Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 16.02.2009, Az.: 7 B 256/08
Bewerbungsverfahrensanspruch; Dienstliche; Gesamtnotenbildung; Konkurrenten; Plausibilität; offensichtlich rechtswidrig
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 16.02.2009
- Aktenzeichen
- 7 B 256/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 43832
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2009:0216.7B256.08.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- Art. 19 Abs. 4 GG
- Art. 33 Abs. 2 GG
Fundstellen
- PersV 2010, 263-266
- ZfPR online 2010, 18 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
Ein unterlegener Bewerber um eine Stelle kann die Rechtswidrigkeit der eigenen dienstlichen Beurteilung im Rahmen des Bewerbungsverfahrensanspruchs geltend machen.
Der Bewerbungsverfahrensanspruch muss auch dann als verletzt angesehen werden, wenn die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der ausgewählten Konkurrenten offensichtlich rechtswidrig sind (hier: Plausibilität der Gesamtnotenbildung).
Tenor:
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, zwei Stellen der Besoldungsgruppe A 12 BBesO mit den Beigeladenen oder einer sonstigen Person zu besetzen, solange nicht über die Auswahlentscheidung vom 03.12.2008 bestandskräftig entschieden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht für erstattungsfähig erklärt werden.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12 029,16 festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller konkurriert mit den Beigeladenen um die Besetzung zweier Stellen der Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung (BBesO).
Er ist bei dem Antragsgegner als Regierungsamtmann (A 11 BBesO) tätig. In der dienstlichen Beurteilung vom 12.09.2008 bewertete der Antragsgegner für den Beurteilungszeitraum 15.01.2004 bis 30.06.2008 die dienstlichen Leistungen des Antragstellers mit der Gesamtnote B. - übertrifft erheblich die Anforderungen. Die Beigeladene zu 1. erhielt in der dienstlichen Beurteilung vom 11.09.2008 die Gesamtnote A. - übertrifft in hervorragender Weise die Anforderungen. Bei der Bewertungsstufe A. handelt es sich um die höchste Bewertungsstufe. Dabei erhielt sie von den 14 Einzelleistungsmerkmalen sechsmal die Bewertung A. und achtmal die Bewertungsstufe B. Keines der Einzelmerkmale wurde dabei besonders gewichtet. Unter Ziffer 4.3 enthält die Beurteilung folgende Begründung für die Vergabe der Gesamtbewertung:
"In Zeiten von sehr großem Arbeitsanfall und knappen Personalressourcen schafft es Frau F., unter hohem Termindruck ihre Aufgaben souverän in sehr guter fachlicher Qualität, effizient und termintreu zu erledigen."
Der Antragsgegner bewertete auch für den Beigeladenen zu 2. in dessen Beurteilung vom 14.08.2008 die dienstlichen Leistungen mit der Gesamtnote A. Er erhielt in der Beurteilung von den Einzelleistungsmerkmalen zweimal die Wertungsstufe A., viermal die Zwischenstufe zwischen A. und B., siebenmal die Wertungsstufe B. und einmal die Stufe C.. Die beiden Wertungen der Stufe A. sind dabei besonders gewichtet worden, ebenso drei Bewertungen der Zwischenstufe zwischen A. und B.. Unter Ziffer 4.3 enthält die Beurteilung folgende Begründung für die Vergabe der Gesamtbewertung:
"Herr G. leitet den Sachbereich "Drittmittel" mit fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ergänzend führt er Auszubildende in das für die Häuser des GeoZentrums wichtige Aufgabengebiet der Drittmittelbewirtschaftung ein. Seine haushalts- und zuwendungsrechtlichen Kenntnisse sind exzellent. Er verfügt über gute kommunikative Fähigkeiten, delegiert Aufgaben sowie Verantwortung und stärkt somit die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darüber hinaus besitzt Herr G. ein sehr gutes verwaltungsrechtliches sowie EDV-technisches Wissen, welches er zielorientiert zum Nutzen des Referates einsetzt. Herr G. wird fachlich und persönlich inner- wie außerhäusig als hochkompetenter Gesprächspartner von Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten, Projekt-/ Kooperationspartnern, Kunden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Ministerien und Projektträgern äußerst geschätzt."
Die Beurteilungen der Beigeladenen erfassen jeweils den Beurteilungszeitraum vom 01.04.2000 bis 30.06.2008.
