Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 15.01.2015, Az.: 3 A 87/14
Annex; Baudenkmal; Denkmalliste; Feststellungsklage; Passivlegitimation
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 15.01.2015
- Aktenzeichen
- 3 A 87/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 45234
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 4 DSchG ND
- § 3 DSchG ND
- § 43 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für Feststellungsklagen in dem Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, mit denen die (negative) Feststellung, dass ein Gebäude kein Baudenkmal in dem Sinne des § 3 Abs. 2 NDSchG ist, begehrt wird, ist - jedenfalls auch - das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege passivlegitimiert (entgegen Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Juli 2014, - 1 LB 133/13 -, DVBl. 2014, 1198 - 1200).
Insoweit folgt die Passivlegitimation aus der Kompetenzzuweisung zum Landesamt für die Aufgabe, das Verzeichnis der Kulturdenkmale zu führen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 NDSchG), zu der sie einen Annex darstellt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das in seinem Eigentum stehende Haupthaus der Hofanlage H. 15 in I. J. nicht dem Denkmalschutz unterfällt.
Die fragliche Hofanlage liegt westlich der H. von J. nach K. zwischen der Niederung des L. und dem nördlich anschließenden M. N.. Die erstmalige urkundliche Erwähnung der Hofanlage datiert auf das Jahr 1350 (Bl. 23 d. Gerichtsakte). Das fragliche Hauptgebäude wurde im Jahr 1810 errichtet; es wird heute als Wohnraum genutzt. Das Hauptgebäude ist in Massivbauweise mit einer hölzernen Innenkonstruktion errichtet worden. Die Grundform ist die eine Vierständerbaues, wobei die Außenständer durch die massiven Außenwände ersetzt wurden. Das Gebäude hat ein Krüppelwalmdach und ist mit roten Dachpfannen gedeckt (Bl. 24 d. Gerichtsakte). An seiner Nordseite hat das Gebäude einen Einfahrtsgiebel in den Scheunenteil mit einem großen, in profiliertem Sandstein eingefassten Dielentor (Bl. 24 d. Gerichtsakte, sowie Bl. 30 mit Foto). Am Fuße des Giebeltores befinden sich große Steine mit jeweiligen Viertelkreisbögen, um zu verhindern, dass eisenbeschlagene Wagenreifen die Laibungen beschädigen (Bl. 30 d. Gerichtsakte). Flankiert wird das Tor - ebenso wie solche im Giebel enthalten sind - von kleineren Sprossenfenstern. In der Mitte des Dachgeschosses befindet sich über dem Tor eine Inschrifttafel mit Hinweis auf die Erbauer und das Jahr der Erbauung.
Die östliche Traufseite ist als Schauseite des Hauses ausgebildet. Sie ist der Straße und dem Ziergarten zugewandt; die Eingangstür wird über eine Freitreppe erreicht. Die Türeinfassung besteht ebenfalls aus profiliertem Sandstein und ist zudem mit Wappensteinen versehen. Mittig der genannten Schauseite befindet sich im Dachgeschoss ein sogenanntes Zwerchhaus mit zwei übereinander liegenden Fensterreihen und einem Krüppelwalmdach. Dieses Zwerchhaus wird auf der westlichen Traufseite, die den Hofweiden zugewandt ist, gespiegelt.
Die Aufnahme des streitigen Haupthauses als Einzelbaudenkmal in das Verzeichnis der Kulturdenkmale wurde dem Kläger durch Schreiben vom 26. Februar 2002 mitgeteilt.
In die Schauseite des Haupthauses hat der Kläger Kunststofffenster und eine Kunststoffhaustür eingebaut. Die entsprechende denkmalschutzrechtliche Genehmigung hat er sich durch Urteil des erkennenden Gerichts vom 26. März 2004 erstritten (Aktenzeichen - 2 A 10/03 -). In dem Urteil heißt es wie folgt:
„Der Kläger hat aber - dokumentiert durch zahlreiche von ihm vorgelegte sowie in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten befindliche Fotografien dargelegt, dass im Laufe der Jahre erhebliche Veränderungen an dem Gebäude vorgenommen worden sind, die seinen Denkmalwert - was der Beklagte auch einräumt - ohne Zweifel erheblich beeinträchtigen. Dies gilt namentlich für den Kunststoffanstrich des Hauses, durch den die zum Bau verwendeten Bruchsteine nicht mehr erkennbar sind, für den Garagenanbau am Südgiebel, durch den das Sockelgeschoss und die entsprechende Gliederung nahezu völlig verdeckt sind, für den Anbau von Zwerchhäusern, für den Einbau von Kunststofffenstern sowohl an der Westseite wie an der hier interessierenden Ostseite (mit Ausnahme der fraglichen zwei Fenster und der Tür), für die Verkleidung der Schornsteine mit Blech sowie den Einbau von Veluxfenstern in die Dachflächen. Diese zahlreichen, das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes durchaus nachhaltig berührenden Maßnahmen - besonders deutlich wird das an Hand der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos des früheren Zustandes - lassen die Behauptung des Klägers, das Gebäude sei - auch wenn die sachverständige Beurteilung der Fachbehörde zu einem anderen Ergebnis komme - aufgrund der Änderungen jedenfalls nicht mehr schutzwürdig, zumindest als nicht völlig abwegig erscheinen, so dass es zur Klärung dieser Frage voraussichtlich der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfte.“ […]
