Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.05.1991, Az.: 5 L 85/89

Änderung der Regelbeurteilung; Beamtenrecht; Beamtenbeförderung; Regelbeurteilung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.05.1991
Aktenzeichen
5 L 85/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1991, 13167
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1991:0528.5L85.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 16.02.1989 - AZ: 3 OS A 58/88
nachfolgend
BVerwG - 26.08.1993 - AZ: BVerwG 2 C 37.91

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 3. Kammer Osnabrück - vom 16. Februar 1989 geändert.

Die Bescheide der Beklagten vom 20. Juli 1987 und vom 25. Januar 1988 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger neu zu beurteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Der im Jahre 1941 geborene Kläger trat nach dem Besuch der Volksschule, nach einer 3 1/2-jährigen Lehre zum Maschinenschlosser und anschließender 5-jähriger Gesellentätigkeit am 1. April 1965 in den mittleren Zolldienst der Beklagten ein. Am 1. April 1969 wurde er zum Zollsekretär, am 22. November 1971 zum Zollobersekretär und am 25. April 1986 zum Zollhauptsekretär ernannt. Seit Oktober 1980 wurde er beim Hauptzollamt ... als Abfertigungsbeamter für den Warenverkehr zunächst an der Abfertigungsstelle ... Straße und seit Januar 1985 bei der Abfertigungsstelle Güterbahnhof verwendet.

2

In der Regelbeurteilung 1987 vom 1./2. April 1987 (Beurteilungsstichtag: 1. April 1987; Beurteilungszeitraum: 1. Oktober 1983 - 1. April 1987) beurteilten der Vorsteher des Hauptzollamts ..., Oberregierungsrat ..., als Dienstvorgesetzter und der Leiter des Sachgebiets "Abfertigung", Zollamtsrat ..., als Berichterstatter die dienstlichen Leistungen des Klägers mit dem Gesamturteil "entspricht noch den Anforderungen". In Abschnitt IV "Zusammenfassende Beurteilung der Leistung und Eignung" heißt es:

3

"Mittelgroß, untersetzt; unauffällige Erscheinung. Eigenwilliger Charakter; ungezwungenes Wesen.

4

Gegenüber Vorgesetzten freimütig und ungezwungen, findet nicht immer den richtigen Ton; zu Kollegen kollegial; um Anerkennung bemüht.

5

Kann selbständig arbeiten, hat Blick für das Wesentliche und Sinn für praktische Lösungen.

6

Knapp ausreichende Fähigkeiten, Kenntnisse und Leistungen.

7

Der Beamte ist geeignet zum Zollhauptsekretär."

8

Den Antrag des Klägers auf Änderung der Regelbeurteilung 1987 lehnte der Vorsteher des Hauptzollamtes ... durch Bescheid vom 20. Juli 1987 ab. Den vom Kläger gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies der Bundesminister der Finanzen durch Bescheid vom 25. Januar 1988, dem Kläger zugestellt am 16. Februar 1988, als unbegründet zurück.

9

Mit seiner am 15. März 1988 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Wenn er im Beurteilungszeitraum unterschiedliche Dienstposten innegehabt und hierbei unterschiedliche Leistungen gezeigt habe, müsse dies in der Gesamtbeurteilung auch differenzierend berücksichtigt werden. Daß er sich auf dem Dienstposten eines Zollhauptsekretärs bewährt habe, ergebe sich bereits aus dem seiner Beförderung zugrundeliegenden Vorschlag des Vorstehers des Hauptzollamtes ... nach dem er sich 17 Monate lang auf dem einem Zollhauptsekretär zugeordneten Dienstposten E 8 b bewährt habe. Bei richtiger Auslegung der Beurteilungsrichtlinien hätte die Berichterstattung für die Beurteilung auch nicht dem erst vier Wochen auf dem Dienstposten des Sachgebietsleiters "Abfertigung" tätigen ZAR ... übertragen werden dürfen. Vielmehr hätte dessen Amtsvorgänger als Berichterstatter für die Gremiumsbesprechung zur Beurteilung herangezogen werden müssen. Es treffe auch nicht zu, daß ihm im Beurteilungszeitraum Mängel in seinen dienstlichen Leistungen wiederholt deutlich gemacht worden seien.