Mit Schreiben vom 03.12.2008 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, es stünden gegenwärtig zwei Beförderungswerte für die Besoldungsgruppe A 12 BBesO zur Verfügung. Es sei beabsichtigt, die entsprechenden Ämter den beiden Beigeladenen nach einer Frist von zwei Wochen zu übertragen. Diese Auswahlentscheidung sei nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gefallen. Mit Schreiben vom 12.12.2008 bat der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner um eine nähere Begründung der getroffenen Auswahlentscheidung.
Am 15.12.2008 hat der Antragsteller bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Er ist der Auffassung, die Auswahlentscheidung vom 03.12.2008 sei nicht ausreichend begründet worden. Es liege ferner ein Verstoß gegen die Beurteilungsrichtlinie über die dienstlichen Beurteilungen der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst (BRL) vor. Es sei keine Beurteilungskommission entsprechend Ziffer 9.2 BRL eingerichtet worden. Aus diesem Grund sei die Einhaltung von einheitlichen Beurteilungsmaßstäben nicht gewährleistet worden. Dies zeige sich insbesondere mit Blick auf die Begründungen der Einzelbeurteilungsmerkmale. So habe er bei der Bewertung des Einzelmerkmals "Initiative, Selbständigkeit, Engagement" die Wertungsstufe B. erreicht. Dies sei damit begründet worden, er sei Fokuspunkt für alle Fragen der Bergbauberechtigungen und der Erhebung der Förderabgabe gewesen und erarbeite souverän Vorlagen für Konzessionserteilungen und Verlängerungen und weise regelmäßig auf heikle Fälle hin. Er mache regelmäßig Vorschläge für die Optimierung von Arbeitsprozessen. Bei der Beigeladenen zu 1. werde hingegen für dieses Einzelbewertungsmerkmal die Wertungsstufe A. vergeben und damit begründet, sie erledige ihre Arbeitsaufgaben selbständig und sehr umsichtig und sei aufgrund der gestiegenen Arbeitsbelastung stets bemüht, die Arbeitsweise zu optimieren. Die Beigeladene zu 1. sei zudem innerhalb des Beurteilungszeitraums im Dezember 2003 befördert worden. Für den Zeitraum vom 07.02.2005 bis zum 29.09.2006 befinde sich zudem eine dienstliche Beurteilung vom 29.06.2006 in den Verwaltungsakten, die mit dem Gesamturteil "Gut" ende. Es erschließe sich insoweit aus der Beurteilung der Beigeladenen zu 1. nicht, ob diese in den Jahren 2007 und 2008 eine solche Leistungssteigerung vollzogen habe, welche die Vergabe der Gesamtnote A. rechtfertige. Hinsichtlich der Beurteilung des Beigeladenen zu 2. sei angesichts der Verteilung der Einzelnoten nicht plausibel, warum die Gesamtnote A. vergeben worden sei. Die Beurteilungen seien so fehlerhaft, dass sie für die streitige Auswahlentscheidung keine Grundlage sein dürften.
Der Antragsteller beantragt,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Beigeladenen zu Regierungsamtsräten der Besoldungsgruppe A 12 BBesO vor Rechtskraft einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren über den Bescheid des Antragsgegners vom 03.12.2008 zu befördern.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verteidigt die Auswahlentscheidung vom 03.12.2008 und trägt zur Begründung vor, eine Beurteilungskommission sei entsprechend Ziffer 9.1 BRL einberufen worden. Diese habe vor Erstellung der Beurteilungen die entsprechenden Beurteilungsmaßstäbe festgelegt. Es komme auch hinsichtlich des Einzelmerkmals "Initiative, Selbständigkeit, Engagement" nicht auf die gegebene Begründung an. Nach Ziffer 6.2 Abs. 6 S. 4 BRL sei eine Begründung bei einer Bewertungsstufe B. nicht vorgesehen. Aus den unterschiedlichen Formulierungen hinsichtlich der Begründung von Einzelbeurteilungsmerkmalen könne keine Schlussfolgerung auf den Beurteilungsmaßstab der Zweitbeurteiler gezogen werden. Ferner sei eine arithmetische Ermittlung der Gesamtnote nicht zulässig. Dies ergebe sich schon aus Ziffer 6.3 Abs. 1 S. 3 BRL. Es komme vielmehr auf das gesamte Leistungsbild an (Ziffer 6.3 Abs. 1 S. 1 BRL).