„Auch unter Berücksichtigung dieser (strengen, die Notwendigkeit des Denkmalschutzes betonenden) Grundsätze ist das Begehren des Klägers, die Haustür durch eine Kunststofftür sowie die links und rechts davon gelegenen Fenster durch Kunststofffenster unter Beibehaltung der derzeitigen äußeren Gestaltung zu ersetzen, zu Unrecht abgelehnt worden. Denn durch diese Maßnahme wird das Erscheinungsbild des Denkmals so geringfügig berührt, dass diese Beeinträchtigung vernachlässigt werden kann. In der hier interessierenden Ostfassade des Gebäudes finden sich 19 Fenster, von denen 17 aus Kunststoff bestehen (die Fenster in dem Südgiebel sowie an der Westfassade sind sämtlich in Kunststoff ausgeführt). Das Haus weist darüber hinaus einen Kunststoffanstrich auf, der das ursprüngliche äußere Erscheinungsbild (Bruchsteine) verdeckt. An der Südseite ist das Sockelgeschoss nicht mehr sichtbar, weil es von einer nachträglich angebauten Garage fast völlig verdeckt ist. Dies führt im Übrigen dazu, dass die Gliederung der Südfront eine erhebliche Störung erfährt und damit ein vom Beklagten in den Vordergrund gerückter Aspekt für die Schutzwürdigkeit des Hauses, nämlich dessen äußere Gliederung, erheblich relativiert wird. Es sind Zwerchhäuser angefügt worden. Die Ostfassade wird darüber hinaus dadurch (schon) beeinträchtigt, dass in die Dachfläche zwei Veluxfenster eingebaut worden sind. Das Erscheinungsbild wird ferner geprägt durch die Blechverkleidung der Schornsteine. All diese Maßnahmen, die - wie bereits dargelegt - durchaus die Frage berechtigt erscheinen lassen, ob dem Gebäude überhaupt noch Denkmalwert beizumessen ist, machen jedenfalls deutlich, dass der Einbau von zwei Kunststofffenster (bei bereits 17 Kunststofffenstern in dieser Fassade) und einer Kunststofftür eine so unmaßgebliche Änderung des Erscheinungsbildes des Gebäudes hervorruft, dass von einer Beeinträchtigung des Denkmals keine Rede sein kann. All dies gilt eben auch mit Blick auf die Unterschutzstellung trotz dieser Änderungen, dass also der Denkmalwert angenommen worden ist, obwohl u.a. in der Ostfassade bereits 17 Fenster aus Kunststoff die ursprünglichen Fenster ersetzt haben. Denn daraus folgt, dass die Einrichtung von Kunststofffenstern in diesem speziellen Falle den Denkmalwert des Gebäudes offensichtlich nicht beeinträchtigt, es vielmehr ersichtlich auf andere Kriterien (hier Fassadengliederung) ankommt. Dann aber ist nicht nachvollziehbar, dass durch die Veränderung (Angleichung an den bestehenden Zustand) der verbleibenden 2 Fenster und einer Tür eine (nun) nicht (mehr) hinnehmbare Beeinträchtigung des Denkmals erfolgen soll. Auch der Hinweis der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass handwerklich gearbeitete Holzfenster mit ihrer auf die Fassade abgestimmten Gliederung das „Gesicht“ eines Hauses ausmachten und dies besonders schützenswert sei, greift im Falle des klägerischen Gebäudes nicht, weil wie wiederholt dargelegt die Fassade bereits von Kunststofffenstern beherrscht wird und dieser Aspekt die Denkmalschutzbehörde nicht gehindert hat, das Gebäude gleichwohl unter Schutz zu stellen.“
Durch Schreiben vom 7. Oktober 2004 (Bl. 73 Beiakte A) beantragte der Kläger bei der Bezirksregierung Weser-Ems die Löschung seines Hauses H. 15 aus dem Verzeichnis der Kulturdenkmale. Die damalige Bezirksregierung holte eine gutachterlichen Stellungnahme des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, Referat Bau- und Kunstdenkmalpflege, Dr. O. P., vom 14. Januar 2005 ein, in der das Haupthaus und die Hofanlage wie folgt beschrieben werden:
„Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Referat Bau- und Kunstdenkmalpflege (Bearb.: Dr. O. P.)
Hannover, am 14. Januar 2005
J. -K., Q.. R. (ehem. Hof S. zu T.)
hier: Denkmaleigenschaft des U.
Das Haupthaus des ehemaligen Hofes S. zu T. ist als Einzeldenkmal nach § 3 Abs. 2 Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz ausgewiesen, weil an seiner Erhaltung aus historischen, wissenschaftlichen und städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Seine Bedeutung erschließt sich aus den historischen Umständen, denen es seine Entstehung verdankt und die deshalb im Folgenden erläutert werden.
1. Siedlungsqeschichte
Der Vollerben-Hof liegt im Südwesten der Gemarkung und ehemals selbständigen Landgemeinde Gaste. Er gehört zu einer kleinen Gruppe von Einzelhöfen auf halber Höhe am Süd- hang des V. Berges, wo dieser sich zum W. - und X. hin neigt und sich gleichzeitig nach Westen zum Y. hin öffnet, welches hier die Grenze zur Grafschaft Z. bildet. Seine Entstehung dürfte in die frühmittelalterliche Ausbauzeit zurückreichen. Als Oberhof einer grundherrlichen (ursprünglich bischöflichen) Villikation spielt er vor den übrigen Bauernhöfen eine besondere Rolle.
Die siedlungshistorische Situation und der aus ihr entspringende kulturlandschaftprägende Wechsel von Hofstätten, Kampfluren, Bachwiesen und Holzungen ist in diesem Teil der Gemeinde kaum verändert und besonders anschaulich erhalten. Die ursprünglich ähnliche Struktur nordöstlich und südöstlich (auf AA. Gemarkung) ist dagegen stark, zum Teil bis zur Unkenntlichkeit überformt — eine Entwicklung, die mit der Industrialisierung vor rund 150 Jahren begann (Georgsmarienhütte 1856, Eisenbahn 1866-1872, Landmaschinenfabrik AB. 1883) und vor allem nach dem 2. Weltkrieg mit noch weiter wachsenden Wohn- und Gewerbegebieten im Einzugsbereich von Osnabrück ihre Fortsetzung findet.
