Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.07.1988, Az.: 1 W 18/88

Verschmelzung zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.07.1988
Aktenzeichen
1 W 18/88
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1988, 20414
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1988:0714.1W18.88.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Bückeburg - 26.05.1988 - AZ: 4 T 45/88

Fundstelle

  • GmbHR 1988, 398-399 (Volltext mit red. LS)

In der Handelsregistersache
...
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die weitere Beschwerde der betroffenen Gesellschaft
gegen
den Beschluß der Zivilkammer IV des Landgerichts Bückeburg vom 26. Mai 1988
am 14. Juli 1988
beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Rinteln vom 7. März 1988 werden aufgehoben.

Das Amtsgericht - Registergericht - Rinteln wird angewiesen, von seinen in dem genannten Beschluß geäußerten Bedenken gegen die Eintragung der beantragten Anmeldung Abstand zu nehmen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat Erfolg.

2

1.

Soweit das Amtsgericht Rinteln Bedenken gegen die Anmeldung insoweit geäußert hat, als die Firma ... bisher nicht Gesellschafterin der ... geworden sei, hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluß den Einwänden der betroffenen Firma bereits Rechnung getragen. Die insoweit geäußerten Bedenken des Amtsgerichts sind auch nicht berechtigt. Die ... war alleinige Gesellschafterin der betroffenen GmbH. Sie hat in der im Abschnitt IV Nr. 5 der in der notariellen Urkunde zu UR Nr. 439/1987 des Notars ... in ... protokollierten Gesellschafterversammlung u.a. die entsprechenden Anteile an die ... abgetreten, die danach in die ... umbenannt worden ist. Die ... hat alsdann in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der ... eine Reihe von Änderungen hinsichtlich dieser Gesellschaft, u.a. die Umbenennung in ... beschlossen. Das ist Gegenstand der begehrten Eintragung (UR Nr. 441/1987 des Notars ...).

3

2.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluß allerdings die Ansicht des Amtsgerichts geteilt, faktisch liege eine Verschmelzung zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung vor, für die besondere Vorschriften gelten, die unstreitig nicht eingehalten sind. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Nach §19 des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 23. Dezember 1959, zuletzt geändert durch das Bilanzrichtliniengesetz vom 19. Dezember 1985, können Gesellschaften mit beschränkter Haftung ohne Abwicklung vereinigt (verschmolzen) werden, und zwar durch Übertragung des Vermögens der einen Gesellschaft auf eine andere Gesellschaft (Verschmelzung durch Aufnahme) oder durch Bildung einer neuen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, auf die das Vermögen jeder der sich vereinigenden Gesellschaften als Ganzes übergeht (Verschmelzung durch Neubildung). Ein - gewollter - Verschmelzungsakt zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung liegt hier nicht vor, was das Landgericht auch nicht verkannt hat. Denn die ... mit beschränkter Haftung in ... ist nicht in einer anderen Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgegangen, sondern es sind lediglich ihre Geschäftsanteile als Sacheinlage für die Kapitalerhöhung der ..., vormals ... mit beschränkter Haftung, eingebracht worden. Die ... soll nach dem gesamten Vertragswerk ausdrücklich fortbestehen, wenn auch ihre Firma geändert, der Sitz verlegt und der Gesellschaftsgegenstand geändert worden ist, wie es sich aus dem neugefaßten Gesellschaftsvertrag in der UR Nr. ... des Notars ... in ... ergibt. Damit ist ein Wesensmerkmal einer Verschmelzung nicht gegeben. Denn eine Verschmelzung ist die Verbindung zweier juristischer Personen durch Übergang aller Aktiva und Passiva einer Gesellschaft, die liquidationslos erlischt und damit aufhört zu existieren (vgl. dazu Fischer-Lutter-Hommelhoff, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 12. Aufl. 1987, Rdn. 8 zu §19 KapErhG und Schilling/Zutt in Hachenburg, 1984, Rdn. 2 ff. zu §19 Verschmelzungsgesetz im Anhang II zu §77 GmbH-Gesetz).