Die Beigeladenen haben sich im gerichtlichen Verfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
Nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag in Bezug auf den Streitgegenstand eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes - hier durch die Aushändigung der Ernennungsurkunde an die Beigeladenen - die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers auf eine fehlerfreie Auswahlentscheidung vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind der Grund für die begehrte Eilmaßnahme (Anordnungsgrund) und das Recht, dessen Verwirklichung der Antragsteller gefährdet sieht (Anordnungsanspruch), vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Zwar geht das erkennende Gericht davon aus, dass eine einstweilige Anordnung auch dann notwendig und geeignet ist, den Bewerbungsverfahrensanspruch eines Antragstellers zu sichern und dadurch einen endgültigen Rechtsverlust abzuwenden, wenn - wie hier - lediglich die Übertragung eines Dienstpostens und nicht eine Beförderung verhindert werden soll. Denn nur der für den Dienstposten ausgewählte Beamte erhält die Chance, sich auf diesem, für beide Konkurrenten einen Beförderungsdienstposten darstellenden Dienstposten zu bewähren und damit in seiner Person die Voraussetzungen für eine nachfolgende Beförderung zu schaffen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt damit die einzige Möglichkeit für den Antragsteller dar, einen Bewährungsvorsprung des Konkurrenten zu verhindern (vgl. OVG Münster, Beschl.v. 23.06.2004 - 1 B 455/04 -; ständige Rechtsprechung der Kammer, so z.B. Beschl.v. 25.03.2008 - 7 B 382/07 -; Beschl.v. 16.06.2003 - 7 B 163/03 -; Beschl.v. 26.05.1999 - 7 B 66/99 - m.w.N.). Der Antragsteller hat die Dringlichkeit der begehrten gerichtlichen Entscheidung glaubhaft gemacht, weil mit der Aushändigung der Urkunden an die Beigeladenen das Stellenbesetzungsverfahren abgeschlossen wäre und die Bewerbung des Antragstellers um eine dieser Stellen gegenstandslos würde. Die von dem Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung erweist sich nach der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtswidrig, weil die Entscheidung auf die fehlerhaften dienstlichen Beurteilungen der Beigeladenen gestützt wurde.
Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet hat, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urt.v. 16.08.2001 - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 [BVerwG 16.08.2001 - 2 A 3/00]; OVG Lüneburg, Beschl.v. 08.09.2006 - 2 ME 1137/06 - juris; Beschl.v. 05.06.2003 - 2 ME 123/03 - juris).
Die Auswahl des aus Sicht des Dienstherrn für die Besetzung des jeweiligen Dienstpostens bestgeeigneten Bewerbers beruht auf der Bewertung der durch Art. 33 Abs. 2 GG und § 8 Abs. 1 NBG vorgegebenen persönlichen Merkmale (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung), wobei zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen ist. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (vgl. BVerwG, Urt.v. 27.02.2003 - 2 C 16.02 - IÖD 2003, 170; Urt.v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, IÖD 2003, 147; OVG Lüneburg, Beschl.v. 05.06.2003, a.a.O.). Dienstliche Beurteilungen sind von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt nachprüfbar. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstlichen Beurteilungen, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urt.v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 - juris). Das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung muss nach außen erkennbar aus der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale entwickelt und hinreichend plausibel gemacht werden. Zu beurteilen sind die innerhalb des Beurteilungszeitraums gezeigten Leistungen. Nur diese können und müssen in Bezug zu der jeweiligen Vergleichsgruppe gesetzt werden. Das gefundene Gesamturteil muss mit den Einzelbewertungen vereinbar sein und darf nicht in einem unlösbaren Widerspruch zu den Einzelbewertungen stehen (vgl. BVerwG, Urt.v. 13.05.1965 - II C 146.62 - juris; VG Braunschweig, Urt.v. 20.11.2007 - 7 A 392/06 - ). Gemäß Ziffer 6.3 Abs. 1 BRL ist die zusammenfassende Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und des gesamten Leistungsbildes zu erstellen und in einer Rangstufe auszudrücken. Zwischenstufen sind hierbei nicht zulässig. Wegen der unterschiedlichen Gewichtung der Leistungsmerkmale ist eine arithmetische Ermittlung der zusammenfassenden Bewertung nicht zulässig.
