Amtsgericht Leer
Urt. v. 28.09.2009, Az.: 71 C 610/09 (I)
Bibliographie
- Gericht
- AG Leer
- Datum
- 28.09.2009
- Aktenzeichen
- 71 C 610/09 (I)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 44805
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGLEER:2009:0928.71C610.09I.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Leer auf die mündliche Verhandlung vom 14.09.2009 durch den Direktor des Amtsgerichts Absolon
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.)
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- 3.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- 4.)
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger verlangt nach einem Schadensfall an seiner Heizungsanlage im Februar 2008 Erstattung der Reparaturkosten aus der mit der Beklagten abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung sowie Feststellung des ungekündigten Fortbestehens der Versicherung.
Die seit langem nicht mehr gewartete Anlage war durch eine Verpuffung eines Gas-Luftgemisches im Bereich der Brennerkartusche beschädigt worden, in dem das Gehäuse sowie der Brennerflansch verformt wurden. Das Gehäuse war durch Korrosion vorgeschädigt.
Zur Verpuffung war es gekommen, weil das Gas-Luftgemisch wegen starker Verschmutzungen nicht ordnungsgemäß verbrennen konnte.
Aufgrund dieser Feststellungen eines Privatgutachters vom 26.03.2008 kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 10.04.2008 den Versicherungsvertrag und verweigerte die Leistung.
Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers, welcher der Meinung ist, nicht gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen zu haben, weil die Anlage in gesetzmäßiger Weise vom Schornsteinfeger gekehrt und abgenommen worden sei. Wartungspflichten seien nur Empfehlungen der Hersteller zur Verlängerung der Lebensdauer der Anlagen, nicht aber aus Sicherheitsgründen erforderlich.
Der Kläger beantragt,
- 1.)
festzustellen, dass das Versicherungsverhältnis über eine Wohngebäudeversicherung zur Versicherungsschein-Nr. F.... ungekündigt fortbesteht und nicht durch eine mit Datum vom 10.04.2008 ausgesprochene Kündigung wegen Obliegenheitsverletzung erloschen ist;
- 2.)
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger aus der bestehenden Wohngebäudeversicherung F.... Versicherungsleistungen in Höhe von 2 826,01 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2008 zu zahlen;
- 3.)
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten durch Zahlung eines Betrages in Höhe von 316,18 € an die Rechtsanwälte Dr. F.... freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, der Schaden falle nicht unter das versicherte Risiko, da kein Brand vorgelegen habe, was unstreitig ist.
Außerdem habe der Kläger gegen Sicherheitsbestimmungen verstoßen und die Anlage nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand gehalten.
Wegen aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Schaden fällt schon deshalb nicht unter das versicherte Risiko, weil es - unstreitig - zu keinem Brand gekommen ist, so dass keine Eintrittspflicht der Beklagten gemäß § 5 Ziff. 1 VGB 88 besteht. Ein Brand im Sinne der Versicherungsbestimmungen liegt nur vor, wenn ein Feuer die vorgegebene Umschließung der Feuerstelle verlassen hat, sich weiter ausbreitet und durch das Verbrennen Schäden hervorruft. Das war hier nicht der Fall, da der Schaden in erster Linie auf einer Verpuffung beruht, die möglicherweise mit einer Stichflamme verbunden war, welche aber nicht schadensursächlich gewesen ist.
Darüber hinaus besteht Leistungsfreiheit und auch ein Kündigungsrecht der Beklagten, da dem Kläger eine Obliegenheitspflichtverletzung vorzuwerfen ist; denn er hat gegen § 11 Nr. 1b VGB 88 verstoßen, da er die Anlage nicht in ordnungsgemäßem Zustand gehalten hat.