10

Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid des Vorstehers des Hauptzollamts ... vom 20. Juli 1987 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. Januar 1988 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die ihn betreffende dienstliche Beurteilung vom 1./2. April 1987 aufzuheben.

12

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

14

Das Verwaltungsgericht hat darüber Beweis erhoben, ob und in welcher Weise die im Beurteilungszeitraum vor der Beförderung zum Hauptsekretär liegende Leistung des Klägers in der dienstlichen Beurteilung vom 1./2. April 1987 Berücksichtigung gefunden hat. Hierzu hat es den Oberregierungsrat a.D. ... als Zeugen vernommen sowie außerdem den ZAR ... und den ZOI ... angehört. Alsdann hat es durch Urteil vom 16. Februar 1989 die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die vom Kläger angegriffene dienstliche Beurteilung leide nicht an einem der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegenden Fehler. Entsprechend den Beurteilungsrichtlinien sei der Kläger von dem gemäß Nummern 11 und 12 BRZV zuständigen Vorsteher des Hauptzollamts ... beurteilt worden; als Berichterstatter habe dabei der gemäß Nr. 5 b der Anlage 4 der BRZV zuständige Sachgebietsleiter des Hauptzollamtes, der Zollamtsrat ... mitgewirkt. Auch die in den Beurteilungsrichtlinien für Regelbeurteilungen vorgesehene Gremiumsbesprechung sei hier durchgeführt worden; der Beurteiler habe erklärtermaßen sein Gesamturteil auf der Grundlage der vergleichenden Wertung der Gremiumsbesprechung getroffen. Das Gesamturteil "Entspricht noch den Anforderungen" sei eine ausdrücklich in Nr. 25 BRZV der Richtlinien für das Gesamturteil genannte Bewertungsstufe. Es stehe im Ermessen des Dienstherrn, eine solche Bewertungsstufe aufzustellen. Zu Recht hätten der Beurteiler und der Berichterstatter den Kläger auch nach dem Amt beurteilt, das er am hier maßgebenden Beurteilungsstichtag, dem 1. April 1987, innegehabt habe. Dies ergebe sich ohne weiteres aus Nr. 19 BRZV und entspreche auch allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen, nach denen die Beurteilung insbesondere auch dazu diene, die Beamten im Rahmen von Beförderungsentscheidungen nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu qualifizieren. Im Rahmen von Beförderungsentscheidungen trete der Beamte aber grundsätzlich nur in Konkurrenz mit solchen Beamten, die das gleiche statusrechtliche Amt innehaben. Daß die dienstlichen Leistungen des Klägers nur an dem zuletzt innegehabten Amt des Zollhauptsekretärs und dem nächsten Beförderungsamt, nicht jedoch auch an dem Amt des Zollobersekretärs gemessen worden seien, führe zwar in den Fällen, in denen - wie hier - während des der Regelbeurteilung zugrundeliegenden Beurteilungszeitraumes eine Beförderung erfolgt sei, der Sache nach zu einer Verkürzung des Beurteilungszeitraumes. Die dahingehende Entscheidung des Dienstherrn sei jedoch nicht zu beanstanden, weil hierfür ein sachlicher Grund gegeben sei und im übrigen den berechtigten Belangen des Beamten dadurch genügt werde, daß der Dienstherr in allen vergleichbaren Fällen gleichmäßig so verfahre. Der Beurteiler und der Berichterstatter hätten ihre Beurteilung auch auf eine hinreichende Tatsachengrundlage gestützt. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, daß ein Beurteiler seine Beurteilung nicht ausschließlich auf unmittelbar eigene Wahrnehmungen zu stützen habe, sondern ihr auch tatsächliche Feststellungen Dritter zugrunde legen könne. Im vorliegenden Fall hätten der Beurteiler und der Berichterstatter nur einen begrenzten Einblick in die Leistungen des Klägers gehabt. Die ihnen insoweit fehlende eigene Wahrnehmung hätten sie jedoch durch Einholung von Auskünften beim ZAR a.D. ..., dem früheren Sachgebietsleiter Abfertigung, und dem ZOI ..., dem Dienststellenleiter der Abfertigungsstelle Güterbahnhof, ausgeglichen. Erfolge ein Wechsel im Amt des Sachgebietsleiters kurz vor dem Beurteilungsstichtag, so könne dies den neuen Amtsinhaber lediglich verpflichten, bei seinem Amtsvorgänger Erkundigungen einzuholen. Dies sei hier geschehen. Soweit der Kläger einwende, seine Leistungen hätten tatsächlich besser bewertet werden müssen, sei sein Einwand unbegründet. Der Beurteiler und der Berichterstatter hätten die Grundlagen ihrer Beurteilung und das Gesamturteil hinreichend plausibel gemacht.