Gemessen hieran kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des Anspruchs auf verfahrens- und ermessensfehlerfreie Auswahl in Betracht, wenn die Auswahlentscheidung auf einer rechtswidrigen Beurteilung des unterlegenen Bewerbers beruht und ein gegen die Beurteilung gerichteter Rechtsbehelf aussichtsreich ist und es möglich erscheint, dass eine neue und rechtsfehlerfreie dienstliche Beurteilung zur Auswahl des Antragsteller führt (vgl.: BVerfG, Beschl.v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 - DVBl. 2002, 1633; OVG Lüneburg, Beschl.v. 05.60.2003 - a.a.O.).
Der Anordnungsanspruch besteht hier nicht schon deshalb, weil es der Auswahlentscheidung des Antragsgegners vom 03.12.2008 an einer ausreichenden Begründung mangelt. Zwar kann nicht zweifelhaft sein, dass die in dem Schreiben enthaltene bloße Mitteilung, es sei beabsichtigt, die beiden Stellen den Beilgeladenen zu übertragen, weil diese besser geeignet seien, dem Begründungserfordernis (§ 39 Abs. 1 VwVfG) nicht genügt (vgl. VG Braunschweig, Beschl.v. 08.03.2007 - 7 B 482/06 - ). Die Verletzung dieser Begründungspflicht ist jedoch unbeachtlich, weil der Antragsgegner die insoweit notwendige Begründung im gerichtlichen Verfahren nachgeholt hat (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG).
Allerdings werden sich voraussichtlich die der Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden dienstlichen Beurteilungen der Beilgeladenen als rechtsfehlerhaft erweisen. Es ist insoweit nicht ausgeschlossen, dass nach Erstellung von neuen rechtsfehlerfreien dienstlichen Beurteilungen für die Beigeladenen der Antragsteller ausgewählt werden würde, weshalb ein Anordnungsanspruch vorliegt. Nach der Rechtsprechung war bislang - soweit ersichtlich - die dienstliche Beurteilung des Konkurrenten vom Betroffenen als (bestandskräftiges) Faktum hinzunehmen, weil sie unmittelbar nur das Rechtsverhältnis zwischen dem Beurteilten und seinem Dienstherrn betreffe (vgl. BayVGH, Beschl.v. 10.01.1995, 3 CE 94.3316, ZBR 1995, 204; VGH Mannheim, Beschl.v. 12.04.2005, 4 S 439/05, NVwZ-RR 2005, 585 ff.; OVG Berlin, Beschl.v. 15.01.2004, 4 S 77.03, NVwZ-RR 2004, 627 ff.; OVG Bautzen, Beschl.v. 28.11.2003, 3 BS 465/02, SächsVBl 2004, 66 ff.). Teilweise musste in der Rechtsprechung die Frage, ob möglicherweise die Rechtswidrigkeit der Beurteilung eines Konkurrenten zu einem Anordnungsanspruch des unterlegen Bewerbers führt, nicht geklärt werden, da die Beurteilung des Konkurrenten in den zu entscheidenden Verfahren ohnehin rechtmäßig war (vgl. OVG Lüneburg, Beschl.v. 05.06.2003 - 2 ME 123/03 - a.a.O; VG Ansbach, Beschl.v. 28.11.2007 - AN 1 E 07.02121 - juris, m.w.N.). Hingegen sprechen nach Auffassung der Kammer die überwiegenden Gründe dafür, jedenfalls im Falle der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der einer Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden aktuellen dienstlichen Beurteilung eines ausgewählten Konkurrenten zu Gunsten des unterlegenen Bewerbers einen Anordnungsanspruch anzunehmen (so i.E. wohl auch VG Ansbach, Beschl.v. 28.11.2007 - AN 1 E 07.02121 - juris, m.w.N.). Dafür spricht insbesondere das bei der Auswahlentscheidung zu beachtende Prinzip der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, § 7 BRRG und § 8 Abs. 1 NBG. Mit diesem Grundsatz ist es unvereinbar, sehenden Auges eine zur Ernennung eines möglicherweise deutlich leistungsschwächeren Konkurrenten führende Auswahlentscheidung hinzunehmen, obwohl eine für die Auswahlentscheidung relevante aktuelle Beurteilung des ausgewählten Bewerbers offensichtlich rechtswidrig ist. Eine solche Vorgehensweise würde eine Ungleichbehandlung des unterlegenen Bewerbers darstellen, wenn nicht auszuschließen ist, dass dieser im Falle einer rechtmäßig erteilten Beurteilung des Konkurrenten eine realistische Chance hätte, in Konkurrenz mit diesem Bewerber ausgewählt zu werden. Dies wird in der Regel dann der Fall sein, wenn beide Bewerber - nach Erstellung von rechtsfehlerfreien Beurteilungen - voraussichtlich zumindest die gleichen Gesamtnotenstufen erreichen können. Im Übrigen spricht auch der aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG folgende Anspruch auf effektiven Rechtsschutz für die Auffassung der Kammer. Daran anknüpfend ist anerkannt, dass ein unterlegener Bewerber um eine Stelle die Rechtswidrigkeit der eigenen Beurteilung im Rahmen des Bewerbungsverfahrensanspruchs als Verletzung dieses Anspruchs geltend machen kann. Dieser Anspruch muss auch dann als verletzt angesehen werden, wenn ein ausgewählter Konkurrent fehlerhaft (zu gut) beurteilt wurde.