Landschafts- und Siedlungsform sind zwar primäre Prägekräfte für die Kulturlandschaft, allerdings nur sekundäre Kriterien für die Denkmalbewertung von Gebäuden — ein Hofneubau der letzten Jahre würde auch an siedlungshistorisch markantester Stelle nicht zum Baudenkmal. Ein Gebäude aber, das aus bau- oder kunsthistorischen Gründen Denkmalwert besitzt, gewinnt an Wert, wenn es — wie hier — durch seine sprechende Rolle in der Kulturlandschaft weitere historische und landschaftsprägende Bedeutungsdimensionen anschaulich werden läßt.
2. Baugeschichte
Der Bau des in Rede stehenden Haupthauses ist durch eine Inschriftentafel im Wirtschaftsgiebel, die auch den Bauherrn AC. AD. S. zu T. und seine Ehefrau AE. AF. von AG. nennt, ins Jahr 1810 datiert. Es handelt sich um ein ausgesprochen stattliches Hallenhaus in der Art eines Vierständerbaus, dessen Außenwände aus verputztem Bruchsteinmauerwerk bestehen. Seine Ecken und die Rahmen aller Öffnungen sind durch Sandsteine repräsentativ betont. Das mächtige Dach besitzt beidseitig einen Krüppelwalm. Mit diesen Merkmalen unterscheidet es sich deutlich, und zwar in doppelter Weise innovativ, vom damals bei Bauernhäusern Üblichen.
Denn das Übliche im südwestlichen Osnabrücker Hügelland (als Vergleichsgebiet werden neben J. die Nachbargemeinden Hagen und Georgsmarienhütte herangezogen) war bis dahin der Zweiständerbau mit Fachwerkaußenwänden und vorkragenden Giebeln. Bis gegen 1800 beherrschte diese Form das bäuerliche Baugeschehen völlig und auch noch in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts überwog sie alle anderen Haupthausformen um rund das Doppelte.
Als sehr seltene und sehr frühe Ausnahmen tauchen „moderne“ Vierständerbauten mit Fachwerkaußenwänden im feudalen und dörflichen (jedoch nichtbäuerlichen) Bereich auf. Im Vergleichsraum sind zum einen die Wohnwirtschaftsgebäude auf den Gütern Haus AH. in AI. -AJ. (wahrscheinlich 1676) und auf dem ursprünglich zum Gut AK. gehörenden AL. in J. (1696), zum andern das Haus eines Brauers und Leinenhändlers in Hagen (1725) und ein wohl als Gasthaus errichtetes Gebäude in AI. (1764) zu nennen. Wegen des herausgehobenen sozialen Status ihrer Erbauer und ihrer zugleich prinzipiell ähnlichen Raum- und Funktionsstruktur konnten diese Häuser — mit einer auch bei sonstigen Innovationen üblichen Verzögerung — als Vorbild für die Haupthäuser von Bauern dienen, und zwar charakteristischer Weise zunächst in deren Oberschicht, also bei den Vollerben.
Auch das zweite Hauptmerkmal des M. AM. — der verputzte Bruchsteinbau mit Sandsteingliederung — hat feudale Vorbilder. Die schon seit langem übliche Verwendung des Massivbaus bei Herrenhäusern wird eine allgemeine Rolle gespielt haben, die bei Ökonomiegebäuden und Pachthöfen eine direkte. Hier ist auf den Wohnteil des schon erwähnten Gutes AH., auf das Gut AN. in AO. und auf das Gut AP. in AQ. zu verweisen. Aber auch in der Nähe von AR., von wo die Ehefrau des Bauherrn stammte, gab es in AS. mit dem Haus AT. (1717) und in AU. mit dem Haus AU. (1733) feudale Wohnwirtschaftsgebäude in dieser Bauweise. Im Übrigen entsprach die Materialwahl auch dem Zeitgeschmack, wie er sich in vielen Beispielen des Osnabrücker Klassizismus zeigte.
In der Art und Weise, wie die neuen Bauformen bei Bauernhäusern eingeführt wurden, zeigen sich relativ kleinteilige kulturräumliche Unterschiede. In manchen Teilen des Osnabrücker Landes, etwa im AV., folgten die Formen des Zweiständer-Fachwerkbaus, des Vierständer-Fachwerkbaus und des Vierständer-Massivbaus in einer allmählichen Entwicklung aufeinander. In anderen Teilen, etwa im Artland, dauerte es fast 150 Jahre, bis auf den ersten Vierständer-Fachwerkbau ein Massivbau folgte, wogegen im Raum AR. /AU. die Form des Fachwerk-Vierständerbaus fast ganz übersprungen wurde.
Im südwestlichen Osnabrücker Hügelland aber kommen um 1800 — nach den genannten Vorbildern — Vierständerbauten in Fachwerk- und Massivbauweise annähernd gleichzeitig und gleichmäßig vor. Der erste bäuerliche Vierständer-Fachwerkbau entstand 1779 in AW. -AX., es folgte um 1800 dort ein weiterer, 1796 wurde in AI. ein Zweiständerbau von 1732 zum Vierständerbau umgebaut, von 1811 stammt ein Hof in AY.. Ihnen stehen als verputzte Bruchsteinbauten mit Sandsteingliederung zeitlich zur Seite ein Hof in AZ. von 1792, die BA. Schule in BB. von 1809, eben der BC. zu T. von 1810 und die V. Schule von 1821— um nur die jeweils ältesten zu nennen. Bei allen Bauernhöfen handelte es sich um große Vollerbenhöfe, die also durch moderne Bauweise ihre Wirtschaftskraft und ihr Sozialprestige dokumentieren. Der Massivbau mag
— dafür spricht wohl seine Verwendung beim „öffentlichen“ Schulbau — noch einen Vorsprung im Ansehen gehabt haben.