4

Es ist in Rechtsprechung und Rechtslehre unbestritten, daß bei einer Kapitalerhöhung (hier der ..., vormals ...) das erhöhte Kapital auch durch eine Sacheinlage erbracht werden kann, die in der Einbringung von anderen Handelsgeschäften oder Anteilen an einer GmbH besteht. Soweit das Landgericht die Auffassung vertritt, bei der Einbringung von 100 % der Anteile einer GmbH in eine andere GmbH liege regelmäßig eine Verschmelzung vor, die eine Anwendung der §§19 ff. KapErhG bedinge, ist dem nicht zu folgen. Eine unmittelbare Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Gesetzes über die Kapitalerhöhung verbietet sich, weil es an einem liquiditionslosen Erlöschen der Gesellschaft fehlt, deren Anteile übertragen werden. Diese Gesellschaft besteht als juristische Person mit eigenem Vermögen fort. Eine analoge Anwendung wegen einer "faktischen Verschmelzung" ist nicht gerechtfertigt. Zum einen sind die gesetzlichen Regeln über die Verschmelzung abschließend; eine analoge Anwendung der Bestimmungen auf nicht erfaßte Fälle scheidet aus (vgl. Fischer-Lutter-Hommelhoff a.a.O. Rdn. 6). Genau wie im umgekehrten Fall die Verschmelzung von Gesellschaften anderer Rechtsform im Wege analoger Anwendung der gesetzlichen Bestimmung nicht zulässig ist, weil die Beendigung einer Gesellschaft ohne Liquidation nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen denkbar ist (vgl. dazu Schilling/Zutt in Hachenburg a.a.O. Rdn. 4), wird man für den vorliegenden Fall sagen müssen, daß die Vorschriften über die Verschmelzungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht analog für Fälle anwendbar sind, in denen das Erlöschen einer Gesellschaft gar nicht beabsichtigt und im Vertragswerk auch nicht enthalten ist. Das läßt sich auch nicht aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung entnehmen. Das Gesetz über die Kapitalerhöhung in der jetzt geltenden Fassung hat mit der Gesetzesnovelle aus dem Jahre 1980 erstmals die Möglichkeiten einer Fusion von Gesellschaften mit beschränkter Haftung geschaffen, während zuvor nur schwierige und teure Ersatzlösungen statthaft waren (vgl. dazu Fischer-Lutter-Hommelhoff a.a.O. Rdn. 1 m.N.); es hat eine solche Fusion dann allerdings von bestimmten, gesetzlich geregelten Voraussetzungen abhängig gemacht. Es ist aber nicht anzunehmen, daß die Vorschriften über die Verschmelzung auch auf Fälle anwendbar sein sollten, in denen die Beteiligten eine Verschmelzung gar nicht gewollt und ihr Vertragswerk auch nicht entsprechend gestaltet haben. Es wird auch in den einzelnen Kommentierungen - soweit ersichtlich - nirgends die Ansicht vertreten, daß in Fällen, in denen die Anteile einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter Fortbestand dieser Gesellschaft auf eine andere GmbH übertragen werden, regelmäßig die Vorschriften des Kapitalerhöhungsgesetzes anwendbar sind.

5

Vielmehr wird von Schilling/Zutt (in der Kommentierung in Hachenburg a.a.O. Rdnr. 9, 10 zu §19 VerschmG) ausdrücklich der Unterschied zu anderen Rechtsinstituten, bei denen die Gesellschaft fortbesteht oder fortbestehen kann (Konzernbildung, Vermögensübertragung) hervorgehoben. Besondere Gesichtspunkte, die aus der konkreten Situation des einzelnen Falles Anlaß zu weitergehenden Bedenken geben könnten, sind hier vom Landgericht nicht festgestellt.

6

Demgemäß waren der angefochtene Beschluß und der ihm zugrunde liegende Beschluß des Registergerichts aufzuheben. Das Registergericht war anzuweisen, von den von ihm geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.