Die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Beigeladenen sind offensichtlich rechtsfehlerhaft, weil die Vergabe der Gesamtbewertung der Stufe A. jeweils angesichts der Benotungen der Einzelbeurteilungsmerkmale und auch deren besonderen Gewichtung nicht ohne eine zusätzliche Begründung plausibel ist.
Die Vergabe der Gesamtnote A. für die Beilgeladene zu 1. ist zu beanstanden. Der Antragsgegner hätte plausibel machen müssen, warum er der Beilgeladenen zu 1. die Höchstnote A. und nicht die Gesamtwertungsstufe B. erteilt hat. Dies ist hier nicht gelungen, denn in der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1. hat der Antragsgegner sechsmal die Wertungsstufe A. und achtmal die Wertungsstufe B. vergeben. Aus der Verteilung der Einzelbewertungen erschließt sich für die Kammer nicht, wieso die Gesamtbewertungsstufe A. vergeben wurde. Zum einen hat der Antragsgegner kein Einzelmerkmal besonders gewichtet, weshalb auch insoweit keine Tendenz zu der Gesamtnote A. oder B. erkennbar ist. Eine besondere Gewichtung war dabei zwar nicht zwingend in Ziffer 6.2 Abs. 2 S. 3 BRL vorgesehen. Danach sind den Dienstposten oder Arbeitsplatz besonders prägende Leistungsmerkmale im Beurteilungsvordruck durch Ankreuzen kenntlich zu machen. Damit wird eine zwingende besondere Gewichtung eines oder mehrerer Einzelleistungsmerkmale nicht vorgegeben, wenn kein Merkmal den Arbeitplatz oder den Dienstposten besonders prägt. Zum anderen enthält auch die unter Ziffer 4.3 der Beurteilung enthaltene Begründung der Gesamtbewertung keinen Hinweis darauf, weshalb die Gesamtbewertungsstufe A. vergeben wurde, obwohl achtmal die Einzelbewertungsstufe B. erreicht wurde. Wenn der Antragsgegner dennoch zu dem Schluss gekommen ist, die Gesamtnote A. zu vergeben, dann wäre vielmehr erforderlich gewesen, diese Gesamtbewertung einzelfallbezogen aus der Bewertung der gezeigten dienstlichen Leistungen und des gesamten Leistungsbildes des Beilgeladenen herzuleiten und die Vergabe der besseren Note A. zu begründen und dadurch plausibel zu machen. Ohne eine solche Begründung steht die Gesamtbewertung hier im Widerspruch zu den Einzelbewertungen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl.v. 12.03.2008 - 5 LA 22/07; Beschl.v. 17.03.2006 - 5 LA 169/05; Beschl.v. 28.10.2000 - 2 L 3264/00 -; VG Braunschweig, Urt.v. 14.12.2004 -7 A 434/03- ).