Bis etwa 1850 stehen jedoch beide Formen des Vierständerbaus — wie erwähnt — noch hinter den Zweiständerbauten zurück, danach gewinnen die Massivbauten allerdings rasch die Oberhand. Doch auch bei ihnen gibt es eine Entwicklung bei Materialwahl und Gestaltung. Der klassizistischen Grundvorstellung von der einfachen und klaren Form, in der sich Gediegenheit und Dignität ausdrücken, entspricht am ehesten die homogen verputzte Wand, deren ruhig fließende, auf Symmetrie bedachte Gliederung durch Öffnungen, deren differenzierte Betonung und die sparsame Verwendung weiterer Gliederungselemente wie einer Eckquaderung. Alle diese Merkmale besitzt der BC. zu T. in geradezu mustergültiger Form, jedenfalls an den beiden Giebeln und der straßenseitigen Traufe als seinen Schauseiten.
Die hier gefundene Form prägte das Baugeschehen erstaunlich lange bis in die 1870er Jahre (etwa auf dem Hof BD. in J. von 1873). Erst dann setzte sich unter dem Einfluß des Historismus ein neues Gestaltungsideal durch, das sich von jenem vor allem durch unverputzte Wände unterscheidet und zwar unabhängig davon, ob es sich um Bruchstein- oder Ziegelbauten handelte.
3. Denkmalbewertung
In der Geschichte des ländlichen Bauwesens im südwestlichen BE. BF. spielt der Hof S. zu T. eine Schlüsselrolle, weil er zu den ersten gehört, die beim bäuerlichen Hallenhaus die neue und sich dann durchsetzende Bauform des Vierständerbaus und das neue Material des verputzten Bruchsteinbaus anwendeten. In dieser bauhistorischen Bedeutung spiegeln sich zugleich sozial- und wirtschaftshistorische Bedeutungen, indem die Vorreiterrolle dem herausgehobenen Sozialprestige und der besonderen Wirtschaftskraft des Meierhofes entspricht. Mit diesem Denkmal wird aber auch zusätzlich die siedlungshistorische Situation anschaulich und von ihm die Kulturlandschaft geprägt. Mit der Feststellung dieser Bedeutung ist die erste Bedingung der Denkmalausweisung erfüllt.
Aber auch die Prüfung, ob diese Bedeutung sich in der Substanz des Objekts hinreichend deutlich ausdrückt, besteht das Objekt. Alle seine Merkmale, die ein- und ausgangs des zweiten Abschnitts als charakteristisch benannt wurden, sind erhalten. Dies zählt umso mehr, als es bei den räumlich und zeitlich vergleichbaren Beispielen nicht mehr der Fall ist. Beim Hof in AZ. ist der Wirtschaftsgiebel durch Betonfertigteile ersetzt und sind zahlreiche Fenster im Wohnteil im Format verändert und ihrer Sandsteineinfassung beraubt. Die Schule in BB. ist völlig verklinkert. Die Schule in K. ist völlig, auch im Dachgeschoß, als Wohnhaus ausgebaut. Ihr Wohngiebel ist im Erdgeschoß zu drei Vierteln von einem Garagenanbau verdeckt und die Mehrzahl ihrer Fenster jetzt ohne die ursprüngliche Sandsteinrahmung.
Dagegen wiegen die Veränderungen, die das Haupthaus des M. AM. in seinen mittlerweile fast 200 Jahren selbstverständlich auch erfahren hat, gering. Die Stallanbauten liegen alle auf der rückwärtigen Traufseite und der Verandavorbau am Wohngiebel, teilweise ohnehin schon aus der Zeit um 1900 stammend, verdeckt gerade nur einen Teil des niedrigen Keller-Sockelgeschosses, so daß die übrigen Seiten, die als Schaufassaden ausgebildet waren, dies auch, offensichtlich absichtlich, blieben.
Neu sind auch Dachdeckung und Fenster, was bei Bauteilen, die einem stärkeren Verschleiß als die übrige Bausubstanz ausgesetzt sind, nach fast 200 Jahren der Normalfall ist. Zwar entsprechen die in der letzten Zeit eingesetzten Kunststofffenster nicht denkmalpflegerischen Standards, jedoch sind davon weder die Wandgliederung, noch die Formate, noch die Sandsteinrahmung als die wesentlicheren und dauerhafteren Elemente berührt. Wegen der Reversibilität des Eingriffs ist zudem auf Besserung des Erscheinungsbildes in der Zukunft zu hoffen.
Eine Maßnahme, die den Ursprungsbau tatsächlich stärker betroffen hat, erfolgte kurz nach dem 1. Weltkrieg mit einem Umbau des Wohnteils und vor allem des ehemaligen Fletts. Dieser ehemals multifunktionale Großraum wurde, einer seit der voraufgegangenen Jahrhundertwende üblich werdenden Entwicklung folgend, aufgeteilt, und zwar im Wesentlichen in eine Küche (im rückwärtigen Teil) und eine repräsentative Eingangshalle (auf der Schauseite), aus der zugleich eine Treppe ins Dachgeschoß führt. Zur Belichtung der dort eingerichteten Wohnräume wurden auf beiden Traufseiten dreiachsige und zweigeschossig ausgebaute, abgewalmte Zwerchhäuser errichtet.
Diese Maßnahme folgt mit gestalterisch gelungener und handwerklich qualitätvoller Ausführung einerseits einer klassizierenden Zeitströmung, wie sie vor allem im traditionsbewußten, dabei aber Neuem aufgeschlossenen Milieu verbreitet war, und konnte andererseits direkt am Stil des Ursprungsbaus anknüpfen. Das zeigt sich vor allem im Innern an der Treppe und im Äußeren an dem auf die Öffnungen der Eingangshalle symmetrisch bezogenen Zwerchhaus, das fast bauzeitlich wirkt. Der Umbau ist deshalb als denkmalkonstitutiv zu betrachten.
Insgesamt handelt es sich also beim Haupthaus des Hofes S. zu T. in beiden Bauphasen um ein architektonisch anspruchsvolles, bauhistorisch in exemplarischer Weise aufschlußreiches Gebäude mit zusätzlichen historischen und kulturlandschaftsprägenden Dimensionen, dessen bedeutungstragende Elemente in überzeugender Anschaulichkeit erhalten sind — mithin um ein Baudenkmal von hohem Rang.“
Auf der Grundlage dieses Gutachtens schrieb das Niedersächsische Landesamt für Denkmalschutz - Stützpunkt Oldenburg - unter dem 3. Februar 2005 an den Kläger, dass es bei der Ausweisung des Haupthauses als Einzeldenkmal verbleibe.