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Gegen dieses ihm am 5. Juni 1989 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 28. Juni 1989 eingelegten Berufung, zu deren Begründung er vorträgt: Die dienstliche Beurteilung vom 1./2. April 1987 sei rechtsfehlerhaft, weil der zugrundeliegende Beurteilungszeitraum fehlerhaft angegeben worden sei. Vor seiner am 25. April 1986 erfolgten Beförderung zum Zollhauptsekretär hätte, da die letzte Regelbeurteilung 2 1/2 Jahre zurückgelegen habe, eine aktuelle Beurteilung erfolgen müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Es könne nicht sein, daß der Beamte nach dem Wortlaut der Beurteilung über einen Zeitraum von 3 1/2 Jahren mit einer unterdurchschnittlichen Note beurteilt werde, obwohl die Beurteilung tatsächlich sich nur auf einen Zeitraum von einem Jahr bezieht. Aus der Beurteilung sei nicht ersichtlich, daß während des Beurteilungszeitraumes eine Beförderung erfolgt sei. Aufgrund seiner dem Beamten gegenüber obliegenden Fürsorge sei der Dienstherr verpflichtet, in der Beurteilung den tatsächlich seiner Beurteilung zugrundeliegenden Zeitraum anzugeben. Die Beurteilung sei auch deshalb rechtswidrig, weil der Berichterstatter, ZAR ... zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Beurteilung erst vier Wochen der Vorgesetzte des Klägers gewesen sei. Grundsätzlich müsse der Beurteiler einen persönlichen Überblick über die Kenntnisse und Fähigkeiten des zu beurteilenden Beamten haben. Er dürfe und müsse auch auf Eindrücke Dritter zurückgreifen, wenn ihm persönlich die Kenntnisnahme verwehrt gewesen sei. Doch hätte hier der Vorgesetzte mit der Regelbeurteilung warten müssen. ZAR ... sei auch nicht befugt gewesen, an der Beurteilung mitzuwirken. In Gegenwart des ZOI ... habe er erklärt, daß er den Kläger "mit der Beurteilung kriegen wolle". Mit diesem Ausdruck habe er klar zu verstehen gegeben, daß er dem Kläger nicht wohlgesonnen sei und ihm in irgendeiner Weise schaden wolle.

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Der Kläger beantragt,

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das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 20. Juli 1987 und vom 25. Januar 1988 zu verpflichten, ihn neu zu beurteilen,