Der Antragsgegner hat auch die Gesamtnote des Beilgeladenen zu 2. nicht plausibel gemacht. Der Beigeladene zu 2. erhielt in der Beurteilung von den 14 Einzelleistungsmerkmalen lediglich zweimal die Wertungsstufe A. und viermal die Zwischenstufe zwischen A. und B.. Hingegen aber siebenmal die Wertungsstufe B. und einmal die Stufe C.. Die beiden Wertungen der Stufe A. sind dabei zwar besonders gewichtet worden, ebenso drei Bewertungen der Zwischenstufe zwischen A. und B.. Bei der Betrachtung dieser Einzelbewertungen wäre hingegen eine Gesamtbewertung der Stufe B. ebenso möglich gewesen, weil insbesondere die Bewertungen der Stufe zwischen A. und B. - trotz teilweise besonderer Gewichtung - nicht deutlich für eine der beiden Stufen sprechen. Zwar ist unter Ziffer 4.3 der Beurteilung ebenfalls eine Begründung der Gesamtbewertung vorhanden. Diese setzt sich hingegen nicht mit der aufgezeigten Problematik auseinander, dass der Beigeladene zu 2. trotz der Verteilung der Einzelbewertungen die Gesamtnote A. erhalten soll, sondern wiederholt die im Wesentlichen schon bei den Begründungen der Einzelmerkmale vorhandenen Erläuterungen. Der Hinweis darauf, der Beilgeladene sei fachlich und persönlich als hochkompetenter Gesprächspartner geschätzt, reicht für die erforderliche Plausibilisierung nicht aus.
Im Übrigen bestehen gegen die hier zu Grunde gelegten dienstlichen Beurteilungen keine Bedenken.
Der von dem Antragsteller beispielhaft angeführte Vergleich der Begründung des Einzelmerkmals "Initiative, Selbständigkeit, Engagement" in seiner Beurteilung und derjenigen der Beilgeladenen zu 1. ist nicht geeignet, einen Beurteilungsfehler zu begründen. Allein aus der angeführten Einzelbegründung eines Merkmals ist noch nicht ersichtlich, dass etwa ein uneinheitlicher Beurteilungsmaßstab angelegt wurde. Außerdem wäre auch für den Antragsteller eine Begründung nicht erforderlich gewesen, da er die Einzelbewertung B. erhalten hat. Aus Ziffer 6.2 Abs. 6 S. 4 BRL ergibt sich, dass nur bei der Vergabe der Rangstufen A. und E. sowie der an sie grenzenden Zwischenstufen das jeweilige Leistungsmerkmal zu begründen ist.
Weiterhin liegt es innerhalb des dem Dienstherrn zustehenden Beurteilungsermessens, an eine Beamtin - hier die Beilgeladene zu 1. - in einer dienstlichen Beurteilung die Höchstgesamtnote zu vergeben, auch wenn innerhalb des Beurteilungszeitraums schon eine Beurteilung mit einer schlechteren Gesamtnote vorhanden ist und die zu beurteilende Beamtin innerhalb des Beurteilungszeitraums bereits befördert wurde. Die in dem niedrigeren Statusamt gezeigten Leistungen müssen in einem solchen Fall an dem nach der Beförderung geltenden höheren Vergleichsmaßstab gemessen werden. Diese Umstände hat der Dienstherr in seine Entscheidung einzubeziehen. Hier sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass dies nicht der Fall war.
Ferner hat der Antragsgegner auch entsprechend Ziffer 9.1 BRL eine Beurteilungskommission eingerichtet, die einheitliche Beurteilungskriterien festgelegt hat (Ziffer 9.1 Abs 2 BRL). Dies hat der Antragsgegner durch Vorlage eines Sitzungsprotokolls der Beurteilungskommission (Sitzung vom 24.06.2008) dargelegt.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen keinen Antrag gestellt haben, entspricht es nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Streitwertbeschluss:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 5 S. 2 und S. 1 Nr. 1 GKG und orientiert sich an dem für ein Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwert in Höhe des 6,5-fachen Betrages des Endgrundgehaltes der angestrebten Stelle der Bundesbesoldungsordnung A 12 (= 3 627,92 EUR zzgl. allg. Stellenzulage i.H.v. 73,36 EUR; = 3 701,28 EUR). Für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird die Hälfte dieses Wertes festgesetzt (vgl. Ziff. 1.5 und 10.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedr. in NVwZ 2004, 1327 ff.). Daraus ergibt sich der Streitwert in Höhe von 12 029,16 EUR.