0A

Amtlicher Leitsatz

Lehnt das Amtsgericht vor der bußgeldrechtlichen Hauptverhandlung den Antrag des Verteidigers auf Einsicht in die Bedienungsanleitung und die Lebensakte eines Messgerätes ab, ist dagegen eine Beschwerde unzulässig.

In der Strafsache gegen
pp.
Staatsangehörigkeit: deutsch,
Verteidiger: Rechtsanwalt Michael Martius, Fritz-Reuter-Straße 1, 17207 Röbel/Müritz
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat die 6. Strafkammer des Landgerichts Lüneburg — Kammer für Bußgeldsachen — auf die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Soltau vom 11. März 2013 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht sowie die Richter am Landgericht und am 11. April 2013
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I.

Gegen den Betroffenen wird vor dem Amtsgericht Soltau ein Bußgeldverfahren wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit geführt. Die Geschwindigkeitsmessung wurde mit einem Lasergerät Leivtec XV3 der Firma LEIVTEC Verkehrs-technik GmbH vorgenommen.

2

Der Verteidiger hat zur Vorbereitung auf die Hauptverhandlung mit Schriftsatz vom 25. Februar 2013 Einsicht in die Bedienungsanleitung des verwendeten Geschwindigkeitsmessgerätes und Einsicht in die sogenannte Lebensakte des Gerätes beantragt. Die vorgenannten Unterlagen befinden sich nicht in der Verfahrensakte. Das Amtsgericht Soltau hat das Gesuch mit Beschluss vom 4. März 2013 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

3

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner Beschwerde vom 21. März 2013.

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

5

Der Zulässigkeit der Beschwerde steht § 305 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG entgegen. Gemäß § 305 Satz 1 StPO unterliegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht der Beschwerde. Zu den Entscheidungen des erkennenden Gerichts gehören auch Verfügungen des Vorsitzenden, die - wie hier - im Bußgeldverfahren nach gerichtlicher Anhängigkeit getroffen werden, wenn sie der Urteilsvorbereitung dienen, bei der Urteilsfällung selbst der nochmaligen Prüfung unterliegen und vom Revisionsgericht unter bestimmten Voraussetzungen überprüft werden können (vgl. LG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 23. Juli 2012 — 23 Qs 54/12, Meyer-Goßner, StPO, 55. Auflage, § 303 Rdnr. 1).

6

Die Beschwerde wäre aber auch — ihre Zulässigkeit unterstellt — unbegründet, denn die in Rede stehende Bedienungsanleitung und Lebensakte sind vom Akteneinsichtsrecht der Verteidigung nach § 147 Abs. 1 StPO nicht erfasst (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11. September 2012 — 311 SsRs 124/12). In dem Beschluss heißt es zutreffend:

" Der Aktenbegriff dieser Vorschrift erfasst die von der Staatsanwaltschaft dem Amtsgericht gemäß § 69 Abs. 4 S. 2 OwiG vorgelegten Akten, die danach entstandenen Aktenteile und die vom Gericht herangezogenen und von der Staatsanwaltschaft nachgereichten Beiakten (BGHSt 30, 131, 138f.). Die Bestimmung gibt keinen Anspruch auf Erweiterung des Aktenbestands (formeller Aktenbegriff). Die Bedienungsanleitung war weder mit den Akten vorgelegt noch vom Gericht beigezogen worden. Eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts scheidet mithin aus. Die unterlassene Ergänzung des Aktenbestands durch Beiziehung weiterer Unterlagen kann nur über das Beweisantragsrecht bzw. die gerichtliche Aufklärungspflicht geltend gemacht werden [...]."

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO analog.