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hilfsweise,

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die Beklagte zu verpflichten, die Beurteilung 1987 um den Beurteilungszeitraum und den Hinweis zu ergänzen, daß er während des Beurteilungszeitraums befördert worden sei.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig und macht sich die Gründe des angefochtenen Urteils zu eigen. Sie weist darauf hin, daß das bei der Beurteilung der Zollbeamten zu beachtende Verfahren in den Richtlinien für die Beurteilung der Beamten der Zollverwaltung geregelt sei. Die vom Kläger erwähnten Richtlinien über die Beurteilung bestimmter Beamtengruppen im Dienst eines Bundeslandes seien hier nicht anwendbar. In der Zollverwaltung gehörten ca. 6700 Beamte der Besoldungsgruppe A 7 und ca. 5500 Beamte der Besoldungsgruppe A 8 an. Um für diesen großen Personenkreis eine möglichst optimale und auch gerechte Verteilung der zur Verfügung stehenden Beförderungsmöglichkeiten mit dem geringstmöglichen Verwaltungsaufwand sicherzustellen, sei für die Zollverwaltung ein an Zeitrhythmen angelegtes periodisches Beurteilungsverfahren vorgesehen. Zu den vom Bundesminister der Finanzen entsprechend der Nr. 18 BRZV bestimmten Stichtagen würden bundesweit alle die Zollbeamten nach Eignung und Leistung miteinander verglichen, die am Stichtag eben dieser Besoldungsgruppe angehören. Der Beurteilungszeitraum bemesse sich dabei grundsätzlich für alle zu beurteilenden Beamten nach der Zeitspanne zwischen dem vorherigen und dem aktuellen Stichtag der zur Beurteilung heranstehenden Beamten der jeweiligen Besoldungsgruppe. Das vom Kläger geforderte Abweichen von dieser Systematik hätte zur Folge, daß in der Zollverwaltung mit erheblichem Aufwand permanent beurteilt werden müßte. Des weiteren entstünden dabei Beurteilungen, die mangels Vergleichbarkeit ihrer eigentlichen Zweckbestimmung als Auswahlgrundlage für Personalentscheidungen nicht mehr dienen könnten. Zwar müsse ein Beamter auch im Zeitpunkt der Beförderung die für die Ernennung geforderten Voraussetzungen (z.B. §§ 8 und 23 BBG und §§ 11 und 12 BLV) erfüllen. Diese Feststellung brauche jedoch nicht in Form einer dienstlichen Beurteilung erfolgen. Die Tatsache seiner Beförderung im Beurteilungszeitraum ergebe sich hinreichend klar und eindeutig aus dem Abschnitt I der Beurteilung, wo das Allgemeine Dienstalter des Klägers in der Besoldungsgruppe A 8 mit dem 1. April 1986 angegeben sei.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A - C) Bezug genommen.

24

II.

Die Berufung des Klägers ist rechtzeitig eingelegt und auch im übrigen zulässig. Sie ist auch begründet.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die angefochtenen Bescheide, mit denen es die Beklagte abgelehnt hat, die vom Kläger angegriffene dienstliche Beurteilung vom 1./2. April 1987 zu ändern, rechtswidrig.

26

Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend dargelegt hat, ist die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von dienstlichen Beurteilungen darauf beschränkt zu prüfen, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, vgl. z.B. Urt. d. erkennenden Senats v. 30. 1. 1990 - 5 OVG A 193/87 -, 5-8977). Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, so ist er aufgrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zu ihrer Beachtung verpflichtet. Das Gericht kann überprüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27. 5. 1982 - 2 A 1.81 -, DÖD 1983, 31 = RiA 1983, 26). Die Richtlinien für die Beurteilung der Beamten der Zollverwaltung in der ab 1. April 1976 geltenden Fassung (MinBlFin 1976, 462) - BRZV - sind Verwaltungsvorschriften in dem eben bezeichneten Sinne, an die sich die Beklagte in verfahrensrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht halten muß.

27

Die Überprüfung der vom Kläger angegriffenen dienstlichen Beurteilung nach den soeben angeführten Grundsätzen ergibt, daß diese rechtsfehlerhaft ist.