Unter dem 22. Oktober 2010 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten die Löschung der Denkmaleigenschaft für das fragliche Gebäude (Bl. 95 Beiakte A). Zur Begründung führte der Kläger an, dass das Verwaltungsgericht in seinem Urteil aus dem Jahr 2004 inzident die Denkmaleigenschaft des Gebäudes verneint habe. Da zudem die durch das Urteil zugelassenen Umbaumaßnahmen den Denkmalwert des Gebäudes weiter verringert hätten, bestehe keine Aussicht auf eine zeitnahe historische Wiederherstellung des Gebäudes mehr. Im Übrigen sei das Gebäude nicht typisch für das Gemeindegebiet; es gäbe in der Umgebung besser erhaltene Höfe desselben Baustils.
Durch Schreiben vom 16. Dezember 2010 (Bl. 98 Beiakte A) lehnte die Beklagte das Begehren ab.
Der Kläger hat am 7. Januar 2011 Klage erhoben und zur Begründung auf das Urteil des erkennenden Gerichts vom 26. Mai 2004 verwiesen, das die Denkmaleigenschaft verneine. Die durchgeführten baulichen Veränderungen hätten die Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Gebäudes entfallen lassen, soweit diese denn jemals vorgelegen hätte. Der Kläger ist ferner der Ansicht, dass die Stellungnahme des Dr. P. vom 14. Januar 2005 nicht von einem neutralen Sachverständigen stamme und nach dem Rechtsgedanken des § 181 BGB über das Verbot des Selbstkontrahierens nicht verwertet werden könne.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, die Denkmaleigenschaft des Haupthauses der Hofanlage H. 15, in 49205 J. zu löschen,
hilfsweise,
festzustellen, dass das Haupthaus der Hofanlage H. 15, in 49025 J. nicht dem Denkmalschutz unterfällt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und rügt ihre Passivlegitimation; passiv legitimiert sei der Landkreis Osnabrück als zuständige Untere Denkmalschutzbehörde. Ferner bezieht sich die Beklagte zur Begründung der von ihr gesehenen Denkmaleigenschaft auf das Gutachten des Herrn Dr. P. aus dem Jahre 2005. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des streitgegenständlichen Bauwerkes bestehe, da das streitgegenständliche Haus nach dem genannten Gutachten Besonderheiten aufweise, die für seine Erhaltung sprächen, sehr selten seien und bei vergleichbaren Häusern wiederum nicht mehr vorzufinden seien.
Durch Schriftsatz vom 12. Januar 2015 hat der Kläger seine Klage gegen den Landkreis Osnabrück als untere Denkmalschutzbehörde erweitert. Die Kammer hat die Klage gegen den Beklagten zu 2. durch Beschluss vom gleichen Tage abgetrennt und führt sie unter dem Aktenzeichen - 3 A 10/15 -.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist in ihrem Hauptantrag nicht statthaft; allein der Hilfsantrag ist statthaft und zulässig.
1. Der von dem Kläger als Hauptantrag gestellte Verpflichtungsantrag auf Löschung der Denkmaleigenschaft des Haupthauses der Hofanlage H. 15, 49205 J. ist schon nicht statthaft. Denn bei der - in Niedersachsen rein deklaratorischen - Eintragung eines Baudenkmals in das Denkmalverzeichnis handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt in dem Sinne des § 35 VwVfG in Verbindung mit § 1 NdsVwVfG (Wiechert, in: Schmaltz/Wiechert, Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz, 2. Auflage München 2012, §§ 4, 5 Rn. 30). Anders als in den Vorschriften der Denkmalschutzgesetze anderer Bundesländer vorgesehen (für Nordrhein-Westfalen etwa § 3 Abs. 4 DSchG NW, wonach die Löschung der Eintragung in die Denkmalliste als "actus contrarius" zur Eintragung ein ausschließlich begünstigender Verwaltungsakt ist; hierzu Nordrhein-Westfälisches OVG, Urteil vom 29. Mai 1995, - 7 A 2329/91 -, juris) hat die Eintragung in das Denkmalverzeichnis in Niedersachsen zwar rechtliche Auswirkungen, ist jedoch nicht final „auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet“ (Niebaum, Frank / Eschenbach, Jürgen, Von der Angst, ein Denkmal zu besitzen, DÖV 1994, 12 - 22 [19]). Bei der Eintragung und der Benachrichtigung handelt es sich damit nicht um Verwaltungsakte, sodass auch deren actus contrarius - Löschung und entsprechende Benachrichtigung - keine Verwaltungsakte sind, eine Verpflichtungsklage mithin nicht statthaft ist (Wiechert, a.a.O., §§ 4, 5 Rn. 33). Ob dies angesichts der durch die in das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz durch Änderungsgesetz vom 26. Mai 2011 eingefügten Vorschrift des § 4 Abs. 5 NDSchG, nach der das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege gegenüber dem Eigentümer eines Bauwerkes, das ab dem 1. November 2011 als Einzeldenkmal oder als Teil eines Ensembles in das Verzeichnis eingetragen worden ist, „auf Antrag des Eigentümers durch Verwaltungsakt die Eigenschaft als Baudenkmal fest[zu]stellen“ kann, für ab dem 1. November 2011 eingetragene Baudenkmale anders zu sehen ist, mag dahinstehen, da vorliegend die Eintragung unstreitig vor diesem Stichtag erfolgte.