Der Privatgutachter S.... dessen Ausführungen die Beklagte sich zu eigen macht und die deshalb als qualifiziertes Parteivorbringen zu werten sind, hat ausgeführt, dass im oberen Bereich des Brennerflansches Anlaufspuren infolge permanenter starker Hitzeeinwirkungen vorhanden waren sowie starke Ablagerungen im Bereich des Abgassammlers. Weiter hat er festgestellt, dass sich im unteren Bereich langanhaltende Undichtigkeiten im Bereich der Kondensatentwässerung befanden. Das hatte zur Folge, dass das Kondensat über einen längeren Zeitraum aus dem Brennerraum gelaufen ist und zu Korrosionsschäden im Bereich des Gebläses sowie der nachgeschalteten Aluminiumteile geführt hat. Auch der Brenner sei beschädigt gewesen, weil dort starke Ablagerungen und Festteile in der Brennerkartusche vorhanden gewesen seien.
Darüber hinaus hat der Sachverständige Mängel der Dichtung des Brennerflansches beanstandet; diese sei nur noch zu 50 % vorhanden gewesen. Die restlichen Elastomerabdichungen fehlten. Die vorhandene Abdichtung habe Spuren eines sehr langen Betriebes gezeigt und sei stark brüchig und verhärtet gewesen. Diese Abdichtung sei für den Betrieb des Brenners zwingend erforderlich, da über diese die bei der Verbrennung entstehenden Verbrennungsgas- und Abgasgemische im Brennerraum gezündet und abgeführt würden.
Diesen Feststellungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegen getreten, so dass sie als zugestanden gelten, § 138 Abs. 3 ZPO.
Als Schadensursache hat der Sachverständige ermittelt, dass sich durch die starken Verschmutzungen im Bereich der Brennerkartusche ein Gas-Luftgemisch gebildet habe, welches nicht bestimmungsgemäß verbrannt worden sei und somit ab einer gewissen Konzentration zu einer starken Verpuffung habe führen können. Dadurch hätten sich das Gehäuse und der Brennerflansch verformt.
Auch diesen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen.
Der Zustand der Anlage belegt, dass über einen längeren Zeitraum keine Wartung oder auch nur eine verantwortliche Überprüfung des Zustandes erfolgt sein kann. Bei gasbetriebenen Brennern sind Wartungsvorschriften nicht nur Empfehlungen, sondern Hinweise auf Einhaltung von Sicherungsmaßnahmen, um Personen- und Sachschäden zu vermeiden. Dabei kann dahinstehen, ob tatsächlich jährliche Wartungen erforderlich sind; jedenfalls müssen gasbetriebene Brenner von Zeit zu Zeit gereinigt und gewartet werden und zumindest sind Zustandsüberprüfungen durch Fachleute in regelmäßigen Abständen erforderlich, um hinreichende Sicherheit zu gewährleisten. Da der Kläger diesen Obliegenheiten offensichtlich nicht einmal ansatzweise nachgekommen ist, ist ihm grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen; denn er hat die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und nicht das beachtet, was im Streitfall jedem einleuchten musste (BGH NJW 2007, 2988 [BGH 11.07.2007 - XII ZR 197/05]). Diese entfällt auch nicht dadurch, dass der Schornsteinfeger die Anlage in gesetzmäßiger Weise überprüft hat, weil dieser lediglich den Schornstein reinigt und Abgasüberprüfungen vornimmt. Seine Tätigkeit beschränkt sich darauf, die Abgaswerte zu ermitteln und festzustellen, ob sich diese noch im gesetzlichen Rahmen halten.
Nach der Rechtsprechung sind für die Wartung technischer Anlagen die Warn- und Sicherheitshinweise des Herstellers zu beachten, um insbesondere den Sicherheitsanforderungen zu genügen. Da das nicht geschehen ist - und zwar grob fahrlässig - besteht für die Beklagte gemäß § 11 Ziff. 2 VGB 88, 61 VVG a.F. Leistungsfreiheit, weshalb die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abgewiesen werden musste.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 Nr. 11, 711 ZPO.