28

Allerdings kann ein Rechtsfehler nicht schon darin gesehen werden, daß Zollamtsrat ... an der dienstlichen Beurteilung als Berichterstatter mitgewirkt hat, obwohl er erst vier Wochen vor dem Beurteilungsstichtag der Vorgesetzte des Klägers geworden war. Die dahingehende Rüge des Klägers ist nicht begründet. Zuständig für die Abgabe der dienstlichen Beurteilung ist der vom Dienstherrn betraute Dienst- oder Fachvorgesetzte (vgl. BVerwG, Urt. v. 12. 3. 1987 - 2 C 36.86 -, ZBR 1988, 63). Als Berichterstatter war gemäß Nr. 5 b der Anlage 4 der BRZV zuständige Sachgebietsleiter des Hauptzollamtes, der Zollamtsrat ..., berufen. In den Beurteilungsrichtlinien ist nicht vorgeschrieben, daß der zu beurteilende Beamte dem Berichterstatter bereits eine bestimmte Zeit unterstellt gewesen sein muß, damit dieser seine Beurteilung abgeben kann (zu einem solchen Fall vgl. OVG Münster, Urt. v. 30. 8. 1990 - 1 A 2418/87 -). Fehlt - wie hier - in den Beurteilungsrichtlinien eine abweichende Regelung, so setzt die Abfassung einer dienstlichen Beurteilung nicht voraus, daß der Beurteiler die Eignung und Leistung des Beurteilten aus eigener Anschauung während des gesamten Beurteilungszeitraumes kennt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 27. 10. 1988 - 2 A 2.87 -, Buchholz 312.1 § 40 BLV Nr. 12), welcher der erkennende Senat folgt, kann der beurteilende Beamte sich die notwendigen Kenntnisse verschaffen und sich u.a. auf Arbeitsplatzbeschreibungen, schriftliche Arbeiten des Beamten und vor allem auch auf Berichte von dritter Seite stützen. Wie das Verwaltungsgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt hat, hat der Berichterstatter die ihm fehlende Kenntnis des Leistungsstandes des Klägers aus eigener Wahrnehmung durch Einholung von Auskünften von dritter Seite ausgeglichen. Dieses Verfahren steht im Einklang mit den Beurteilungsrichtlinien und verstößt auch sonst nicht gegen allgemeine Grundsätze des Beurteilungswesens.

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Die dienstliche Beurteilung ist auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil ZAR ... als Berichterstatter dem Kläger gegenüber befangen gewesen wäre. Der Kläger leitet die Befangenheit des Berichterstatters aus dessen gegenüber dem ZOI ..., dem Leiter der Abfertigungsstelle Güterbahnhof, abgegebenen Äußerung her, er wolle "den Kläger mit der dienstlichen Beurteilung kriegen". Ein Verstoß gegen die Forderung sachgemäßen, unparteiischen und unvoreingenommenen Verwaltungshandelns liegt nicht schon dann vor, wenn bei einem Vorgesetzten die Besorgnis der Befangenheit besteht, sondern erst dann, wenn er tatsächlich befangen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12. 3. 1987 - 2 C 36.86 -, ZBR 1988, 63). Die Äußerung des Berichterstatters ist bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise nicht geeignet, ihn als befangen anzusehen. Diese Annahme ist schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Kläger nach Aussage seiner Vorgesetzten nach seiner Beförderung zum Zollhauptsekretär in seinen Leistungen nachgelassen hatte und deshalb durchaus ein sachlicher Anlaß bestand, diesen Umstand bei der dienstlichen Beurteilung zu berücksichtigen und auf diese Weise den Kläger anzuspornen, seine Einstellung gegenüber seinen dienstlichen Verpflichtungen zu verbessern. Eine dienstliche Beurteilung dient nicht nur als Grundlage für Personalentscheidungen, insbesondere Beförderungen, sondern hat auch den Zweck, den Beamten auf Schwächen in seinen Leistungen hinzuweisen und ihm auf diese Weise Gelegenheit zu geben, seinen Leistungsstand zu verbessern. Jedenfalls führt die aus der subjektiven Sicht des Klägers begründete Besorgnis der Befangenheit des Beurteilers noch nicht zur Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung.

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Die Beurteilung verstößt nicht gegen die Beurteilungsrichtlinien. Die Beklagte hat Nr. 19 BRZV beachtet, wonach die Beamten in dem Amt zu beurteilen sind, das sie am Beurteilungsstichtag innehaben. Das bedeutet, daß die Leistungen des Klägers mit denjenigen der Beamten der Besoldungsgruppe A 8 zu vergleichen waren. Dies führt dazu, daß der Beurteilung ein anderer, nämlich ein strengerer Maßstab zugrunde liegt als der vorangegangenen Beurteilung, bei der die Leistungen des Klägers mit anderen Zollobersekretären verglichen worden waren.