Ist - wie ausgeführt - die Eintragung in die Denkmalliste in Niedersachsen rein deklaratorisch, so würde einem in eine allgemeine Leistungsklage umgedeuteten Hauptantrag des Klägers das Fehlen eines Rechtsschutzinteresses entgegenstehen, da auch durch einen Leistungsausspruch die Frage, ob es sich bei dem Haupthaus der Hofanlage H. 15, 49205 J. um ein Baudenkmal handelt, nicht abschließend geklärt würde, mithin sich durch einen derartigen Ausspruch die Rechtsposition des Klägers nicht verbessern würde.
2. Die im Hilfsantrag gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erhobene Feststellungsklage ist statthaft und zulässig.
a. Die Feststellungsklage ist statthaft, denn der Kläger begehrt mit der Feststellung, dass sein Haupthaus der Hofanlage BG. 15 in J. kein Baudenkmal bzw. Teil eines Baudenkmals darstellt, die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses in dem Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO.
Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein (BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010, - BVerwG 8 C 38.09 -, BVerwGE 136, 75 - 89). Diese Voraussetzungen liegen vor. Aus der Denkmaleigenschaft folgen zahlreiche gesetzliche Pflichten, unter anderen die in § 6 NDSchG geregelte Erhaltungspflicht, die Pflicht zur denkmalgerechten Nutzung des § 9 NDSchG sowie zahlreiche Genehmigungsvorbehalte wie etwa die in § 10 NDSchG geregelten. Mit der Feststellung des Nichtbestehens der Denkmaleigenschaft möchte der Kläger mithin geklärt wissen, dass (unter anderem) die vorgenannten Vorschriften auf das Haupthaus seiner Hofanlage keine Anwendung finden; eben dies ist zwischen den Beteiligten - die Statthaftigkeit der Feststellungsklage begründend (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 30. Oktober 1995, - 6 L 2747/94 -, OVGE 46, 319) - umstritten.
b. Der Feststellungsklage steht nicht der Grundsatz der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dem Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO liegt der Gedanke der Prozessökonomie zu Grunde. Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll auf dasjenige Verfahren, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (BVerwG, Urt. v. 19.3.2014 - 6 C 8.13 -, juris Rn. 13). Ein anderes, sachnäheres und effizienteres Verfahren zu einer abschließende Klärung der Denkmaleigenschaft ist nicht ersichtlich, sodass gerade die Feststellungsklage den wirkungsvollsten Rechtsschutz darstellt.
c. An dem Vorliegen des gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresses besteht kein Zweifel. Dieses folgt schon aus den oben erwähnten Erhaltungspflichten und Genehmigungsvorbehalten, denen der Eigentümer eines Baudenkmals unterfällt.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen das beklagte Amt auf die begehrte Feststellung, da es sich bei dem Haupthaus seiner Hofanlage um ein Baudenkmal handelt.
1. Das beklagte Amt ist für die begehrte Feststellung passivlegitimiert. Zwar sieht das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 15. Juli 2014, - 1 LB 133/13 -, DVBl 2014, 1198 - 1200) für Feststellungsklagen bezüglich der Denkmaleigenschaft eines Gebäudes grundsätzlich und ausschließlich die untere Denkmalschutzbehörde in dem Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 NDSchG und nicht das Landesamt für Denkmalpflege in dem Sinne des § 21 NDSchG als passivlegitimiert an. Zur Begründung führt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht an, dass aus den genannten Vorschriften folge, dass stets die untere Denkmalschutzbehörde als Ansprechpartner eines Eigentümers im Hinblick auf seine denkmalrechtliche Pflichtenstellung fungiere, soweit nicht der gesetzlich ausdrücklich geregelte Sonderfall des § 4 Abs. 5 NDSchG vorliege; richtiger Beklagter sei daher nicht das Landesamt für Denkmalpflege.
Dieser Ansicht folgt die Kammer indes ausdrücklich nicht. Zwar spricht es vordergründig für eine Kompetenz der unteren Denkmalschutzbehörde nach §§ 19 f. NDSchG, dass es bezüglich der Bescheidung von Begehren, die auf die (negative) Feststellung der Denkmaleigenschaft gerichtet sind, an einer ausdrücklichen anderweitigen Kompetenzzuweisung fehlt. Jedoch ist die (negative) Feststellung der Denkmaleigenschaft als Annex zu der durch § 4 Abs. 1 Satz 1 NDSchG dem Landesamt zugewiesenen Aufgabe, das Verzeichnis der Kulturdenkmale zu führen, anzusehen (Kleine-Tebbe/Martin, Denkmalrecht Niedersachsen, 2. Auflage Wiesbaden 2013, Anm. 2.9.1). Auch § 4 Abs. 5 NDSchG weist dem Landesamt diese Aufgabe schon in ausdrücklich bestimmten Fällen zu. Es sind daher keine Gründe zu erkennen, dass der Gesetzgeber das Landesamt nur für diese Fälle für kompetent und zuständig gehalten hat (ebenda). Eine Klage gegen das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege ist daher möglich; ob eine solche daneben auch gegen die untere Denkmalschutzbehörde statthaft ist, dem Eigentümer gleichsam ein entsprechendes Wahlrecht zusteht (so Wiechert, a.a.O., §§ 4, 5 Rn. 45), kann hier offen bleiben.