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Rechtsfehlerhaft ist die angegriffene Beurteilung indessen, weil ihr ein Beurteilungszeitraum (1. Oktober 1983 bis 1. April 1987) zugrunde gelegt worden ist, in dem der Kläger sowohl als Zollobersekretär (bis 25. April 1986) als auch als Zollhauptsekretär tätig war. Zwar ist in der Regel der Beurteilungszeitraum die Zeit seit der letzten Regelbeurteilung bis zu dem für die neue Regelbeurteilung gemäß Nr. 18 BRZV festgesetzten Beurteilungsstichtag (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Art. 118 E 10 a). Das gilt jedoch nicht in den Fällen, in denen der Beamte - wie hier - während dieses Zeitraumes befördert worden ist. Da, wie bereits erwähnt, bei der Regelbeurteilung gemäß Nr. 19 BRZV die Anforderungen des am Beurteilungsstichtag innegehabten Amtes maßgebend sind, verkürzt sich in diesen Fällen der Beurteilungszeitraum auf die Zeit seit der Beförderung (vgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, 1986, RdNr. 316; BVerwG, Urt. v. 7. 6. 1984 - 2 C 52.82 -, DVBl 1984, 1221 = ZBR 1985, 53 = NJW 1985, 1095 = RiA 1985, 10; Urt. d. erk. Senats v. 6. 10. 1987 - 5 OVG A 4/85 -, 5-7665). Anderenfalls würden in die Beurteilungszeiträume Zeiten verschiedener "Qualität" einbezogen, im vorliegenden Fall also auch die Zeit, während derer der Kläger das Amt eines Zollobersekretärs bekleidete. Dies ist sachlich nicht zu rechtfertigen, weil dadurch der Aussagewert der Regelbeurteilung hinsichtlich der Vergleichbarkeit mit anderen gleichzeitig beurteilten Beamten, die während des gesamten Beurteilungszeitraums seit der letzten Regelbeurteilung das Amt eines Zollhauptsekretärs innegehabt haben, beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 7. 6. 1984, aaO). Der Kläger war immerhin während des weit überwiegenden Teils des Beurteilungszeitraums (mehr als zwei Drittel) in dem niedrigeren Statusamt tätig. Es handelt sich mithin nicht um einen unbedeutenden Zeitanteil. Die Unterteilung des Beurteilungszeitraums in die Zeit vor und nach der Beförderung ist auch deshalb geboten, weil sonst unberücksichtigt bliebe, daß der Kläger in der Zeit vor der Beförderung bereits 17 Monate auf dem höherwertigen Dienstposten eines Zollhauptsekretärs tätig gewesen ist. Dieser Umstand ist nach der Rechtsprechung bei der Beurteilung besonders zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 2. 4. 1981 - 2 C 13.80 -, ZBR 1981, 315).

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Wegen dieses Rechtsfehlers sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Bei der neu zu erteilenden Beurteilung ist als Beurteilungszeitraum die Zeit von der Beförderung (25. 4. 1986) bis zum Beurteilunsstichtag (1. 4. 1987) anzugeben. Was den von dieser Beurteilung nicht erfaßten Zeitraum vom 1. Oktober 1983 bis zum 24. April 1986 angeht, so steht es im Ermessen der Beklagten, ob sie dem Kläger für diese Zeit eine Beurteilung ausstellt oder, gegebenenfalls im Einverständnis mit dem Kläger, von einer Beurteilung ganz absieht.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten auf § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO.

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Die Revision war zuzulassen, weil der Frage, wie der Beurteilungszeitraum zu bemessen ist, wenn der Beamte seit der letzten Regelbeurteilung befördert worden ist, rechtsgrundsätzliche Bedeutung zukommt. Das erwähnte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juni 1984 - 2 C 52.82 - betrifft einen Fall, der nicht in jeder Beziehung mit dem vorliegenden vergleichbar ist. Die Gründe dieser Entscheidung sind im Hinblick auf den Fall des Klägers nicht eindeutig und lassen neben der vom Senat für richtig gehaltenen Auslegung auch eine abweichende Interpretation zu.

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Schilling

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Dr. Thiedemann

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Nelle