2. Bei dem Haupthaus der im Eigentum des Klägers stehenden Hofanlage H. 15 in J. handelt es sich um ein Baudenkmal in dem Sinne des § 3 Abs. 2 NDSchG, sodass die begehrte Feststellung nicht ergehen kann.
a. Gemäß § 3 Abs. 1 NDSchG sind Kulturdenkmale im Sinne des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes Baudenkmale, Bodendenkmale, bewegliche Denkmale und Denkmale der Erdgeschichte. Baudenkmale sind gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG bauliche Anlagen (§ 2 Abs. 1 NBauO), Teile baulicher Anlagen, Grünanlagen und Friedhofsanlagen, an deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht; diese Vorschrift beschreibt das Einzeldenkmal. Baudenkmal ist gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 NDSchG auch eine Gruppe baulicher Anlagen, die aus den in § 3 Abs. 2 NDSchG genannten Gründen erhaltenswert ist, unabhängig davon, ob die einzelnen baulichen Anlagen für sich Baudenkmale sind. Pflanzen, Frei- und Wasserflächen in der Umgebung eines Baudenkmals und Zubehör eines Baudenkmals gelten als Teile des Baudenkmals, wenn sie mit diesem eine Einheit bilden, die aus den in § 3 Abs. 2 NDSchG genannten Gründen erhaltenswert ist (3 Abs. 3 Satz 2 NDSchG). Die letztgenannten Bestimmungen regeln den sogenannten Ensembleschutz.
b. Das Fehlen der Denkmaleigenschaft des Haupthauses lässt sich zunächst nicht aus den Gründen des Urteils der erkennenden Kammer vom 26. März 2004 zum Aktenzeichen - 2 A 10/03 - herleiten. Soweit das erkennende Gericht hier ausgeführt hat, dass „Zweifel“ an der Schutzwürdigkeit des Gebäudes „nicht völlig abwegig erscheinen“ würden, und dass durchgeführte, nicht denkmalgerechte Maßnahmen der Vergangenheit „die Frage berechtigt erscheinen lassen [würden], ob dem Gebäude überhaupt noch Denkmalwert beizumessen ist“, handelt es sich allein um Rechts- oder Tatsachensätze, die für die Entscheidung nicht tragend geworden sind, so genannte „obiter dicta“, und die auch nur in die Gestalt einer offen gelassenen Frage gekleidet sind. Zudem sind diese Ausführungen - wie sich aus den folgenden Darlegungen ergibt - aufgrund des erst nach der fraglichen Entscheidung erstellten Sachverständigengutachtens, das das erkennende Gericht daher auch nicht in seine Entscheidungsfindung einbeziehen konnte, materiell falsch.
c. Die Kammer ist auf der Grundlage der sachverständigen Darlegungen des Denkmalpflegers des Beklagten einerseits und aufgrund der während der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder des streitigen Gebäudes andererseits überzeugt, dass es sich bei dem Haupthaus H. 15 um ein Einzeldenkmal i. S. von § 3 Abs. 2 NDSchG handelt. Das Haupthaus ist trotz einiger baulicher Veränderungen weiterhin sowohl denkmalfähig als auch denkmalwürdig.
Für die Beurteilung dieser Fragen ausschlaggebend ist das Urteil eines sachverständigen Betrachters, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen wird. Anders als im Baugestaltungsrecht kommt es nicht auf den sogenannten gebildeten Durchschnittsmenschen an, also auf das Empfinden jedes für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters, da die Beurteilung ein Vertrautsein mit dem zu schützenden Baudenkmal und seiner Epoche voraussetzt. Den entsprechenden Sachverstand vermittelt in erster Linie, aber nicht ausschließlich, das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege, dem nach der Aufgabenzuweisung des § 21 Abs. 1 NDSchG eine ganz besondere Sachkunde zukommt (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Juli 2014, - 1 LB 133/13 -, DVBl 2014, 1198 - 1200, mit weiteren Nachweisen aus seiner Rechtsprechung; Kleine-Tebbe/Martin, Denkmalrecht Niedersachsen, 2013, § 3 Nr. 6.1).
Das insoweit vom Landesamt vorgelegte Gutachten ist umfassend, stringent, logisch und von den denkmalschutzrechtlichen Begrifflichkeiten ausgehend für die Kammer in historischer Sicht überzeugend und schlüssig. Das Gutachten stimmt auch mit den anhand der Lichtbilder in der Akte getroffenen Feststellungen insbesondere in Bezug auf die Beschreibung der in ihm enthaltenen Details überein. Die Kammer folgt ihm daher, zumal der Kläger dieses Gutachten nur pauschal und allein mit Hinweis auf sein eigenes Empfinden in Frage zu stellen versucht hat. - Hiervon ausgehend geht auch der Einwand des Klägers fehl, der dem vorliegenden Gutachten eine Parteilichkeit unterstellen will; es ist vielmehr gerade Aufgabe und Existenzberechtigung des beklagten Amtes, diesen Sachverstand zu vermitteln. § 181 BGB enthält insoweit - entgegen der Auffassung des Klägers - keinen im öffentlichen Recht geltenden Rechtsgedanken; für einen Ausschluss des Gutachters nach § 20 VwVfG in Verbindung mit § 1 NdsVwVfG oder dessen Befangenheit nach § 21 VwVfG ist nichts erkennbar oder substantiiert vorgetragen.
Die entsprechende Aufgabe des Landesamtes führt im Übrigen auch dazu, dass ein gerichtliches Sachverständigengutachten nur dann einzuholen ist, wenn der vom Landesamt vermittelte Sachverstand zur Entscheidungsfindung nicht ausreicht (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Juli 2014, - 1 LB 133/13 -, DVBl 2014, 1198 - 1200). Eine solche Annahme - und das Ergehen eines von dem Bevollmächtigten des Klägers allein angeregten, nicht aber beantragten entsprechenden Beweisbeschlusses in der mündlichen Verhandlung - setzt aber voraus, dass das vorliegende Sachverständigengutachten des Beklagten hinreichend substantiiert angegriffen und nicht nur pauschal in seiner Richtigkeit angezweifelt wird. Daran fehlt es vorliegend.
d. Das Haupthaus H. 15 in J. ist auch weiterhin denkmalfähig. Sowohl seine geschichtliche als auch seine städtebauliche Bedeutung sprechen für seinen Erhalt. Geschichtliche Bedeutung hat ein Bauwerk, wenn es in irgendeiner Weise historische Ereignisse und Entwicklungen heute und für künftige Generationen anschaulich macht, dem Bauwerk also ein Aussagewert zukommt. Die geschichtliche Bedeutung eines Bauwerkes kann insofern darin liegen, dass ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder Schauplatz historischer Ereignisse ein Erinnerungswert zukommt oder aber es sich im Bewusstsein der Bevölkerung mit bestimmten politischen, kulturellen oder sozialen Verhältnissen seiner Zeit verbindet und damit einen Assoziationswert hat (Schmaltz/Wiechert, NDSchG, 2. Aufl. 2012, § 3 Rn. 21; ähnlich Kleine-Tebbe/Martin, Denkmalrecht Niedersachsen, 2013, § 3 Nr. 4.3.1).
Hier stellt das Haupthaus H. 15 in J. ein anschauliches Beispiel für die Geschichte des ländlichen Bauwesens im südwestlichen Osnabrücker Hügelland dar. Dem Haupthaus fällt insoweit sogar eine Schlüsselrolle zu, weil es zu den ersten gehört, bei denen beim bäuerlichen Hallenhaus die neue und sich dann durchsetzende Bauform des Vierständerbaus und das neue Material des verputzten Bruchsteinbaus angewendet wurden. Das Haupthaus ist ein bedeutendes Beispiel dafür, wie ein bauhistorischer Wandel mit sozial- und wirtschaftshistorischen Bedeutungen einhergeht, indem das Haupthaus die Vorreiterrolle dem herausgehobenen Sozialprestige und der besonderen Wirtschaftskraft des Meierhofes entsprechend übernimmt.
e. Neben seiner geschichtlichen Bedeutung als Beispiel für eine bauliche Entwicklung kommt dem Bauwerk eine städtebauliche Bedeutung zu. Das ist der Fall, wenn ein Bauwerk an seinem Standort das Stadt-, Orts- oder Landschaftsbild in einer charakteristischen Weise prägt. Dabei muss die Prägung gerade aus seiner geschichtlichen oder künstlerischen Bedeutung, also seinem Alters-, Erinnerungs- und Gestaltungswert herrühren, auch wenn diese für sich genommen die Denkmalfähigkeit nicht begründen kann. Dass ein Gebäude aus anderen Gründen das Stadtbild prägt, ist nicht ausreichend (Schmaltz/Wiechert, NDSchG, 2. Aufl. 2012, § 3 Rn. 29 ff.; Kleine-Tebbe/Martin, Denkmalrecht Niedersachsen, 2013, § 3 Nr. 4.5.1).
Hiervon ausgehend liegt die städtebauliche Bedeutung des Haupthauses darin, dass es sich um ein architektonisch anspruchsvolles, bauhistorisch in exemplarischer Weise aufschlussreiches Gebäude mit zusätzlichen historischen und kulturlandschaftsprägenden Dimensionen handelt, dessen bedeutungstragende Elemente in überzeugender Anschaulichkeit erhalten sind.
f. Der Erhalt des Haupthauses liegt schließlich im öffentlichen Interesse, sodass Denkmalwürdigkeit besteht. Dabei ist von der Wertung des Gesetzgebers auszugehen, dass nicht jedes denkmalfähige Bauwerk zugleich denkmalwürdig ist. Es bedarf mithin einer Bewertung des Gewichts der für die Bejahung der Denkmalfähigkeit maßgeblichen Gründe, nicht aber einer Abwägung mit gegenläufigen Interessen Dritter; diese Abwägung findet vielmehr auf der Ebene der §§ 7, 10 NDSchG statt (Kleine-Tebbe/Martin, Denkmalrecht Niedersachsen, 2013, § 3 Nr. 5.2.1.2). Von Bedeutung sind im Hinblick auf die geschichtliche Bedeutung Alter und Seltenheit des Bauwerks, seine Originalität, sein Erhaltungszustand, im Hinblick auf die städtebauliche Bedeutung vor allem Art und Ausmaß der prägenden Wirkung. (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Juli 2014, - 1 LB 133/13 -, DVBl 2014, 1198 - 1200).
Hiervon ausgehend ist das Haupthaus H. 15 in J. denkmalwürdig. Zwar sind Dachdeckung und Fenster sowie Haustür erneuert worden. Dies ist aber bei Bauteilen, die einem stärkeren Verschleiß als die übrige Bausubstanz ausgesetzt sind, nach fast 200 Jahren der Normalfall. Soweit die in der letzten Zeit eingesetzten Kunststofffenster nicht denkmalpflegerischen Standards entsprechen, schmälern diese Baumaßnahmen weder die Wandgliederung, noch die Formate, noch die Sandsteinrahmung als die wesentlicheren und dauerhafteren Elemente. Wegen der Reversibilität des Eingriffs und der Abnutzung derartiger Bauteile ist zudem von einer Wiederherstellung des historischen Erscheinungsbildes in der Zukunft auszugehen. Soweit kurz nach dem 1. Weltkrieg mit einem Umbau des Wohnteils und vor allem des ehemaligen Fletts ein weiterer, größerer Eingriff erfolgte - insbesondere dadurch, dass im Dachgeschoß auf beiden Traufseiten dreiachsige und zweigeschossig ausgebaute, abgewalmte Zwerchhäuser eingebaut wurden -, folgt diese Maßnahme auch nach Ansicht der Kammer und der gutachtlichen Stellungnahme des beklagten Amtes und durch die Lichtbilder anschaulich belegt einer gestalterisch gelungenen Neuorientierung und knüpft direkt am Stil des Ursprungsbaus an; die Kammer hätte ohne die Kenntnis der Geschichte des Baudenkmales die Zwerchhäuser nach ihrer optischen Wirkung sogar dem ursprünglichen Baubestand zugeordnet. Auch nach Ansicht der Kammer ist dieser Umbau daher als denkmalkonstitutiv zu betrachten und steht der Denkmalwürdigkeit nicht entgegen.
Handelt es sich mithin bei dem Haupthaus H. 15 in J. um ein Baudenkmal gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG, so kommt die begehrte Feststellung nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Kammer lässt auf der Grundlage des § 124 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO die Berufung zu, da sie bezüglich der Passivlegitimation von einer Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 15. Juli 2014, - 1 LB 133/13 -, DVBl 2014, 1198 - 1200) abweicht.